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Donnerstag» 18. Oktober

Bekanntmachungen aller Art finden die erfolg­reichste Verbreitung.

1900.

Bestätigt wurde die von der Amtsversammlung Nagold vor­genommene Wahl des approbierten Arztes Dr. Baader in Gomaringen als DißriktSarzt in Altensteig.

^ Geldfir«rseir

Der Reichstag wird in seiner in etwa vier Wochen tegirinenden Session außer wit China und dew neuen Zoll­tarif sich ernstlich mitGeldfragen" zu befassen haben. In allen Parteien geht da« Wort dahin, daß er so. wie gegen- >Mig, nicht weiter gehen könne. Vor noch gar nicht langer Zeit wurden 200 Millionen Mart deutscher Reicht- und preußischer Staat-anleihe mehr alt zwanzigmal überzeichnet, und heute haben wir für dies« selben Papier« einen be­deutenden Kurssturz, also Wertverlust, zu verzeichnen, die Papiere kleinerer deutscher Staaten sind noch übler daran, md die Städte, welche Anleihen ousnehmen wollen, können verschiedentlich überhaupt kein Geld wehr bekommen. Die deutsche ReichSschatz-Berwaltung hat e« nicht unternehmen zu können geglaubt, den verhältnismäßig geringen Betrag von 120 M-llionen Mark auf dem deutschen Geldmarkt auszulegen, in Industrie, Handel und Gewerbe melden sich di« Folgen der ganzen schwierigen Zeitlage mit harter Wucht. Selbstverständlich kann der Reichstag nicht beschließen, daß zu Gunsten des Reiches di« Banknotevpresse kräftig arbeiten soll, aber man wird ins Auge zu fassen haben, was gethan lverden kann, um aus den heutigen wenig erfreulichen Ver­hältnissen in normale und ruhige zurückzugelangerr.

Es ist eine Thatsache, daß heute weniger Geld alr in den letzten Jahren erübrigt werden kann. Die Unkosten sind in den gewerblichen Betriebe« wesentlich gestiegen, ohne daß sich der Verdienst entsprechend mit gehoben hätte. Hin­gegen ist in Folge der zunehmenden Verteuerung der Lebens­haltung die Kaufkraft der Bevölkerung gesunken, und unrnd- R viel Geld, dar heute nicht ohne den bittersten Verlust Msig gemacht werden könnt-, ist in Jndustriepopieren fest angelegt. Die Verluste, welche auch bei besserer Konjunktur erlitten werden wüßten, könnten, so meint man in Börsen- kreisen, vielfach erleichtert werden, wenn man di« scharfen Bestimmungen des letzten Börsengesetzrs beseitigte oder wenigstens beträchtlich milderte und damit dem deutschen Geldmarkt sein« frühere Bewegungsfreiheit zurückgäbe. Aber wenn auch bei Reichsregierung und Reichstag ein« gewisse Neigung besteht, den Zeitverhäitnissrn entsprechend eine Um­änderung der Börsengesktzzebung riutreten zu lassen, so muß doch einmal erst der Finger auf di« offene Wunde gelegt werden.

Es ist unendlich viel Geld an der Börse verloren! Das ist «ine Thatsache, das nicht abgestritten wird. Nur dem teilweise kolossalen Unterschied zwischen dem gegen­wärtigen Kurs« zahlreicher Papiere und dem höchsten Kurs« geht, wenn auch das feststeht, daß der heutige Karr tiefer

ist, als angemessen, doch das hervor, daß der höchste Kar s bei Weitem zu hoch war. Und die Höhr dieses Knr-standes ergiebt klipp und klar, daß dem Spekulationr-Geldmarkte viel wehr Geld zugrführt worden ist, alr angebracht war oder dem wirklichen Werte entsprach. Massenhaft ist dar Geld von großen und kleinen Kapitalisten in den Spekulations- schlund hineingeschüttet, denn sonst würden nicht di« schwindeln­den Kurshöhen erzielt worden sein. Wiederholt ist gewarnt, es hat nicht- geholfen; wir haben nun die Kehrseite der Medaille, und wenn wir Eint wünschen sollen, ist «r nur dar, daß nicht eine wirkliche Entwertung der industriellen Anlagen in Folge Absatzstockung erfolgt. Denn viel« Er­weiterungen sind in der günstigen Zeit vorgenomme», für welch« doch nun auch in der weniger günstigen, Verzinsung Platz greifen muß. Sonst wäre dar Elend unberechenbar.

