Erscheint Dienstag, VannerStag, SamStag m» Sonntag ,N»er Sratir-Beüag- Der SonntagS- Sast."

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Dienstag, 4. September

Bekanntmachungen aller Art finden die erfolg­reichste Verbreitung.

1900.

Während der heurigen Hopfenernte wird versuchsweise für Hopfen- pMer eine Fahrtvergünstigung in der Weise eingeräumt, daß mit gewöhn- Lchen Rückfahrkarten III. Klasse, welche im Binnenverkehr der württ. EtaatSeisenbahnen in der Zeit vom 1.2V- September d. I. nach den für die Hopfengebiete hauptsächlich in Betracht kommenden Stationen Hmmberg, Horb, Rottenburg, Meckenbeuren und Weilderstad: von Hopfenpflückern gelöst werden, die Rückfahrt nach der Ausgangsstation innerhalb 30 Tagen ausgeführt werden kann, wenn diese Rückfahrten sauf der Rückseite) vor Antritt der Rückfahrt mit dem Amtsstempel des Ortes, in dem die Fahrkarteninhaber als Hopfenpflücker beschäftigt waren, aigeiiempelt worden find. Diese Abstempelung gilt als Bestätigung seitens der OrtSbehorde, daß der Karteninhaber als Hopfenpflücker be­schäftigt war.

Tvsrrr, schirrt, «verir?

Die China-Angelegenheit ist kein ehrliche- Spiel! Der von Rußland ou-gegangene, von den Vereinigten Staaten von Nord-Amerika ausgenommen- Vorschlag. Peking zu räumen, eine Maßnahme, die natürlich die chinesisch» Eitelkeit und Fremden-Verachtung aus'- Höchste treiben würde, beweist da- von Neuem. Der Vorschlag wurde sicher nicht allseitig angenommmen, denn während der Ab­wesenheit der srrmden Streitkräfte würde es in der chinesischen Hauptstadt nicht zur gedeihlichen Ordnung, sondern zur heillosesten niuen Unordnung komme«, darüber braucht man sich also keiner Täuschung hinzugeben, aber warum wurde erst der Berufung de- Grafen Waldersee zum OberbefrhlS- haber aller fremden Truppen im Gebier von Peking zuge- stimmt, wen» gleich darauf ein militärischer Schritt angeregt wurde, über welchen die Anschauung de- Generalissimus unbedingt gehört werden muß? In einigen Wochen kann der deutsch« Feldmarschall in Peking sei«, so eilig ist rS nicht, die in Peking «tngerückten Truppen wieder hinauSzu- brmgen. Drängt sich da nicht von selbst die Anschauung aus, daß man nur eine deutsche Aktion verhindern will, um mit der chinesischen Regierung zu Sorider-Abmachungen zu üwmen. Jede Diplomatie hat da- Recht ihrer Ueberzeugung, aber sie hat auch di« Pflicht zur Ehrlichkeit. Und nach allem, war vorau-grgangen, ist die-Ansinnen weder ehrlich, noch zeitgemäß.

Da- deutsche Reich wird in englischen und ameri­kanischen Zeitungen schon wieder mit allerlei Verdächtigungen überhäuft, auch die russischen sangen an zu sticheln und die französischen, denen wir die Sedanfeier im Sinne der Brüder­lichkeit geopfert haben, leisten in der Verdächtigung Deutschland- Gesellschaft. Daß der deutsche Gesandte ermordet, da- deutsche Ansehen beleidigt ist, wacht allen unseren guten Freunden gar nicht- au-, Deutschland soll nach bedeutenden Landerwerbungeu in Ostasicn streben, während wir in erster Reihe Genug- thumig und Wiederherstellung unserer Autorität anstreben. Was wir dazu gebrauchen, dar werden wir bekommen, ohne ^ Jemand zu fragen, aber auch ohne Jemand zu brüskieren. Wie ' haben er die Engländer in Aegypten, die Franzosen in Tunis und Tonkin, di« Amerikaner auf Kuba, di« Russen in der Mandschurei gemacht? Wer selbst zugegriffen, wo er nur konnte, mag nicht gern glauben, daß ,S noch un­eigennützige Leute giebt.

