O
Erscheint Dienstag, vannerrtag, Samstag mck Sonntag Bitter GratiS-Beilagk Der Sonntags- Gast."
BrstellprriS Pro Quartal !« Bezirk Nagold SO Pfg.
außerhalb desselben Mt. 1.10.
Kr. isi. I
Amtsblatt für
AllgmemesKMige-
Von
AttensteiL.^labl.
And'Rnlerh altungz b lattZ
odsrsn
EinrückungSpreiS für Altensteig und nahe Umgebung bei einmaliger Einrückung 8 Pfg. bei mehrmsl.se 8 Pfg auswärts je 8 Pfg. die Ispaltige Zeile oder deren Raum.
Verwendbar« Beiträge werdm dankbar angenommen.
Man abonniert auswärts auf dieses Blatt bei den Kgl. Postämtern und Postboten.
Sonntag, s. Dezember
Bekanntmachungen aller Art finden die erfolgreichste Verbreitung.
1900.
Dar K. Oberawt erläßt eine Bekanntmachung wonach daß Schlachten von Groß- und Kleinvieh an Orten, welche dem Publikum zugänglich oder dem Anblick derselben ge- öffnet sind, auf und an den Straßen und öffentlichen Plätzen verboten und solcher nur in — von öffentlichen Wege« abgelegenen — Hof- oder sonstigen Räumen gestattet ist. Die Kälber und Schafe müssen vor dem Schlachten durch einen Schlag auf de« Kopf betäubt werden. Dar Aufblasen der geschlachteten Kälber und Schafe mit dem Munde ist ver- boten. Auch ist untersagt, das Fleisch außerhalb der Ver- kaufrlokale aufzuhängen.
Die K. Oberämter erlassen eine Bekanntmachung, betr. das Holzschleifen auf den öffentlichen Wegen im Schwarzwalv bei geschlossener Schneebahn, worin die bekannten Bestimmungen in Erinnerung gebracht werben.
O Führst Visiirait<r rrir- Gir«rf Vülsir».
Rtlchrkanzler Graf Bülow hat er für seine Pflicht ge- halten, dem Empfange der Präsidenten Krüger durch unseren Kaiser rulgegrnzutrrten. (Er ist auch wahrscheinlich, daß er der Monarch selbst für vorteilhafter gehalten hat, für jetzt von einer Audienz des Boern-Führerr abzusehen.) Sr fehlt daher nicht an Stimmen, welche darauf verweisen, daß Fürst Bismarck vor anderthalb Jahrzehnte» der Sympathie der deutschen Vo'.kc- für den von russischen Emmissären gehetzten ersten bulgarischen Fürsten Alexander Battenberg entschieden Widerstand leistete und die beabsichtigt« Vermählung derselben mit der Prinzessin V ctoria von Preußen, Zweitältester Tochter Kaiser Friedrich'« und Schwester unser,« Kaiser-, vereitelt«. Wer ein solcher Gedächtnis zeigt, der soll sich aber an alle» erinnern, nicht nur an einen Teil de- damals Geschehenen.
Zunächst sei hervorgehoben, daß dieselben Engländer, Welch« heute die Abweisung der Präsidenten Krüger von Berlin so stürmisch begrüßen, damal- über Fürst Bismarck mit gewaltigem Grimm herfielen, weil er «S ablehnte, die Partei de» BattrnbergerS zu ergreifen. Fürst Alexander war der Bruder de- Gemahl» der jüngsten Tochter der Königin Victoria, unddieBriten tratendaherinhellenHaufen für ihn ein. DtrErinnerung an diesen Fall beweist also gerade, daß nicht Unrecht thut, wer Krüger achtet und ehrt, denn die Engländer haben seiner Zeit selbst gezeigt, daß der schuldlos Leidend« allseitig« Teilnahme verdient. Nur daß Präsident Krüger nicht mit dem englischen Königshaus« verwandt ist.
Weiterhin lagen aber damals die Ding, ganz ander-! Fürst B'Smarck lehnt« eine moralische Unterstützung der Battenberger» ab, di« in Peterrburg nach seiner, des Kanzler-, unzweifelhafter Sachkenntnis tief verdrossen haben würde. Ein« moralische Unterstützung des alten Krüger hat aber heute niemand gefordert, jedermann weiß, daß Deutschland den Boern nicht Helsen kann, r- handelt sich nur um eine
Lefefrucht.
