Erscheint DienStsg. O,«>er»tag, SmnStai Sonntag
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Dienstag, 16. Kktover
Bekanntmachungen aller Art finden die erfolgreichste Verbreitung.
I960.
Uebertragen wurde die Hauptlehrstelle an der mittleren Abteilung des Realgymnasiums in Stuttgart dem Oberpräzeptor Calmbach an der Lateinschule in Neuenbürg. _
Vers etzt wurde Postsekretär Häußter in Calw seinem Ansuchen gemäß nach Hall.
L<rir-e»ir«r<tz*ktzteir.
* Alteusteig, 15. Okt. Die Zimmerheizung, die bald wieder zur allgemeinen Notwendigkeit wird, ist nicht bloß vom hauswirtschaftliche», sondern vom hygienischen Standpunkt au- eine Frage von außerordentlicher Wichtigkeit. Wärme ist etwa- WohlthuendeS. aber allzuviel ist auch hier ungesund und «ine zu starke Zimmerheizung übt einen durchaus schädlichen Einfluß auf den menschlichen Organismus auS. Eine bekannt« Autorität auf hygienischem Gebiete, Prof. Reclam-Leipzig, äußert sich hierüber wie folgt: „Wer tie Zimmerwärme über 15 Grad erhöht, wird bald bewerten, daß fein Wärmebedürfnis sich stets steigert, und werden ihm bald 17, ja 20 Grad nicht mehr genügen, Der Grund hiesür ist folgender! Bei andauernd starkem Heizen trocknen die Wände, sowie dis in dem Zimmer befindlichen Gegenstände aus. Je mehr sie ihre Feuchtigkeit verlieren, um so wehr saugt die trockene Luft die Feuchtigkeit da auf, wo sie dieselbe fast nur noch allein findet, nämlich beim Menschen. Die unmerkliche Ausdunstung der Haut und der Lunge wird gesteigert. Da nun die Ver- I dunstung der Fruchtigkeit uns viel Wärme entzieht, so wird durch die gesteigerte Osenwärme allmählich auch da-Wärmebedürfnis gesteigert. Der Ofen erscheint uns dann als der beste Freund, ist in Wirklichkeit aber unsre ärgster Feind, denn in der erhöhten Zimmerwärme dünste« auch all« anderen Gegenstände mehr aus und die Lust wird verschlechtert. In der warmen Luft atmen wir unser notwendigste- Lebensbedürfnis, den Sauerstoff, weniger ein, der Stoffwechsel lmd dadurch langsamer und geringer; der Appetit mindert sch, es tritt mürrische Stimmung «in, der Schlaf wird kurz und unruhig, alle Verrichtungen des Körpers lassen zu wünschen übrig. Da haben wir das betrübende Bild der meisten Menschen im Winter. Nur diejenigen, welche ihrem Ofen niemals gestatten, di« Luft über 15 Grad zu erwärmen, sind diesen Leiden nicht unterworfen?
* Altenste ig, 15. Okt. Der „St.-Anz? enthält folgenden erfreulichen Erlaß der Königlichen Forstdirrktion an sämtliche Forst- und Rrvierämter. In der Absicht, bei den gesteigerten Preisen der Brennmaterialien der ärmeren Bevölkerung dis Befriedigung ihres Brennholzbeöarfs möglichst zu erleichtern, werden die Forst- und Rrvierämter zu- k lalge Anordnung des K. Finanzministeriums angewiesen, ! minderwertige Sortimente, insbesondere das in der Regel ? der Aufbereitung durch dis Käufer unterliegende geringere ! Re.sig und Stockholz, soweit möglich und ein Bedürfnis s vorliegt, in größerer Menge als sonst zum Verkauf zu
bringen. Demgemäß ist die Ausführung von Reinigungs- Hieben und erstmaligen, schwächere- Brennholz abwerfenden Durchforstungen, soweit Nachfrage nach solchem Material besteht, auszudehue», wobei wir bemerken, daß die Rücksicht aus die Forstkaffe von entsprechenden Maßnahmen nicht ab- haltrn darf. Auch soll eine damit verbundene Ueberschreit- ung der in den Nutzupgsplanrn beantragten Durchforstungs- fläche kein Hindernis sein, dagegen hat es bei der in unserem Erlaß vom 10. Juli d. I. No. 5618 gegebenen Bestimmungen bezüglich der Einhaltung der genehmigten Gesamt- Nutzung an Derbholz sein Verbleiben. Der Stockholznutzung ist, soweit es die wirtschaftlichen Verhältnisse irgend zulassen, Statt zu geben. Sodann ist die Aufbereitung durch die Käufer durch Beschleunigung des Verkaufs und Bildung von kleineren Losen möglichst zu fördern.
