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Bekanntmachungen «Mer Art finden die erfolgreichste Verbreitung.
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1897.
Amtliches.
(K. Amtsgericht Nagold.) Da trotz der früheren Veröffentlichungen die Bewohner des Bezirks mit ihren Gesuchen und Anträgen rc. vielfach statt an dem ordentlichen Gerichtstag — S«rrnst«rgs — an den übrigen Wochentagen vor das Amtsgericht kommen, so sieht man sich zu der Bekanntgabe veranlaßt, daß für die Zukunft außer Samstags Gehör nur in dringenden Fällen gewährt werden kann.
Am 28., 29. und 30. Dezember findet in Hohenheim ein dreitägiger theoretisch-praktischer Fischereikurs statt und verweisen wir Interessenten auf die Bekanntmachung im „Staats- Anzeiger" Nr. 234 (Beilage).
X. Generalversammlung des Evangelischen Bundes.
In Crefeld tagte die X. MeuElversammlung des Evangelischen Bundes zur Wahrung der deutsch- protestantischen Interessen. Aus der Begrüßungsversammlung am Montag abend sprach u. a. Pfarrer Weber-München-Gladbach, bekannt durch seine Bemühungen auf sozialpolitischem Gebiete. Er sagte: Wir bekämpfen den Ultramontanismus nicht mit Worten, sondern mit Thaten. Ein durchschlagender Erfolg ist nur durch Thaten zu erreichen. Wir müssen der katholischen Schwester evangelische Krankenpflegerinnen entgegensetzen, neben katholische evangelische Krankenhäuser und neben katholische evangelische Liebesstätten bauen. Dann werden wir gegen Rom die Veste halten, anders vielleicht nicht! Wir müssen dasselbe zu leisten suchen auf sozialem Gebiete wie die katholische Kirche. In diesem Kampfe haben wir oft ohne das Wohlwollen der kirchlichen Behörden ge- standen, und wir haben das Gefühl, daß uns dieses fehlende Wohlwollen geschadet hat. Wir müssen immer mehr ins Volk gehen. Geht die Kirche zum Volk, so geht das Volk iu die Kirche! Darum müssen wir uns in dieser Beziehung den Ultramontanismus zum Vorbild machen. Unter den Rednern war ferner Pastor Thümmel von Remscheid. Er charakterisierte den Evang. Bund als einen „Kriegerverein." „Wir wollen die Erkenntnis verbreiten, daß Krieg ist! Werdas abstreitet, der frage die katholischen Großgrundbesitzer hier in der Umgegend. Ec frage sie: „Wo sind die evangelischen Gutspächter geblieben? Kein einziger mehr ist da! Langsam aber sicher hat man sich ihrer entledigt." — In der öffentlichen Versammlung am Mittwoch hielt Gras Wintzigerode die
Eröffnungsansprache. Er wies darauf hin, daß der Ultramontanismus für Deutschland eine weit größere Gefahr sei als die Sozialdemokratie. Der altkatholische Bischof Weber gab der Hoffnung Ausdruck, daß einmal die Zeit kommen werde, wo man den gemeinsamen Feind, den Ultramontanismus, „über die Grenze jagen" werde. An den Kaiser ging ein Telegramm ab, in dem gesagt ist: „Nicht nur der wilde, gegen alle' göttliche und menschliche Höhe sich auflehnende Unglaube bedroht den Frieden und den gesegneten Bestand des deutschen Reiches; auch gewissenlos entfachte und unheilvoll geleitete religiöse Leidenschaften untergraben in steigendem Maße den nationalen Frieden. Der Evangelische Bund hat sich die Abwehr dieser feindseligen Gewalten zum Ziele gesteckt, und Gott begleitet sein Werk mit unverkennbarem Segen." Daraus traf später folgende Antwort ein : „Aus Befehl Seiner Majestät des Kaisers und Königs habe ich die Ehre, der zehnten Generalversammlung des Evangelischen Bundes den Allerhöchsten Dank für den freundlichen Huldigungsgruß auszusprechen, von Lucanus, Geh. Kabinetsrat." — Professor Nippold (Jena) hielt einen geschichtlichen Vortrag über „die Hemmungen