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Erscheint Dienstag/ Donnerstag, SmnStag and Sonntag »it der KratiS-Beilage Der SonntagL- Gafi.'

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Dienstag, 29. Mai

Bekanntmachungen aller Art finden die erfolg­reichste Verbreitung.

1900.

Uebertragen wurde die zweite Schultclle in Hschdorf, Bez. Wensteig-Dorf, dem Schullehrer Mayer in Mühlheim a. B., Bez. Horb; die zweite Schulstelle in Höfen, Bez. Neuenbürg, dem Unterlehrer August Weinhardt in Birkenfrld, desselben Bezirks.

T<rservolitik.

Die jüngste Ansprache des Prinzen Ludwig von Bayern (s. letzte Nr.), des dereinstigen bayerischen König-, m roelcher er betonte, daß es als keine Gnade anzusshen sei, daß Bayern zum deutschen Reiche gehöre, ist sehr viel- fach besprochen! Wir wollen gleich hervorhrben. daß nach der Anschauung Aller, welche den bayerischen Thronfolger genau kennen, dies« Worte keinen anderen Sinn haben, als den, zu betonen, daß kein Bundesstaat eine höhere Stellung, wie ein anderer, kleinerer, nach den Verträgen, auf welchen das deutsche Reich ausgebaut ist, hat, daß es daher sehr übklflüssig und geschmacklos ist, allerlei Kritiken an An­schauungen der bayerischen Regierung zu üben, die vielleicht hier und da von denjenigen etwas aweichen, dir sich in bestimmten Fragen im deutschen Norden geltend machen. Solche Kritiken sind in übereifrigen norddeutschen Blättern, welche dir süddeutsche Eigenart weniger kennen, bei mehr­fachen Gelegenheiten zum Ausdruck gebracht, und es ist ja auch nicht unmöglich, daß sich Personen natürlich nicht vor aller Orffentlichkeit geäußert haben. Was nicht jedermann weiß, kann doch der bayerische Thronfolger er- r fahren haben, denn seinem ganzen Charakter, seiner ernsten ^ und festen Lebens-Auffassung gemäß, ist es total, aber auch ' unbedingt ausgeschlossen, daß er sich in sensationellen oder effektvollen Redewendungen bewegt, für deren Anwendung keinerlei Grund vorhanden ist. Prinz Ludwig von Bayern ist unter allen deutschen Fürsten vielleicht derjenige, der am meisten mit praktischen Thatsachen und Erfahrungen rechnet. Darum sind seine Schlüsse für künftige Dinge auch wertvoll. Im Feldzug« von 1866 durch eine Kugel verwundet, die ihm den aktiven Militärdienst erschwerte, hat er sich der praktischen Landwirtschaftsarbeit zugewendet, er ist ein ganz ausgezeichneter Fachmann, und man pflegt ja vom guten Landwirt mit Recht zu sagen, daß er sich keinen blauen Dunst Vorwochen läßt, sondern die Ding« nimmt, wie sie sind. Also nur um zu sprechen, hielt der Prinz seine Rede nicht. Er wußte genau, was er s-rgeu

wollte und so viel wird er auch nur gesagt haben.

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Zur Verständigung über das Flrifchbeschauzesetz schreibt die ministerielle ,Brrl. Korresp/:Es muß im Interesse der Vsltsgesundheit mit Genugthuung begrüßt werden, daß das Flrischbeschauzesetz nach langen parlamentarischen Kümpfen im Reichstage endlich doch mit einer beträchtlichen Mehrheit in einer Form zur Annahme gelangte, die dem hygienischen Charakter des Gesetzes in genügender Weise Rechnung trägt. Wenn ein Teil der Vertreter landwirtschaftlicher Interessen im Reichstag, in dem Bestreben, der Landwirtschaft noch weiters Vorteile durch das Fleischbeschaugesetz zuzuwenden, als sie ohnehin in diesem Gesetzentwurf enthalten waren, den hygienischen Charakter der Vorlage zurückzudrängen und handelspolitische Tendenzen mit ihm zu verflechten versuche und so das Zustandekommen der Vorlage ernstlich gefährdete, so ist es doppelt anerkennenswert, daß ein anderer Teil landwirtschaftlicher Vertreter, deren aufrichtiges Interesse für die Landwirtschaft außer aller Frag« steht, sich die not­wendige Beschränkung auferlegt hat und das Zustandekommen des Gesetzes ermöglichte."

