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Nr. 51. Amts- und Anzeigeblatt für den Oberamtsbezirk Calw. 93. Jahrgang.

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Freitag, den 1. März 1918.

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Die Lage im Osten. Die Friedensfrage. Die Haltung der Entente.

In fabelhaften Eilmärschen haben unsere Truppen zwecks Befreiung der Bevölkerung von der S-^eckenshorrschast der Bolschewiki Livland und Esthland im Nordwesten, Wol­hynien im Südwesten des ehemaligen russischen Zarenreiches durchlaufen. Ihr Weg ist gekennzeichnet durch die Einnahme der Städte Reval, Dorpat und Minsk im Nordwesten, und Shitomir im Süden, das noch etwa ISO Kilometer von der eigentlichen Hauptstadt der Ukraine entfernt lieot. In Petersburg soll man über diesen Vormarsch der Deutschen ganz bestürzt sein, und sich schon mit dem Gedanken der Räumung tragen, denn an militärischen Widerstand scheint kein Mensch mehr zu denken, da die Auflösung eben so allge­mein ist, daß ein Widerstand auch nutzlos wäre. Die russi­schen Unterhändler, diesmal ohne Trotzky, sind schon in Brest- Litowsk wieder verkommen. Sie sollen also den von ,Deutschland vorgeschlagenen Frieden unterzeichnen, in dem sie einmal die Unabhängigkeit Finnlands, der Ostseeprovin­zen, Polens und der Ukraine anerkennen, in dem andererseits die wirtschaftlichen Beziehungen beider Parteien geregelt werden sollen. Im Hinblick auf das Chaos in Rußland, von dem man nicht weiß, ob es morgen nicht eine neue Negie­rung bringen kann, ist ein Frieden mit der gegenwärtigen Regierung natürlich entsprechend zu bewerten, und deshalb mußten unsere Truppen auch di ^Sicherungen »,-se»er Ost­grenze vornehmen, die wir für alle Eventualitäten nötig ha­ben, besonders auch in Bezug auf die von Rußland los­strebenden Nandvölker. Unsere Negierung ist auch von Finnland zu Hilfe gerufen worden, und wenn sie auch nicht gerade militärisch eingreifen wird, so sind ihr? Friedensbe- dingungen doch so gehalten, daß dadurch den ruffischen Fremd­völkern Befreiung vom Druck der Maximalsten zugesichert ist In d>>n deutschen Forderungen wird nämlich die soiortige Nimm-di> . Gebiete verlangt. Wenn wir a> ' l" der Ukraine in Wolhynien einmarschiert sind, so geschieht das neben der Hilfeleistung dem jetzt befreundeten Staat gegen­über auch zur Sicherung der uns zugestandenen Lebens- mitielvorröte und Rohstoffe, und setzt sind auch auf An fordernng der Ukraine österreich-ungarische Truppen weiter südlich, im Bezirk Bodolien, von S>i>ofls">sizs-> p, e'nmar- schiert. Bezüglich Rumäniens sind die Vierbundvettre- ter mit einem festen Programm nach Bukarest abgereist, und man ist der Ansickt, daß davon nicht abgegangen werden soll. Auch will man nicht lange mit den Rumänen herumstreiten. Bezüglich Beffarabiens werden sich die Herren auch keine allzug aßen Haftungen machen dürfen, den nördlichen Teil beanspruchen wahrsc-elnlich die Ukrainer, entsprechend den dortigen völkischen Verhältnissen. Die Aussichten aus einen baldigen Frieden im Osten erscheinen aber im großen Ganzen recht günstig.

Anders stebt die Ea^e im Westen. Die Erklärunoen des deutschen Neich5''n?ler- si"'- neu der englischen, französischen und amerikanischen Prelle durchaus ablehnend ausgenommen worden, und über die Stellungnahme Englands zu der Rede hat sic> der englische Außenminister Balsour ausgespro­chen. Er ging ans die Bemerkung Hertlings ein, daß wir Belgien nickt behalten wollten, daß wir aber Sicherheiten dafür haben müßten, daß es nicht wi^'* at' " *aesch§e- biet feindlicher Machenschaften benützt werde, und meinte dazu, das bedeute doch nur, daß Deutschland den belgischen Staat in irgend einer Form, finanziell, wirtschaftlich ode' militärisch terrorisieren wolle. England verlange aber völlige Freiheit, sowie in Anbetracht des Eingeständnisses des Sckuldigen >o.ß e" gesündigt habe, auch den Ersah des Schadens. Wenn 5 "ttling von wir "christlicher Freiheit uni Sickerung spreche, so denke er dabei immer daran, dem schwächeren Nachbar wirtschaftliche Fesseln anzulegen, oder sich von seinem Gebiet anzueigncn, um seine Grenzen zn stärken. Belgien müsse aber wieder einen selbständigen Platz unter den europäischen Nationen einnehmen. Warum der englische Minister mit diesem sittlich P-- '-»s für das unschuldige" Belgien eintritt, weiß allmählich jeder Schul junge, und gerade die Beweggründe, die Mister Balsour de' deutschen Regierung unterschiebt, waren bei den englischen

