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Dienstag, 19 Oktober

Bekanntmachungen aller Art finden die erfolg­reichste Verbreitung.

1897.

Der heutige Stand der deutschen Kolonien.

Der offizielle Voranschlag der Kosten für Deutsch­lands Kolonien betrug für das Rechnungsjahr 1897/98 8 050000 Mk.. 1896 nur 6 650000 Mk. Es erhellt aus diesen Zahlen, daß die Ausgaben im Vergleich zum Vorjahr um fast Ists Millionen gewachsen sind. Dem gegenüber fällt ein Handelsvorteil von durch­schnittlich 10 Millionen Mark, ein Betrag, der die äußerste Summe darstellt, den das deutsche Reich bis­her aus seinen Kolonien hat ziehen können, nur wenig ins Gewicht. Der große Krebsschaden, an dem die deutschen Besitzungen jenseits des Ozeans kranken, ist der Mangel an Kolonisten. Bekanntlich zieht es der Deutsche, dem nun einmal unleugbar die Initiative einer selbständigen Kolonisationsarbeit fehlt, vor, sich nach anderen Ländern zu wenden, in denen bereits der Boden ein wenig vorgeackert ist. Unter der ganzen weißen Bevölkerung der deutschen Kolonien, die eins Zahl von 3600 nicht übersteigen dürfte, befinden sich 1400 Beamte und Militärs und 1800 Ausländer. Diese Thatsache spricht für sich selbst, wenn man be- denkt, daß die Zahl der Emigranten aus Deutschland überhaupt im letzten Jahre mehr als IstZ Million betrug. In Deutsch-Ostafrika namentlich steht das Beamtenelement in gar keinem Verhältnis zu dem von den Kolonisten gestellten Kontingent. Unter einem halben Tausend Bewohner deutscher Nationalität be­finden sich 285 Militärpersonen und Verwaltungs­beamte. Der Rest der Weißen Bevölkerung, etwa .500, besteht in der Hauptsache aus Engländern, Skandinaviern und Belgiern. Im Togogebiet sind etwa 30 deutsche Kolonisten ansäfsig. Die Gesamt- bevölkerung beträgt gegenwärtig 90 Man», ein Rück­gang von 6 Mann gegen das Jahr 1895. Im Jahre 1894 waren nur 73 Europäer dort ansässig. 1893 gar nur 56. Man sieht, das Wachstum der Bevölkerung ist mehr als schwankend und giebt nur ein sehr un- befriedigendes Bild. In Kamerun stellt sich das

Verhältnis ein wenig günstiger. Hier ist doch wenigstens ein direktes Wachstum von ganzen 6 Mann pro Jahr zu konstatieren. Anfang 1896 betrug die Bevölkerung 336 Weiße. Diese Zahl wuchs im Laufe des Jahres um 127 (4 Geburten und 123 Einwanderer). Da­gegen war der Ausfall in der Zahl der weißen Be­wohner 131 (17 Todesfälle und 104 Emigranten).

Und trotzdem ist ein gewisser, wenn auch kleiner Fortschritt zu konstatieren, der sich, was den Export betrifft, in den kommenden Jahren recht erfreulich heben dürfte, wenn die jetzigen günstigen Konjunkturen, wie zu erhoffen, bestehen bleiben. Ein wichtiger Faktor des Gelingens erscheint nunmehr gegeben. Denn die Eingeborenen strömen jetzt, nachdem sie gesehen haben, daß ihnen unter den geordneten Zuständen die größt­möglichste Sicherheit für Leben und Eigentum garantiert ist, freiwillig von allen Seiten herbei, um sich durch Arbeit auf den Plantagen die Mittel zu verschaffen, ihren gesteigerten Lebensansprüchen genügen zu können.

Erfreulich ist es auch, daß deutsches Kapital in Ostafrika die abwartende Haltung fallen gelassen und sich nunmehr mit gutem Erfolg am Ausbau der Plantagen-Kultur beteiligt. Es sieht zu erwarten, daß, sobald einmal ein fester Stamm von Kolonisten sich hat entwickeln können, was leider in den 13 Jahren seit Erwerbung der Kolonien noch nicht der Fall war das fernere Wachstum rasch vor sich gehen wird. Unterdessen ist es aber vor allem nötig, die Aus­wanderung nach Kamerun, Ost- und Südwest-Afrika, dem Togoland und Neu-Guinea, mit allen Mitteln von Reichswegen zu fördern.

Landesnachrichten.

