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Erscheint DimStag, Ds»nrrrtag, Samstag Sonntsg
«r,t trr Gratik-Beilage Der SonntagS- Gast.'
BeßellpreiS pro Quartal « Bezirk Nagold »0 Pfg.
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M. 156.
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1900.
In den Ruhestand versetzt wurde Schullehrer Gürcbach in Oberschwandorf, OA. Nagold.
Uebertragen wurde die Schulstelle in Lombach, Bez. Freuden
stadt, dem Unierlehrer Johannes Wemmer in Gingen a./Brenz, Bez. Heibenheim; die Schulstelle in Rieth, Bez. Aurich (Vaihingen a./Enz), dem Schullehrer Floruß in Hünerberg-Meistern, Bez. Calw.
Uebertragen wurde die erledigte obere Hauptlehrstelle an der Lateinschule in Laupheim dem Präzeptor Flaig an der Lateinschule in Nagold.
D Das Verhalten Lhlnas
ist schon vielfach beleuchtet worden; man hat dis Missionare, di« Besetzung von Kiautschou und manches andere für die entstandenen Wirren verantwortlich zu machen gesucht. Ei« Berichterstatter des .London- und China-Telegraph', der über zehn Jahr« lang in verschiedenen Eigenschaften uot?r verschiedenen Vizekönigsn gedient hat und dabei Erfahrungen sammeln konnte, die weit über das Maß dessen hinausgehen, was der Europäer, auch der in chinesischen Dienste», im Durchschnitt von chinesischen Ideen und Ge- pflogenheiten zu lernen pflegt, giebt nun ein neues Bild von den inneren Triebfedern der Wirren. Er versichert, daß dir Bizrkönige des Jangtsethales durchaus nicht so fremdrnfreundlich sind, wie sie mit Vorliebe von den Leuten, die sich durch d-n Schein und durch äußere Liebenswürdigkeiten b.e'nflussen lassen, hingestellt werden, sie sind viel- wrhr nicht eine Idee duldsamer als der hohe oder niedere Pöbel, d-r in Peking so hinterlistig und brutal an den Ausländern handelte. Daß sie diese Stimmung nicht zum Ausdruck kommen ließen, ist lediglich ein Zeichen ihrer überlegenen Klugheit, in Wirklichkeit aber sind sie an der großen chinesischen Erhebung, als deren verfrühter und ungeschickter Beginn die Boxerbewegung von guten Kennern Chinas ohne Zögern bezeichnet Wird, ebenso gut und ebenso mlinsiv beteiligt gewesen, und voraussichtlich noch beteiligt, wie ihr« Freunde im Norden und Westen. Seit dem unglücklichen Kriege mit Japan, der durchaus nicht so unbemerkt an den weiten Kreisen des chinesischen Reiches vorüber- gegangen ist, wie wir so oft erzählen hören, hat China mit einem für dieses Reich ganz ungewöhnlichen Eifer gerüstet, und zwar nicht zur Defensive, sondern in der direkten Absicht, das Land von den verhaßte» Ausländern ein- für allemal zu befreie».
Der Vizekönig Chang äußerte bei einer Gelegenheit vor einigen Jahren bereits in Gegenwart des Berichterstatters, daß vor allen Dingen die Fertigstellung der Eisenbahnen und die Bereitstellung einer Armee von mindestens 300000 Mann notwendig sei, und bei derselben Gelegenheit äußerte ein llnderer hoher militärischer Beamter, daß es seiner Ansicht nach ebenso gut wäre, bevor man einen Schlag gegen die Fremden unternehme, von ihnen einige Millionen Taelk zu borgen, die dann als Kriegsfonds von Nutzen sein werden. Ueberhaupt scheint die größt« Beschwerde der Vizrkönige rc. di« auswärtige Schuld gewesen zu sein. Das Geld, was zur Bezahlung der Zinsen rc. beschafft werden mußte, wurde von den Zöllen genommen, di« bis jetzt zur Beschaffung von Kriegsschiffen, Waffen rc verwendet wurden. Dadurch ist jetzt wenig oder kein Geld mehr für diese Zwecke flüssig, und die Chinesen waren überzeugt, daß sie sich um die Bezahlung der auswärtigen Schuld sowie der Zinsen einfach herum- drücken könnten, wenn sie die Ausländer samt und sonders hinausjagten.
