Nr. 60.

Amis- und Anzeigeblalt für den Oberamtsbezirk Calw.

VS. Jahrgang.

Erschetnung<w«1s«r V »al wöehentlich. Brr-eigenprei-r Im vberamt-be-kr Calw für dt« «mspaUige Zeit« rL Vfg.» sußerbaU» desselben IS Psg- Rektame« SO und SS Pfg. Schluß der Anzeigenannahme v Uhr vormittag-. Fernsprecher 1t.

Dienstag de« 12. MSrz 1918,

Btzugtrr«!« ! I» der Stadt mit LrSgerlvhn Mk. r.SK okrttljährUch,

Postdej^tpreil i» Ortl- «nd «achborortUxrtehr MI im gvmoerletzr _ Mk- 1HS k><>j. ügetd t» WürttembergMPjg._ _

Zur Kriegslage. Immer noch die japanische Frage.

Seit Wochen hören wir aus de« deutschen und feind­lichen Berichten von einer erhöhten gegenseitigen Aufflä- rungStätigkeit an der Westfront, di« sich bi- zu gewaltsamen Erkundungen größeren Umfang- steigert. Di« Parteien gehen dabei darauf aus, Gefangene zu machen, um aus der Zugehörigkeit dieser Gefangenen zu den größeren Trupprn- verbänden auf die Verteilung und die Stärke des Gegners Schlüsse zu ziehen. Da» ist natürlich immer der Anfang zu größeren Operationen jmf der einen oder anderen Seite. Besonders starke Feuer- und AuskläruugStätigkeii hat in letzter Zeit in Flandern, bei Verdun und an der Lothringer Front geherrscht, woran- man aber natürlich nicht ohne weiteres schließen kann, daß diese Gebiete nun auch als künftige Ofsensivabschnltte in Betracht kommen. Diese vor­bereitende Tätigkeit findet begreiflicherweise in den Heeres­berichten nur wenig äußeren Ausdruck, und so haben wir im Hinblick auf den gegenwärtigen chronischen Platzmangel seit einiger Zeit die feindlichen Heeresberichte nicht veröffent­licht, weil sie wegen ihrer Dürftigkeit dem Leser keinerlei besondere Anhaltspunkte über die Kriegslage hätten bieten können. Wenn wieder größere Ereignisse im Westen sich anzelgen. werden wir selbstverständlich auch die feindlichen Berichte wieder zum Vergleich bringen. Die Engländer scheinen ungeachtet ihrer Verpflichtungen im Westen die Kampfhandlungen großen Stils in ihrem eigenen Interessen­bereich fortsehen zu wollen. Sie haben ihre Angriffe so­wohl nördlich von Jerusalem als auch nördlich von Bagdad mit starken Kräften wieder ausgenommen, und wollen demnach die Eroberung von Palästina und Meso­potamien vollenden. Die deutschen Kolonien. Aegypten, Arabien, Palästina, Mesopotamien und Südpersien, dieses KriegSziel zu erreichen, das würde den Engländern so passen. Gutwillig werden sie ihre Beute ja nicht wieder heranS- gcben. Aber die Entscheidung über diese Länder Ist nich' auf den betreffenden Kriegsschauplätzen gefallen, die wird der Endkampf im Westen und unser N Bootkrieg fällen. UebrigenS: se mehr die Engländer in Palästina und Meso­potamien Vorgehen, umsomehr entfernen sie sich von ihrer VcrsorgimgSballS. und da? kann ln Ländern, wo die Ver- kchrsverhäliniffe so primitiv sind, leicht verhängnisvoll werden. Kutel Amara ist ein typisches Beispiel dafür.

