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Erscheint Dienstag, Donnerstag, SamStag und Sonntag ȟber GratiS-Beilage D,r SonntagS-

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MAtzblatt für

EinrückungSpreiS iir Wensteig und nahe Umgebung bei einmaliger Ein­rückung 8 Pfg. bei mchrmal.se 6 Pfg auswärts se 8 Pfg. die Ispaltig« Zeile oder deren Raum.

Verwendbare Beiträge werden dank- bar angenommen.

Man abonniert auswärts auf dieses Blatt bei dm Kgl. Postämtern und Postboten.

Donnerstag, 31. Mai

Bekanntmachungen aller Art finden die erfolg­reichste Verbreitung

1900.

<sm Herbti 1901 wird eine größere Anzahl tropendienstfähiger t IreiMrig-Ireirvilriger f r die Besatzung von Aiaukschou zur Anstellung gelangen-

Ausreise: Frühjahr 1902. Heimreise: Frühjahr 1904.

Bauhandwerker (Maurer, Zimmerleute. Dachdecker, Tischler, Glaser, Töpfer, Maler, Klempner u. w.) und andere Handwerker (Schuhmacher, Schneider u. s w.) werden bei der Einstellung bevorzugt.

Bewerber, von kräftigem und mindestens 1,67 m großem Körper­bau, wel-be vor dem 1. Oktober 1882 geboren find, haben ihr Ein- MungSgesuch mit einem auf dreijährigen Dienst lautenden Meldeschein ,Meder:

dem I. SeebatcrMon in Ki«k: zum Diensteintritt für das III. Seebatatllon, oder

dem II Seebatcrillon in WirHelrnshaven: znm Dienst- eintritt für das III. Seebataillon und die Marinefeldbatterie, oder

der III Hkkatrosenartillerie-Abteilung rn Leye: znm Diensteintritt für das Ma'.rosenarnllerie-Detachement in Kiaut- schou (Küstenartillerie)

b!S spätestens Knös Isbrunr 1901 einzusenden.

Dir diesjährige Aushebung der Militärpflichtige« i« Bezirk Aagokd findet am 28. «ud 30. Juni d As. statt.

Tersespstttlk.

Mit Staunen sieht d-r Reisende, der nach Posen kommt, daß diese Hauptstadt mit dem Sitz der Provinzial- regierung und zahlreicher deutscher Behörden, hinter denen ein großes Beamtenheer steht, heute polnischer ist als jemals ja, das ganze Gepräge der Lebens und W:skn» dieser Stadt ist natiouülpolnisch. Dos Deutschtum, dem dar Auf­blühen der Provinz zu danken ist, das aus Posen eine der schönsten Städte des Reiche- gemacht hat, scheint nur ge­duldet zu sein, wenn er sich polnischer Sitte anbequemt und dem polnischen Willen folgt. Die Ursache ist für den Denkenden leicht zu finde». Dar Deutschtum ist von höchster kulturbringertscher Kraft. Die Polen sind einfach an der deutschen Kultur erstarkt! Mit der von den D.urschen erlernten Intelligenz ist ihre wirtschaftliche Stellung in die Höhe gegangen und damit der in ihnen liegende nationale Eelbstmille. Der Deutsche ist in solchen Dingen nur zu sehr weltbürgerlich. Wie er in England. Amerika u. s. w., trotzdem er innerlich doch Deutscher Uribt, dem stärkeren nationalen Willen folgt, so wacht sich dieser Hang auch im engeren Vaterlande geltend, wenn bestimmte Einflüsse auf ihn wirken. So stehen wir in der Provinz Posen in Wahr­heit vor der Erscheinung, daß der Deutsche, der das Land mit den Segnungen der Kultur versehen, Intelligenz und Bildung hineingetragen hat, weit eher ansängt,polnisch" V» werden, al- der sich überdies rapid vermehrende und an Wohlstand ungewöhnlich wachsende Poledeutsch."