* Vom Land«, 11. Okt. Sollen Mostfäffer eingebrannt werden? Nach Neßler ist Schwefel der größte Feind der Gährung. Aus dem Land« herrscht vielfach die Meinung, daß man die Fässer zum neuen Wein «inbrennen muß, was eben nicht sein soll. Erst beim Ablassen soll es geschehen und zwar soll eine Achtel-Schnitt« auf 100 Liter kommen.
* Nagold, 12. Okt. Heute früh brach in dem Hause des Flaschners Buhl in Baisingen Feuer aus. Das Gebäude brannte bis aus den Grund nieder.
* Wildbad, 12. Okt. Vorgestern abend wurde aus dem sogenannten Badweg hinter dem K. Badhotel rin junger Mann mit durchschossener Brust aufgefunden und noch lebend ins hiesige Krankenhaus gebracht. Neben ihm lag ein Revolver. Angestellte Nachforschungen haben ergeben, daß der Unglücklich« der 23jährigc Bierbrauer Eger au- Tiesen- bronn ist, der sich heute zum Militärdienst hätte stellen sollen und dem er sich durch Selbstmord zu entziehen suchte. An seinem Auskommen wird gezwriselt.
" Stuttgart, 12. Okt. Dir PetitionSkommisston der Abgeordnetenkammer erledigte heute die ihr noch vorliegenden Petitionen. Eine Eingabe des Wilhelm Kuhnle von Beutelsbach um Entschädigung für die ihm bei seiner Verhaftung seiner Zeit zugefügte Verletzung soll, ohne daß indessen ein Rechtsanspruch des Kuhnle anerkannt werde» konnte, aus Billigkeit-gcünden der Regierung zur Erwägung übergeben werden, nachdem in einer früheren Sitzung der Kommission der Minister der Innern schon die Möglichkeit in Aussicht genommen hatte, daß durch Vermittlung des Vereins für rekonvaleszente Geisteskrank« aus Dispositious- mitt.-ln des Ministeriums dem Kuhnle eine Unterstützung zugewiesen werden könne. Dis übrigen Eingaben wurden sämtliche durch Uebrrgang zur Tagesordnung erledigt.
* Zu denen, die Mission und Missionare für schädlich halten, gehört der Wrltrelsende Hauptmann a. D. Tanera. In seinen jüngsten Reisebriefrn befaßte er sich auch eingehend mit der
Mission unter den Tamulen in Indien. Der dortige Missionar Rüger widerlegte seine Ausführungen, worauf jetzt Tanera das Folgende veröffentlicht: „Ich bin wie ausnahmslos ein jeder im Osten vertrauter Deutscher ein Gegner der Missionen. Ich halte all« deutschrn Missionare für durchaus ehrenwert«, sogar ideale Menschen. Aber sie befinden sich auf ganz falschem Wege. Die Mission bei hochgebildeten Völkern, wie er Chinesen und Japaner sind, ist direkt unmoralisch. Sie bringt in Familien, welche unter dem Schutze ihrer Religion seit Jahrtausenden in Ruhr gelebt haben, Haß und Streit. Keine Mission hat dort Dauererfolg. Dagegen endet die sogenannte Bekehrung stets in Mord und Massentotschlag. So hat man in Japan in früheren Zeiten durch den Mord von über 700000 Menschen das dort verhaßte Christentum wieder auSgerottrt. Ebenso geschieht rS jetzt in China, und dar können wir trotz der Tapferkeit unserer Soldaten nicht verhindern. ES geht uns auch gar nichts an, wenn die Chinesen eine ihnen unsympatische Religion in ihrem Lande nicht dulden und deren eingeborene Anhänger nach ihrer Art bekämpfen. Wir haben rS ja geradeso gemacht. Man denke nur an das Auftreten TillyS in Magd«- bürg und der Schweden im ganzen deutsche» Reiche. Wir können und müssen nur sorgen, daß unsere in China und Japan lebenden deutschen Landsleute ungehindert ihre Religion auSübeu dürfen. Dafür sorgt auch jeder deutsche Offizier und