Während dir Engländer sich intensiv damit beschäftigen, ihre Beute noch In Sicherheit zu bringen, ehe der Schluß­strich unter die Kriegsbilanz gemacht wird, hat man noch k-ine Klarheit darüber, ob Japan eigentlich den Auftrag der Alliierten, die sibirischen Vorräte für die Entente z» sichrrn. auSsühren will und wie eS Ihn auSznführen be­absichtigt. Man muß alle Meldungen über Japans Ab- sickt n im Osten mit dem Vorbehalt oufnehmen, der dadurch ger ck-ifertiat ist, daß sämtlicher Nachrichtenstoff aus eng­lischer Duelle stammt, und England hat natürlich das größte Interesse daran, die Welt über JavanS Haltung in eng l^kbem Sinne zn unterrichten. Englands Interesse ist nun heute darauf gerichtet, Japan In die Enteniewche, die keinen großen Gewinn mehr verspricht, zu verwickeln; denn nur so glaubt eS noch Aussicht zu hoben, das KriegSgeschäsi eirstgermaß°n glimpflich liauidieren zu können. Die Be haupiung, daß Japan den Russen zu Hilfe kommen s lle, um Sibirien vor dem deutschen Eindringen zu retten, ist natür­lich eitel Flunkerei. Es handelt sich für England lediglich darum, gesteht eS den Japanem Gebietszuwachs in der Mandschurei und Sibirien zu. so sichert es sich auf diese Weise derenFreundschaft", stemmt eS sich aber den angeb­lichen japanischen Wünschen entgegen, so macht es sich die ohnehin mißtrauischen BundrSgenossen zum offenen Feind, und dann ist sein Geschäft in Europa, Afrika und Klein- aflen vollständig futsch. Da gibt «S natürlich für den ge­schäftskundigen John Bull kein langes Bedenken, wenn auch der Bruder Jonathan ln Washington im Augenblick noch nicht weiß, wie er seine völkerrechtlichen Grundsätze jejtz gleich wieder auf den japanischen Fall zurechtstutzen soll. Wie man im russischen Osten Vorgehen will, das ersieht man aus der Kundgebung der Entenlevertreter in Wladiwostok,

El« »euer 15-MMarden-Kredit.

(WTB.) Berlin, 11. März. Dem Reichstage, wke da-B. TM." meldet, der Entwurf eines Gesetze- zu­gegangen, worin ein neue» Kredit von 15 Milliarde» verlangt wird.

die der russischen Regierung gedroht haben, fie übernehmen keine Verantwortung für die Folgen, wenn diese nicht für dieWiederkehr der Ordnung" in Sibirien sorge. Die Ordnung aber bleibt solange gestört, bis die Alliierten, oder deren Beauftragter, Japan, .gezwungen" sind, in Sibirien einzumarschieren. Nun scheint abrr die Sache noch nicht so einfach zu liegen. Man will anscheinend die Japaner doch nich* allein in Sibirien Vorgehen lassen, und da diese gegen die Teilnahme amerikanischer Truppen sich ausgesprochen haben dürsten, so hat man jetzt wohl die Chinesen dafür gewonnen, sich für den Einmarsch zu interessieren. Aber Japan hat auch seine Partei in China, und diese widersetzi sich natürlich der Teilnahme China- an der Erpedii'on. Die Geich'chte wird also immer verzwickter. Nun kommt auch noch dir ganz sonderbare Nachricht aus VeterSburq, die Regierung des Arbeiter- und Soldatenrots habe den russisch- japanischen Vertrag vom Juli 191k, der ein DesenstvbündniS beider Parteien bezüglich ihrer Interessengebiete ln Ostasten darstellt, gutgeheißen. ES würde sich, demnach recht eigen­tümlich ausnehmen, wenn jetzt der eine Vertragschließende seinen Partner Überfällen würde im Einverständnis mll den Parteien geaen die der Vertrag eigentlich gerichtet ist. Aber in der Politik ist alles möglich, und so möchten wir von vornherein uns nickt auf eine beftinmrtr Richtung in den EniwicklungSmöglickkeiien der ostastatischen Frage festleaen. lind das umsoweniaer als aleickzeiiig van To^o eine Ent- kvannung der Lage gemeldet wird, nach welcher größer« Operationen nicht zu erwarten seien. Untere mil''-ffche Lage abrr gestattet uns, die Taffachen abzuwarten. O. 8.