Dies« Idee wird in nationalen Vereinigungen und ge- l imen Gesellschaften, die eigentlich nur dem Ausland gegenüber geheim waren und im übrigen dem Chinesen als recht Patriotisch galten, genährt und gepflegt, und eine dieser geheimen Gesellschaften, die wir dann später unter dem Namen Boxer unliebsam kennen lernten, vergaß in ihrem Eifer das Maß ihrer Fähigkeiten, glaubte sich stark genug, einen entscheidenden Schlag zu führen und verdarb damit den ganzen Plan, der nach chinesischer Auffassung unzweifelhaft gelungen wäre, wenn er im ganzen chinesischen Reiche einheitlich und gleichzeitig gegen die Fremden geführt worden wäre.
Heute sind die Leute in China, die in Betracht kommen, »och fest davon überzeugt, daß ein besser vorbereiteter Schlag erfolgreich sein wird, und deshalb empfiehlt der Gewährsmann des .China Telegraph' dringend definitive und rücksichtslos energische Maßregeln. Er verlangt vollständige Entwaffnung der Reiches, Konfiskation der Kriegsschiff«, Schleifung aller Festungen und Schließung aller Arsenale und Waffcnfabriken in China. Ohne dies wird nach seiner Ansicht nach 10 Jahren dieselbe Sache, nur schlimmer, wieder eintreten. Solange die Chinesen, di« gute Soldaten sind und sich schon an europäische Waffen gewöhnt haben, entweder selbst solche Herstellen oder dieselben, wie bisher, in ungeheuren Menge» aus Europa beziehen können, werden sie die Hoffnung nicht aufgrbrn, sich mit Gewalt der Fremden zu entledigen. Sodann müßten die sämtlichen Finanzangelegenheiten des Reiche
unter europäische Kontrol« kommen, einmal, .um dieselben ergiebiger zu machen, und zweitens, uw di« Beschaffung von Waffen, die natürlich trotz aller europäischen Ausfuhrverbot« von den europäischen und amerikanischen Waffen- lieseranten, der chinesischen Regierung nach Kräften erleichtert werden, energisch zu unterbinden.
* Altrnsteig, 8. Okt. In der „Traube" fand gestern nachmittag eine Hauptversammlung des „Schwarzwald- bienenzüchter'VereinS" statt. Der Vorstand, Hr. Schullehrer Brendle, eröffnet« die Versammlung und wies auf die Wahrnehmung hin, daß durch die kalten Nächte im August die Honiggewinnung zu einem plötzlichen Stillstand gekommen sei. Durch den großen Honigreichtum während des Sommers hätten viele Stöcke dir Königinnen verloren und müsse nun zwecks Erhaltung der Stöcke dringend für Königinnen gesorgt werden, auch sei für Ernährung der Stöcke Vorsorge zu treffen. Hr. Brendle stellte aus eigener Erfahrung resultierend« Leitsätze aus und unterbreitete die einzelnen Punkte derselben, nachdem er sie eingehend beleuchtet, der freien Diskussion. Es entspann sich eine sehr umfangreiche Debatte, in welcher dir Erfahrungen und Ansichten lebhaft zum Ausdruck kamen. Für die anwesenden Imker hat die Versammlung zweifelsohne manch' nützlichen Wink gegeben und rS war nur schade, daß die Versammlung verhältsis- Mßig schwach besucht war.
* Altensteig, 8 Okt. In der „Krone" hielt gestern nachmittag der Geflügelzuchtvrrein eine Junggeslügel- ausstellung ab, welche lebhaftem Interesse begegnete. Bei der Prämierung konnten folgende Preise vergeben werden: 1. Preise: Sattler Becker für Riesrngänse; Lehrer Betz-Zwerenberg für schwarze Mmorka-Hühner; Lehrer Schnierle-MartinSmooS für s chwarze Jtalieuner-Hühner; Lehrer Belz-Altensteig-Dorf für gelbe Italiener-Hühner ; Holzhändler Braun für weiße Italiener Hühner ; Uhrenmacher Schaible für Langshahn-Hühner; Müller Silber sür Peking-Enten. 2. Preise: Christoph Bühler für Peking-Enten; Schmied Wallraff für Peking-Enten; Sattler Becker für weiße Italiener-Hühner; Spitalverwalter Lenz sür Langshahn- Hühner; Christoph Bühler für gelbe Italiener Hühner; Gerber Pfeiflr sür schwarze Italiener Hühner. 3. Preise: Schreiner Kolmbach für Land-Enten und Kcruzuug-Enten; Hotzhändler Braun sür Langshahn-Hühner; Holzhändler Theurer sür gelbe Italiener-Hühner; Kemps zum Waldhorn für gelb- Italiener Hühner; Sattler Becker sür Zwerg- Hühner. Eine lobende Anerkennung erhielten: Kaufmann Beeri für Land-Ente«; Schreiner Kalmbach sür gelbe Italiener-Hühner.