Nach zwei Seiten hin muß gearbeitet werden: Zuerst und vor allen Dingen muß irgend «ine Einrichtung getroffen werden, welche amtliche, unzweideutige Warnungen gestattet, damit nicht Gelder für Wertsätz« aukgegebeu werden, die sich unter keinen Umständen bezahlt machen können. Alles das hätten di« Großbanken längst wirksamer thun können, aber sie sitzen, wie genügend bekannt, im Glashaus« der wenig rühmlichen exotischen Anleihen und können daher nicht ander« mit Steinen werfen. Und zweitens muß unseren deutschen Staatr-Anleiheu wieder mehr Festigkeit gegeben ^ werden. Auch dabei ist ziemlich viel verloren und diese Verluste vertragen sich nicht mit den freundlichen Erinnerungen von früher: Kauft Papier« der deutschen Bundesstaaten, da kan» es nicht schief gehen! Nun, bei jemandem, der seine Consol's verkaufen mußte, und in «ine solch« Lag« kann jeder nur zu oft kommen, ist es schief genug gegangen. Wenn also der Börs« eine größer« Freiheit zurückgegeben werden soll, so sind doch auch Garantien erwünscht, daß der Teufel der heutigen Gkldmisöre nicht mit Beelzebub aurgetrieben wird.

* Alte «steig, 17. Okt. Die schönen Oktobertage, die un- bir aus die letztvergangenrn paar Tage beschiedeu waren, werden alter Erfahrung gemäß als dir Vorboten einer scharfen Winter- angesehen. Heißt er doch schon in einer uralten Bauernregel:Ist der Weinmonat warm und fein, kommt ein strammer Winter hinterdrein." War man also jetzt noch an Feuerung-material spart, wird man später doppelt in den Ofen stecken müssen, und die Kohlen werden bis dahin auch nicht billiger sein. Aber wie häufig hat man in früheren Jahren schon im Oktober alle Stuben Heizen und dar WirtjchaftSconto um bedeutende Auslagen für Holz und Kohlen erhöhen müssen. Daher wären di« milden und sonnenwarmen Tage gewiß allen noch lange willkommen, selbst auf die Gefahr hin, daß der diesjährig«

Winter groß« Kälte bringen wird. Mit der Kälte wüßte auch viel Wind verbunden sein, wenn eine ander« Wetter­regel Recht behalten sollte: Ist im Oktober das Wetter hell, bringt es Wind im Winter schnell. Wer aber ganz genau wissen will, wie sich der nahende Winter zeigen wird, der achte auf die Mäuse im Felde und auf di« Ameisen in Wald und Hain, den» untrüglich ist, war «in« alte Bauernregel von diesen prophetischen Tieren sagt:

Scharren die Mäuse tief sich ein,

Dann wirds ein harter Winter sein,

Aber viel härter wird er noch,

Bauen die Ameisen hoch.

