Nr. 62
Amts- und Anzeigeblatt für den OberamtsbezirL Calw.
Sischeinungeweis«: S mal wLLentlich. Hn-elgei>pret«: Im vbemmtebrprlk
Totw jür dt« «mspaltig« grtl, Pfg., aubrrhaw deSsrtbra tb Pts-« Rrklsm«» w und 3» Pf„. Schluß der «nzcigenannahm« s Uhr vormMag«. Krruspc.chrr ».
Samstag, de» 2- März 1 S 18 .
v«,,,«pr«t» r
Postlieiugdpretd
V3. Jahrgang.
An der Stadt mit LrSgrrlohn Mk. 1-SS »trrtetjä
t» Ort«- und Nachbarort!verkehr Mk IHS, tm tzcrnvc^^- Mk. tLd> vestcllxeld in Württemberg 80 Psg.
I
Zum Vormarsch im Osten.
Die Frtedensfrage.
Petersburg trifft Berieidigungsmatzirahmen in Erwartung der Deutschen: die Botschafter der Alliierten aber scheinen diesen Maßregeln keine große Bedeutung zuzuschreiben. denn sie haben Petersburg für alle Fälle verlassen. Zwar wird gemeldet die Noten Garden seien zur Verteidigung ausgezogen, aber es dürste diesen undisziplinierten Banden kaum gelingen, den deutschen Vormarsch nördlich und südlich des Peipussees aufzuhalten. Wir haben zwar in den letzten 2 Tagen nichts mehr von den Ereignissen tm Norden erfahren, aber nach dem Tempo, mit dem unsere Operationen bisher fortgeschritten find, ist anzunehmen, daß unsere Truv pen höchstens noch 15g Kilometer von Petersburg entfernt stehen, lieber die geradezu bewundernswerten Marschleistungen unserer Feldgrauen erhalten wir heute wieder An Haltspunkte. In der Ukraine wurde nämlich auf dem Vormarsch jetzt der Dnjepr erreicht. Als nördlicher Endpunkt kann bis heute die Stadt Rjetschiza am Dnjepr bezeichnet werdeti, die etwa 450 Kilometer östlich von Brest-Lilowsk liegt. Seit Aufhebung des Waffenstillstandes mit den Russen, auf die hin unsere Heere den Ukrainern zu Hilfe kamen, also seit ewa 10 Tagen, haben sie nun schätzungsweise 400 Kilometer zurückgelegt, und das ganze Gebiet des Pripjetflusses durchlaufen. Nicht fange mehr dürste es geben, dann werden wir wohl auch von der Einnahme von Kiew hören. Nun hat bekanntlich auch Oesterreich-Ungarn den Hilferufen der Ukrainer Folge geleistet und hat seine Trup pen über die südostgalizis-be Grenze in Podolien einmarschieren lassen. Die Trupen sind bisher noch auf keinen Feind gestoßen. Dafür hat aber die österreichische Regierung im Innern Schwierigkeiten bekommen. Die Tschechen und Südslaven find zusammen mit den ohnedies verärgerten Po len in die Opposition getreten, und es wäre sa eine Ausnahme, wenn nicbt auch die deutschen Sozialisten in Oesterreich sich dielen Parteien anschließen würden, weil man im deutschsozialistischen Lager diese Einmischung Oefierreich--- scharf verurteilt. Man merkt, daß diese Leute keine Ahnung von der Geicksiibte der letzten Jahrhunderte haben, und man sollte deshalb di? geringe Ausgabe nicht scheuen, dielen Herren die Krlegssck>rift eines deuts-ben Genossen, des Nei-lw- tagscrbgeordneten Cohen zu übersenden, in welcher sie Nachlesen können, was die Gründer der deutschen sozialdemo kratischen Partei seinerzeit über England und Rußland und untere politiscben und militärischen V-rteidigungspflichtev gegenüber letzterem gesagt bnben. sWir werden darüber nä-bstens einmal berieten.) Nun sind ta die Russen wieder In Brest Litawsk angekommen: die Verhandlungen sollen sibon gestern begonnen haben. Wie es heißt, wollen die r»llisck>en Unterhändler aber diesmal keine Bericklle über di- Verhandlungen veröffentlichen. Wie sich die Dinge in Brest Litowsk g-sialten werden, kann natürlich nicht vorausgesagt werden. Die Russen find in keiner b neidensmerten Lage Im Innern geht alles drunter und drüber, vom Westen he' drabt der deutsck'e Vormarsch, und nun kommen auch noch be denkliche Nachrichten vom russischen Osten, wo Sibirien und die Mandschurei sich gegen die Maximalistenherrschaft wenden Bearbtenswert find auch die Nachrichten, die von den Absich ten Japans zu melden wissen, in der Mondt*'"-ei und Sibi rien einzugreifen. Nach den Aeußerungen javanischer Poli tiker handelt es sich für Japan jetzt darum, sich gegen eine Wendung der künftigen russischen Politik nach dem Ollen zu sichern, indem es den Russen den Weg nach dem Stillen Ozean verlegen will. Die Entente sucht außerdem die Japaner noch damit zu schrecken, daß sie ihnen Vormacht, die Deutschen würden bis Sibirien vormarschieren, und die dortigen reichen Lehensmittelvorräte und sonstigen Riescnlager aller Art in Beschlag nehmen. Es ist deshalb nicht ausge schlossen daß in nächster Zeit ein aktives Austreten Japans in diplomatischer oder militärischer Form im Osts« zu konstatieren sein wird. Ob Japan aber weiter als im Rahmen seiner Interessen im Osten Asiens sich engagieren wird, das möchten wir auch heute noch dahingestellt sein lasse«. In dieser Hinsicht dürfte bei de» Alliierten d«; Wunsch der Later des Gedankens lein.
