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Samstag, 9. Juni
Bekanntmachungen aller Art finden die erfolgreichste Verbreitung.
1900.
Ernannt wurde Postpraknkant I. Klasse Schuster bei dem Postamt U!m zum Postassistenten in Mensteig.
Gesetze und Hesetzes-Ausfüßrung.
sj ES erscheint angemessen, darauf hinzuweisen, daß man bei der Ausführung von Gesetzen auf die Gesamtheit der Interessenten unter den deutschen ReichSbürgern nicht mindere Rücksicht nehmen möge, wie auf von Reichsgesetzen betroffene ausländische Interessenten. Wir haben bei dem Inkrafttreten namentlich von sozialpolitischen Gesetzen nicht immer bemerkt, daß man dem Grundsätze huldigte: Gesetze sind um der Bürger willen da, das heißt, die Gesetz? sind aus den Leben-Verhältnissen der Bürger herausgewachsen, sondern daß es mehr nach der unrichtigen Losung ging : Die Bürger sind um der Gesetze und Verordnungen willen da, sie müssen sich da- Ausprobieren von GesetzeS-Para- graphen gefallen lassen; bei dem Inkrafttreten der sozialpolitischen Gesetze ist manch« entschiedene und begründete Beschwerde über Urberstürzung geführt und auch der Reichstag hat mehr als einmal anerkennrn müssen, z. B. beim Bäcker-Arbeitstag, der vom deutschen Bunde-rat verordnet war, daß alles seine Zeit haben muß. Geholfen haben die Eingaben von Vertretern des deutschen NäßrftandeS wenig, und da ist es denn bemerkenswert, zu sehen, wie Eingaben von Ausländern leider eine andere, zum Mindesten günstigere Behandlung zu teil wird.
Der Reichstag hat, wie bekannt, das Vieh- und Fleischbischaugesetz angenommen, welches auch die Einfuhr von ausländischem Fleisch betrifft. Man kann ein entschiedener Gegner des Gesetzes sein, es für wenig ersprießlich halten, und muß doch sagen: Was im Gesetz steht, gilt! Nun ist mitgeilt worden, daß der englische und der nordamerlka- «ische Botschafter in Berlin im Reichsamt des Auswärtigen vorgesprochen und den Staatssekretär Grafen Bülow ersucht -oben, beider Ausführung desGesetzrs dieJnteressen der australischen resp. nordawerikanischen Fleischeinfuhr nach Deutschland zu berücksichtigen. Die Herren haben jedenfalls keine glatt abweisende Antwort erhalten und in den Aussührung-bestimm- ungrn zum neuen Gesetz wird sich auch wohl diejenige Berücksichtigung finden, um die sie ersuchten. Dazu wird dann gesagt werden: Ja, unsere auswärtigen Beziehungen erfordern ein solche- Entgegenkommen! Gut, lassen wir bügelten !
Es ist noch nicht lange her, da war beim Staatssekretär des Innern Grafen PosadowSky eine Deputation von Geschäftsleuten, die mit Hinblick auf den durch schwer« Unkosten aller Art belasteten Stand der Mittel- und Klein- Gewerbetreibenden höflichst bat, dem vom Reichstag ge- faßten Beschluß über den Schluß der Ladengeschäfte um 9 Uhr abends und über die BeschäftigungSdauer des Personals nicht beizustimmen, resp. seine Ausführung zu mildern. Der Herr Staatssekretär bedauerte, keinerlei Aussicht auf Erfüllung des vorgetragenen Wunsches geben zu können, und die Herren zogen betrübt ab. Liegt in einem solchen Fall nicht mehr Grund zum Entgegenkommen vor, als gegenüber Engländern und Amerikanern? Und wenn der Reichsregierung so ungemein viel an guten Beziehungen zum Ausland« gelegen ist, wüßte ihr nicht viel mehr an guten Beziehungen zum deutschen Nährstande, zum Rückgrat der deutschen Reiches gelegen sein?
Das ist eben der Unterschied, der uns nicht gerade erfreut! Für die deutschen Reichsbürger wird in so und so viel Paragraphen dekretiert und damit Basta! Mit den ausländischen Interessenten aber wird verhandelt und schließlich nachgrgeben.