* * *

*

Wer auf de r Pariser Weltausstellung glänzen will, muß Großartiges leisten, denn alles, was nicht französisch

ist, wurde in die Winkel und Ecken gestellt. 60 Prozent des Ausstellungsraumes nehmen die Franzosen für sich in Anspruch, die übrigen vierzig Prozent entfallen auf die ausstrllenden vierzig fremden Staaten. Der Keeisbauinspektor Stadtrat Jaffe in Berlin ist es, der das behauptete, und zwar in einem öffentlichen Vortroge. Die deutschen Aus­stellungen seien meist nur an Plätzen zu finden, wo mau sie nicht suche. Mithin laufe die ganze Weltausstellung auf nicht« hinaus, al» auf eine Glorifizierung Frankreichs gegen­über den anderen Nationen. Dem entspreche aber keineswegs der Geist, der in der V-rwaltung herrscht und es verschul­dete, daß die Ausstellung vollkommen unfertig eröffnet werden mußte. Außerdem hätte aber auch der Bahngüter­transport zur Ausstellung und das Speditionswesen so un­glaubliche Verhältnisse gezeigt, daß man sie sich in Deutsch­land gar nicht vorstellen könne, und wenn Frankreich über kurz oder lang wieder in einen größeren Krieg verwickelt werden sollte, so müsse dies für das Land zum Unheil werden, weil in den Bureaus eine Disziplinlosigkeit herrsche, die beispiellos sei und eine vollständige Zersetzung des ganzen VerwaltungSapparates Frankreichs herbeistihre. Da­gegen Hab« man eS verstanden, von den fremden Ausstellern zu den Kosten des Unternehmen- sich Beiträge leisten zu lassen, w'r es noch nie dagewesen sei, denn es seien z. B. von den deutschen Staaten allein für Fußböden, die sonst nie bezahlt wurden, gegen 800 000 Mk. zu entrichten. Überhaupt heiße es für die fremden Aussteller, wie nicht minder auch für die Besucher der Weltausstellung:Thu' Geld und nochmals Geld und dann noch was mehr in deinen Beutel," denn man müsse jetzt in Paris für alles, Logis, Essen, Droschken, Vergnügungen usw. enorme Preise zahlen. Wer aber aus Deutschland hingehe, werde die Freude haben, zu sehen, daß unsere Ausstellungen unter denen aller Nationen mit an allererster Stelle stehen, denn die deutschen Aussteller hätten wirklich Außerordentlicher geleistet.

L«rirde»ii«»eh<;r^hteir.

* Altensteig, 30 Mai. Die angekündigt« Sonnen­finsternis konnte hier am Montag nachmittag kurz nach 4 Uhr mit bloßem Auge beobachtet werden. Nich und nach wurde die Sonnenscheibe bis zu ^ bedeckt und glich noch einer Sichel. Leider wurde die Beobachtung durch vorüber- ziehendes Gewölk beeinträchtigt.

-s Aichelberg, 29. Mai. Da» Pumpwerk und das 785 Meter hoch liegende Reservoir der Schwarzwatd- wasserversorguug übt eine große Anziehungskraft auf das Publikum aus. Erst war der Kriegerverein Martinswoos hier zur Besichtigung der Anlagen und am Montag traf der Gesangverein Warth ei» zu gleichem Zwecke. Zunächst wurde der Quelle und der Pumpstation bei der Kälber­

mühle ein Bffuch abgrstattet, dann dem Hochreservoir bei Aichelberg und schließlich ein Mittagsiwbiß in derSonne" eingenommen. Nach des Leibes Stärkung entwickelte sich eine gemütliche Unterhaltung und die Sänger zeigten durch mehrere Grsangsvorträge, daß sie sich mit Eifer der Pflege de- edlen Gesangs hingeben. Um 5 Uhr nachmittag­wandte sich der Verein sichtlich befriedigt wieder der Heimat zu.