Welteroberungskriegen immer die ausschlaggebenden ge­wesen. Weshalb dieser ehrenwerte Gentleman auch für das zu gründende unabhängige Polen die deutsche Provinz Po­sen fordert, ist nur zu durchsichtig; er will eben die Polen gegen Deutschland aufhetzen. Die ganze Unehrlichkeit der englischen Politik geht aber aus der Antwort Valfours auf die Anfrage eines Unterhausmitgliedes, ob die englische Re­gierung die Grundsätze der letzten Wilsonschen Botschaft an­erkenne, hervor. Balsour sagte nämlich, es sei ihm noch nie der Gedanke gekommen, im Unterhaus zu erklären, daß er sich mit den Vorschlägen Wilsons in völliger Uebereinstim- mnng befinde. Dieses englische Eingeständnis ist sehr wert voll. Es zeigt uns klar, was wir schon immer gesagt haben, daß England die Grundsätze von Gerechtigkeit, Freiheit und Selbstbcstimmungsrecht nur auf die andern Staaten an­wenden will, niemals aber auf sich und seine Machtgebiete Denn so schlau ist man in London natürlich auch, daß man sich sagt, wem, wir hier das S"lbiU-.'stimmungsrecht der Völ­ker fordern, so werden unsere Kenner es für Irland, Indien, Aegypten, Südafrika usf. ebenfalls fordern, und da können wir nickt mitmachen. Und dann die Freiheit der Meere, die Wilson fordert. Das sind alles sehr heikle Punkte. Und genau so denkt man in Paris und Rom. Auf diese Weise ist also, das wird immer mehr klar, keine Verständigung mög­lich, und so wird schließlich kein anderes Auskunftsmittel mehr übrig bleiben, als die Entscheidung aus dem Schlacktkeldc.

Die amtliche de"tsche Meldung.

(WTB.) Großes Hauptpuartier, 28. Febr. (Amtlich.) Westlicher Kriegsschauplatz: Heeresgruppe Kron­prinz Rupprecht: Die Engländer seiften ihre Erkundun­gen an vielen Stellen der Front fort. Mit weiteren Kräften stießen sie während der Ne-'ft in« Ho-rthonlsterwrlde und nördlich der Searpe nach hes.-g^r Feuerwirkung r-r. Im Nahkampf und im Gegenstoß wurden sie zuriickgeschlagen.

Heeresgruppen Deutscher Kronprinz und Her­zog Albrecht: Erfolgreiche Unternrbmungen bei Avo- court und Les Eparaes brachten uns 27 Gefangene ein.

Oestlicher Kriegsschauplatz: Die Operativ neu nehmen rb-cii planmüßigrn De?l" ß I-r Estland he' sV auch das 4. csthische Regiment zur Bekämpfung der das Land durchstreifenden Banden unserem Kommando unterstellt. In Minsk würden 26ltü Maschinengewehre und SS V80 Gewehre eingebracht.

Von den anderen Kriegsschauplätzen nichts NeneS.

Der erste Eencrakquartiermeister: Lridendorsf.

Generalmobilisation zur Verteidigung Petersburgs.

Berlin, 1. März. LautBerliner Tageblatt" setzte der Rat der Volkskommissare in Petersburg ein Direktorium ein, dem -außerordentliche Vollmachten verliehen wurden. Das Direktorium, dem Lenin und Trotzky angchören, beschloß die Gene" l, shilisj-tion und die Verteidigung Petersburgs.

Berlin, 1. März. DerCorriere della Sera" meldet, der Frankfurter Zeitung" zufolge, daß die bolschewistische Regie­rung schon den Plan erwäge, selbst Petersburg zu verkästen. Auch fühlten sich die Mitglieder der Regierung in ihrer per­sönlichen Sicherheit bedroht und hätten zum größten Teil di' Petersburger Garnison in das Innere znsammcngezogcn.

Die Verwirrung in Petersburg.

Berlin, 1. März. Uebcr die ungeheuere Verwirrung und Panik, die in Petersburg herrscht, bringt derBerliner Lokalanzeiger" Einzelheiten. Die Maximalisten machen die größten Anstrengungen, um den Ausbruch von allgemeinen Unruhen : d Plünderungen zu verhindern. Beim Plün­dern betroffene Banden seien sofort standrechtlich erschaffen morden. Wer fliehen könne, fliehe, besonders viele Soldaten. Oie Petersburger Garnison verließ die Stadt ungeachtet der rückgängig gemachten Demobilisierung. Die Maximalisten hätten den Kopf verloren; die Lage sei äußerst erust.