* Altensteig, 17. Okt. Im Kampfe gegen die Schleudergeschäfte erläßt der Mannheimer Verein zum Schutze des Detailhandels folgenden Aufruf, der auch auf württembergische Verhältnisse paßt und vom Publi­kum berücksichtigt werden sollte:An unsere Mitbürger: Von allen Seiten werden Klagen laut über die auf dem wirtschaftlichen Gebiete hervorgetretenen und

immer größer werdenden Uebelstände, welche hervor­gerufen werden durch Ramschgeschäfte der schlimmsten Sorte, die den Zweck verfolgen, den gesamten Detail- Handel durch die verwerflichsten Mittel an sich zu reißen, wodurch tausende von Existenzen vernichtet werden. Durch Gerichtsverhandlungen und Strafurteile in Pforzheim, Freiburg, Lahr, Mannheim und anderen Orten wurde das unsaubere Gebühren dieser Geschäfte aufgedeckt. Das Gericht in Mannheim hat in einem Urteil ausgesprochen, die Firma Schmoller u. Co. habe mit der Unerfahrenheit des Publikums gerechnet, zum Nachteil redlicher Mitbewerber Kunden angelockt und zur Bekämpfung der Konkurrenz-Waren unter dem Einkaufspreise angeboten. Der an dem Ge­schäfte selbst beteiligte Geschäftsführer Schrimmer hat in der Gerichtsverhandlung offen ausgesagt:Die Ver­kaufspreise bestimme ich auch unter dem Einkaufspreis, wenn das Interesse des Geschäfts es verlangt!" Mit Reckt glaubt auch niemand mehr, daß derartige Ge­schäfte im Interesse des Volkes verkaufen; daß sie überhaupt gute Ware billiger abgeben, wie irgend ein anderer Geschäftsmann im Gegenteil, die Käufer werden durch Maß, Gewicht und minderwertige Quali­tät getäuscht! An den Gegenständen, die zu Schleuder­preisen abgegeben werden, den sog. Lockvögeln, für deren Herstellung wahre Hungerlöhne bezahlt werden, klebt das Elend und die Not ungezählter Arbeiter und Arbeiterinnen. Bei solchen Waren aber, deren wirk­lichen Wert das Publikum nicht zu beurteilen versteht, wissen sie sich reichlich schadlos zu halten, indem sie sich weit höhere Preise bezahlen lassen, als andere reelle Geschäfte wie wäre es anders möglich, da bei Schleuderpreisen allein der kolossale Aufwand für wahre Verkaufspaläste und deren Einrichtung nicht bestritten werden kann. Wer derartige Unternehmungen direkt oder indirekt unterstützt, arbeitet mit an dem Niedergang und Ruin des gewerblichen Mittelstandes! Welche Hausfrau, überhaupt welcher wohlmeinende Mensch möchte hierzu die Hand bieten? Wir glauben Niemand! Wir richten daher an das kaufende Pub-

Wochenrundschau.

* Alten steig, 18. Okt. Aus der Kritik unseres Mitarbeiters in der letzten Wochenrundschau über die württembergischrn Gewerbevereine wurde der Schluß gezogen, als hätten wir damit dem hiesigen Gewerbe- Verein einen Hieb versetzen wollen. Das war nun entschieden nicht beabsichtigt, denn es muß ja aner­kannt werden, daß speziell unser Gewerbeverein schon eine belangreiche ersprießliche Thätigkeit entfaltet hat. Mit dem Ausdruck:Der gute Willescheint" bei den Gewerbevereinen vorhanden zu sein," hat unbestreit­bar unser Mitarbeiter über's Ziel hinausgeschossen, denn es darf füglich unterschrieben werden, daß der gute Wille unleugbar bei ihnen vorhanden i st, ob aber die württembergifchen und deutschen Gewerbevereine in der Wahl der Mittel, im Thun und Lassen bisher richtig vorgegange» sind, das ist eine offene Streit­frage und hierüber kann sich der denkende Leser nach Gang und Lage der Verhältnisse sein Urteil selbst bilden. Inwieweit die Tübinger Resolutionen von Erfolg ge­krönt werden, das muß die Zeit lehren. Die Red.