G

Englands reges Jntereste an dem Eingreifen Japans in Sibirien.

(WTB.) Berlin, 11. März. Ter verspätet einaetroffenc Daily Chranicle" vom 1. Mäiz enthält einen bemerkens werten Artikel eine» diplomatischen Korrespondenten, der nachdrücklich für den Wunsch Japans, Im russischen Ost­asien militärisch vorzugehen, eintritt. Der Korrespondent schreibt: Durch unseren Vertrag mit Javan ist letzteres der autorisierte Hüter des NecktS und der Ord nung tm fernen Osten. D"S ist sehr wichtig und gibt Japan ein Recht, zu Hand l r. Auch das Gerede van einer amerikanischen Teilnahme vermag di« Bedeutung d'eser Rolle nicht zu schmälern, Amerika bat an der West- fiont genug zu tun und jeder Versuch, Mannschaften, Muni­tion und Tonnage von dickem großen Ziele abznwcnden, müßte verurteilt werden. Auch würde jede Teilnahme Ame­rikas an dem gewaltigen Unternehmen Japans in der java nischen öffentlichen Meinung ganz gewiß verübelt werden als ein Zeichen des Mißtrauens in die japanisch« Fähigkeit und sein DeSinter-ssement. Der Korrespondent rühmt so­dann die Tüchtigkeit des japanischen Generalstabs und er­klärt. daß die betroffenen GebieiSstellen Sibiriens die neue Polizeiaufsicht Japans begrüßen (?) würden.

Die Loge auf den Kriegsschauplatz n.

Die amtliche deutsche Meldung.

Fortsetzung der Säuberung der Nkralne von maximaffstischrn Banden. Unsere Truppen im Vormarsch aus Odessa. (WTB.) Großes Hauptquartier, 11. März. (Amtlich.) Westlicher Kriegsschauplatz. Die Artillerie« und MinruwerfertStigkrit lebte am Abend vielfach auf; rege Er» knndungStätigkcit hielt an. Eigene Abteilungen drangen an mehreren Stellen der flandrischen Front in der Gegend von ArmrntiöreS und auf dem westliche« Maasufer in die feind­lichen Gräben ein und brachte« Gefangene und Maschinen­gewehre zurück. Bei eine» deutsche« Unternehmung nord­

östlich von ReimS trat wiederum eine in letzter Zeit mehr­fach beobachtete, ans der Kathedrale von ReimS angelegte Blirckftellr der Franzosen in Tätigkeit.

Hauptman« Ritter vo« Tutschek und Leutnant Wüsthoff errangen ihre» 27^ Oberleutnant Dcthge seinen 29. Liifisirg.

Oste». Feindliche Bauden wurde» bei Bachmatsch (nordöstlich von Kiew) und bei Ratzdjelnaja (an der Bahn SchmerinlaOdessa) zerstreut.

Bo« den anderen Kriegsschauplätze» nichts Neues.

Der erste Keneralquartiermeister: Ludendorss.

Der Vrrgeltungsangriff aus Paris.

(WTB.) Berlin, 11. März. Unbelehrt durch unfern S-rafangriff gegen die Stadt Paris in der Nacht vom 39. Januar und durch unsere erneuten Warnungen 'oben die Gegner während der vergangenen Woche wiederum friedliche deutsche Städte weit hinter der Kampfzone mit Bomben hetmgesucht. Die angedrohte Strafe ist vorgestern nacht aber­mals vollstreckt worden. Die Stadt Paris war wiederum das Ziel unseres Vergeltungsangriffs. Dem verbrecherischen und verblendeten Verhalten unserer Gegner entsprechend wurde der Angriff mit noch größerer Stärke und Wucht ge­führt als der erste. Die Stadt Paris wurde mit ins­gesamt 23790 Kilogramm Bombe» belegt.