Deutschland würde sich, zumal jetzt, wo Graf Walder- see unterwegs ist, heillos blamieren, wollte «S die Pekinger gelbe Gesellschaft als liebe Vettern und Brüder behandeln. Unsere Genugthuung muß klar sein, wie Sonnenschein, und die werden wir bekommen, ob sie den andern lieb oder leid ist. Wir werden auch in Ostasien bleiben, denn ein jeder Aufgeben der unr unentbehrlichen LandgrbieteS würde h nterher eine doppelte Kostenrechnung verursachen. Gegen Liese- durch eine tüchtige militärische Macht geschützte deutsche Festsrtzen in China richtet sich aber da- ganze Jntriguen- spiel, denn seitdem er bekannt geworden, daß die deutschen ostasiatischeu Regimenter Fahnen erhalten, also dauernd bestehen bleiben sollen, ging der Spektakel los.

Wir wollen den jetzt gemachten Vorschlag nicht zu «nst nehmen, da au- seiner Verwirklichung ja doch nichts tver-en wird, Deutschland kann da nicht mitmachen, aber wir wollen ihn nicht unterschätzen. Ehrlich nach schlichten p bürgerliche» Begriffen war er nicht, und wir können daraus ' entnehmen. wa- an unliebsamen Zwischenfällen in der Folg« noch kommen kann. Rußland, England und die Vereinigten Staaten waren in dieser ganzen chinesischen Affaire von vornherein nicht aufrichtig. Da- ist an mehr als einem Beispiel bewiesen. Viele Köche verderben den Brei, daran wuß man immer wieder denken. Da- klein« Japan thut in diesem ganzen Wirrwarr am gescheidtesten: Es kümmert sich um keinerlei Redereien anderer Staaten, sondern nimmt, was er gebrauchen kann, Amoy, und wird «S auch behalten. Das ist praktisch!

Unsere Leitung der auswärtigen Politik hat den frem­den Staaten gegenüber eine außerordentliche LiebenSwürdig- «lt und Höflichkeit bewiesen. Dies ist zu rühmen, aber ge­bankt ist uns dafür nicht. Auch da-Spiel mit dem Kriege

ohne Kriegserklärung hat sich nicht bewährt. Da- Unter­lassen der amtlichen Ankündigung von Feindseligkeiten wird dazu benützt, um uns mit Vorschlägen wie dem obigen, Schlingen um die Füße zu werfen. Nun, davon können Wir wenigstens überzeugt sein, daß sich die deutsche ReichS- regierung nicht fangen lassen wird, sie wird im Gegenteil all« Jntriguanten und Interessenten wissen lassen, daß unser Weg klar vorgezeichnet ist. Urber dar, war unser« Ehre gebietet, wachen wir selbst, da brauchen wir keinen Hüter. Deutsch­land hat da» Recht und die Macht, sein« Position in Ost­asien über jedweden Zweifel klar hinzustelle«. Und wir haben auch di« Kraft, jeden, der un- hier stören will, au- dem Wege zu bringen. Aber das muß gesagt werden: Internationale Uaeigennützigkrit und Freundschaft? Welch' rin Hohn!

* Altensteig, 3. Sept. (Eine interessante Erfindung.) In technisch»» Kreisen spricht man jetzt viel von einer Erfindung, mit der man in kürzester Zeit und auf bequemstem Wege an jeder Stelle Temperaturen erzeugen kann, welche di« der Sauerstoffgrbläses weit übcrtreffen. Diese Erfindung ist das Thermit und der Erfinder ist Dr. Hans Goldschmid in Essen. Da- Thermit ist ein Pulver, das man ohne Schwierigkeiten und Gefahren mrt sich führen kann. Es be­steht im wesentlichen aus Aluminium und wird durch Ueber- streuen von Magnesium zur Entzündung gebracht. Di« entzündete Masse erreicht in wenigen S-kunden eine Tem­peratur von wehr als 3000 Grad Celsius, also eine so hohe Temperatur, daß «in starkes Metallstück dabei schmilzt wie rin EiSblock, den man mit heißem Wasser übergießt. Für das Schweißen von Schienen, Röhren, starken Metall- platten u. s. w. ist da- Thermit schon innerhalb der sehr kurzen Zeit seiner BrkanntwerdenS von großer Bedeutung geworden. Phantasierriche Techniker denken sogar an die Konstruktion von Geschossen, die, mit Thermit gefüllt, die stärksten Schiff-Panzer bi- auf die Holzwandung abschmelzen sollen. Bei manchen Industrie«« aber hat da- Thermit eine große Beunruhigung hervorgerufen. Besonder- die Kassenschrank-Fabrikation steht vor einem ganz neuen Problem. Kaum ist et der Technik gelungen, die Kaffen einigermaßen vor dem Sauerstoffgebläse zu schützen, so kommt jetzt da- Thermit, das bei geschickter Anwendung Elsen- und Panzerplatten wie Wachs dahinschmelzen lassen kann.