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Die Jnstizkommission unserer Kammer der Ab­geordneten war seit 10 Tagen in Stuttgart versam­melt und ist nunmehr mit der Durchberatung des neuen Polizeistrafgesetzbuchs zu Ende gekommen. Man darf begierig sein, ob letzteres der überhandnehmenden Verrohung, Unbotmäßigkeit, Genußsucht und Arbeits­scheu mit kräftigen Mitteln entgegentritt. Klagen über diese häßlichen Erscheinungen ertönen ja seit Jahren aus allen Landesteilen. Der Stuttgarter Gemeinde­rat scheint die Absicht zu haben, bei Erteilung von Wirtschaftskonzessionen nicht mehr nach dem Bedürfnis zu fragen, er will damit die ungebührliche Preis­steigerung einzelner Wirtschaften verhindern, aber die

Durchführung einer solchen Absicht wäre jedenfalls eine ganz verkehrte Maßregel. Allzuviele Wirtschaften sind wahrlich für das Volkswohl und speziell für die Familien nicht von Segen. Allerdings sollte man der Preissteigerung der einzelnen Wirtschaften einen Damm entgegensetzen, indem man den großen Brauereien das Ankäufen von Wirtschaften erschwert. Offenbar zahlen die großen Brauereien immer noch zu wenig Malzsteuer, sonst könnten sie nicht eine Wirtschaft um die andere in ihren Besitz bringen. Als dringendes Bedürfnis erscheint es auch, ein Braugesetz in Würt­temberg einzuführen, das mit dem bayerischen dies­bezüglichen Gesetz übereinstimmt. Die große Politik handelt gegenwärtig mit alten Sachen; nirgends weht ein frischer, fröhlicher Zug, obwohl die Sommerferien längst vergessen sind und die Parlamente Oesterreichs, Italiens und Frankreichs abgesehen von den Volks­vertretungen kleiner Staaten schon längst wieder an der Arbeit sind.Schleichende Krisen" sollten zur Lösung gelangen, wenn der Kaiser wieder nach dem Neuen Palais zuriickgekehrt sein wird aber man merkt nichts davon. Alles geht seinen ruhigen und geregelten Gang, als ob keine Militär-Straf­prozeßreform und keine Differenzen wegen der Vereins­gesetzgebung existierten und der demnächst zusammen­tretende Reichstag nicht an die betreffenden Zusagen mahnen würde, lieber die Marinepläne liegt noch ein geheimnisvolles Dunkel. Ab und zu dringt ein Lichtstrahl von anscheinender Offiziösität m die Presse, gleich aber ist dieNorddeutsche" bei der Hand, das Leuchten als von einem Irrlicht herstammend zu er­klären. In der Militär-Strafprozeßreform will Bayern schuldlos sein. Die Fürstenzusammenkunft bei den Manövern scheint jedenfalls den erhofften Ausgleich nicht gebracht zu haben. Herr v. Podbielski hat viele seiner Ober-Postdirektoren um sich versammelt, um

Tarifreformen zu beraten; die Presse beurteilt den Post-General" heute schon viel günstiger, als bei seiner Ernennung. Im Wiener Abgeordnetenhaus beherrscht die Obstruktion die Lage; fortwährender Kamps, fortwährende Aergernisse. Aber die Obstruk­tion ermattet, obwohl sie von den Nationalsozialen neue Unterstützung gefunden hat. Jro, einer ihrer Führer, hat fälschlicherweise eine ehrenwörtliche Be­hauptung aufgestellt und ist daraufhin von seiner eigenen Partei fallen gelassen worden. Schönerer, der unermüdliche Rufer im Streit, hat sich auf vier Wochen beurlauben lassen. Einen Skandal ersten Ranges hat Belgien erlebt. Die Frau eines der höchsten Würdenträger des Staates hat das Geständ­nis abgelegt, die Hehlerin einer weitverzweigten Spitz­bubenbande zu sein und daraus große Summen ge­zogen zu haben, umden Glanz ihres Hauses aufrecht­zuerhalten". Mitten aus einer großen Abendunterhaltung heraus wurde sie von der Polizei ins Gefängnis abgefödrt. England laboriert an seinem riesigen Maschinen­bauer-Streik. Die Unternehmer rechnen aber darauf, daß den Arbeitern bald das Geld ausgeht. Das leidige Geld ! Auch in Spanien ist dasselbe mehr als knapp und doch wird es sowohl gegen die Aufständischen in Cuba wie auf den Philippinen so äußerst notwen­dig gebraucht. Die Regierung legt sich aufs Parla- mentieren mit den Rebellen hier wie dort und hofft durch Zugeständnisse die Ruhe zurückzugewinnen. Als ob dies nicht als ein Zeichen der Schwäche gedeutet werden würde und das Gegenteil von dem erzielen wird, was damit beabsichtigt ist. Spaniens cubamsche Schuld beträgt allein 3000 Millionen Frank; wird dis Insel unabhängig, so muß Spanien Zinsen und Kapital allein bezahlen, hat dann aber gar keine Ein­künfte von der Insel mehr.

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