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Menstag, 11. Dezember

Bekanntmachungen aller Art finden die erfolg­reichste Verbreitung.

1900.

DDE" Ueber die Dauer des bevorstehenden WeihnachtSverkehrs vom 15, bis 25. Dez. wird die Zulässigkeit der Vereinigung mehrerer Packete zu einer Packetadresse sowohl im deutschen Wechselverkehr, als im inner- württembergischen Verkehr am gehoben.

b Reichstagsdiäten und Anwesenheitsgelder.

Solange der Reichstag besteht, ist noch keine Session vergangen, ohne daß der Antrag aus Verabfolgung von Diäten gestellt und von der großen Mehrheit angenommen wurde, und ebenso ost hat der Buudrsrat seine Zustimmung versagt. Im vergangenen Jahre hat der Reichstag ganz vernünftigerweise nicht Tagegelder, sondern AnwesenheltS- gelder beschlossen. Der BundeSrat hat dazu keine Stellung genommen und so rst d.r Antrag jetzt im Hause von neuem gestellt worden, allerdings ohne daß sich ihm ein besseres Schicksal als den frühere» prophezeien läßt.

Welche sonderbare Auffassung manch« Volksvertreter haben, zeigt recht kraß di« Bekanntmachung «ines zum Reichs« tagSmitglird« gewählten Rechtsanwalts in einer kleinen Stadt, daß er nach wie vor als Rechtsanwalt und Notar in N. thätig sein werde, -da er nur an den wichtigsten Relchttagssitzlmgen tulzunrhmen in der Lage sei und auch zu diesen rechtzeitig eintreffe, wenn «r den Mittagezug nach Berlin benutz.-. Glaubt man, daß die Einführung von Au- Wesenheitsgeldern einen solchen Abgeordneten zu regerer Teilnahme an den Sitzungen des Reichstag- bestimmen werde? Er wird nach wie vor in Berlin nur erscheinen, wenn er ihm seine BrrufSgeschäste gestatten. Gegen eine solche laxe Auffassung der MandatSpflichten ist wirksam nur anzukämpsen, wenn man die Diäten allgemein rinsührt, gleichzeitig aber den Artikel 21 der Rrichsvrrsossung dahin abändert, daß ein fortgesetzter unentschuldigteS Fernbleiben von den Sitzungen mit Ausschluß von diesen bedroht wird, bis die Wähler darüber entschieden haben, ob sie ihren pflichtverg-ssrnen Vertreter auch fernerhin im Besitz« der Mandat- lossrn wollen.

Wem sein« BerufSgrschäste nicht gestatten, an den Arbeiten des Reichstages regelmäßig teilzunehmen, der solle sich überhaupt nicht'um rin Mandat als Volksvertreter be­werben. ES darf aber auch nicht dem Ermessen des einzelnen Abgeordneten onhrimgestellt bleiben, ob und wie er seinen parlamentarischen Pflichten genügen will. Wer den Ehr­geiz hat,Mitglied des Reichstages" zu heißen, muß auch di« Bürde auf sich nehmen, die mit einer solchen Würde v-r- knüpft ist. Jeder Volksvertreter, der sich ohne genügenden Grund von de» Sitzungen des Reichstage- fernhält und dadurch den regelmäßigen Fortgang der parlamentarischen Arbeiten erschwert, macht sich der Rücksichtslosigkeit nicht bloß gegen sein« Wähler, sondern auch gegin seine Kollegen und gegen die Nation schuldig und es ist daher nur billig, wenn man seinetwegen die Vertrauensfrage an seine Wähler stellt.

Bei Beratung der jetzigen ReichSvrrfaffung im kon­stituierenden Reichstag der Nocddeuischen Bundes war der natioualliberole Antrag, daß dir Abgeordneten Tagegelder unv Reisekosten erhalten sollten, angenommen worden. Die verbündeten Regierungen und der Bundeskanzler Graf Bis­marck wollte« indes da- allgemeine, gleiche, geheime und direkte Wahlrecht nur zugestrhen, wenn der Diätenlosigkrit ein wirksame- Gegengewicht gegen das Eindringen radikaler Elemente in der Volksvertretung geschaffen würde. Man entschloß sich daher zu einem KssprowiS und ließ die Diätrnsorderung fallen. Die Diätrnlosigkeit hat aber, wie wir wissen, durchaus nicht dir erhofften Wirkungen gehabt. Di- radikalen Elemente sind nicht ferngehalten worden, wohl aver ist vielen gemäßigten Männern, di« zu Volks­vertretern sehr geeignet wären, die U-bernahmr »ine- Reichs- tagSwandatS unmöglich gemacht worden.