* Stuttgart, 1. Sept. Der Ministerpräsident Frhr. v. Mittnacht, der bisher den Wahlkreis Mergentheim im Abgeordnetenhaus« vertrat, erklärte nach demSchwäbischen Merkur" auf die Anfrage des WahlkomiteeS seines Wahl­kreise-, daß er eine Wiederwahl onzunehmen nicht mehr in der Lage ist.

* Bei der Station Ko rnw« ft he im zwischen Ludwigs­burg und Stuttgart ereignete sich am Montag abend «in schwerer Unfall. Ein bad. Schaffner de- in Stuttgart 10 Uhr 33 Minuten eintreffenden Pariser Schnellzugs öffnete während der Fahrt an einem französischen Koupeewagen di« Thüre, diese stieß infolge ihrer Breite an einen der Signalmast«, wurde loSgeriffen und schleuderte auch den Schaffner vom Laufsteg hinab. Erst in Stuttgart wurde mau infolge Fehlens der Thür« aufmerksam und auf sofort telegraphisch angeordnet« Nachforschung wurde der Schaffner gesucht und mit schweren inneren Verletzungen auch bald aufgefunden. Er wurde nach Stuttgart in das Katharinenhospital verbracht.

* Kirchheim u. T, 31. Aug. (Folgen de- reichen ObstsegenS.) Schon jetzt kann man bei Produzenten hören, daß durch den reichen Ecntesegen da- Obst nicht- gelte. Man sollt« aber doch auch anerkennen, daß durch die Masse, welche verkauft werden kann, der durch den Preisrückgang veranlaßt« Ausfall wieder gedeckt wird. Daß dem aber nicht so ist, bewies dieser Tage ein Bäuerlein, dar auf dem hiesigen Obstmarkt einen Sack Birnen feil hatte und hiefür 3 Mk. verlangte. Ein Kauflustiger bot ihm 1.80 Mk.; dieses niedere Angebot ergrimmte dar Bäuerlein so, daß er seine Birnen zu Boden schüttet« und mit dem Ausspruch: Da will ich lieber gor nichts" von dannen zog. Die an­wesende Schuljugend war mit dem Verlauf de« Handel- außerordentlich zufrieden und wünscht sich für den nächsten Markt wieder einen solchen Verkäufer.

* (Verschiedenes.) Eine Stierjagd gab'- kürzlich in Nagold. Ein Stier, der aus dem Bahnhof verladen werden sollte, riß einem Händler aus und stürzte sich wie toll die Böschung hinab, bis er endlich in den Seminar­küchengarten einbrach. Da niemand an da- Tier sich heran- wsgte, so wachte auf Wunsch der Händlers «in zufällig anwesender Landjäger mit einem Schuß dem Leben der Tiere- ein Ende. Abhanden gekommen ist im Haupt­postamt inStuttgart in der Nacht vom 16. auf 17. d. M. ein von dem Bankhaus Stahl-Federer aufgegebener Wert­

brief, welcher neue Koupoubogen zu 8 Wertpapieren mit 4200 Mk. enthielt. Ein schützender Engel scheint über dem zweijährige« Kind d«S Sensenschmied- Heiner in Neuenbürg zu schweben. Dar Kind wurde vor 3 Wochen mit knapper Not vom Tod de- Ertrinken- gerettet, Freitag nun fiel «S aus dem zweiten Stock seines elterlichen Hause- zum Fenster hinaus, wurde jedoch von zufällig auf der Straße stehenden Leuten aufgefangen und unversehrt seiner Mutter übergeben.

* Bamberg, 31. Aug. Ei« Zahnarzt chloroformierte gestern einen Fabrikanten vor einer unbedeutenden Zahn­operation. Der sonst gesunde Mann ist der Narkose er­legen. Die Staatsanwaltschaft hat eine Untersuchung ein­geleitet und die Sektion der Leiche angeordnet.