* Altensteig, 8. Okt. Schwarze reife Trauben von großer Süßigkeit überbrachtr uns gestern Hr. Schuhmacher Bauer in Berne ck. Derselbe besitzt an seinem Wohnhaus« eine Kammerz, welche so reich behängen ist, daß sie eine seltene Sehenswürdigkeit bietet. Der Traubenreichtum der Kammerz kann noch einige Tage gesehen werden; sie entlockt dem Beschauer unwillkürlich de» Ausruf: „Hie gut Schwarz- Wald!" — Die gekosteten Trauben sind ein günstige? Vorzeichen für die Qualität des heurigen Weins.
* Altensteig, 8. Okt. Wie schon mehrfach in den Tagesblättern zu lesen war, ist mit dem 1. Okt. d. I. ein neue- Umgeldgesetz in Kraft getreten. Dasselbe hat gegen seither wesentliche Erleichterungen in den Kontrollvorschristen gebracht, so namentlich bei den AbstlchSwirtrn, bei welche» dir Fäsierstegelung, sowie die Verpflichtung zur Anzeige leer gewordener und aus dem Keller zu schaffender Fässer in Wegfall gekommen ist. Dir Abstichwirte haben also künftig nur ihre mit Ladschein versehenen Getränkeeinlagen dem Ortssteuerbeamten anzuzeigen, sie werde« somit gerade so behandelt, wie dir Accordswirte. Auch das Abstichsgeschäft selbst ist dadurch vereinfacht worden, indem dasselbe nicht mehr vierteljährlich, sondern nur einmal im Jahre vorgenommen werden wird. Die weitere Neuerung in dem Gesetz, wohl die hauptsächlichste sür sämtliche Wirte, ist die bedeutend« Erhöhung des Hausbrauchs. Derselbe beträgt vom Wein für die ersten tausend Liter Jahresverbrauch 25"/o, mit entsprechender Ermäßigung bei größerem Verbrauch. Da di« neuen Vorschriften auf die Wirte erst Anwendung finden, wenn nach dem 1. Oktober eine Getränkeaufnahme bei ihnen stattfindet, so treten die zur Zeit im Accord stehenden Wirte erst in den Genuß der Vergünstigung (höherer Hausver- bräuche rc.) wenn ihr Accord ablauft. Die Steuerverwaltung giebt denselben jedoch Gelegenheit, der Vergünstigung jetzt schon teilhaftig zu werden, in dem sie den Accordwirten gestattet, bis zum 31. Dezember ihren Accord zu kündigen. In diesem Falle finden dann sofort die neuen Vorschriften aus sie Anwendung. Im Interesse der Accordswirte können wir nur wünschen, daß sie von ihrem Recht ausgiebigen
Gebrauch wachen. Bei den erleichterten Kontrollbestimwungen, welchen künftig die Abstichswirte unterstellt sind, ist anzu- nrhmen, daß die Umgeldsaccorde seltener und di« Wirte sich nur nach dem Abstich behandeln lassen werden, da hiebei jedes Risiko für sie wegfällt.
