Aus Stadl und Land.
L«lM, den 1. März 1918.
V*« Wsern« Kreuz.
Das Eiserne Kreuz habe« erhalten 7 Traingefreiter David Luz von Somnienhardt, bei einem württ. Feldlazarett und Trai „gefreiter Heinrich Frnchel von Ostelsheim, bei einer württ. Feldbäckeret-Klonne.
Kriegsauszeichnung.
Landsturmmann Rudolf Hummel von Ealw, Sohn des verstorbenen Lackiermeisters Hummel, Inhaber des Eisernen Kreuzes, wurde mit der Silbernen Verdienstmedaille ausgezeichnet.
Auszeichnung.
Schwester Lotte Lutz, Hirsau, ist aus Ansatz de» Geburtsfestes des Königs mit dem Charlettenkreuz ausgezeichnet worden.
Liederabend km Vereinslazarett.
* Ein künstlerischer Genuß wurde am Mittwoch abend den Verwundeten des Vereinslazaretts Calw geboten; Frau Hauptmann Pieper, vor ihrer Verheiratung Konzert- und Oratan>»'^""-'"in batte die Freundlichkeit, ihren Zuhörern, zu denen auch eine Anzahl Gäste aus der Stadt gehörten, eine erlesene Auswahl von Schöpfungen unserer klassischen Liederkomponisten zu bieten. Wie wir hören, ist die Sängerin eine Schülerin von Konzertsänger Haas. Das zeigte fich auch in der gediegenen, bis auf Einzelne hinaus gehenden Durchbildung ibrer schönen Stimme, und nicht zitt-tzt in der Wahl der Lieder. Die Künstlerin bevorzugt wie ihr Lehrer das Ernste, Gediegene, und künstlerisch Wertvolle, und stellt deshalb auch an ihre Kunst wie an den Zuhörer hohe Anforderungen. Ihr Dortrag ist in Bezug auf Technik, gesangliche Leistung und Ausdruck einwandfrei. Es wäre ungerecht, wollte man aus den Darbietungen ein Stück besonders herausheben. denn alle Vorträge, ob sie nun zarte Lyrik oder mehr dramatisches Eepräge besahen, wurden gleich fein herausgearbeitet gegeben. Wenn wir trotzdem aus der fein gebundenen Blutenlese (Schubert, Schumann, Brahms, Wolfs ein Paar herausnehmen, so die Ballade „Der arme Peter" von Schumann, und das wundervolle, hohe gesangliche Ausdrucksmittel erfordernde „Immer leiser wird mein Schlummer" von Brahms, so geschieht das, um die von der Künstlerin besonders gewählte musikalische Richtung zu kennzeichnen. Die Vorträge wurden von Herrn Hauptlehrer Aichele auf dem Klavier mit einer Feinheit und Zartheit und künstlerischer Anpassungsfähigkeit begleitet, sodatz sie wie ein Eutz herauskamen. Zu diesen prächtigen Darbietungen gesellten sich dann noch einige Violinvorträge von Herrn Karl Beißer von Bach. Beethoven und Gluck unter Mitwirkung von Herrn Aichele auf dem Klavier, die in ihrer feinsinnigen Auffassung die musikalische und Form- fchönheit der Werke der klastischen Meister so recht hervortreten liehen. Die Veranstalter des Konzerts ernteten für ihre schönen Leistungen herzlichen Dank und Beifall der Teilnehmer.
Vle TMsonngsvE^e» fltr «e SinntsEennlit«.
