Erscheint Dienstag, Donnerstag, SamStag and Sonntag M der GratiS-Beilage Der SonntagS- GaS/ ^
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Dienstag, 22. Mai
Bekanntmachungen aller Art finden die erfolgreichste Verbreitung.
1900.
Ltrssspslitik.
Der Verein der deutschen Zuckerindustrie Hit, um den Znckerverbrauch zu heben, nuausgrsetzt gegen die künstlichen Süßstoffe Propaganda gewacht. So hat er noch vor kurzem an BundsSrat und Reichstag eingehend begründete Gesuche dahin gerichtet, daß die künstlichen Süßstoffe unter Apsißekenzwang gestellt werden. Die Saccharinfabrikanten haben den gesetzgebenden Faktoren deL Reicher eine Gegenpetition unterbreitet. Wie nun nach dem neuerdings herauS- gegkbenen letzten Jahresbericht des Vereins der deutschen Zuckerindustrie verlautet, soll die Besteuerung der Saccharin unter gleichzeitigerVerkehrSbeschränkung behufs Steuerkontrolle in Erwägung gezogen werden.
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W:e sehr die Großindustrie fortgesetzt den Kleinbetrieb unirrdrückt und erstickt, sieht man an den Brauereien. Die kleinen Brauereien können den Konkurrenzkampf mit den großen nicht bestehen, sie rentieren nicht mehr und gehen ern. Im vorigen Jahre ging die Zahl der Brauereien in Baden abermals zurück und zwar von 796 auf 733, also um 63 Betriebe. An Malz aber wurden 16,621 Doppelzentner mehr als iw Vorjahr verbraucht, nämlich 721000 Doppelzentner. Dir BierouSsuhr mit 248 000 Hektoliter überwog dir Bierrinfuhr mit 237000 Hekroliter noch um einiges. Di« stärkste BirrauSsuhr fand nach Elsaß-Lothringen mit 142 433 Hektoliter statt und dir stärkste Biereinsuhr
von Bayern mit 163 963 Hektoliter.
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Obstruktion im deutschen Reichstag, im Wiener Reichsrat und in der römischen Deputirrtenkammer. Dir Isx Hrinze, die der Unsittlichkeit entgegenwirken will, hat in den deutschen Künftlcrkreisen ohne Ausnahme die heftigste Opposition wachgerusen. Es ist immer schwer, das Rechte zu trefft« und das Kind nicht mit dem Bade auSzuschütten. Mensch- lrch-SchöneS und Zotiges streifen sich oft genug und verfließen ineinander. Der Schutzmann, ein sonst respektables Glied der bürgerlichen Gesellschaft, kann zu seinen viele» Ge- schäfte» nicht gut auch noch den einer ästhetisch geschulten Sittenrichters übernehmen, und die Erziehung des Volkes muß von innen heraus und nicht allzuviel durch Polizei- mittel ins Werk gesetzt werden. Aber, auch in letzterer Beziehung kan» mehr geschehen, wenn nur die bestehenden Gesetze angewendet werden. Di« Polizeizensur hat es wirklich nicht leicht. Zn den Großstädten werden Wochenschriften und Abbildungen veröffentlicht, die sicherlich nicht einer vernünftigen Volkserziehung dienen, das Interesse an der Kunst nicht Heden und nur dem Kultus des rohesten Sinnenkitzels dienen. Wird dann der Verkauf eines solchen Blattes auf den Bahnhöfen verboten, dann ist dar Geschrei über polizeiliche Beschränkung groß. Läßt die Polizei fünf gerade sein, dann kommt ein anderer Teil der Presse und schreit über die künstlich gezüchtete Verwilderung und Entsittlichung der Jugend. Die Hauptsache ist und bleibt immer, daß die Jugend mit einem tüchtigen Fonds sittlicher Fähigkeit in das Leben hinausgeschickt wird und daß die höheren Klaffen ein besseres Beispiel geben, als der Hannoversche Spieler- und der Berliner Harmlosen-Prozeß sie haben an den Tag treten lassen. Da Hilst kein Vertuschen, kein Schönpflästerchen!