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Alle Anzeichen deuten darauf hin, daß in Paris di« unheilvolle Dreysusfrage aufs Neue aufgerollt wird. Es ist nicht dir Regierung, eS sind nicht die Intellektuellen, welche daraus hinarbeitea, die Affaire aufs Neue in den Mittel­punkt d« Erörterungen zu ziehen und die kaum beruhigten Gemüter aufs Neue zu erhitzen, sondern es sind die Eionalisten, die Freunde des Herrn Deroulede und Ge- ^ stch durch die inner« Ruhe Frankreichs erdrückt '"^stund die nun alles daran setzen, um die Leidenschaften aufs Neue anzustacheln und sich selber in den Vordergrund Wie wir schon in einem Teil der letzten Nr. muterlen konnten, wurde im Senat der Krieg-minister über dl« Dreysus-Angelegenheit interpelliert und derselbe erklärt«, M Em Offizier des Kriegsministeriums in verbrecherischer Ese Dokumente des DrryfuS-Prozessr» kopiert und ent­wendet habe. Der Offizier, welcher sofort vom Amt« su-pen- viert wurde, Hab« erklärt:Was ich grthan habe ist ein politischer Akt." General Lambert rief au-: Der hat Recht gethan. Galliffet fügte hinzu, es sei unerhört, daß em Offizier es wage, derartige» dem Kriegs- mimster zu sagen. Schmutzige Wäsche ist genug vorhanden!

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Auf dem Gebiet der auswärtige« Politik ist der un­

glückselige Boerenkrieg immer noch das hauptsächlichste. Ueber Erwarten schnell ist die Widerstandskraft der wackeren Freiheitskämpfer erlahmt. Der Starke frißt den Schwachen auf. Das Schicksal des Oranjefreistaats ist besiegelt und mit Transvaal steht es nicht besser. Die Uebrrmacht der Engländer ist zu groß; die für Großbritannien bedrohlichen Verwickelungen in Asien und Abessinien sind nicht eingetreteu. Für di« Boeren hat sich keine Hand gerührt und selbst Mac Kinley versagt seine Vermittelung. Jetzt ist da- Interesse nur »och daraus gerichtet, ob die Boeren Verzweislungsthaten begehen, wie es die Zerstörung der Minen und der Stadt Johannesburg wären. Angedroht haben sie es ja, aber die Ausführung wäre nicht nur zwecklos, sie würde auch die gute Sache der Unterliegenden in ein schlechtes Licht setzen. Es ist ja wahr, daß nur der Gold- und Diamantenreichtum Transvaals die Leute vom Schlage Jamesons, ChamberlainS und Rhode-' zu Kriegsschürern getrieben hat und daß denen das ganze Interesse am Siege verloren wäre, wenn sie nicht zur freien und ungehinderten Ausbeutung jener Natur- schatzkammern gelangten. Ab» anderseits sind auch Kauf­leute anderer Nationen, vor allem deutsche, mit reichem Kapital an Transvaal beteiligt und würden unter der ge­waltsamen Schädigung mit leiden. Den Großkapitalisten aber steht die Presse zur Verfügung, dir ja bekanntlich die öffentliche Meinung wachen hilft, und wenn die Boeren Gewaltthätigkeiten gegen privates Eigentum begehen, so ver­üben sie in den Augen des Großkapitals Gotteslästerung wider den Götzen Gold und das ist ein todeswürdiges Ver­brechen, da- durch keinen noch so großen Heldenmut gut­gemacht, durch keine noch so schwere Strafe genügend gesühnt werden kann.

Derrtf^he* Reietzstsrs.

* Berlin, 25. Mai. Das Haus ist außerordentlich schwach besetzt. Der Präsident Graf Ballestreem eröffnet die Sitzung mit einem herzlichen Glückwunsch für den Abg. LangerhanS, der heute seinen 80. Geburtstag feiert. Der Präsident teilt unter dem Beifall des Hause» mit, daß er im Namen de- Reichstages auf dem Platze des genannten Abgeordneten «in« Blumenspende habe nieder- legen lassen. Eingegangen ist im Reichstag die Vorlage betreffend die Verlängerung des Handelsprovisorium- mit England. Der Nachtragsetat betreffend das neue Kabel mit England wird nach kurzer Debatte angenommen.