Soldat gern. Aber ebenso muß man den Missionare« sagen: „Laßt die Leute nach ihrer Art selig werden. Jede Unfrieden und Haß in ihre Familien bringende Einmischung ist unmoralisch; also bleibt mit euern Bekehrungsversuchrn weg." Dies ist umso notwendiger, weil die christliche Mission doch gar keinen Wert hat, so lauge der ein« christliche Missionar so, der andere so und der dritte wieder ander» sagt, solange sie sich gegenseitig befehden, so lange eS kein« christliche Mission, sondern eine konfessionelle giebt. Chinesen und Japaner wollen nichts vom Christentum« wissen, am wenigsten aber von einer priesterlichrn Parteiauschauung, deren Annahme vielleicht auch in Asien einen 30jährigen Krieg Hervorrufen kan«. Eine einheitliche christliche Mission bei den Tamülen wäre angezeigter, denn di« Tamülen sind ein verkommenes tiefstrhendes Volk. Aber seitens deutscher Missionare ist sie ebenfalls grundfalsch. Abgesehen von der obenerwähnten konfessionellen, nicht rein christlichen Lehre und von der Streiterei ber katholischen, protestantischen, anglikanischen, methodistischen nnd anderen Missionare unter sich, abgesehen von der Geldverschwendung, den« jeder sog. bekehrte Tawülrnkuli kostet mindestens 10000 Mk., manche Angaben sprechen von 16 000 Mk., gehen uns die Tamülen gar nichts au, sie sind Engländer. Wir Deutschen geben nach der englischen Kolonie Indien brave tüchtige Männer und sehr viel Geld, und wozu? Um unsere gefährlichsten, rücksichtslosesten und gewissenlosesten Feinde, die mit Lag und Trug gegen uns
M L-s-frucht. _K
Hoffe in niemand einen Freund zu finden, als wer einen Freund m dir gefunden hat.
Jür's Leben.
Familienroman von G. v. Schlipp,nbach.
(Fortsetzung.)
Warnbeck zählt schon ganz zur Familie und begrüßte mich in wahrhaft brüderlicher Weise. Ich könnte mir keinen besseren Mann für unser Schwesterchen wünschen, sie sind wie für einander geschaffen. Tante Dora ist nach wie vor die HauSgenossiu öerUnsrigen und dis treue Gesellschafterin der Mutter. Sehr verändert fand ich seit dem Sommer unsere beiden Insöxarablss. Sie sind sehr groß und Wank geworden, ein paar hübsche, munter« Backfische, die von unserem lieben, alten Doktor Hansen verwöhnt werden.
Du kennst ihn noch nicht, lieber Bruder, er ist rin Prächtiger, herzensguter Mensch und oft bei uns. Neben ftinen JuuggeseÜrnaugrwohnheiteu bringt er des frische«, polternden Humor mit, der so ansteckend wirkt. ES wird dlel gelacht, wenn er am Abend zum The« kommt und Anekdoten von seiner „Familie" erzählt.
Wie froh bin ich, lieber Axel, daß wir endlich die drückende Wechselschuld getilgt haben, ich brachte der Firma 7^ ätzten hundert Mark und atmete erleichtert auf, al» lch dir Quittung erhielt. Leider hört da- Institut zu Ostern aus, da die Vorsteherin sich ihrer Kränklichkeit wegen zurück- zieht. Ich habe die Absicht, eine Stelle anzunehmrn, natür- »lch nur unter sehr guten Bedingungen. In D. verdiente "rchtgrnug, um den Meinen wesentlich zu helfen. Unsere uebe Mutter müßte unbedingt in «in Bad, und ich hoffe, wn ermögliche» ,», da wir kein« Zahlungen mehr haben
und Heimchen mir anvsrtrautr, daß sie etwa» Geld zurückgelegt hat. Alma war oft bri uns, sie ist jetzt ein bildhübsches Mädchen von mittlerer, zierlicher Gestalt. Ihr Gesicht wechselt so oft den Ausdruck, daß man nie weiß, welcher sie am besten kleidet.