Der Abendschluß der Ladengeschäfte, der vom I.Okt. vs. Js. ab Geltung gewinnen soll, ist in Verbindung mit ^^uregelung der Arbeitszeit de- Personals ein neuer «chrrtt auf dem Weg« fleißigen Leuten mit nur mäßigen Geldmitteln die Selbständigmachung oder später die Existenz zu erschweren. Ueber die Beseitigung der Auswüchse in
a^MMSvn Arbeitszeit alle Welt nachgerade auch r Einig, die Lahmlegung der Arbeitsfreiheit eines
? ,nändrgen erwachsenen Menschen ist von Uebel. Daß ^7 ^Esetz so, wie es vom Reichstag beschlossen, lange auf- recpt gehalten werden wird, daran ist nicht zu denken. Es wird über Jahr und Tag abgeändert werden, aber erst dann, wenn arbeitswillige Leute, denen der Satz gilt: Früh h raus und spät ins Bett! sich weidlich geärgert haben, sind wir nicht Engländer oder Amerikaner, nn würden unser« Vorstellungen sicher mehr beachtet, ^tte der Reichstag in das neue Gesetz eine k>.rl x Ä aufnehmen sollen, die dem in seiner Arbeitsfreihrit «..'Fänkten Gewerbetreibenden das Recht gab, für den «usfau an Einnahmen auch Abzüge bei der Steuer zu Ausfälle an Einnahmen kommen sicher: -mancher Kauf, der abends nicht vorgenommen werden kann,
unterbleibt überhaupt, oder erfolgt in einem anderen vielleicht größeren Geschäft.
DerrtfHe* Reietzst-rs
* Berlin, 6. Juni. Der Reichstag beriet die Flottenvorlage in zweiter Lesung. Tirpitz begründet sie nochmal- kurz und erklärt di« Bereitwilligkeit der Regierung, die Frage über dir Auslandskreuzer zu vertagen. Bebel bekämpft di« Regierung-Vorlage und tadelt das Zentrum, das schmählich umgefallen sei. Graf Stoib erg und Bassermann treten für die Flottenvermehrung aus nationalen und wirtschaftlichen Gründen ein. Gröber verteidigt die Kommissionsbeschlüsse und da- Zentrum, da» die Regierungsvorlage erheblich beschnitten und verbessert habe. Richter kritisiert die Flottenbegeisterung und lehnt die Vorlage ab, da dar Vertrauen zur Regierung fehle. Paragraph 1 der Vorlage wird mit 159 gegen 79 Stimmen in namentlicher Abstimmung angenommen.
* Berlin, 7. Juni. Der Reichstag nahm die Z8 2—5 der Flottenvorlage debattelo- an. Bei 8 6 (Deckungsfrage) weist Abg. v. Siemens (frris. Volksp.) auf die prin-
t zipiellen Bedenken hin, welche die neuen Steuervorschläge r besonder- die Versteuerung der Kuxe und Konossement« j bieten. Sie erzeugten eine direkte Schädigung des Mittel- § standes und eine Erhöhung der großen Kapitalien im Einzrl- besitze. Im Anschluß daran giebt er eine ausführliche Darlegung des Verkehrs und wendet sich gegen die Befürchtung des „VerkehrSdusels." Nach den eingehenden Darlegungen des Abg. v. Siemen- über di« Börse und den freien Weltverkehr als ein politisches Machtmittel allerersten Range- Wiesen die Adgg. Richter (frcis. Volksp.) und Bebel (Soz.-D«m.) eine Besteuerung diefts volkswirschaftlich wichtigen Instituts zurück und wünschten ebenso wie Abg. Rick ert eine direkte bewegliche Rrichssteuer. Abgg. Graf Kanitz, Kardorff und Paasch« treten für die Kommissious- beschlüsse ein, an denen nichts geändert werden dürfe. Abg. Gröber (C) erklärte namens seiner Freunde, daß sie bei einer Aenderung der Komwissionsbeschlüffe die Deckungsfrag« als nicht gelöst betrachten, also die ganze Vorlage nicht annehmen könnten. § 6 wird mit großer Mehrheit angenommen, ebenfalls dl« Schlußbestimmung und die Resolution. Morgen Rest.
wLrirtteitibeirgiseher; ^«rirdters.