Führt man also Diäten oder auch nur Anwesenheit»- gelber ein, so ist unbedingt eine Abänderung des 8 21 der Verfassung notwendig in dem Sinne, daß gegen pflichtver­gessene Abgeordnete die Ausschließung von den Sitzungen und Anrufung an deren Wähler ausgesprochen werden kann. Vielleicht wäre damit auch eine Herabsetzung der Beschluß- fähigkeitSzahl zu verbinden nach dem Vorbildr des englischen Parlament-, obgleich sich nicht verk-nnen läßt, daß dies eia zweischneidiges Schwert ist. Da jedoch di« Erfahrung zeigt, daß der Appell an dal Pflichtgefühl der Abgeordneten nicht genügt, um der chronischen Brschlußunsähigkeit des Reichs- tage« zu steuern, so muß man eben auf praktische Mittel denken, diesen Zweck zu erreichen.

Deutscher Reichstes

* Berlin, 7. Dez. Der Reichstag erleoigte di« ver­schiedenen Rechnungssachen, verwies den Entwurf über dir Ausübung der freiwilligen Gerichtsbarkeit an eine Kommission von 14 Mitgliedern und setzte die Besprechung der Inter­pellation über die Kohlennot fort. Abg. Dr. Böcke! sieht den Grund der Mlßstände in der privaten Ausbeutung der Koblenschätze. Di« Kohl« müsse Nationaleigentum werden. Redner richtet dann Angriff- gegen die Großhändler und gegen dar Syndikat, empfiehlt eine Enquete und eine Kontrolle der Syndikate, sowie der ganzen Kohlenproduktion, evenl. als letzte- Mittel die Verstaatlichung.

* Altensteig, 10. Dezember. In zwei Wochen ist Weihnachten! Nicht zu glauben ist'« beinahe, denn war hat man vom echten, rechten Winter bisher gesehen, von ihm, dem all« Wetterpropheten ein« außergewöhnliche Strenge vorhergesagt haben? Es ist recht wenig! Nun, er ist auch so recht. Die milden Tage haben ua- vieler Heizmaterial erspart und ist dadurch von der gütigen Natur gewissermaßen

eia Ausgleich gegenüber den hohen AaschaffungSkosten für Holz und Kohlen geschaffen worden. Zum Feste der Christen­heit sieht man jetzt schon ganze Wagenladungen Christbäume in die Großstädte abführen. Die Bäume sind ein Handels­artikel geworden und der Massenabsatz treibt dir Preise in die Höhe. Damit nun aber der Christbaum überall, auch in den Hütten der Armen Einkehr halte« kann, eröffnet sich für die Besitzenden «in weite« Feld der Mildthätigkeit. Wir hoffen, daß in diesem wenig gemütlichen Jahr «S doch allüberall rin recht herzmSfroheS Weihuachtsfest giebt.

-u. Altensteig, 8. Dez. Welche Gewalt der orkan­artige Sturm in der Nacht vom Donnerstag auf Freitag hatte, davon zeigt der Grmeindewald von Altenstrig-Dorf bei der Buiermühle, ein erschreckende- Beispiel. Starke Stämme würden samt den Wurzeln vollständig gestürzt, ander« sind in halber Höhe abgeknickt und ist ein Chaos zu scheu, der «in deutliches Bild zeigt von der ungeheuren Gewalt de- gewaltigen Orkans.

* Ebhause», 7. Dez. Infolge de§ heftigen Sturme» in vergangener Nacht wurde im hiesigen Gemeindewald Reute" eine groß« Zahl starker Bäume umgeriff-n.