Dem Landtag ist die Denstchrift über die Reich«», »an Tetterungsbezüg«, an Beesrte, veomtr im Ruhest«*» und Hi»t«bliebe»e von «eanrte« zugegangen. In der Einleitung wird lt. Staatsanzeiger betont, daß die neue Ordnung auch auf die ständigen n«d unständigen Lehrer und auf die Geistliche« Anwendung finden soll. Weiter heißt es: „Die Teuerungsbezlige der Arbeiter find in Württemberg bisher in allen wesentlichen Punkten gleichheitlich mit denen der Beamten geregelt worden. An dieser bewährten Ordnung soll soweit möglich festgehalten werden." Die Teuerungszulage wird sich auch künftig in zwei grundsätzlich verschiedene Bezüge teilen, die die Bezeichnungen „Gehaltszulage" und „Beihilfe" erhalten sollen. Der Aufwand, den die Teuernngs- bezuge der Beamten, Pensionäre und Arbeiter im ganzen dem Jahre nach verursachen werden, ist nach den vorhandenen Anhaltspunkten auf KZ bis 81 Million«« Mark zu schätzen und erscheint mit 63,7 Millionen im Staatshaushaltplan für 1918. Auf Arbeiter und Unterbeamte entfallen von der Summe von 63,7 Millionen 31,5 Millionen, auf die Beamten der Abt. II 13.5 Milk., der Abt. III. 3,6 Mill., der Abt. IV 1,55 Mill., der Abt. V 866 666 -ll, der Abt. VI se,6 6"6 .g, auf Pensionäre und Hinterbliebene 1,5 Mill. -1t. Gegenüber dem bisherigen Jahresaufwand bedeutet die Neuordnung ein Mehr von mindestens 24 Millionen Mark im Jahr. — Die Teuerungszulage wird vom 1. Februar 1918 ab gereicht. Sie scheidet sich in Gehaltszulage und Beihilfe. Die Gehaltszulage beträgt jährlich für verheiratete mannll'^e Be amte, verwitwete, geschiedene oder unverheiratete männliche Beamte mit eigenem Haushalt in Abt. I der Gehaltsordnung 706. in Abt. N 856, in Abt. Ill 1606. in Abt. IV UM. in Abt. V 1366, in Abt. VI 1466 -lt; für unverheiratete männliche Beamte ohne eigenen Haushalt im Alter von 21 Jahren und darüber, verwitwete oder gel^iede»? männnliche Beamte ohne eigenen Hai'shalt entsprechend 550, 660, 656, 700, 756, 860-K; für weibliche Beamte im Alter von 21 Jahren und darüber 566 -1t, für männliche und weibliche Beamte im Alter unter 21 Jahren 166 -K. Die unständigen Beamten erhalten die Gehaltszulage nach dem Satz der. Abteilung. in der sie ihre erste planmäßige Anstellung finden würden Im Z-"-ifel entweidet das Vorgesetzte Ministerium. Die Gehaltszulage erhöht sich für jedes Kind des Beamten um jährlich 166 -K. Zu berücksichtigen sind die von den Beamten unterhaltenen Kinder unter 16 Jahren, soweit sie kein eigenes Einkomen haben. Unter den gleichen Voraussetzungen werden Kinder bis zum vollendeten 18. Lebensjahr berücksichtigt, wenn sie sich noch in Schul- oder Berufsausbildung befinden oder aus sonstigen wichtigen Gründen einem Erwerb nicht nachgehen können; als Berufsausbildung gilt nicht die Ausbildung einer Tochter in Haushaltungsge- schästen des elterlichen Haushalts. Die weiteren Bestimmungen beziehen sich auf die Beihilfe.
Vom Landtag.
(STB.) Stuttgart, 28. Febr. In ihrer heutigen Nach- mitägssitzung beriet die Zweite Kammer den Gesetzentwurf
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Entwurf steht bekanntlich die Erhöhung der Altersgrenze »om 16. «uf dar 13. Lebensjahr für die Fürsorgeerziehung vor. Die bürgerlichen Parteien gaben durchweg der Zustimmung zu dem Gesetzentwurf Ausdruck. Dagegen verhielt sich die Linke ablehnend. Man sah auf dieser Seite in dem Entwurf eine unnötige Härte, der Abgeordnete Hornung von der äußersten Linken sogar ein Ausnahmegesetz, von dem die Kinder reicher und gebildeter Leute nicht betroffen werden. Dem widersprach der Minister des Innern, Dr. v. Fleischhauer. aufs entschiedenste. Von einem Unterschied, daß diese Fürsorgemaßnahme bei besseren Familien keine Anwendung finde, könne gar keine Rede sein. Die Zahl der jugendlichen Verbrecher habe sich vom Jahr 1911 auf 1916 verdoppelt, ein Beweis, wie notwendig di Fürsorgeerziehung sei, zumal wenn man bedenke, daß die I rgend besonders in diesem Alter am meisten der Verführung ausgesetzt und zugänglich sei. Die Erziehung sei keine Strafe, vielmehr eine Wohltat, und die Zeit, die auf diese Erziehung verwandt werde, sei keineswegs verloren. Die Anstalten unterstehen einer fortgesetzten Ueberwachung seitens der staatlichen Behörden. Der Entwurf wurde schließlich auf einen ohne Widerstand angenommenen Antrag Kiene in den Justizaus- kchutz verwiesen samt einem Antrag Matiutat, der den Entwurf ablehnt und dafür eine Bestimmung in das Gesetz aufnehmen will, wonach die Fürsorgeerziehung in der Regel nur dann anzuwenden ist, wenn der Minderjährige das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, und wonach in besonders aearteten Fällen die Fürsorge bis zum 18. Lebensjahr ans gedehnt werden kann, falls begründete Aussicht auf Besserung besteht. Auf der morgigen Sitzung steht die Beratung über die Fragen der Kriegsteuerungszulagen für Staatsbeamte auf der Tagesordnung.