Berlin, 1. März. DemBerliner Lokalanzeiger" wird aus Lugano berichtet, daß nach einer Meldung desCorriere della Sera" einige Abteilungen des PreobraschensN-Negi- ments, die von Petersburg abfahreg sollten^ auf einem Pe­

tersburger Bahnhof eine Versammlung abgehalten haben, wo festgestellt worden sei, daß sich das halbverhungerte Heer gar nicht mehr schlagen könne. Man habe beschlosten, nicht abznreisen, sondern in die Kaserne zurückzukehren.

Schwedische Freiwillig« für Finnland.

(WTB.) Kopenhagen, 28. Febr.National Tidende" meldet aus Stockholm: Ein schwedisches Iägerbataillon, bestehend aus schwedischen Freiwilligen unter schwedischer Leitung ist nach Finnland abgegangen, um dort am Kampfe teilzunehinen. Es wird zu den finnischen Elitetruppen ge­hören, da es aus auserwählten Leuten besteht, gut geleitet und mit vorzüglichen Massen ausgerüstet ist.

Die russische» Unterhändler für Brest-Litowsk.

(WTB.) Berlin. 28. Febr. Die rnstische Abordnung trifft heute nachmittag zur Wiederaufnahme der Fricdensverhand- lungen in Vrcst-Litowsk ein. Sie besteht aus Sokolnikow als Leiter, dem Minister des Innern Petrow^ki, Tschitscherin und Carachan als dessen Gehilfen, Joffe, Alexejcs, den Ge­hilfen des Ministers für Landwittschaft, Admiral Allvater vom Admiralstab, Danilow, Adaski und Lipski vom Eeneral- stab und Tersterkowitschi, sowie der erforderlichen Anzahl Sekretäre und Stenographen.

Die Ukrainer bitten Oesterreich Ungarn um Hilfe.

(WTB.) Wien, 1 . März. Aus dem Kriegspresteguartier wird gemeldet: Am 25. Februar erschieenen der Komissar für das Gouverement Podolien, Dr. Eikura, und der Staus» offizier des Oberbefehlshabers der Südwestfront, Nikolajew, bei dem k. und k. Divisionskommando mit der Erklärung, daß sie mangels jeder Verbindung mit der Zentralrada ge­kommen seien, um im Namen des ukrainischen Volkes zur Hilfe gegen die Gewalttätigkeiten und das verbrecherische Näuberwesen der Bolschewik» den Einmarsch der österreichisch­ungarischen Truppen in die Ukraine zu erbitten. Beide Ab­gesandte legitimierten sich vollkommen entsprechend nnd be­merkten ausdrücklich, daß sie ihre Bitte im Namen der gan­zen ukrainischen Bevölkerung vorgebracht hätten.

Eingreifen Oesterreich Ungarns in der Ukraine.

(WTB.) Budapest, 28. Febr. Nus Wien wird berichtet, daß die ukrainischen Behörden im ehemaligen Gouvernement Podolien das dringende Erst'«'-".- ei: die österreichisch-unga­rische Monarchie gerichtet hoben, ihnen bewaffneten Verstand gegen die bolschewistischen Banden zu leisten, die diese Ge­gend verheeren. Die erbetene Unterstützung wird aus zwei sehr gewichtigen Gründen gewährt werden: 1. Um ein Ueber- greifen der zügellosen anarchistischen Bewegung aus Ost­galizien und die Bukowina zu verhindern. 2. Um die Le- bensmittelvorröte, deren überschüssigen Teil die Ukraine uns überlasten will, vor der Vernichtung durch bolschewistische Garden zu retten.

Eine Unterredung des Grafen Czernkn mit König Ferdinand von Rumänien.

(WTV.) Bukarest, 28. Febr. Seit dem Eintreffen der Abordnung der Vierbundmächte in Bukarest haben unver­bindliche Vorbesprechungen mit General Averescu stattgefun­den. Gemäß einer bei diesen Besprechungen getroffenen -ftnb.irung hat der k. und k. österreich-ungarische Minister des Aeuhern Graf Tzernin am 27. Februar in dem von rumänischen Truppen noch besetzten Teil Rumäniens eine Unterredung mit König Ferdinand. Im Einverständnis mit den Verbündeten gab Graf Czernin dem König die Be­dingungen bekannt, unter denen die Vierbundmächte bereit sind, Frieden zu schließen. König Ferdinand erbat sich kurze Bedenkzeit, die ihm gewährt wurde. Von der Antwort des Königs wird cs abhängen, ob eine friedliche Lösung möglich erscheint.

Japans angebliches Interesse an dem Vormarsch in Rußland.

(WTB.) Tokio, 28. Febr. Die Agence Haoas meld.ft: Bei der Beantwortung einer Interpellation in der Kammer erklärt? Vicomte Montana^ es sei schwer, sich ein« scharf