Kammer der Abgeordneten.
* Stuttgart, 6. Jam. (122. Sitzung.) Die Kammer nimmt ihre Sitzungen wieder auf. Den Vorsitz führt V cr- präsident Kiene, da Präsident Payer (ebenso wie die übrigen ReichstagSabgeordnrten) nach Berlin beurlaubt ist. Der neue Abg. Haug (Ulm-Amt) wird vereidigt. Auf der Tagesordnung steht die Eingabe israelitischer Bürger über Abänderung der kirchlichen Rechtsverhältnisse der württem- bergischen Israeliten. Der Berichterstatter, Konsistorialpräs. Frhr. v. Gemmingen, berichtet ausführlich über die Bestrebungen auf diesem Gebiete. Nach den Ausführungen des Referenten soll di« Reform ein« größere Autonomie und ein« freier« Gestaltung des KirchenwesenS herbeiführen. Di« Initiative soll aber der Regierung überlassen bleiben, womit auch die Petenten einverstanden sind. Di« Kommision empfiehlt die Petition zur Erwägung. Mehrere Redner betonen, daß die Petenten nicht angegeben haben, was für Reformen sie wünschen; auch wisse man nicht, wie die Masse der Israeliten zu der Eingabe sich stellen. Staats- rat v. Weizsäcker führt aus, die patriarchalische Verfassung von 1828 sei gegen früher ein großer Fortschritt gewesen. Von Mißständen sei in der Eingabe selbst nicht die Rede. Di« Regierung sei aber bereit, in eine weitere Erwägung einzutreten. Die Kammer nahm den Kommission»- antrag an und beriet noch einige Petitionen.
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* Alten steig, 7. Juni. Der Weltreisende A. Bea au- Schramberg giebt Sonntag abend im goldenen Stern einen Vortrag über eigene Reise-Erlebnisse anläßlich seiner Weltumseglung bei einer Walfischfang-Expeditisn, über Sitten und Gebräuche der Feuerländer und Eskimos rc. nach eigener Wahrnehmung. Hr. Bea hat schon in verschiedenen Städten Vorträge gehalten und zollen die uns hierüber vorliegenden Berichte dem vielgereisten Manne all« Anerkennung. Es ist rin lehrreicher Bortrag zu erwarten und ist Hrn. Bea, der sich für Förderung der deutschen Polarforschung sehr Mühe giebt, eine zahlreiche Zuhörerschaft zu wünschen. Im übrigen verweisen wir auf den Inseratenteil der heutigen Nummer.
* Altensteig, 7. Juni. Die Neuwahlen der Mitglieder der Handelskammern finden statt für den Bezirk der Handelskammer Calw am 18., Reutlingen am 19.
und Rottweil am 22. Juni. Di« Zahl der zu wählenden Kammermitglieder beträgt nach der K. Verordnung, betreffend die Errichtung von Handelskammern vom 22. März 1900 bet der Kammer Calw 9, Reutlingen 16 und Kottweil 12.
* (Schutz der Vogelwelt.) In der gegenwärtigen Zeit, wo unsere gefiederten Sänger dem Brutgeschäft obliegen, bedürfen dieselben mehr denn je de- Schutze- und der Obhut der Menschen. Zu den Feinden und Nachstellern, welche di« nützlichen Vögel in der Tierwelt haben, gesellen sich leider auch die Menschen, die teils au- Rohheit, teils um einer gewissenlosen Liebhaberei zu fröhnen, den bunten Säugern in Feld und Wald mit Leimruten und Schlingen uachstellen bezw. die Nester ausrauben. Daß solches Thun empörend ist, braucht man wohl kaum zu versichern; es fügt aber auch indirekt unserem Obstbau großen Schaden zu. Denn die Singvögel sind die besten Raupenvertilger und sie schädigen heißt zugleich auch ein Ueberhandnehme» der Insekten fördern.