Der türkische Bericht aus Palästina.

(WTB.) Konstantinopel. 11. MSrz. Im amtlichen Be­richt vrm 10. März heißt eS u. a.: Palästinasr^nt. Am 9. März herrschte fast ans der gesamten Front leb aste Gesechtktbtigkeil, die teilweise zu heftigen Kämpfen Olirie In der Gegend von El KaSr Bet-BinS und Kebi« Labh kam eS nur zu Vorfeldgefechten, in denen unsere Poktie- rungra befehlsgemäß fechtend erneuten Kämpfen auSwichen. Weiter östlich waren schon in der vorhergehenden Nacht feind­liche EckundungSvorstöße im Handqranatenkamvs abgcwiesen worden, als am frühen Morgen starkes Artilleriefeuer aus großen Teilen der Front einsetzte, dem bald darauf der Angriff folgte. Der auf die Hanpfftellung ausweichen­den vorgeschobenen Sicherung folgend, besetzte der Feind Kairawani, Atiara und Silwad. Nördlich Jubrud setzten starke Angriffe des Gegners über Burdsch Bardavill ein. Sie wurden unter schweren Verlusten für den Feind restlos abgeschlagen. Sein Hauptangrifs richtete sich auf die Höhen der Tell Asur-Steklungen. S"^smal wechselte diese Stel­lung in erbitterten Kämpfen il, e« Besitzer. Schließlich blieb sie dank der heldenmütigen Abwehr unserer Truvpen fest in unserer Hand. Am linken Flügel unserer West-Jordanfront war es auch schon in der Nacht zu Patrouillengefechten ge­kommen, bei denen 1 Offizier. 1 Unteroffizier nud 6 Mann '«fangen eingcbracht wurden. Die hier am Morgen ein- edenden feindlichen Angriffe wurden sämtlich verlust- -eich abgeschla»»" Alle Stellungen blieben In unserer Hand

Der englische Bericht ans Palästina.

(WTB.) London, 11. März. Amtl'cher Bericht au- Palästina: Am früben Morgen des 9, März setzten die Tnippen deS Generals Allenby im Westteil des Jordan den Generalvormarsch nordwärts fort. Die türkischen Stel­lungen Khel Beijudat-Abu-Tcllul auf der Hochfläche fünf Meilen östlich des Jordan, vom Feind zäh verteidigt, wurde um 3 Uhr nachmittags von uns genommen. Auf beiden -eiten der Straße JerusalemNablus erstreckt sich das Vorrücken auf einer Front von 13 Mell»" d g ^ oder drei Meilen Tiefe. Im Osten besetzten > Truppen *1 kr Telasiir und Selvai. Tagsüber mackste de ^-'nd ver­schiedene erfolglose Versuche, Telasur wieder zu nehmen. >esttlch der Straße nach Nablus wurde die Linie Burj ''ardawillAdj"lDeirEzSudan unter gerinaem Wider­stand erreicht Bei Lubban wurden direkte Treffer unserer Flieger auf Truppen und Transporte beobachtet.

Der englische Bericht aus Mesopotamien.

(WTB.) London, 11. März. Amtlicher Der ch* ous Mesopotamien: Am 9. März besetzten die englischen Trup­pen Hit a. Euphrat ohne Widerstand. Die bisher dort stehende türkische Streitmacht zog sich nach Shailliya (7 Meilen stromaufwärts) zurück.

Reue U-Bootsersolge.

(WTB.) Berlin, 11. MSrz. (Amtlich.) Ei,.es unserer U Boote, Kommandant Knpitänleutnant v. Glasenavp» hat an der Westküste Englands fünf Dampfer und ein Segel­schiff mit zusammen 28 7VÜ Br.-R. -Tonne« Schiffs-