Das Haus beginnt dann die dritte Lesung der Unfall­versicherungsgesetze. Abg. Molkenbuhr erklärt, daß die Sozialdemokraten gegen die Reform stimmen werden, weil di« Verschlechterung, die sie bringe, di« damit verbundene Verbesserung überwiege. Abg. Rösicke (nl.) bekämpft dies« Ausführungen. Abg. Oertel erklärt, daß die konser­vative Partei dem Gesetz zustimmrn werde. Abg. Hitze erklärt dasselbe für das Zentrum. Das Haus nahm das Gewrrbe-Unsallversichrrungsgesetz mit einigen Aenderungen in dritter Lesung an und vertagte dann die weitere Be­ratung auf morgen. Auf der Tagesordnung steht außerdem das Handelsprovisorium mit England.

* Berlin, 26. Mai. Der Reichstag beschäftigt« sich heute zunächst mit der Vorlage betreffend die Verlängerung des Handelsprovisoriums mit England. Die Notwendigkeit, der Vorlage zuzustimmen, wurde von keiner Seite bestritten. Die Meinungen gingen nur darüber auseinander, ob «s ratsam sei, dieVerlängerung bis auf Weiteres", wie e» in der Vorlage heißt, also auf unbestimmte Zeit, oder wie in früheren Jahren, nur aus ein Jahr zu beschließen. Abg. Oertel hatte ansangs gegen die unveränderte Annahme der Vorlage nichts «inzuwenden, wenn Sicherheit bestehe, daß der Reichstag sich in seiner nächsten Session mit dem neuen Zolltarif beschäftigen werde. Staatssekretär Graf Posadowsky glaubt das in sichere Aussicht stellen zu können.

Abgeordneter Paasche wundert sich, daß e» nicht ge­lungen sei, einen einfachen Meistbegünstiguugsvertrag mit England herzustellen und sprach sich entschieden gegen eine Verlängerung des Provisorium- auf unbestimmte Zeit aus.

Schließlich wurde die Vorlage gleich in 2. Lesung an­genommen unter fast einstimmiger Annahme eines Antrages Rösike-KaiserSlautern, wonach das Provisorium nur bis zum 30. Juli nächsten Jahre» verlängert wird. Abg. Rickert regte an, gleich die dritte Lesung vorzunehmeu mit Rücksicht auf den Wunsch der Regierung, di« Vorlage mög­lichst schnell zur Verabschiedung zu bringen. Abg. Bachem weint, daß di« Handelrwrlt ja durch den Beschluß de» Reichstags in zweiter Lesung wisse, woran sie sei. Die dritte Lesung habe also Zeit. Wenn die Regierung die Vorlage früher erledigt haben wollte, so hätte sie sie auch früher einbringen sollen. Abg. Rickert zog seine Anregung darauf zurück und das Haus setzte die dritte Beratung der Unfallversicheruugsgesetze fort und genehmigte die Gesetze

nach den Beschlüssen der zweiten Lesung. Da» Hau- ver­tagte sich hierauf bis Mittwoch den 6. Juni.

Lsrirdsrn-rcHvietztei«.

* Alten steig, 28. Mai. DeS Jahres schönste Zeit ist gekommen, wir stehen in der holden Pfingstzeit, vor dem lieblichsten Fest, zu dem uns Au und Wald im zartesten Frühling-schmuck entgegeulachen, wo es auch den ärgsten Griesgram nicht wehr zwischen seinen vier Pfählen duldet, wo alles hinausstrebt, «inen Hauch von dem frohen Geist aufzufangen, der durch die Welt geht. Di« Pfingstzeit sind Tage des harmlosen FröhlichseinS, in denen di« Neigung gering ist, die schweren Dinge des Tages aus uns wirke« zu lassen, in denen die grämliche Politik kaum von der Seite angesehen wird. Möge nach den vielen Witterung-- Unbilden der letzten Wochen da-Sehnen nach einem sonnigen Pfingsten kein vergebliches sein und das Fest in vollstem Sinne des Wortes ein herzerhebendes werden. Im ganzen Lands wird nachstehender Entscheid de- K, Mini­steriums mit ungeteilter Freude und großem Dank ausge­nommen werden:In zwei ausführlich motivierten, mit Kostenberechnung und AussührungSvorschlägen versehenen Eingaben an die K. Zentralstelle für Gewerbe und Handel hat der Verbandsvorstand der Württembergischen Gewerbe- Vereine die Regierung ersucht, in Paris ein ständige- Bureau zur Orientierung und Führung der Ausstellungsbesucher au» Württemberg zu errichten. Auf diese Eingaben ist folgende hocherfreuliche Antwort der Zentralstelle eingelaufen:Wir teilen dem Vorstand der Württ. Gewerbevereine mit, daß dar K. Ministerium die Errichtung eines ständigen Bureaus in Pari- zur Orientierung und Führung der AuSstellungs- besucher aus Württemberg gutgeheißen und uns mit der Einleitung der erforderlichen Schritte beauftragt hat."