Gerade, als sie zu Neujahr bei uns war, kam Dein langer Brief mit Deinem Bilde an. Wie stattlich und gut Du mit dem Barte aussiehst, lieber alter Axel. Die Mutter freute sich unbeschreiblich und stellt« die Photographie auf das Tischchen neben ihrrm Rollstuhl. Am andern Tage schenkt« Alma ihr «inen sehr hübschen Rahmen dazu, den sie selbst gebrannt hat, sie macht diese Art Arbeite« recht nett."
Sie soll, wenn das Institut geschlossen wird, einige Monate bei ihrer Tante in Berlin zubringen, um dort noch einige Stunden zu nehme«.
Wir sprachen mit Heimchen oft über Egon, von dem wir ni r einmal in diesem Jahr gehört. Ob er noch am Leben ist? Die Mutter spricht nie seinen Namen au-, nur sein Bild als zwölfjähriger Knabe hängt über ihrem Bett, sie schmückt rS an seinem Geburtstag mit frischen Blumen, ein Muttrrherz kan« eben nie vergessen.
Lebe nun wohl, mein Herzensbruder, ich hoff« bald von Dir zu hören, Alma sendet dir einen Gruß.
Behalte lieb deine treue Schwester
Gertrud."
Einige Wochen daraus erhielt sie eine Antwort von Axel, di« eine überraschende Nachricht bracht».
„Denke Dir mein Erstaunen," schrieb er, „ich bekam eines Morgen» «inen Zettel mit den fast unleserlich gekritzelten Worten: „Ich bin sehr krank, Ax-l, komm zu mir. Egon."
Er hatte zufällig meinen Namen gehört und wünschte mich zu sehen. Ich fand unfern armen Bruder in einer elenden Schiffertavrrne sehr verändert und fast sterbend.
Er hatte bei einer Schlägerei mit englischen Matrosen eine» Messerstich in di« Brust bekommen und lag bereits mehrere Wochen fast ohne Pflege krank. Natürlich sorgt« ich gleich für alles Erforderliche holt« einen Arzt und »ahm eine Pflegerin an.
„Ich heiße hier Tom Seiler, meine Papiere lauten auf diesen Namen," sagte er weinend, „niemand kennt wich unter einem ander». Ich habe Dir und Euch allen nur Schande gemacht."
„Still, still, lieber Egon," bat ich, „rege Dich nicht auf."
„Wie geht «S der Mutter und Willy," flüsterte er. „Sind die Schwestern gesund und denken sie alle manchmal an mich?"
„Unser kleiner, lieber Bruder starb bald, nachdem Du un» verließest, die Mutter ist sehr leidend und geht fast nicht mehr, sie hat ein rheumatische» Nebel. '
„Ich habe ihr wohl dar Herz gebrochen," schluchzte er. „Siebst Du, ich wußte rS gar nicht, wir gut ich rS bei Euch hatte, ich kannte da- Leben noch nicht; e» ist hart, Axel, und hat mich in seine Schule genommen?
Er lag schwer atmend da. „Axel," stöhnte er, „hast Du viele Unannehmlichkeiten gehabt, wegen der zweitausend fünfhundert Mark, die ich — Du weißt, wa» ich sagen will." —
„Laß «S gut sein, Egon," verfitzte ich, „sie sind bezahlt. Wir haben alles geopfert, um den Namen zu retten. Nur die Schwestern, Heimchen und Gertrud wissen e», di« Mutter darf «S nie erfahren?
„ES kam wie «in Wahnsinn über mich, als ich das viel« Geld liegen sah," fuhr er leise fort, „ich wurde mir erst viel später klar, was ich gethan, und ich glaubte Millionen zu erwerben. Jetzt muß ich hier elend zu Grunde gehen?
„Egon, es giebt auch für den Sünder noch Gnade und Vergebung, wenn er bereut.