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Der sranzösische Kultusminister betrachtet die kirchlichen Missionen als etwa- Ueberflüsfiges und Schädliches. 3« einem Rundschreiben an die Bischöfe erinnert er an eine Verordnung von 1810, welche die Mission,»» im Inneren verbot, und mahnt die Bischöfe, nicht länger zu dulden, daß OcdenSleut« zum Nachteile der Pfarrgeistlichkeit in der Advent- und Fastenzeit, während des MaienmonatS u. s. w. vre Kanzeln besteigen.
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Frankreich benutzt den Bureukrieg, in Marokko Beute r» machen. Bereits dränge» die französischen Truppen bi» vutwenix bei Tafilrt vor. Tafilet umfaßt etwa 1400 Quadratkilometer mit einer Einwohnerzahl von über 100 000 Seelen (Berbern und Arabern). Aus London wird gemeldet, England werde die Besetzung der Tafiletoasen mit der Besetzung Tanger- beantworten.
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. . Während der Wellenschlag de- öffentlichen Lebens
allen Landen Europas hoch geht, zieht England seinen «fernen Ring um die TranSvaalboeren immer enger. Der T>ra»ikfreistaat ist schon so gut wie ganz verloren und auch den Boden Transvaals haben einzelne Truppenabteilungen der Brtten schon betreten. Krüger will — wenn'- wahr M! — nach Beendigung des Krieges nach Deutschland uverstedeln und er kann sich hier eines sympathischen Em- psanges für vergewissert halten. Sein« Mission ist jetzt in
Amerika eingetroffen, wo neun Zehntel der Bevölkerung und darunter viele namhafte Engländer auf Boerenseite stehen. Ob aber Mac Kinley sich bewege» lassen wird, bei England ein gute- Wort für Transvaal einzulegen? Dir Rücksichten auf die bevorstehende Präsidentenwahl läßt da» als zweifellos erscheinen; er will den Demokraten nicht direkt vor den Kopf stoßen, denen di« neue Großmann-politik nicht gefällt; aber um den Republikanern zu zeigen, daß Nordamerika eine Großmacht geworden ist, packt er den Großherrn der Türkei bei der Kehle und fordert von diesem 90 000 Dollar Entschädigung für die den amerikanischen Missionen bei den armenischen Greueln zugefügten Schaden. „Europa" aber würde, wenn es zum äußersten käme, hinter dem Großsultan stehen, denn er hat allerhand Liebesgaben, besonder» Eisenbahnkonzessionen in Kleinasien zu vergeben und Deutschland hat ja auch eine solch« erhalten und keine schlechte. Darum wahrscheinlich bekommt auch Griechenland keine deutschen Offiziere zu seiner HrereSorganlsation, denn diese würde doch immer die Spitze gegen die Türkei richten. Wt«'S in Bulgarien steht, läßt sich beim besten Willen nicht genau ermitteln. Daß da» bulgarische Landvolk, di« ihnen aufzedrängte europäische Kultur teuer bezahlen muß und Bulgarien bereits in schwere Abhängigkeit vom europäischen Kulturmarkt getreten ist, läßt sich nicht leugnen. Aber wo ist denn der europäische Staat, der nicht vom Großkapital abhängig wäre?!
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Um England gefällig zu sein, hat dar bankrott« Portugal die Durchfuhr aller Lebensmittel durch seine Gebiete nach Transvaal verboten. AuS Prätoria ist ein Protest an die Großmächte abgrgangen.