-s. Hait« rbach , 15. Oktbr. Die Jungviehweide de» landwirtschaftl. Bezirk-Verein- Nagold in Unterschwandorf wurde Heuer am Samstag, den 9. Juni, eröffnet. Aufge- trieben wurden : vom Bezirk Nagold : 9 Farren, 75 Rinder; vom Bezirk Calw: 1 Farren, 16 Rinder; vom Bezirk Neuenbürg: 1 Rind; vom Bezirk Herrenberg: 1 Rind; in Summa 10 Farren und 93 Rinder, zus. 103 Stück. Dar Durchschnittsalter betrug beim Auftrieb pro Kopf 13 Monate, das Durchschnittsgewicht 600 Psd. Der Ab­trieb fand am Dienstag, den 9. dr. Mt<. statt, er betrug somit di« Weidezeit 123 Tage, in welcher Zeit sich das Durchschnittlgewicht Pro Kopf auf 731 Pfd. steigerte, war einer Durchschnitts-Gewichtszunahme von 131 Pfd. pro Stück entspricht. Das höchste Zunahmegewicht betrug 224 Pfd., dar niederste 12 Pfd. und der tägliche Zuwach- per Stück und Tag 1,07 Pfd. 6 Stück hatten eine Gewichtszunahme von über 200 Psd., 74 St. von über 100 bis 200 Pfd. und 23 St. von unter 100 Pfd. Dar durchschnittliche Weidegeld betrug, neben 0,5 °/o Brrsicherung-gebühr, pro Stück 36 Mk. 39 Pfg., thut auf 1 Tag 29,5 Pfg., war gewiß ein billiger VerpflegungSgeld ist, wenn man in Be­tracht zieht, daß der einzelne Viehbesitzrr 123 Tage lang gar keine Mühe mit seinem Stück Vieh gehabt hat und demselben nebenbei die Vorteil« de» Weidegang«: guter Rücken, bessere Formen und Gliedmaßen, Abhärtung u. s. w. bei seinem Weidetier zu gute kommt. Der Verein kann auch Heuer wieder mit dem Abschluß seines zweiten Betrieb»- jahrS und mit dem Weideergebnis, namentlich im Vergleich mit bekannten Ergebnissen anderer derartiger Unternehmen, sehr zufrieden fein und ist e- nur zu hoffen, daß die kommenden Betriebsjahr« nicht hinter den beiden ersten Zurückbleiben.

* Stuttgart, 15 Ok*. Vermißt wird seit 8 Tagen ein Bürger, welcher anfang» voriger Woche seiner Frau sagte, er gehe auf einige Stunden in seinen Garten. Er kam aber nicht wieder. Dagegen schrieb er von Zürich au- an seine Frau einen AbschiedSbrirf, worin er mitteilt, daß er im Züricher See den Tod suchen werde und alle An­ordnungen traf, war bezüglich seines Geschäfts, seine» Ver-

Jür's Leben.

Familienroman von G. v. Schlippenbach.

(Fortsetzung.)

Al» sie geendet, wurde stürmisch applaudiert, und sie wußte ein zweite- Stück zugeben; sie wählte das erste beste, das ihr einfiel. Er war eine Berceuse von Chopin, die wie eine leidenschaftliche Klage, wie ein sehnsüchtiger Seufzer klang. Zu spät viel e- ihr ein, daß es Waldemar von Haßfeld's LieblingSstück gewesen in jenen Tagen, da er sich ihr werbend genähert hatte. Sir ärgerte sich innerlich darüber, er konnte glauben, daß sie es mit Absicht gethan.

Der Beifall verdoppelt« sich, sie hörte deutlich, wie eine laute, durchdringende Stimme in der ersten Reihe-rief: Wirklich charmant, allerliebst! Wer ist die junge Person, Waldemar?"

Wider Willen mußte sie dennoch Hinsehen, Hatzfeld beugte sich über seine Frau, er sprach leise, und wie es Gertrud schien, ärgerlich zu ihr.

In der Paus«, zwischen den beiden Abteilungen, stand fi« allein am Fenster und blickte sinnend auf die Straße meder. Es war in dem kleinen Salon, der ausschließlich für die im Konzert Mitwirkenden reserviert war.

Einige von den Zuhörern waren hineingekommen, um' ihre Bekannten zu begrüßen und sie wegen ihre- Erfolge- zu beglückwünschen.

Es war ihr peinlich, sich mit flachen Compliwenten überschüttet zu sehen, deshalb flüchtete sie sich hinter den Vorhang in der Nische der Fensters. Oder hatte sie einen anderen Grund? Wollte sie sich sammeln, eh« sie nochmal- hinausireten mußt«, um Haßfeld's traurigen Augen zu be- gegnen? Nein, nein, sie wollte es um jeden Preis ver­meiden, dorthin zu sehen, sie fühlte sich nicht stark genug; m stummer Qual faltete sie krampfhaft die Hände und wieder sichte sie in höchster Angst:Nur fest bleiben!"

Guten Abend. Fräulein von Brenken", sagt« ein« leise, gedämpfte Stimme dicht hinter ihr.Gestatten Sie einem alten Bekannten, Sie zu begrüßen?"