* In Neuenbürg sind am 1. Dezember 2178 Ein­wohner gezählt worden, 1032 männliche und 1146 weibliche, nur 78 mehr als vor 5 Jahren.

* Stuttgart, 7. Dez. (Evangelische LandeSsynodr.) Ueber die Frage ob unheilbare Geisteskrankheit «in Ehr- scheidungSgrund sein soll, debattierte heute dis rvang. LandeS- synode bei der Beratung der Gesetzentwurfs über die Ver­kündigung und kirchliche Trauung von Ehen. Bekanntlich ist im Bürgerlichen Gesetzbuch die für unheilbar erklärte Geisteskrankheit eines Ehegatten nach Verlauf von mindestens drei Jahren als EntscheiduugSgrund anerkannt und eine diesbezügliche Bestimmung wurde auch in dem vorliegenden Entwurf über die kirchlich« Trauung aufgenommen. AuS de» Mitte der Synode wurde geltend gemacht, saß viele Mitglieder der rvang. Kirche gegen die Anerkennung der Geisteskrankheit als EheschelduugSgruud schwere Bedenken haben, und daß eine diesbezügliche Bestimmung auch sich nicht mit dem gegenseitigen Gelöbnis der Ehegatten bei der kirchlichen Trauung vereinigen lasse,einander in Freud und Leid nicht zu verlassen". Der DepartementSches de« Kirchen- und Schulwesen« warnte eindringlich davor, gerade in diesem Punkte eine Differenz zwischen dem bürgerlichen und kirchlichen Recht zu schaffen. Auch der Konsistorialpräfidrnt Frhr. v. Gemmingen gab der Meinung Ausdruck, daß eine DiScrePanz zwischen der kirchliche« und bürgerlichen Gesetz- grbung in dieser Frag« ein« sehr bedenklich« wäre. Diesen vom Tische der KirchenregiwentS ausgesprochenen Ansichten schloß sich die Synode ihrerseits an. Dem von ver­schiedenen Seiten geltend gemachten Verlangen nach Er­stellung von Gemeindesälrn bei Neu- und Umbauten von

W Lefefrrr-cht. M

Wer nicht nach vorwärts strebt, dem ist es nicht ernst mit sich selber.

Unterwegs.

Novelle von Walter Schönau.

(Fortsetzung.)

WaS sagen Sie nun zu der Gegend im Allgemeinen und demRaiuerhofe" im Besonderen?" fragte sie aus­weichend und sah angelegentlich in die Fluten der Partnach.

O," rief er, sich entzückt uwschauend,die Gegend ist herrlich! So sckön hätte ich mir Partenkirchen nicht gedacht. Auch die Pension wäre eS nicht minder, wenn" er stockte und sah sich verstohlen um, ob da- folgende Paar ihn hören könne. Aber dis anderen waren zurückgeblieben und hörten dem Staatsanwalt zu, der rin gar eifriger Natur­forscher war und soeben einen seltene» Schmetterling ge­fangen hatte, über dessen Schönheit und Eigenart er seinen Gefährten «inen kleinen Vortrag hielt.

Also wenn-?" fragte Ilse ungeduldig.

Wenn zum Beispiel der Professor Borchard nicht zufällig auch dort wäre," ergänzte er.

Ja, wa« hat Ihnen denn der gute Meister gethan?" fragt« sie erstaunt.Ich finde ihn ganz rrizend"

Jawohl, das Hab« ich gemerkt und eben deshalb gefällt er mir nicht. Sie waren ja gestern nur für ihn zu haben und ich, der ich doch ältere Rechte aus Sie Hab«, war vollständig Last für Sie," erwiderte er grollend.

Ilse lachte hell auf.Sie haben nicht ganz Unrecht, aber Sie dürfen mir das nicht übslnehmrn, denn et ist eine alt, Schwäche von mir, daß ich für alle», was Künstler h«ßt, rin fabelhafte- Interesse empfind«. Und Meister

Borchard ist nun gar einer ersten Ranger und dabei noch immer ein schöner Mann. Ein wahret Glück, daß er nicht zehn Jahre jünger ist, sonst würde ich mich rettungslos in ihn verlieben. Das blonde Genre war mir von jeher ge­fährlich."