* Altensteig, 8. Okt. War schon bisher der Zug in die Städte ein großer, so ist er noch gefördert worden durch die Arbeitsnachweise, welch« nach dem neuen Gesetz« mit großer Pünktlichkeit an den Rathäusern des Landes angeschlagen werden und gar manche« Arbeiter veranlassen, seine gut« gesichert« Stelle bei seinem Meister aus dem Lande zu verlassen und in die Stadt zu wandern, wo ihm vermeintlich alle möglichen und unmöglichen Vorteile winken. In der Wirklichkeit aber erfährt er jedoch, daß neben dem Glanz der Großstadt ganz bedeutende Schattenseiten für den Arbeiter bestehen, daß der etwas höhere Gehalt bei weitem aufgezehrt wird von den größeren und teureren Lebensbedürfnissen und daß er keine Woche mit Sicherheit auf dauernde Stelle rechnen kann. Die Folge dieser Arbeitsvermittlung durch die Arbeitsämter läßt nach den Mitteilungen drs Statistischen Landesamts bereits erkennen, daß in Stuttgart die Nachfrage nach Arbeitskräften das Angebot überwogeu hat, während in den übrige« Städten, wenigstens bei männlichen Arbeitskräften, das umgekehrte Verhältnis meist der Fall gewesen ist. In Stuttgart wurden insgesamt 2267 männliche und 837 weibliche Arbeiter nachgefragt; das Angebot erreichte nur 2087 männliche und 419 weibliche Arbeitskräfte. In Ulm entsprach einer Nachfrage von 684 männlichen Arbeitern rin Arbeitsangebot von 814; in Heilbronn wurden 273 Arbeiter nachgesragt und 369 boten ihre Arbeit an; in Eßlingen war dar Verhältnis von Nachfrage zu Angebot 187:368, in Crnstatt 275:573, also überall Mehrangebot von Arbeitskräften. Wieder umgekehrt lag das Verhältnis bei den weiblichen Arbeitskräften. In den beiden einzigen Landstädten, in welchen sie mit größeren Zahlen in Betracht kommen, in Ulm und Cannstatt, überstieg die Nachfrage (Ulm 507, Cannstatt 159) das Angebot (Ulm 294, Cannstatt 84). Diese Zahlen weisen den Zug der männlichen Arbeiter nach Stuttgart auf, zugleich aber auch den allgemeinen Mangel an Arbeiterinnen. Wenn nun von dem Arbeitsnachweiseamt der Schluß gezogen wird, der Urber- schuß der Arbeitsuchenden in den Städten rühre von der mangelnden Arbeitsgelegenheit her, so ist das ein total falscher, denn auf dem Lande herrscht förmlicher Mangel an Hand- werkSgehilfrn, das ist ja die Klage der Landmeistrr und die Nachfrage nach Arbeitern ist nahezu in jedem Lükalblatte in den Arbeiter-Gesuchen ersichtlich. Möglich, daß auch hierin bald ein gesunder Umschlag sich vollzieht.
* Altensteig, 8. Okt. Der heurige H-rbst hält mit Frösten ausnahmsweise lange zurück, so daß nicht nur alle Früchte gut ausreifen können, so namentlich das Obst, sondern auch die zarten Gartengewächse wie Bohnen und Gurken immer noch gesund sind. Alles in allem, die Vegetation macht sür den Oktober einen zwar herbstlichen aber ungewöhnlich frischen Eindruck.
* Die große Bogelwanderung hat begonnen. Mit dem Wegzug der Schwalben setzt sich das Groß des Bogelheeres in Bewegung auf dem Marsche nach dem Süden. Außer den Schwalben, verlassen uns im Oktober Haidelerchen, Stare, Bachstelzen, Rotschwänzchen, Rotkelchen. Singdrossel, Kiebitze, Schnepfen, Kraniche, Bussarde und Sperber. Auffallend ist, daß auch einzelne Rotkelchen bei uns überwintern. Aus dem Norden kommen Drosseln und ziehen weiter. Auch rücken von Norden dort wohnende Vögel nach. Es kommen dort geborene Wildenten, Fink- mrisen, Goldhähnchen, Bussarde, Heerschnepfen, Mövrn u. s. w. Unser- Standvögel fangen an, sich aus den Winter einzu- zurichten. Dohlen und Nebelkrähen erscheinen, da- Zeichen unfreundlicher Tage.
8.6.8. Calw, 6. Okt. Die Umwandlung de- Oelgas- werks in ein Steinkohlengaswerk ist nun vollendet. An Stelle des alten Gaswerks sind neue, große Gebäude getreten. Es Warden neu ausgeführt: ein Feuer-Reinigungs- und Rrgenier-Haus, sowie «in Gasometer, dazu noch Gas- und Koaksschupprn. Der alte Gasometer hält 200, der neue 800 odm. Bei einem täglichen Verbrauch von 350 ebm. reicht das vorhandene Grs auf etwa 3 Tage aus. Der Gasverbrauch, hat sich vereinfacht, da bei Oelgas nur ein täglicher Konsum von 80 cdm. stattfand. Die Einrichtung wurde von Lehmann und Küchler in Erfurt geliefert. Sämtliche Kosten belaufen sich auf über 100 000 Mk. Der Koaks wird nur an ärmere Einwohner in Quantitäten von 2—4 Ztr. zu 1 Mk. 90 Pfg. per Ztr. abgegeben.
* (Schwurgericht Tübingen.) Der gestrig« und der heutige Verhandlungstag werden durch den Strafprozeß wegen des Mordversuchs bei Nürtingen auSgrsüllt. Aus der Anklagebank sitzt der 26 Jahre altr ledige Mechaniker