Evangelische Gottesdienst«.
Sonntag Okuli, 3. März. Nom Turm: 335. Predigtlied: 336. Ich steh in meines Herren Hand. 9und 10 H Uhr Gottesdienst im Vereinshaus, Dekan Zeller. 1 Uhr: Christenlehre mit den Söhnen der älteren Abteilung im Vereinshaus. 5 Uhr: Abendpredigt im Vereinshans, Stadtpfarrer Schmid.
Donnerstag, 7. März. 714 Uhr abends: Kriegsbetstunde im Vereinshaus: Stadtpfarrer Schmid.
Katholische Gottesdienste.
8. Fastensonntag, S. März. 8 Uhr: Frühmesse, 814 Uhr: Predigt und Amt. 114 Uhr: Christenlehre. 2 Uhr: Andacht.
Werftags Pfarrmesse um 714 Ahr, Mittwochs 8 Uhr. Freitag 8 Uhr: Lazarettgottesdienst: abends 614 Uhr: Kriegsbetstunde.
Gottesdienste in der Methodistenkapelle.
Sonntag vormittags 914 Uhr und abends 5 Uhr: Predigt, Prediger Firl. Vormittags 11 Uhr: Sonntagsschule. Mittwoch abends 814 Uhr: Kriegsbetstunde._
Für die Schriftl. verantwort!. Otto Seltmann. Ealw. Druck u. Verlao der A Oelschläger'lchen Buckidruckerei Ealm.
Re EutMisllg und Politik EsMdr.
Historische Streiflichter.
Von A. Weiß, Pfarrer a. D. in Hirsau.
(Fortsetzung.)
Aber aus der Erinnerung an die anfängliche Glanzzeit unseres tausendjährigen Reiches schöpften wir auch, selbst in den trübsten Tagen, immer wieder Hoffnung auf eine bessere Zukunft. So hat der Glaube an unsere große Bestimmung seine Wurzel im Mittelalter, wo wir uns als europäisches Zentralvolk fühlen durften. In der bekannten Bar- darossasage hat sich beides, Erinnerung und Hoffnung, auf sinnige Weise miteinander verknüpft, und die so tief gewur- zelten Ahnungen haben uns nicht betrogen, sondern sich zum Teil schon verwirklicht. Doch jetzt in dem furchtbaren Weltkriege schlägt die Stunde der Entscheidung darüber, ob eS uns endgültig gelingen wird, die Völker an uns zu schmieden, für die trotz bitterböser Erfahrungen immer noch unser Herz schlug und um deren Zuneigung wir mit rührender Selbstverleugnung auf allen unfern Wanderfahrten wie auf Brautfahrten zu werben nicht müde geworden find. Jetzt ist der Augenblick gekommen, wo es sich zeigen muß, ob der Mir deutsche Michel schließlich gleich einem St. Michael in Macht und Ehre dasteht, oder ob er als Bolschewist im allgemeinen Völkerbrei verschwindet.
Ob und wieweit wohl England bei Ausbruch und im Verlauf des Dreißigjährigen Krieges seine Hand im Spiel gehabt hat? — Allerdings war Friedrich V. von Kurpfalz einer von denen, welche sich bei Kriegsbeginn von der Kriegsfurie die Brandfackel reichen ließen, der Schwiegersohn des englischen Königs Jakob I., und es war merkwürdigerweise gerade der englische Gesandte, mit dem sich Friedrich in entscheidender Stunde so lange in die Freuden eines leckeren Mahls vertiefte, daß die Schlacht für ihn verloren war, als er eben km Löffel wischte und der Gesandte ihm gesegnete Mahlzeit wünschte. Doch' können wir für diese unglückselige Mahlzeit billigermaßen weder den englischen Gesandten noch den englischen Schwiegervater verantwortlich machen. Auch steift man damals drüben über dem Kanal, wie wir wissen, so sehr j» eigene« Schwierigkeiten, daß Mn
zur Einmischung in fremde Angelegenheiten wenig Lust verspürte. Immerhin mag John Bull sich befriedigt die Hände gerieben haben, als sich in Deutschland die Dinge so unheilbar verwirrten. Man konnte über die gefallene Größe jetzt ruhig zur Tagesordnung übergehen. Aber eine andere Macht, die England gefährlich zu werden drohte, schoß dafür, zudem in seiner nächsten Nähe, gar üppig ins Kraut.