Oho," rief der Direktor und strich geärgert über seinen Vollbart, der ja sehr schön und wohlgepflegt, aber keineswegs blond war.Wo bleibt denn da der Herr Ge­mahl? Ist der auch blond? Aber natürlich, was frag« ich denn, sonst hätten Sie ihn ja nicht geheiratet! Nicht wahr?"

Nein!" sagte Ilse mit kläglicher Miene.Damals muß ich farbenblind gewesen sein, denn er ist ganz brünett. So kann man eben bei der Liebe manchmal hereinfallen."

Jetzt war die Reihe zu lachen an dem Direktor.Und wie gefällt Ihnen der Sohn?" forschte er weiter.

Nicht besonders", gab sie gleichmütig zurück.Ersten- ist er kein Künstler und zweiten- viel zu jung, um mich zu interessieren, wenn ich auch zugeben muß, daß er bildhübsch ist. Er ähnelt gewiß seiner Mutter, die ein« hervorragende Schönheit gewesen sein soll und die sich der Meister au- Sponien mitgebracht Hot."

Sie sind ja sehr bewandert in den Familienverhält- nissrn dieses Herrn. Hat er Ihnen da- alle- in der kurzen Zeit schon erzählt?"

O nein," lachte Ilse,meine Weisheit stammt au» anderer Quelle. Ich las neulich eine Biographie von ihm in irgend einer illustrierten Zeitung; dabei war auch ein Jugendbildnis von ihm. Ich sage Ihnen, göttlich! Jupiter in Person!"

Der Direktor biß sich auf die Lippen; dies« Schwär­merei behagt« ihm ganz und gar nicht. Schweigend, mit abgewandtrm Gesicht ging er weiter.

Nein, sehen Sie nur," rief Ilse, stehen bleibend,wie lustig diese Holzklötze in der Partuach umherspringen. Es

scheint heute Flößtag zu sein." Sie zeigte aus die runden, von der Rinde befreiten und in gleich große Klötze ge- schnittrnen Baumstämme, die im wilden Durcheinander mit den reißenden Fluthen der Partnach dahergerast kamen, bald an dir vielen hervorragenden Felsblöcke mit ungeheurer Wucht anprallend, bald über dieselben mit grotesken Sprüngen hinwegsetzend oder kläglich vor ihnen liegen bleibend, bis der nächste anstoßende Klotz sie befreit« und mit sortführte, der Schleuse zu, wo sie all« miteinander aufgesangrn wur­den. Ilse lachte wie ein Kind über die drolligen Sprünge der Klötze, und die Anderen, die inzwischen auch herongr- kommen waren, stimmten fröhlich mit ein.

Al» sie dann weiter gingen, sagte Ilse zu dem Direktor, welcher nicht von ihrer Seite wich:So sehr ich diese- rauschende Wasser liebe, wenn eS wie hier zwischen Wiesen und Wald hernlkderschäumt, so wenig kann ich es in einer Klamm vertragen, wo «» sich mit donnerähnlichem Getös« durch die engen Felswände bricht. Da» fällt wir auf di« Nerven, und ich werde auch heut« nicht mit in die Klamm gehen, sonder« direkt nach Graseck aussteigen und dort auf die Gesellschaft warten."

Da gehe ich mit Ihnen," erklärte er.

O nein, keinesfalls!" protestierte Ilse.Sie müssen sich die Klamm ansehen; sie ist hochinteressant."

Ich lass« Sie aber nicht allein durch de« dichten Wald; c» könnte Jhnen EiwaS zustoßeu. Nein, nein, bitte, bedenken Sie-"

Mein lieber Herr Direktor," unterbrach ihn Ilse leb­haft,bitte bedenken Sie, daß Sie einzig dazu hierher ge­kommen sind, di« Schönheiten der Natur zu bewundern, und nicht um meinen Schntzgeist zu spielen. Auch kennen Sie ganz unbesorgt sein, ich kenne den Weg genau, und wenn Sie zufällig nicht mit hier wären, würde ich doch auch allein gehen."

Da ich nun aber einmal mit hier bin, so halte ich