* Berlin, 19. Mai. Der Reichstag setzte die Be
ratung der I^sx Hrinze bei der namentlichen Abstimmung über den Schlußantrag Spahn-Levrtzow fort. Haus und Tribünen sind wieder gut"'besetzt. Bor der Abstimmung giebt Abg. v. JagdzewSki Namens der Polen dir Erklärung ab, daß seine Partei gegen den Schlußantrag stimmen und überhaupt selbst den Schein vermeiden würde, die Minorität in der Redefreiheit irgendwie zu beeinträchtigen. Der Schlußantrag wird mit 185 gegen 118 Stimmen und einer Enthaltung angenommen. Es soll nun über Z 362 Absatz 2 und alle dazu vorliegenden Anträge namentlich abzestimmt werden. Das sind 24 Abstimmungen. Abg. Singer erinnert an dar gestrige Versprechen des Abg. Spahn, die Diskussion über die später eingelauseuen Anträge nicht zu verhindern. Er wünscht Sicherheit dagegen, daß nach Erledigung des 8 362 nicht durch einen Schlußautrag die Diskussion über di- vorigen zu 8 362 gestern eingebrachten Anträge abgeschnitten werde. ES entspinnt sich darüber eine längere GeschäftsordnungSdebatte, da der Präsident die- ablehnt unter Berufung darauf, daß er darüber im Augenblick einer Abstimmung keine Erklärung abgeben könne. Sie findet schließlich ihre Erledigung durch die Bemerkung de» Präsidenten, daß er kein« Fallstricke lege und durch di« Erklärung de-Vertreter- des Zentrum» und der Rechten, daß die Diskussion über die erwähnten Anträge stattfinden müsse. Die Abstimmung über 8 362 nimmt darauf ihren Anfang. Es wird über jeden Absatz des Paragraphen und jeden Antrag namentlich abzestimmt. Es sind im Ganzen 10 namentliche Abstimmungen erforderlich. Nach den erfolgten 10 namentlichen Abstimmungen wird rin Vertagungsantrag debattelos angenommen. Präsident Ballestrem schlägt für Montag den Rest der heutigen Tagesordnung vor. Abg. Richter bittet, die gestern eingebrachte Interpellation über den Kontraktbruch der ländlichen Arbeiter auf die nächste Tagesordnung zu setzen. Hierauf entspinnt sich noch eine GeschäftrordnungSdebatte. Nächste Sitzung: Montag 1 Uhr._
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Kammer der Abgeordneten.
* Stuttgart, 18. Mai. (119. Sitzung.) Fortsetzung der gestrigen Beratung. Eingabe um Erbauung einer norwalspurigen Bahn von Kirchheim u. T. nach Weil- heima u. T. bezw. um Bewilligung eine- StaatSbeitrageS. Die Kommission — Berichterstatter Abg. Vogler — will eine Subvention empfehlen. Der Ministerpräsident hat zwar einige Bedenken, hält aber di« Bahn nicht für aussichtslos. Ein MinderhritSantrag wünscht in erster Linie den Bau durch den Staat. Schließlich einigt man sich auf Vorschlag de- Abg. Kien« dahin, daß die Petition der Regierung zur Berücksichtigung überwiesen wird. ES folgt die Bahnlinie Mengen-Ostrach-Wilhelm-dorf-FriedrichShafen. Die Kommission will dar Gesuch der Regierung zur Erwägung überweisen. Der Ministerpräsident erklärt, die Regierung
könne dem Projekt in absehbarer Zeit nicht nährrtreten; die Kosten seien zu gering und die Rentabilität zu hoch berechnet. Der KommissionSanteag wird angenommen. — Stichbahn Mühlacker-Sternenfelr. Berichterstatter ist Abg. Stockmayer. Die Kommission empfiehlt Berücksichtigung. Der Ministerpräsident macht darauf aufmerksam, daß die Kommission für Berücksichtigung sei, während anderseits der Berichterstatter selbst die Schwierigkeiten, die der Ausführung der Stichbahnen rntgegenstehen, hervorgehoben habe. Die Kammer tritt dem KommissionSbeschluß bei, doch wird das Bahnprojekt der Regierung zur Erwägung überwiesen.
— Linie Donaueschingeu - Schwenningen. Nachdem der Ministerpräsident erklärt hat, di- Ausführung der Linie sei in absehbarer Zeit nicht notwendig, wird ein Antrag dahin angenommen, Sie Regierung zu ersuchen, die notwendigen Verhandlungen mit Baden zu führen.