Thue zuerst deine Pflicht dann suche Erholung und Ruhe ;
Thue das Schwerste zuerst, dann wirb dir das Leichte wie nichts sein.
Unterwegs.
Novelle von Walter Schönau.
(Fortsetzung.)
Der Kellner beobachtet« den Direktor mit verschmitztem Gestcht-auSdruck und erging sich in allerlei Kombinationen über da- Berhältnii zwischen diesem Herrn und der fremden Dame. Jetzt fragte ihn der Direktor nach den Nächstliegenden Pensionen; mit einer Zungengeläufizkeit zählt« er ihm ein« Anzahl auf, wobei di« Miene des Fremden immer finsterer wurde. Endlich fragte er noch kurz, nach welcher Richtung sich di« fremde Dame entfernt, und ging, den bezeichnet«» Weg einschlagend, in ziemlich niedergeschlagener Stimmung davon.
Da wollt« e- der Zufall, da ihm ,i« Hausdiener mit einem Handwagen begegnete, der an seiner Mütz- ein blanke» Messingschild mit der Aufschrift „Pension Rainerhof" trug und zum Bahnhof« fuhr. Unwillkürlich folgte er ihm in einiger Entfernung und bemerkte, daß er au» dem Güterschuppen einen eleganten Rohrplattenkoffer holte, welcher seiner Größe nach wohl da» Eigentum einer Dame zu sein schien. „Halt," dacht« er, „da- könnte wich auf «ine Spur bringen." — Rasch ging er auf den Wagen zu und da der Haurdien» eben wieder im Schuppen verschwand, konnte er ungehindert den Koffer einer näheren Prüfung unterziehen. Er entdeckt« an der einen Seite desselben «inen Zettel und fast wäre ihm «in freudiger Aurruf entschlüpft, prangte doch m großen roten Lettern auf diesem Zettel die Abgang-- station B ... in Schlesien.
Der Hausdiener trat eben mit zwei kleineren Gepäckstücken au» dem Schuppen herau« und musterte befremdet
nicht- verpflichtend« Teilnahme. Wußte, diese Frag« muß daher gestellt werden, Graf Bülow, daß schon eine solche Teilnahme in London Arrgerui« erregen würde? Ist ihm da» in aller Form bekannt geworden, wie damals dem Fürsten Bismarck? Und wenn er ihm bekannt gegeben ist, warum nicht in Paris?
Dar alle» ist aber noch nicht die Hauptsache, der Hauptunterschied zwischen damals und heute ist, und zu diesem kommen mir mit der folgenden wichtige« undallein wirklich maßgebenden Frage: Wa» giebt un» England für diese Rücksichtnahme? Darauf kommt e« an bei diesem Vergleich, den» Fürst Bismarck war deshalb gegen den Battenberg», «eil er an dem Grundsatz sesthielt: Fürstliche Verwandtschaften haben nicht mitzusprechen, sondern nur politische Interessen! Rußland hat un» damal« die thatjächliche Garantie gegeben gehabt, e- würde die zu jener Zeit recht unruhigen französischen Chauvinisten nicht unterstützrn. Rußland hielt uni also Frankreich vom Leibe, und da war es rin Gebot der Notwendigkeit, dir Gefühle Alexander'« HI., dem der Battenberger bitter verhaßt war, zu schonen. War versetzt un« aber in die Notwendigkeit, auf England «ine so große Rücksicht zu nehme», daß wir auf ein« gewöhnliche Teilnahme verzichten müssen? Niemand kennt eine solche Notwendigkeit, und den Beweis einer aufrichtigen, entschlossenen Freundschaft hat John Bull erst zu liefern. Denn er ist eine nicht fortzu- leugnendr Thatsache, daß in allen Abmachungen mit England während der letzte» zehn Jahre wir Deutsche den Kürzeren zogen. ES sei gern zugegeben, daß nicht- andere- zu erreichen war, aber wird man dadurch zur intimen Freundschaft verpflichtet? Ganz gewiß nicht.