* (Bon den Ausgrabungen im Dom zu Speyer.) Am 30. Aug. wurde dar Grab Heinrich« HI. einer näheren Prüfung unterzogen. Die Körperteile waren wiederum ver­modert, leider auch die Schädeldecke eingefallen. An den seidenen Gewandungen zeigten sich interessant« Eigentümlich­keiten. Ein feiner gestickter Schleier lag über der Leiche. Ein Schwert wurde nicht gefunden. DaS Symbol der Herrscherwürde, di« hier besonders hoch geformte mit eigen­tümlichen Seidenbändern versehene und gut erhaltene kupferne Grabkrone fand sich auf dem Kopfe. Ja der mit Handschuh bekleideten rechten Hand hielt der Kaiser einen sür da« Be­gräbnis hergerichteten hölzernen, mit Leder überzogenen und mit einem Kreuz gekrönten Reichsapfel. Die stattliche Körper­länge fällt auch hier in die Augen. Schmuckgegenstände kamen nicht zur Hebung, ebensowenig eine Bleitafel oder sonstige Inschrift. Trotz alledem ist an der Identität der Leiche mit dem Körper Heinrichs III. nicht zu zweifeln. Nachmittag« wurde noch da- Grab am äußersten Südende der Salierreihe aufgrdeckt; in einem roten Sandsteinsarkophag lag in etwas tieferem Niveau als die nebenan gebettete Kaiserin Gisela «ine völlig vermoderte Leiche, die an einigen Kaochenresten als «in« weibliche rekognosziert werde« konnte. Nach der Ueberlieferung, insbesondere auch der UrSberger Chronik, kann als sicher angenommen werden, daß wir e- hier mit der Kaiserin Bertha, der Gemahlin Heinrichs IV., zu thun haben, Grabkcone und sonstige auSzeichnende Schmuck­gegenstände fehlten. Dagegen lag der Leichnam auf einem an den Rändern durchlöcherten Brette, offrnbar einer provi­sorisch hergerichteten Tragbahre, auf der er von dem Slerb«- ort nach Speyer gebracht worden zu sein scheint. Für die Baugeschichte de- Dom- und die Anlage de- KöuigSchorS und der Kaisergräber ist von besonderer Bedeutung die heut« erfolgt« Freilegung der bisher im Boden verborgenen Basis einer der Hauptstützpfeiler.

2 Mainz. Einen für sein Alter erstaunlichen Drang nach kriegerischen Thaten bekundet der bereits 66 Jahre alte Schuhmacher Schäfer au- Uffhofen in Rheinheffen. Schäfer, der noch «in Mann von martialischem Aeußern ist, erschien dieser Tage bei dem hiesigen Meldeamt und bot sich als Freiwilliger für da» Expeditionskorps nach China an. Als man ihm bedeutete, daß er sich in die heut übliche Art des Dienstes doch wohl nicht mehr einleben könne, wie» er auf seine 12jährig« von 18551867 abgeleiste Dienstzeit hin und betonte, daß ein alter Soldat sich in alle Verhältnisse schicken könne. De« Hinweis auf fein Alter beantwortete er damit, daß ja auch der noch etwa» ältere Graf Waldersee eben nach China abgereist sei. Er sei völlig ge­sund und fähig, jede Strapaze zu ertragen. Er sei zu dem Entschluß gekommen, da er alleinstehend sei. Seine Frau habe er verloren und seine Kinder seien bereit- erwachsen und verheiratet. Man versprach dem Mann, seinen Antrag später, wenn die» notwendig werden sollt«, zu berücksichtigen.

* Berlin, 1. September. Zu der neuesten Wendung in China schreibt der Berl. Lok-Anz. nach einer Unterredung mit einem hervorragenden Diplomaten: AuS verschiedenen Anzeichen gewinne man den Eindruck, daß auch die franzö­sische Regierung die russischen Bedenken bezüglich der Schwäche der militärischen Lage der Verbündeten in Peking nicht ganz teil« u«d dem Vorschlag auf Zurückziehung der Truppen aus Peking nicht sehr sympathisch gegegenüberstehe. Da­gegen wäre die französische Regierung ganz damit einver­standen, den Sitz der Gesandtschaften einstweilen nach Tientsin zu verlegen. War Rußland thun dürfte, fall» di» Mächte sich seinem Vorschläge nicht anschließen, läßt sich zurzeit nicht Voraussagen; immerhin ist zu bedenken, daß di« Zurückziehung der russischen Truppen au» Peking, brsonder- wenn Amerika diesem Beispiel folgen sollte, die Stellung der übrigen Verbündeten in Peking so schwächen würde, daß schon diese rein militärischen Erwägungen die übrigen Mächte vielleicht vouter ooaur gezwungen fein könnten, den russischen Vorschlag onzunehmen. lieber die Motive, die Rußland zu dem plötzlichen Scenenwechsel veranlaßt haben.