des deutschen Protestantismus in der Wahrung seiner Interessen." Sodann beschloß die Versammlung drei Erklärungen. Die erste richtet sich gegen die Canisius- enzyklika des Papstes und bezeichnet dieselbe als „eine mit Unwahrheiten durchsetzte Beschimpfung des Evang. Bekenntnisses, eine Verhöhnung des deutsch-evangelifchen Bewußtseins und der geschichtlichen Wahrheit, einen leidenschaftlichenAngriff aus den konfessionellen Frieden." (Es ist iu dieser Enzyklika u. a. gesagt: Luther habe die Fahne des Aufruhrs erhoben, die Reformation sei eine Quelle der „Sittenverderbnis" bis zum äußersten gewesen.) Freudig begrüßt wird in der Erklärung das „mannhafte Auftreten" des hessischen Oberkonsistoriums (welches sich zuerst gegen die Enzyklika gewendet hat), ferner der bayerischen Generalsynode in Baireuth, sowie die „ernste Zurückweisung, welche die päpstlichen Angriffe seitens des Präsidenten des preußischen Oberkirchenrats in Berlin erfahren haben." Die zweite Erklärung tritt für die Bildung der evang. Gemeinde in Rom und die Erbauung einer evang. Kirche daselbst ein. Die dritte Erklärung nimmt Bezug auf den vom Katholikentag in Landshut angenommenen Antrag auf
Gründung eines Unterstützungsfonds für konvertierende protestantische Theologen und stellt demselben entgegen „die Gründung einer Zufluchtsstätte für solche römische Geistliche, welchen ihre Stellung in der römischen Kirche zu einem unerträglichen Joch geworden ist, während die Priesterbildung, die sie erhalten haben, sie unfähig macht, in einen anderen Beruf überzugehen." In der Begründung dieser Erklärung sagte Prof. Beyscklag (Halle) u. a., es sei eine Thatsache, daß Hunderte von früheren katholischen Geistlichen in Paris Droschkenkutscher seien, weil ihre geringe Bildung sie zu nichts Höherem befähige.
Landesnachrichten.
* Altensteig, 13. Okt. Nach oberamtlicher Bekanntmachung ist nachgenannten Personen das Ehrenzeichen für langjährige treu geleistete Dienste in der Feuerwehr verliehen worden und zwar dem Schuhmacher Albrecht Birkle, Kupferschmied Friedrich Frey, Metzger Karl Steeb, Mitglieder der Altensteiger freiw. Feuerwehr.
* Unterjesingen, 10. Oktober. Eine drollige Verwechslungsgeschichte hat sich bei der Auflösung der Jungviehweide bei Oeschingen zugetragen. Auch fünf hiesige Bürger hatten die Jungviehweide mit Tieren beschickt. Drei von ihnen wurden nun bei Beendigung des Weideganges telegraphisch benachrichtigt, daß sie persönlich kommen möchten, um ihre Tiere abzuholen, da dieselben ihre Kennzeichen und Zahlen verloren bätten. Die drei Unterjesinger machten sich sofort auf den Weg nach Oeschingen, und zwei von ihnen gelang es auch, ihre Tiere gleich wieder zu erkennen, der dritte aber vermißte an dem ihm als sein Eigentum bezeichneten Tier einen sog. Schwanzauffatz und weigerte sich anfänglich, dasselbe als das seinige anzuerkennen. Er beruhigte sich indessen einigermaßen, als ihm bedeutet wurde, daß in der Beseitigung derartiger Mängel ja gerade ein Vorzug des Weideganges liege. Seine Beruhigung wurde noch größer, als er hinterher erfuhr, daß die ihm zugesprochene Kalbel bei der Prämierung einen ersten Preis erhalten habe und daß ein anderes Tier für ihn überhaupt nicht mehr vorhanden sei. Frohgemut führte er also das von seinem Mangel geheilte und außerdem noch preisgekrönte Tier der Heimat zu. Doch die Freude sollte nicht allzulange
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Wer Niemand schmeichelt und doch Freunde hat, muß ein vortrefflicher Mensch sein.
Hlmilla.
Nach dem Englischen der Quida von Artur Röhl.
(Nachdruck verboten.)