Was die Vorverhandlungen mit Rumänien anbelangt. ss hat man den Eindruck, als ob die Rumänen sich ihrer hoffnungslosen Lage nicht so recht bewußt seien. Sie behaupten, die Dobrudlcha, die ihnen den Ausgang zum Schwarzen Meer mit seinen Handelsmöglichkeilen sichert, nicht hergeben zu können, ohne in ihrem wirtschaftlichen Lebensnerv getroffen zu sein. Bekanntlich war die Dobrudscha jedoch vor dem Balkankrieg bulgarisch, und die Rumänen haben trotzdem exi stiert. Die bulgarischen Forderungen aber sind durchaus berechtigt. Also wird sich Rumänien schließlich fügen müssen
Bon unfern westlichen Feinden dürften wir vorerst kein Entgegenkommen zu erwarten haben. Wenn man Bal- fours^lede im englischen Unterhaus liest, die von dem deutschen Eroberungsgeist und der Schuld Deutschlands am Kriege immer noch spricht, trotz des Suchomlinowprozesses. trotz der Veröffentlichung der Eehsimvertröge mit der Entente, trotz der Enthüllungen der belgischen Archive und trotz der Friedenserklärungen der deutschen Staatsmänner, dann sieht man ein, daß England, der führende Staat der Entente, keine Verständigung will, die Deutschlands Rechte anerkennen würde. O. 8-
G
Die amtliche deutsche Meldung.
(WTB.) Großes Hauptquartier, i. März. (Amtlich.) Westlicher Kriegsschauplatz: Heeresgruppe Kronprinz Ruprecht: Nördlich van Poelrovell« scheiterten nächtlich« nach starker Feuerwirkung unternommene Vorstöße englischer Infanterie. An der übrige« Front lebte die Artillerietötigkeit vielfach in Verbindung mit kleineren Erknudungsgefechten aus. Westlich von La Frre brachte eine Abteilung vom Vorstoß über den Kanal einige Gefangene zurück. Ein feindlicher Lustangriff aus Kortrik verursachte erhebliche Verluste unter der belgischen Bevölkerung.
Heeresgruppe Deutscher Kronprinz: Bei Cha oignon drangen Sturmtrupps in dis feindlichen Gräben und nahmen 18 Amerikaner und einige Franzosen gefangen. In den frühen Morgenstunden lebte die Gesechtstätigkeit in einzelnen Abschnitten der Champagne aus.
Oestlicher Kriegsschauplatz: Längs der ukrai nischen Nordgrenz« im Vordringen nach Osten haben unser- Truppen den Dnjrpr erreicht. Bei Rjetschiza stie ßen sie auf «inen stark ausgebanten und vom Feind verteidigte» Brückenkopf. Stadl und Bahnhof wurden im Sturm genommen und einige hundert Gesungene gemacht. In Mosyr hoben wird diePripjetslottille — K Panzerboote, 35 Mo torboote, 8 L"zarett5oots — erbeutet. Bei Fastom und Ka sotin wurde die Bahnlinie Kiew—Schmrrinke erreicht. Den südwestlich Starekonstantinow im Kampf gegen feindliche Uebermacht stehenden polnischen Legionä ren eilte« deutsche Truppen zu Hilfe. Gemeinsam wurde der Feind geschlagen. Bon der ukrainischen Regierung urch Der<" e. ng zum Schutz gegen feindliche Banden gerufen sind österreichisch-ungarisch« Truppen in breiten Abschnitten nördlich vom Pruth in die Ukraine ein gerückt.
Italienische Front: Zu beiden Seiten der Brenta war dir Kampstätigkcit tagsüber gesteigert. Bon der N'ir,Ironischen Front nichts Neues.
Der erste Gcnerolguvrtiermeister: Ludendorss.
Die gestrige Abendmeldung.
(WTB.) Berlin. 1. März. Abends. Amtlich wird mit geteilt: In der Champagne sowie zwischen Maas und Mosel führten wir klein« Unternehmungen mit Erfolg durch. Von den andcreu Kriegsschauplätzen nichts Neues.
Verrücken der türkische» Luppen im Kaukasus.
(WTB.) Konstantinopel, 28. Febr. Das Kriegspresse quartier teilt mit: Unsere Sicherheitstruppen sind in Hoff, östlich von Trapezuni, und in Asch Kaie, westlich von Erzerum, eingerüctt.