Langsam kehrte sie sich um. Sie standen sich gegen- über und sahen sich wieder in die Augen, di« blauen halten einen bittenden Ausdruck, die braunen streiften ihn mit einem stolzen kalten Blick.

Ich wußte nicht, daß Sie hier sind", sagte sie sehr ruhig, obgleich ihr fast der Atem stockte. Eine halbe S «kund« vielleicht berührte sie seine au-grstreckte Hand, so kühl und fremd, als sehe sie ihn heute zum erstenmal, jWie ist er Ihnen und den Ihren ergangen, seit Wir uns zuletzt sahen?" fragte er schüchtern, seine Handschuhe auf- und zuknöpfend.Ich hörte lange nichts von Ihnen allen."

Sie hob dar schön« Haupt noch höher.O sehr gut," sagte sie kurz,Axel ist in Kairo."

War thut er dort?" fragte sein ehemaliger Regiment» - kamerad erstaunt.

Er arbeitet, wie wir er olle thun," erwiderte sie trocken.

Ich bin wit, hm, mit meiner Frau bei ihren Verwandten zum Besuch," er räuspert« sich verlegen.Sir wollte das Konzert besuchen, weil einer ihrer Vettern mil­wirkt." Schnell und sich selbst überhastend sprach er diese Worte, um die schwüle Paus« zu unterbrechen.

Leben Sie ganz in Stuttgart, gnädiges Fräulein?"

Ja, ich bin Musiklehrerin im R.'schen Institut."

Wie ist er möglich, daß Sir, gerade Sir sich in eine so abhängige Stell« hineinfinden konnten? Sagt sie Ihnen zu?"

Ein hochmütiger Blitz ihrer dunkeln Augen sprühte zu ihm hinüber.

Dar ist meine Sache!" gab sie eisig zurück.Wir sind uns doch zu fremd, Herr von Haßfeld, als daß wein

Wohl und Wehe Sie interessieren könnte. Da- Recht, darüber zu sprechen, räume ich nur meinen Freunden ein."

Sie wollte ihm den Rücken wenden und sich entfernen, er haschte nach ihrer Hand und sagte wit vor leidenschaft­licher Erregung tonloser Stimme:Einst hoffte ich eS zu sein!"

Sie entzog sich seiner Berührung, alr sei er «in giftige» Reptil, und ihn von Kopf bis zu Füßen messend, sagte sie sarkastisch:Man bildet sich oft vieler rin, wein Herr!"

Er fuhr zurück, wie von einem scharfen Peitschenhiebe getroffen, da rief die breite, unangenehme Stimme seiner Frau über das ganze Zimmer:Waldemar, wen hast Du denn da oufgegabelt? Laß doch sehen!"

Sie rauschte in ihrem rotseidenen Kleide heran.Ah! dir junge Dome, dir vorhin so hübsch die Lirzt'sche Rhapsodie spielte. Wirklich, meine Liede, gar nicht übel, ganz charmant." Sir klopfte Gertrud ermutigend auf den Arm und betrachtete sie aufmerksam durch ihr Lorgnon.

Haßfeld stand daneben, seine schwermütigen, blauen Augen ruhten auf den beiden so verschiedenen Frauen, auf der, welche er geliebt, und auf der, welche er geheiratet hatte.

Schlank und vornehm, mit dem Anstand einer Fürstin, sah Gertrud in dem einfachen creme Wollenkleide aur, jeder Zoll an ihr verriet di« Dam« aus der großen Welt, jede Bewegung war weich und anmutig. Sie trug keinen Schmuck, nur die roten Kamelien; war sie davon besessen, war lange schon verkauft, wenn die Not r» erheischte und es ihnen daheim au dem Nötigsten gefehlt hatte. Aber gerade in der Einfachheit ihres Anzuges kam ihr« Schönheit voll zur Geltung, taufrisch und könglich zugleich, glich sie der dunkelrotrn Rose, mit der sie Alma treffend verglichen.

Ihr zur Seit« erschien die andere doppelt gewöhnlich und plump, der groß«, unschöne Kopf mit den breiten Züge«, da» rötlich-blonde, krause Haar, di« kurze, plumpe Gestalt boten den ausfallendsten Gegensatz zu Fräulein von Brenken Erscheinung.