Die Reichlregierung rechnet auf England in China, nachdem M Genüge festgestellt ist, daß Rußland und andere Staaten von den deutschen Forderungen abweichend« Anschauungen haben. Der Reichskanzler hat allerdings von der Freundschaft aller Regierungen gesprochen, aber da« betrifft nur da» Aeußerc, nicht den eigentlichen Kern, sonst wäre China längst geduckt. Wie ist er nun aber gekommen, daß da» frühere deulsch-russisch-französische Uebereinkommen in Ostasie«, da« sich gegen Japan so gut bewährte, in di« Brüche gegangen ist? Weiß eS doch jedermann, daß Deutschland heute in Ostasieu England durch Hinübrrsendeu seiner starken Truppenmacht ebenfall« einen Dienst mit erwiesen hat, denn was wollten, wenn wir ganz fern geblieben wäre», die Briten, deren best« Truppen in Südafrika stehen, gegen ihre russischen Konkurrenten machen? Da- hat Deutschland für England gethan. Und war leistete England unr? Wir bekommen mit dem Vertrag einen kleinen Finger, für Größere« sind wir in London noch nicht estimtert genug. Al« Rußland sich seiner Zeit bockbeinig zeigte, verstand Fürst Bir- marck mit der Aufhebung der Beleihung der russischen StaatSpapiere einen tüchtigen Wasserstrahl nach Petersburg
zu schicken, und damals hatten wir doch auch nur de» Drei bund. Warum soll also England nicht« leisten, oder warum sollen wir auf England mehr Rücksicht nehmen, als auf einen andere« Fremden? Wenn befürchtet wird, Frankreich wolle un« mit England verhetzen, dann konnten wir auch von der Ausstellung fortbleiben.
* Berlin, 6. Dez. Da- Hau» beschließt die Einstellung eine« Strafverfahren« gegen den Abg. Thiele und setzt die Besprechung der Interpellation über di« Kohlennot fort. Handel-minister Brefeld erklärt in Bezug auf eine neulich« Aeußerung Richters, daß die gewerblichen Genossenschaften bei der Kohlenabgabe ebenso berücksichtigt werden sollen wie die landwirtschaftlichen Genossenschaften. Zu einer Anregung auf Bildung eine« oberschlesischrn Kohlrn- syndikatS mit Einschluß der Staattgrube», bemerkt er, daß er sich darauf höchsten- eiulasse« könnte, wenn der Staat den maßgebenden Einfluß auf die Preirbildung hätte, da er sich in der Neubildung der Preise immer zurückhalten müsse, bi- die Marktlage eine feste Gestalt angenommen habe. — Eisenbahnminister Thielen erwidert auf frühere Elnzelaurführungen von Heim und Graf Kanitz. Abg. Sachse (Soz.) bestreitet, daß die Streiks schuld an der Kohlenteuerung sind. Die Schuld trifft da- Syndikat wegen der Produktion-eiuschränkung, die Regierung wegen der verbilligten Au-fuhrtarifr, di« dem Aurland« zum Nachteil der Inlandes billigere Kohlen schaffen, im Zusammenhang mit billigeren Angeboten der Produzenten, und ebenso die Händler, wegen der Vereinbarungen über Mindestpreise. Redner schildert eingehend die Lage der Bergarbeiter, di« in Bezug auf Unterkunft und Löhnung noch viel zu wünschen übrig lasse. Er sei falsch, daß eine Besserung ihrer Lag« dir Preirsteigerung veranlaßt Hab«, wobei er auf die Ueber- schüfst der Gesellschaften verweist. Man soll« sich «ine Besserung der Lebenslage der Arbeiter angelegen sein lassen und dafür sorgen, daß die Bergwerke in Reichrbesitz übergehen und ein gute» ReichSberggesetz gemacht wird. — Sächsischer Ministerialdirektor Fischer weist den Borwurf zurück, daß die sächsische Regierung sich nicht die Linderung der Kohlennot habe angelegen sein lassen. — Abg. Gamp nimmt da« Kohlensyudikat in Schutz und erinnert daran, daß di« Bergwerk« lange Zeit Einbuße gehabt haben. In der Kohlrnversorgung sei die Organisation allrrdiug» mangelhaft gewesen und hier sei eine Besserung durch kowmission«- weise Uebertragung des Kohlenverkaufr an di« kleinen Händler unter Initiative de« Minister« zu wünschen. Redner regt an, daß der Staat sich auch in Rheinland-Westfalen Grubenbrsitz schaff«, um Einfluß zu gewinnen. Redner empfiehlt schließlich als beste» Abhilfemittel möglichst« Produktion-steigerung. — Nach einer kurzen Erwiderung de«
den Direktor, zog aber schleunigst und höflichst seine Mütze vom Kopf, al- dieser sich bei ihm erkundigte, ob noch Zimmer auf dem Rainrrhof zu haben seien und wie weit derselbe von hier entfernt wäre.