* Pfalzgrafenweiler, 5. Juni. Hier hat sich
«in ganz eigenartiger Fall von Vergiftung zugetragen. Bei einem 15jährigen Mädchen, das auf den Wiesen wachsende sogenannte Habermarken (die blütenlosen Stengel des Wiesen- bocksbarts) gegessen hatte und nachher erkrankte, konstatiert« der zugezogene Arzt Vergiftung durch den künstlichen Dünger (Kaimt), mit dem die Wiese dieses Frühjahr bestreut worden war. Ob die Vergiftung lebensgefährlich ist, steht noch nicht fest. (N. Tgbl.)
w. Gött elfin gen, 5. Juni. Begünstigt vom herrlichsten Wetter feierten wir gestern unser Kinderfest. An demselben beteiligten sich außer den beiden hiesigen Schulklassen auch die AnstaltSschule und die Schule von Schernbach. Um */2l2 Uhr ging der Zug vom Bruderhaus ab und bewegte sich durch das festlich geschmückte Dorf zum Festplatz. Voran fuhr der Festwagen, auf welchem durch kostümierte Kinder das Leben und Treiben in einer Bauernstube dargestellt wurde. Auf dem Festplatz angekommen hielt der Ortsgeistliche eine Ansprache an die Kinder und bald entwickelte sich «in reges Leben. Sichtlich befriedigt verließen Junge und Alte am Abend den Festplatz.
* Die bürgerl. Kollegien von Calw haben beschlossen, nach Altburg «ine neu« Straß« zu bauen. Dieselbe soll 7"/o Steigung erhalten und beträgt der Kostenvoranschlag 108000 Mk.
*Au»demOberamt Neuenbürg. Ein Kultur- bild meldet der „Enzthälrr" aus der Gemeinde Feldrennach. Dort hat sich ein Hexenbanner aufgethan und die Kunde verbreitet, in der Gemeinde befänden sich 5 Hexen; nun sei ein« davon gestorben. Der Zauberer habe nun eine große Kundschaft. Man rufe ihn in die Ställe, um mehr Milch und Rahm zu bekommen, sogar an Krankenbett« sei er schon geholt worden, um seine Kunst zu entfalten. Zu seinen Kuren verwende er Kräuter und lese seine Wahrsagungen au- den Sternen. Auch behaupte er 4 Wochen scheintot gewesen zu sein, während welcher Zeit er in einer andern W-lt gewesen und Anleitung zu seinen Künsten empfangen habe.
* (Landtags-Aufwand.) Einen Einblick in die Kosten des Landtags giebt der soeben erschienene Bericht der gemeinschaftlichen Kommission beider Kammern über die Prüfungen der Rechnungen für 1898/99. Der Berichterstatter Nußbaumer weist darauf hin, daß auf 1898/99 für den ständischen Aufwand in Kap. 108 des Etat- 429534 Mk. verabschiedet waren. Verausgabt wurden aber 510176 Mk. 88 Pfg., so daß sich «ine Ueberschreitung von 80642 Mk. 88 Pfg. ergiebt. Diese Ueberschreitung findet ihren Grund darin, daß der Landtag über die im Etat angenommenen 4 Monat« hinausgedauert und 195 Sitzungstage in Anspruch genommen hat. Die Kassenrechnungen wurden eingehend geprüft; materielle Anstände haben sich dabei nicht ergeben: formelle Beanstandungen wurden inzwischen erledigt; die Kassen befanden sich bei dem vom Revidenten vorgrnommenen Kassensturz in Ordnung. Der Antrag der Kommission geht deshalb dahin, diese Kassenrechnungen für in Ordnung zu erklären.
* Da- Hreres-Ergänzgrigs-Geschäft hatte für da- vergangene Jahr im Bezirk de- württemb. Armeekorps folgendes Ergebnis: Ausgehoben wurden im ganzen 9890 Mann, wovon 6219 20jährige, 2030 21jährige, 1596 22jährigr und 45 ältere. Ueberzählig geblieben sind 1015 Mann, der Ersatzreservr wurden überwiesen 3637, dem Landsturm ersten Aufgebot- 3478, ausgcmustert wurden 2426, zurückgestellt 15 680, ausgeschlossen 30, anderwärts gestellungspflichtig geworden sind 17 399, ohne Entschuldiung au-ge- blieben sind 3074, als unermittelt werden in den Restantenlisten geführt 6605. I» da- Heer sind freiwillig eingetreten 476, in die Marine 11. Ausgehoben wurden für die Marine