des Oberamtsbezirks Nagold.
Nachdem ich durch Anhänger der deutschen und konservativen Partei, sowie des württemb. Bundes der Landwirte als gemeinschaftlicher Kandidat für die bevorstehende Landtagswahl aufgestellt worden bin, glaubte ich diesem Ruf durch Annahme der Kandidatur folgen zu sollen.
Wie im letzten Landtag würde ich auch im neuen der „konservativen Partei" beitreten, weil nach meiner Ansicht durch ihre Hauptgrundsätze:
Erhaltung unserer christlichen Archen und der konfessionellen Volksschule, Treue gegen das angestammte Fürstenhaus, Kaiser und Reich unter Wahrung der
Württemberg zustehenden Reservatrechte, sowie namentlich Fürsorge sür den Meist bedrängten Mittelstand das Wohl des ganzen Volkes am besten gesichert ist; jedoch würde ich bei allen Verhandlungen im Landtag mir die freie Entschließung und Abstimmung Vorbehalten, also mich keinem Fraktionszwang unterwerfen.
Meine Stellung zu den voraussichtlich wichtigsten Verhandlungsgegenständen des neuen Landtags wäre folgende:
Mit meinen Gesinnungsgenossen erstrebe ich:
1) Als vornehmste Aufgabe des neuen Landtags gerechte Verteilung der Steuern durch möglichst rasche Einführung einer allgemeinen Einkommens-' steuer und im Anschluß daran einer ergänzenden Vermögenssteuer mit aufsteigend höherer Belastung der großen Einkommen und Vermögen zur Erleichterung des Mittelstands und der Arbeiter, Steuerfreiheit eines angemessenen Mindesteinkommens unter Berücksichtigung der Kinderzahl, Abzug der Schuldzinsen, sodann hauptsächlich:
Gerechte Besteuerung der großkapitalistischen Unternehmungen, insbesondere Umsatzsteuer für Warenhäuser und Großbazare zum Schutz der mittlereil und kleinen Geschäfte,
nach kurz bemessener Uebergangszeit soll die Einkommens- und Vermögenssteuer als einzige direkte Staatssteuer erklärt, die Ertragssteuer aus Grund und Boden, Gebäuden und Gewerben aber den Gemeinden zugewiesen werden,
Herabsetzung der Umsatzgebühren für Grundstücke und Gebäude, Ermäßigung der Gemeindelasten durch Uebernahme der Volksschulkosten, der Armenlastm und der Kosten sür Nachbarschaftsstraßen durch den Staat.
2) Durchführung einer neue« Gemeindeordnnng, entsprechend den besonderen Bedürfnissen der Stadt- und Landgemeinden, in Verbindung darmt^M Einführung einer periodischen Wahl der Ortsvorsteher unter Wahrung der wohlerworbenen Rechte der lebenslänglich gewählten Schulitz.-u.
Erhaltung der Selbstverwaltung der Gemeinden, Entlastung des Gemeindeamtes von staatlichen Geschäften oder angemessene Entschädigung der Gemeinden aus der Staatskasse, endlich eine Abänderung der Bauordnung von 1872, die nicht mehr zeitgemäß ist.
3) Schutz und Förderung der einheimischen landwirtschaftlichen gewerblichen und Handelsthcitigkeit. Vor allem werde ich jede berechtigte Forderung des Mittelstands und der Arbeiter unterstützen.
Ich trete ein für:
Energische Förderung unseres Weingärtner- und Bauernstandes durch den Staat;
für Berücksichtigung von Landwirtschaft und Gewerbe bei staatlichen Lieferungen;
für kräftige Unterstützung des Handwerks durch bessere Regelung des Submissionswesens, durch Beschränkung der Konkurrenz der Zuchthausarbeit, durch Erleichterung der beruflichen und genossenschaftlichen Organisation;
für gesetzliche Maßregeln zu Gunsten des reellen Kaufmanns gegen Auswüchse des Hausierhandels, der Konsumvereine, der Wanderlager und Warenhäuser;
für die Bedürfnisse des Arbeiterstandes habe ich ein offenes Ohr und werde die Bestrebungen nach besserer beruflicher Ausbildung, Verbesserung der Arbeitsvermittlung, Erbauung gesunder und billiger Wohnungen stets unterstützen. Mein oberster Grundsatz in allen Fragen des Erwerbslebens ist: Jede ehrliche Arbeit soll ihren wohlverdienten Lohn und Schutz gegen unlauteren Wettbewerb finden.
4) Hebung des Verkehrswesens, insbesondere auch auf dem Lande, dessen Bahn- und Postverbindungen einer Verbesserung entschieden bedürfen;
5) Neuregelung der Dienst- und Gehaltsverhältnisse der Beamten, Bediensteten und Arbeiter des Staats.
Die von der Regierung angekündigte Vorlage werde ich nach ihrer Notwendigkeit «nd Zweckmäßigkeit sorgfältig prüfen. In erster Linie sind dabei die unverhältnismäßig gering besoldeten mittleren und niederen Bediensteten zu berücksichtigen.
6) Die 1. und 2. Kammer bedarf einer zeitgemäßen veränderten Zusammensetzung. Die 2. Kammer sollte eine auf allgemeiner, direkter, gleicher, geheimer Wahl beruhende reine Volkskammer werden; bei der 1. Kammer wäre das Stimmübertragungsrecht der Standesherrn abzuschaffm und den 2 christlichen Kirchen und der Universität eine entsprechende Vertretung darin zuzuweisen.
7) Die Oberaufsicht unserer evang. Volksschulen sollte vom Konsistorium losgelöst und einer besonderen Oberschulbehörde übertragen, sowie für das Hauptamt eine fachmännische Bezirksaufsicht eingeführt werden.
Wenn die Mehrzahl der Wähler mit diesen Grundsätzen einverstanden ist, mir eine ehrliche und energische Vertretung derselben zutraut und mir demgemäß am 5. Dezember ihre Stimmen giebt, so werde ich mich bestreben, ein solches Vertrauen im Landtag nach Kräften zu rechtfertigen und das Wohl der gesamten Wählerschaft im Auge behalten.
KttzplNIl kMmaerst.