Der Direktor erfuhr nun, daß Zimmer noch genug frei wären und zum 3 Uhr-Zuge der Wagen vom Rainerhofe zum Bahnhof käme. — Nun war sein Entschluß gefaßt und er freut« sich diebisch, daß ihm der Zufall so günstig gewesen. In seiner Freude kauft« er einem kleinen Buben, der ihm zierliche Maiglöckchensträuße anbot, einen solchen ab und schenkte dem nicht wenig erfreuten Kleinen ein blanke- Markstück.
Pünktlich hatte er sich dann mit seinem Gepäck bei dem Wage« eingrfunden und nachdem noch zwei Herren, die mit dem München» Zuge angrkommen, dazu gestiegen waren, fuhr man in schlankem Trabe dem eine halbe Stund« entfernten Rainerhof« zu. Nach gegenseitiger Vorstellung, bei welcher dem Direktor ein sehr bekannter und berühmter Künstlername genannt wurde, entspann sich bald eine lebhafte Unterhaltung. Der ältere Herr, ein Bildhauer aus Berlin und sein Sohn, der Leutnant bei den Garde-Schützen in Lichterfelde war, entpuppten sich als eifrige Bergsteiger und freuten sich unendlich auf die herrlichen Partien und interessanten Bergbesteigungen, welch« di« Umgebung von Partenkirchen in so reicher Anzahl bietet.
Aus dem Rainrrhof« angelangt, zogen sich die Berliner Herren auf di« für sie reservierten Zimmer zurück, während der Direktor unter Führung de« Wirtes, die noch herrenlosen Zimmer der Villa besichtigte. Da er ein Zimmer mit der Aussicht in« Thal zu haben wünschte und im ersten Stock alle Vorzimmer besetzt waren, so entschied er sich für ein Eckzimmer de» zweiten Stockwerke». Nachdem ihn der Wirt verlassen, trat er ans Fenster, um einen Blick auf die unter ihm befindlichen Balkon- zu werfen und war nicht wenig erstaunt und erfreut, als er direkt unter sich seine gesuchte
Reisegefährtin anmutig auf dem Triumpfstuhle au-gestreckt und fest schlafend entdeckte. — Sein zu Hause in seinem Freundelkreise beinahe sprichwörtlich gewordene« Glück hatte ihn auch hierbei nicht iw Stich gelassen und glücklich wie ein Kind am Weihnachtsabend stand er wie festgrbannt am Fenster und sah auf di« schlafende Ilse hinab, di« ihm in dem weißen, faltige« Morgenkleide mit den vom Schlaf geröteten Wangen doppelt reizend erschien.
Diese war nun ob» doch von dem Geräusch über und neben sich »wacht und fuhr plötzlich erschrocken zusammen, al« auf dem nur durch eine dünne Holzwand von dem ihrigen getrennten Nachbarbalkou eine tiefe Männerstimme erscholl und gleich darauf der graubärtig« Kopf des Bildhauer- neben der Holzwand erschien. Dieser prallte erschrocken zurück, al- er die Dame bemerkt«; er hatte der lautlosen Still« nach di« Nachbarräume für unbewohnt gehalten und zog nun mit einer urkomischen Handbewegung seine« neugierig heran- getretenen Sohn in- Zimmer zurück.
Ilse saß noch immer in derselben Stellung, wie sie vor Schreck emporgrfahren war und starrt« auf die unheimlich« Holzwand. Al« sie jedoch bewirkte, daß der Störenfried den Balkon verlassen hatte, ließ sie sich müde wieder in den Sessel zurückfallen und schien nicht übel Lust zu haben, da- auf so unsanfte Weise gestörte Mittagsschläfchen fortzusetzen. Sie schloß eben wieder di« Augen, al» sie abermal« emporschnrlltr. Ein kleiner Gegenstand kam durch die Luft gesaust und fiel in ihren Schoß, sie dabei mit einem feinen Sprühregen überschüttend. Erstaunt griff sie zu und bemerkt« ein Maiglöckchensträußchen und, aufsehend, in dem frechen Attentättrr ihren Reisegefährten erkennend, rang sie in komischer Verzweiflung die Hände.
Der Direktor lacht« hell auf — sie ab« legt« schnell den Zeigefinger an die L ppen und deutete auf den Nrchbar- balkon, auf dem sich eben wieder Stimmen hören ließen. Er folgte ihrer Warnung und setzte sth schweigend aus da«