Wenn das Herz schwach und krank ist, so pflegen die Glieder anzuschwellen. Als nach dem Dreißigjährigen Kriege Deutschland, das Herz Europas bis zum Tode matt und schwach geworden war, überwucherten die europäischen Außcnstaaten in schwülstiger Fülle. Unser Unglück schien ihr Glück zu sein. Dies gilt insbesondere von Frankreich unter Ludwig XIV., welches aber eben deshalb es bald mit England zu tun bekam.
Ludwig XIV., wohl der bedeutendste in der Reihe der französischen Könige, regierte von 1643 bis 1715, also 72 Jahre lang; zuerst unter Vormundschaft und dann souverän.
Er war eine imponierende Erscheinung, ein Mann von hohem Wuchs und schöner Gestalt, voll Würde und Anmut und durch Eleganz und Glanz, durch Pomp und Pracht wußte er den Eindruck seiner Persönlichkeit noch zu erhöhen. Da steht er vor unserem geistigen Auge, jeder Zoll ein König. Von seinem Scheitel herab wallt bis über die Schultern seine Allongeperücke, ein von seinem Leibfriseur für Ihn apart erfundener Schmuck des Hauptes. Er rechnet darauf, daß beim Schütteln dieser Löwenmähne seine Untertanen zittern. Auf seinem Haupte thront der wolkenspaltende Dreispitz mit geschwungener Krämpe und Frdernbesatz. Vom Hals über die Brust herab die breite Spitzenchemisette, unter den roten Aermelstulpen hervor die feinen Spitzenmanschetten, noch halb über die wohlgepflegten Hände sich ausbreitend, damit diese noch kleiner und zierlicher erscheinen, als sie in Wirklichkeit sind, dann unter dem blauen, rotgefütterten langen Leibrock die rosafarbene bis zu den Knien reichende Weste, weiter die rote Kniehose, noch weiter abwärts die bräunlich roten Kniestrümpfe und endlich zum Abschluß nach unten die Stiefeletten mit den hohen Absätzen; aber zur Linken am blauseidenen Oucrband den Paradedegen mit Goldgriff und t li t>K Linke» das AoMMdestöckHM mit rMoldenkk
Schleife und Quaste. Außerdem an den Säumen der einzelnen Kleidungsstücke, wo irgend Platz, kostbare Goldstickereien, und aus all dieser Vermummung zwischen Hut, Perücke und Krawatte hervor ein wohlgenährtes, gut im Fleische stehendes Ovalrund, so rosafarben wie die Weste: das ist Seine Herrlichkeit Ludwig XIV., König von Frankreich, so bunt wie ein Meißner Porzellanfigür- chen, so kokett wie eine Kokotte, so appetitlich wie ein Pfirsich, so fürchterlich wie ein brüllender Löwek Und weil er dann einen gar so großen Glanz ausstrahlte, so ließ er sich gern den „Sonnenkönig" nennen und seine Minister wie feine übrigen Untertanen fühlten fich glücklich, wenn ein Strahl der regenbogenfarbenen Majestät sie anleuchtete und unglücklich, wenn sich diese Sonne einmal hinter der düsteren Wolke des Zorns und Unwillens verbarg.
Dieser Sonnerckönlg, der in steter Selbstbewunderung an sich selbst hinaufschaute und von seinem unendlichen Werte völlig überzeugt war, begnügte sich natürlich nicht mit der bescheidenen Rolle des Veilchens, das im Verborgenen blüht und verblüht, oder mit der anspruchslosen Daseinsweise eines ägyptischen Säulenheiligen, der in einsamer Größe auf die unermeßliche Wüste hinausstarrt, sondern er brauchte für sein Reden und Tun einen schallverstärkenden Resonanzboden, ein Echo des Beifalls und der Zustimmung; er wollte anerkannt, angestaunt, wie ein Halbgott verehrt sein. So sammelte er, um seine Person mit einem Nimbus zu umgeben, einen Kreis von Gelehrten, Literaten und Poeten um sich. Wer wehe, wenn einer dieser Auserlesenen sich beikommen ließ. Seiner Herrlichkeit auch nur durch rin Zufallswörtchen zu nahe zu treten. Als sich z. B. einmal ein Beisasse dieser Tafelrunde in des Königs Gegenwart zu dem, allerdings nicht sehr geistreichen Ausspruch verstieg: „Alle Menschen müssen sterben", da traf ihn der strafende Blick des Königs, so daß der Sprecher sich alsbald verdutzt korrigierte: „Fast alle, Majestät, fast alle!" Erst jetzt legte sich des Königs Un- Wille. Ludwig bildete sich nämlich fast ein, über das Los der gewöhnlichen Sterblichen erhaben zu sein oder wollte wenigstens nicht von so untergeordneten Kreatur-» ^ ' Sterbl'^'-i erinnert sein.
Fortsetzung folgt.