Unter dem Kamme der niedrigen, zwischen dem Arno- und dem Pisathal sich hinziehenden Hügelkette liegt ein Dorf, Mosciano geheißen, das wegen der herrlichen Madonna, die es in seiner Kirche besitzt, sowie wegen seiner gesunden Luft bekannt ist. Von den Reisenden, die die große Heerstraße entlang ziehen, verläuft sich das ganze Jahr über kein einziger hierher, und einen Maler hat die kleine Ortschaft wohl noch niemals gesehen. Ueber die breite, sandige Straße, die sich zwischen Kastanien und Tannen hochwindet, ziehen allein die Maultiere der Holzfäller und die Rinder der Steinhauer. In der glühendsten Sommerhitze sind diese Hügel immer grün und kühl. Unterirdisches Wasser speist die Bäume und bringt eine reiche Gebirgsflora zur Blüte, die die Thäler mit balsamischen Düften füllen. Und wenn die Sonne hinter dem Purpur-Schatten des Monte-Albano zur Ruhe geht, wird allüberall die Abendglocke geläutet, tief unten in der Ebene, wie hoch oben in den Kapellen der Berge.
Die Menschen leben ununterbrochen ihr ganzes Leben hier und kümmern sich nicht um die tolle Welt ' draußen, wissen von Krieg und Kronenwechsel nichts .
und berechnen die Zeit nach den Ernten. Dafür aber weiß auch die Welt von ihnen nichts. Die Menschen, die nur ihr konventionelles Italien mit Ruinen, Räubern, Staub und Safran-Horizont kennen, haben keine Ahnung von dieser frischen Waldeinsamkeit, in der der Berghase seine Purzelbäume schießt, die Drossel singt und die Quellwasser plätschern.
Auf diesem idyllischen Boden war Umilta herangewachsen : groß und schlank, mit klassischen Zügen, dem venetianischen Gold in ihrem Haar, das in Tos- kanien keine Seltenheit ist, glich sie mit ihrer stolzen, majestätischen Haltung, wie sie unter den dunklen Zweigen einer hohen Bergtanne von den Strahlen der untergehenden Sonne umflossen vor mir dastand, einem tizianischen Gemälde. Es war Feiertag. Sie hatte ihre Perlen um den Hals, zwei Nadeln mit Korallenknöpfen staken in ihrem leuchtenden, üppigen Haar. Ein seines, weiches, gelbseidenes Tuch kreuzte sich über ihren vollen Busen, und ein Knabe, wie ein kleiner, heiliger Johannes aussehend, spielte, die Hände voll Kirschen, vor ihren Füßen.
„Eh, eh," meinte eine schwarzbraune Frau, die neben mir stand. „Das ist Umilta — da! Soll man es glauben, daß sie ein Findling war und im Gefängnis gesessen hat?"
„Kannst du das nimmer vergessen?" versetzte daraus strenge ein Mann zu der braunschwarzen Alten. „Daß Weiber doch nie die Vergangenheit ruhen zu lassen vermögen," fügte er zu mir gewandt brummend ' hinzu. „Wenn auch weiter nicbts dabei ist. Alle Welt i weiß es."
Die große Glocke von Mosciano rief laut von ihrem Turme hinunter ins Dorf, und die schöne, junge Frau mit dem Süßkleestrauß am gelben Busentuch ging durch die Tannen zur Messe hinab, gefolgt von ihrem Knaben, den sie ein Stückchen weiterhin in ihre vollen Arme hochhob, wo der Schelm ihr auf eme der Nadeln in ihrem Haar ein Büschel glühend roter Kirschen aufhing, dazu ein herziges, übermütiges Gelächter anstimmend.
„Sie ist die schönste Frau der Gegend," erklärte der Mann, der neben mir stand. „Und deshalb können die Weiber ringsum es ihr nicht vergessen, daß sie im Gefängnis gewesen. Und ihre Geschichte? Ich bin kein guter Erzähler, mein Herr. Der Herr Pfarrer wird sie Ihnen besser erzählen können."
Indes erfuhr ich nicht von dem Priester, sondern von Umilta selbst ihre romantische Lebensgeschichte. An einem Sommermorgen war unten in Florenz auf den Stufen des kleinen Bigallo von einem der Stadtpolizisten ein neugeborenes Kind gesunden worden, das, da von der Mutter keine Spur entdeckt werden konnte, mit ein paar anderen ausgesetzten Kleinen in das Haus der Jnnocenti gebracht wurde und hier den für einen armen Findling für passend erachteten Namen Umilta erhielt. Geschwind wuchs das Mädchen, das nie das liebende Auge einer Mutter kennen gelernt hatte, heran; ein lieblicheres Kind hatte nie in den engen Klostermauern gelebt; dabei war sie kräftig und geweckt, nur etwas starrsinnigen Geistes, was ihr häufige Rügen eintrug. Mit vierzehn Jahren war sie nahezu ausgewachsen, und da man sie für alt genug hielt, jetzt ihr