* Bor der Tübinger Strafkammer stand am 26. Mai der 21 Jahre alte ledige Maschinentechniker Friedrich Gut au- Reutlingen. Er ist de- schweren und einfachen Diebstahls angeklagt. Mit Angestellten der Firma Methler und G-ngenbach, Konsumgrschäft in Reutlingen, befreundet, kam Gut häufig in die G schästSlokale dieser Firma und wußte auch, wo die eingehenden Gelder aufbewahrt werden. Der Verwalter der genannten Firma, der Kaufmann Edmund Wagner, der allabendlich Kassensturz macht, entdeckte anfangs März einen Kassenabmangel von 10 Mk. DaS Geld befand sich in einer verschlossenen Tischschublade im Kontor. Acht Tag« später fehlten Wagner wieder 20 Mk., nach weiteren acht Tagen wieder 30 Mk. und nach V-rflaß von 4 Tagen wieder 40 Mk. Wagner, der den Schlüssel der verschlossenen Schublade stets bei sich trug, konnte sich die Sache nicht anders erklären, als daß ein Mitangestrllter derartige Kassen- eingriffr mach«. Et fiel auf einen Mitangestellten Verdacht, worauf zunächst dessen Versetzung in da» Geschäft der gleichen Firma in Stuttgart erfolgte. Einige Zeit schien auch der Dieb wirklich verschwunden zu sei», allein schon am 17. April machte Wagner bei seinem Kassensturz wiederum die Entdeckung, daß aus der Kasse 60 Mk. in Gold ver­schwunden waren. Jetzt lenkte sich der Vervacht auf den obengenannten Gut. Wagner lauerte ihm, besten Besuchs- zeit regelmäßig gegen Mittag war, aus. Gut kam auch zur gewohnten Stunde, schickte den dienstthuenden Angestellten unter irgend einem Vorwand auf einen Augenblick weg und als er sich sicher fühlte, schlich er an dir Ladenküsse und eignete sich eine Handvoll Geld an, im gleichen Moment aber trat Wagner aus dem Versteck hervor und packt« den längst gesuchten Dieb am Kragen; Gut warf dir Handvsll Geld sofort wieder in di« Ladrnkoffe und gestand dem Wagner ein, sämtliche Diebstähle verübt zu haben. Dos gestohlene Geld hat er in lüderlicher Weise durchgebracht. Er wurde zu der Gefängnisstrafe vor 1 Jahr verurteilt.

* Fellbach, 28. Mai. Die Weinberge zeigen einen hoffnungsvollen Stand; die Witterung in voriger Woche ging ohne Schaden vorüber und zahlreiche Fruchtgeschosse haben sich angesetzt, in den höheren Lagen mehr als in den niederen; die Saaten stehen ebenfalls schön, sind aber im Wachstum etwa- zurück. Prächtig stehen die Obstbäume.

, » Der Erbprinz und die Ecbprinzessin von Wied sind

! mit ihrem Sohn in Stuttgart angekommeu und werden ! sich einige Wochen dort aufhalten. Dem jungen Prinzen,

Unedel«, selbstsüchtigen Gemütern sind empfangene Wohlthaten drückend. Sie kennen nicht nur keine Dankbarkeit, sondern auch die leiseste Erinnerung daran und wäre es nur dein Anblick macht sie zu deinen heimlichen Feinden.

Blumaner.

Anker und Meffe.

Humoristische Erzählung von Arthur Roehl.

(Fortsetzung.)

Mit gleicher Unwandelbarkeit der Gesinnung hing er an seiner Heimat. Er war in Militsch geboren und groß geworden. Er hatte hier ganz klein seinen Borsten- viehhandrl begonnen und aufblühen sehen und jahrein, jahr­aus an sein Geschäft gefesselt, war er kaum weit über die nächste Umgebung der kleinen Stadt hinauszekommen. Ec wollt« auch garnicht weiter hinaus. Militsch bot alles, was sein Herz begehren konnte.

Onkel Henkel war in der ThaL ein O igirral. Es schien kaum glaubhaft, aber es war nichtsdestoweniger volle Wahr-

Onkel Henkel hatte noch nie eine Eisenbahnreise gr- macht. Zum wenigsten nur eme einzige in seinem ganzen n , L öaS war eine verunglückte Reise gewesen. Gott­hold Henkel war weit Über die Jünqlingsjahre hinaus, als kr sich zum ersten Mal in einen Eisenbahnwagen setzte.

., Dampfroß, das auf stählernen Schienen durch

die Welt saust,' war lange in weitem Bogen um Militsch herumgegangen, indes endlich ward di« kleine schlesische «tadt auch an die Außenwelt angeschlosien. Und wie alles « stine Probe-Bahnfahrt zu machen, vertraute

auch Gotthold Henkel sich eines Tages der feuerspeienden und unheimlich ächzenden Dampfmaschine an. Er hatte in anerkennenswertester Weise seine Vorurteile gegen die neue «rt der Beförderung zu überwinden versucht.