— 19. Mai. (120. Sitzung.) Eisrnbahnpetitionen. Da- Eisenbahnkomitä RavenSburg-Markdorf bittet um eine normalspurige Nebenbahn von Ravensburg nach Markdorf. Die Kommission (Berichterstatter Stockmayer) beantragt von dem Bau einer durchgehenden Bahn abzusehen, dagegen eine Nebenstichbahn von Ravensburg über Eschen nach Ober- theuringen der Regierung zur Erwägung zu übergeben. Indessen spricht sich der Ministerpräsident für da- durchgehende Projekt aus, und nachdem eine Reihe von Rednern aus dem Oderland entschieden dafür eingetreten ist, wird der Antrag Egger, die Petition der Regierung zu überweise», einstimmig angenommen, lieber die Bitte der Gemeinde Bückingen bei Heilbronn beantragt der Berichterstatter zur Tagesordnung überzugehen. Nach einer langen Debatte wird ein Antrag Münzing angenommen, die Bitte unter der Voraussetzung, daß Bückingen einen mäßigen Beitrag leiste, der Regierung zur Berücksichtigung zu überweisen.
* Alten steig, 21. Mai. Noch immer haben wir empfindlich kalte Nächte; Freitag früh stand dar Termometer hier auf Null, gestern früh wies eS nur 1 Grad und heute früh nur 1^/a Grad Wärme aus. Wenn auch je nach Lage kleine Temperaturschwankungen Vorkommen, so darf doch behauptet werden, daß im allgemeinen kein schlimmer Frost austrat. Auch unmittelbar aus den Schnerfall in letzter Woche sank das Termometer zum Glück nicht unter Null. Das Aussehen der Baumblüte ist allenthalben noch «in sehr schönes und die verblüten Bäume weisen einen reichen Fruchtansatz auf. Die Blüte vieler Apfelbäume beginnt erst sich zu entwickeln. Wahrscheinlich ist auch in andern Gegenden der Frostschaden nicht so groß, wre die ersten Berichte meldeten.
* Altensteig, 21. Mai. Hartherzig wurde letzt« Woche in Egenhausen in «in traute- Familienleben «»gegriffen und ein großes Eltrrnglück zerstört. In einem Grundstück in der Nähe der Oelmühle hatte sich in einer Ent- wäsierungSdohle eine FuchSfamilir angesiedelt und da» 'Elternpaar zählte eine Nachkommenschaft von sage neun prächtig herangewachsenen Jungen, die sämtlich schon die Größe ausgewachsener Katzen aufwiesen. Der Jagdpächter nahm das Nest aus und es gelang ihm sechs Füchse lebend zu fangen, während drei Stück da» Opfer der Jagdhunde wurden. Auch wurde ein gut gedeckter Tisch der „Familie ReineckeS" ausgehoben. Al» Mahlzeit lag parat: 1 halbe Katze, einige junge Rebhühner und Ueber- bleibsel von Hasen und HauShühnern. Als dar Hühnervolk von Egenhausen die Einnahme und den Entsatz der Fuchsvest« erfahren, soll er gerade so freudig aufgejubelt haben al» die Engländer nach dem Entsatz von Mafeking! Da- Triumpfgeschrei der Beherrscher der Hühnerhöse wollte kein Ende nehmen, fast ununterbrochen erscholl durch'- ganze Ort die Siegeshymn«: „Kikeriki, kikeriki! — gack, gack, gack
— jetzt hat man sie!" —
* Rottweil, 18. Mai. Durch Beschluß der bürgerlichen Kollegien bezw. de» KirchenstiftungSratS wird von Martini d. I. ab der Zinsfuß für Anleheu bei sämtlichen Gemeinde- und kirchlichen Verwaltungen auf 4^2 Prozent erhöht.
* Die Pflanzen-AuSstellung de» Württ. Gartenbauverein» in der Gewerbehall« zu Stuttgart hat mit einem Defizit von 5000 Mk. abgeschlossen.
* Am Donnerstag traf in Stuttgart ein Herr Hetze! aus St. Louis im Staate Missouri in Nordamerika mit seiner Frau ein, die beide auf Grund einer Wett« eine Reis« um die Welt mit dem Zweirad aursühren. Sie haben dieselbe in zwei Jahren zurückzulegen und erhalten dann 15000 Mk. und für jeden Tag, den sie früher ankommen eine Prämie von 75 Mk. Bedingung ist, daß beide die Reise ohne jeglich« Mittel antreten mußten, so daß sie vollständig auf die Gaben der Radfahrervereine und ins-