* Lasset die Blitzableiter prüfen! Wir finden uns in einer Periode von Jahre« mit vielen Gewittern und das heurige wird darin auch nicht zurückstehen. Während der langen kalten und nassen Jahreszeit leiden die Blitzableiter oft dermaßen, daß ihr ganzer Nutzen fraglich bleibt und dann das ganze Anlagekapital umsonst ausgegeben worden ist, zumal man gewöhnlich Jahre ohne eine Untersuchung darüber hingehen läßt. Die oberirdische« Leitungen lassen sich durch genaue Besichtigung leicht kontrollieren, allein bei der Hauptsache, bei den unterirdischen, muß die Erde auf- gegrabe» werden, oder man läßt dir Untersuchung elektrisch vornehmen, und so den Grad der noch vorhandenen Wider­standsfähigkeit seststellen.

* Baihingen a. F., 25. Mai. Heut« mittag er­eignet« sich in der seit 6 Wochen hier befindlichen litho­graphischen Anstalt ein bedauerlicher Unglücksfall. Der 50 Jahre alte Monteur Brandner, sowie der 21 Jahre alte Monteur Seybold waren mit einer Reparatur an dem Benzinmotor beschäftigt, als derselbe plötzlich explodierte und die beiden Monteure sofort am ganzen Körper lichterloh brannten. Die beiden Verunglückten wurden ins Karl-Olga- Spital verbracht, wo Brandner seinen Verletzungen bereit­erlag. Das Gebäude wurde durch die zum Löschen benützten Wasserwassen ziemlich beschädigt.

* Stuttgart, 22. Mai. Der im Amtsblatt des Evangelischen Konsistoriums und der Synode in Kirchen- und Schulsachen veröffentlichte Koaststorialerlaß, betreffend dis Kirchenaufstcht der Volksschullehrer besagt: Durch das Schul­gesetz vom 31. Juli 1899 ist die MeSnerei den Lehrern grundsätzlich abgenommen und der Organisten- und Kautoren­dienst von einer besonderen Uebertragung und Vergütung abhängig gemacht worden. Mit Rücksicht hierauf und an­gesichts der vielfachen Schwierigkeiten, welche bisher durch die Verpflichtung der Volksschullehrer zur Kirchenaufstcht erwachsen sind, hat das Konsistorium nach vorgängiger Be­ratung im Evangelischen Synodus und mit Zustimmung d«S K. Ministeriums de- Kirchen- und Schulwesen» be­schlossen, die Volksschullehrer zu Ausübung der Kirchenauf- sicht an den Sonn-, Fest- und Feiertagen, welche denselben nach den augestellten Erhebungen in einer größeren Zahl von Gemeinden de» Landes bereit- erlassen ist, nicht mehr länger in Anspruch zu nehmen und di« Fürsorge für die Beaufsichtigung der Schuljugend in den Gottesdiensten an den vorgenannten Tagen dem Kirchengemeinderat nach Maß­gabe de» Art. 6 des kirchlichen Gesetzes, betreffend die evangelischen Kirchengemeinden vom 29. Juli 1888 zu über­lassen, an der Verpflichtung der Volksschullehrer zur Auf- sichtsührung über die Schuljugend in den Wochengottesdiensten aber in ihrem bisherigen Umfang und ihrer bisherigen Be­handlung-weise sestzuhalten. Die Pfarrämter haben hievon den Kirchengemeinderäten und den Orjsschulbehörden ent­sprechende Eröffnung zu machen, auch wegen Ordnung der Kirchenaufsicht die etwa erforderlichen Beschlüsse zu ver­anlassen.