Zum Unglück fiel die Probefahrt höchst bedauerlich

»

aus. Es ist statistisch nachgewiesen, daß, wer per Achse auf der Landstraße reift, den Chauc-n eines Unfalles Vier­oder fünfmal mehr ausgesetzt ist, als der Passagier im Eisenbahnkoupee; indes Gotthold Henkel hatte nun einmal das Malheur.

Oakel Henkel, der jahrzehntelang sicher wie in Abra­hams Schoß über alle Landstraßen um Militsch kutschierte, ward gleich bei seiner ersten Eisenbahnsahrt Zeuge einer Entgleisung, bei der er um Arme und Beine und da» Leben kommen konnte. Gar so schlimm war die Sach« nun freilich nicht gewesen. Die Lokomotive war au- den Schienen gesprungen, ein paar Packwagen waren aufeinander gefahren, ein Dutzend Passagiere hatten wohl auch mehr oder weniger schwere Quetschungen und Kontusionen davon- getragen, von denen jedoch alle binnen vierzehn Tagen wiederhergestellt waren.

Indes Onkel Henkel war der Schreck dermaßen in dir Glieder gefahren, daß er sich nach dieser noch angesichts der Türme seiner Vaterstadt unterbrochenen Eisenbahnfahrt schwor, sich nie und nimmer wieder einer Eisenbahnlokomotive anzuvertrauen.

Und diesem Schwur konnte ihn niemand untreu machen, weder sein Hausarzt, der ihm teils wegen seine» Reißen«, teils wegen seiner Leber, von Jahr zuJahr dringender den Besuch von Karlsbald empfahl, noch Adalbert Henkel, sein Neffe, der ihn, so oft er in Militsch war, mit seinen glühenden Schilderungen aller der Herrlichkeiten von Berlin zu einem Besuch der Weltstadt an der Spree zu begeistern vermochte.

Ei was," sagte der alte Mann,ich will nichts hören ich will nicht nach Karlsbad und nicht nach Berlin. Ich bleibe in Militsch. Ich werde mich hüten, mein Leben noch einmal auf der Elmbahn auf- Spiel zu setzen. Was soll ich auch in Karlsbad? Diät kann ich nicht halten. Ich kenn« mich. Und die Folge des gering­

fügigsten Diätfehlers kenne ich auch. Von Beclin will ich aber erst recht nichts wissen. Berlin ist das Sodom und Gomorrha der Neuzeit was ich davon in den Z-itungen lese, genügt mir."

Die Gesellschaft des mehr als einseitigen alten Mannes konnte natürlich dem jungen Berliner Boulevardier die Ocde der Kleinstadt nicht erträglicher machen. Und seiner in dem Hause seine» Onkels Heranwachsenden Base schenkte er kaum mehr alt eine Art herablassender Beachtung. Er lobte den Eifer, mit dem sie den Onkel Gotthold pflegte und dankte Gott, daß er nicht an ihrer Stell« war.

So sehr er aber sonst auch ein Verehrer des andern Geschlechts war, für die liebliche Entwickelung Trude SchmollingS besaß er kein Auge. Indes dann hatte er auch in Berlin für ganz andere Unterhaltungen, Theater und Konzerte schwärmen gelernt.

Adalbert Henkel war jedenfalls immer froh, wenn er seine Pflicht gegen seinen Onkel erfüllt hatte und Militsch wieder Valet sagen konnte.

Berlin, Berlin," jubelte er, wenn er die Rückreise aus seiner Heimat wieder antrat.Berlin, du herrliche, einzig« Stadt, in der Leben Leben bedeutet. Ich komme wieder zu dir!"

Was Wunder, daß bei solcher Gesinnung der junge Jurist, als er sein Staatsexamen bestanden, sich nicht von den Czonc'n auf schnellere Amtsanstellung verlocken ließ, nach der Provinz überzusiedeln. Onkel Henkel schickt« ihm ja auch, wie wenn er dächte, daß er nie einen Erwerb haben konnte, seinen Wechsel nach wie vor dem Ex-men pünktlich ein. Oakel Henkel kannte offenbar seine Schwär­merei für Berlin und billigte eS, daß er jahrelang ein­kommenlos an der Spree herumlies und auf einen Posten wartete, den er anderwärts aus der Stelle erhalten konnte.