Ei« russischer Bericht über di« Lage im Norden.
(WTB.) Petersburg. 28 . Febr. Die P«t. Trl.°Ag. gibt solgenden Bericht über die Lage im Narben: Zn der Voll
fitzong der Matrosenabteilungen in Helfingfors wurde beschlossen, daß jeder seinen Posten bis zur letzten Minute behaupte« soll. Die teilweise Wegschaffung der wertvollen Objekte hat begonnen. Alle Schiffe haben den Hafen verlassen. Kronstadt ist ruhig. Die Matrosen find begeistert für di« Verteidigung der Revolution. Der Eeneralstab der Nordfront verläßt Twer. Abteilungen der Roten Garde werden nach Bologokes und anderen Punkten gesandt. Di« Mobilisation wird mit Feuer fortgesetzt. Die Soldaten vergessen ihre Erschöpfung und sind zum Kampf bereit. Repel l20 Werst von Reval) ist durch Weihe Garden besetzt worden. Die Artillerietätigkeit läßt vermuten, daß die Deutschen' vorrücken.
Petersburg in Erwartung des deutschen Vormarsches.
(WTB.) Stockholm, 1. März. Nach einer Havasmeldung aus Petersburg vom 28. Februar ist die Lage unverändert. Die Stadt ist ruhig. Die außerordentlichen Maßnahme« gegen den deutschen Einbruch dauern fort. Abteilungen der Roten Garde gehen ab, um die Sovjettruppen zu verstärken, besonders in der Richtung auf Pskow. Die französisch« und die englische Botschaft verließe« Petersburg am Nachmittag. Die Konsuln bleibe«.
Die amerikanische Presse zum deutschen Bonnarsch im Oste«.
Neuyork. 27. Febr. Wie Reuter berichtet, schreiben die bedeutendsten amerikanischen Blätter, daß man Deutschland nicht tm Besitz von Teilen Rußlands lassen dürfe. Die „New Pork Times" sagen, Deutschland müsse gezwungen «erden, sich aus den russischen Provinzen zurückzuziehen. Dfe^llliier- ten könnten nicht schnell genug dies als unabänderliches Kriegsziel verkündigen, denn die Sicherheit der Zivilisation hänge von der Rettung Rußlands ab.
Sibirien und die Mandschurei.
(WTB.) Amsterdam, 1. März. Nach einem hiesigen Matt melden die „Times" aus Peking vom 26. Februar: In Peking fand eine Zusammenkunft russischer Anführer aus Sibirien und der Mandschurei statt, ln der über die zur Be» 'ämpfung der Dolschewtki Im fernern Osten zu ergreifenden Maßregeln verhandelt wurde. Man glaubt, daß der größte Teil der Bevölkerung den Bolschewikk feindlich gesinnt ist.
der Mandschurei stellt der Kosakenofsizier Semenow eine "ruppenableilung und man erwartet, daß es ihm zusammen mit den in den anderen Distrikten jenseits des Baikal-Sees vorhandenen Truppen gelingen werde, die Ordnung aufecht zu erhalten. Allgemein wird angenommen, daß Japan im Einvernehmen mit China bereit ist, in Ostsibirien zn intervenieren, falls Deutschland in Rußland einen »orherr- ichenven Einfluß erlangen und den Alliierten bei ihrem Auftreten im fernen Osten Hindernisse in den Weg legen iellte. Eine Frage, die sofort gelöst werden muß, ist die Rettung der Munitionsvorräte, die sich aus eine halbe Million Tonnen belaufen, und der in Wladiwostok befindlichen Warenvorräte.
Feindliche Meldungen über japanische Pläne ln Tientsin und Sibirien.
(WTB.) London, 28. Febr. „Daily Mail" erfährt aus Tientsin, es beständen wichtige Gründe, ein baldiges Vorgehen Japans infolge der wachsenden Bedrohung durch die Anwesenheit zahlreicher deutscher und österreichischer Kriegsgefangener in Tientsin zu erwarten. Ein Telegramm aus Wladiwostok bestätigt, daß eine internationale Gruppe wegen der zunehmenden Zügellosigkeit die Bewachung der Stadt und den Schutz des auswärtigen Eigentums Lber- nimmj.
(WTB.) Neuyork. 28. Febr. Wie die ..Assocjad Preß" aus Washington meldet, hat Japan sich an Amerika und die Ententemächte mit dem Vorschlag gewandt, gemeinsame militärische Vorbereitungen in Sibirien z« treffen, um di« großen Kriegvvorriite in Wladiwostok und auf den Stationen der sibirischen Bah« z» retten. In amtlichen Kreisen Washingtons fand man diesen Vorschlag zunächst nicht völlig annehmbar, aber der Meinungsaustausch wird fortgesetzt und wird vielleicht zu einer Aenderung der Haltung der Negierung führen. Die Japaner meinen, daß die Lage in Sibirien gewisse Maßnahmen nnd selbst eine militärisch«