konitzer Blatt schreibt: „Das Deutschsprechen in unseren Gassen erschöpft schon alle unsere Geduld, und wir sagen es mit Nachdruck, daß wir das deutsche Heraus- fordern bei uns nicht dulden werden. . In einer anderen Notiz desselben Blattes heißt es: „Wettrennen im Deutschsprechen scheinen einige unserer Damen, darunter auch manche unserer Koryphäen, welche in der Jugend zur Bildung im deutschen Gebiete waren, zu veranstalten. Es ist das eine Schande für sie. und sie reizen damit die Oeffentlichkeit, wenn sie beispielsweise auch bei einer tschechischen Unterhaltung miteinander Deutsch sprechen." Im
Launer Blatt lesen wir unter dem Titel „Warnung": „Allen denjenigen, welche nicht auihören, die hiesige friedliebende Bevölkerung durch k-ckes Deutschsprechen zu reizen, raten wir zum letzten Male, dieses aufreizende Spiel in ihrem eigenen Interesse sein zu lassen." Es folgt dann die Drohung, daß, wenn diese Warnung erfolglos bleiben sollte, demnächst mit der Veröffentlichung der Namen vorgegangen werden würde. Dasselbe Blatt wirst die Frage auf: „Was ist unsere Pflicht?" und beantwortet sie folgendermaßen: „Keine Wirtschaften besuchen, wo es zweisprachige Speisekarten und zweisprachige Aufschriften giebt, wo uns feindliche deutsche Zeitungen aufgelegt werden. Ferner nichts zu kaufen von Geschäftsleuten, in deren Geschäften Deutsch gesprochen wird, welche deutsche Zeitungen abnehmen, oder welche mit unserer Nation feindlichen Firmen in Verbindung stehen."
ff (Lebens-Versicherungs-Schwindel.) Vom Wiener Schwurgericht wurde der Kaufmann E. Löwenthal zu 2 Jahr schweren Kerkers verurteilt. L. ließ seinen Bruder bei zwei Lebensversicherungs- Gesellschaften auf 360 000 Gulden, auch für den Fall eines Selbstmordes zahlbar, versichern. Ein halbes Jahr später erschoß sich der Hauptmann infolge eines mißglückten Heiratsplanes und ungünstiger Finanzverhältnisse. Die eine Gesellschaft erstattete die Betrugsanzeige gegen L., weil er angesichts der Verhältnisse seines Bruders aus dessen Selbstmord mit Sicherheit rechnen konnte.
D Auch in Rom klagt man über teure Brotpreise. Diese haben eine solche Höhe erreicht, daß die Behörden einschreiten wollen. Die Schuld an der Teuerung, die sich in der Hauptstadt mehr als im übrigen Italien fühlbar macht, tragen die Mühlen, die das Mehl zu teuer verkaufen, und die Bäcker, die einen zu hohen Gewinn herausschlagen wollen. Man beschloß, alle gütlichen Mittel zu erschöpfen, um auf Müller und Bäcker einzuwirken; falls diese aber fehlschlagen sollten, will man mit den Mühlen durch städtische Lagerhäuser in Wettbewerb treten und den Bäckern eine dem laufendem Mehlpreis entsprechende Taxe vorschreiben.
* Paris, 11. Sept. In den Norddepartements haben mehrere Fabrikbesitzer ihre zur Manöverzeit zum Heere eingezogenen Arbeiter Knall und Fall entlassen. Die radikalen Blätter besprechen diesen Vorgang mit großer Entrüstung und verlangen ein besonderes Gesetz, welches die Angestellten vor solcher Willkür schützen soll.
* London, 10. Sept. Daily Mail meldet aus Newyork, daß die amerikanische Regierung Kriegsrüstungen mache.
* Madrid, 10. Sept. Die Stadt Victoria de
las Tunas, in der Provinz Santiago de Cuba, ist von den kubanischen Aufständischen genommen worden. Die Meldung hat in Madrid große Bewegung hervorgerufen. Der Ministerrat wird heute abend zusammentreten, um sich mit dieser Angelegenheit zu beschäftigen.
* Neucastle (Colorado), 10. Sept. Ein Personenzug der Denver- und Rio Grande-Eisenbahn stieß gestern mit einem Viehzuge zusammen. Dabei gerieten mehrere Wagen des Personenzuges in Brand. Man befürchtet, daß 40 Personen ums Leben gekommen sind.
* In Palästina wird bisher kaum ein Siebentel der Oberfläche bebaut. Der arabische Bauer verzichtet im vornherein auf eine Erweiterung seiner Felder, weil er sich sagt, daß der etwaige Mehrertrag bald von den türkischen Beamten in Beschlag genommen werden würde. Immerhin ist in den landwirtschaftlichen Verhältnissen Palästinas mit der Besiedelung durch jüdische Kolonisten seit Anfang der achtziger Jahre ein Fortschritt eingetreten. Gegenwärtig bestehen in allen Teilen des Landes insgesamt 18 jüdische Ansiedelungen mit etwa 4000 Kolonisten, zumeist aus Rumänien und Rußland. Neben Weinbau wird auch Feldwirtschaft betrieben. Die bedeutenden Mittel zu diesen Ansiedelungen wurden von den reichen Israeliten Europas aufgebracht, deren Vertreter dieses Werk noch immer weiter ausbauen. Was die Zionisten anstreben, hat also schon begonnen.
Handel und Verkehr.
* Vom Bottwartha l, 9. Septbr. Die immer wieder regnerische und kühle Witterung des Septbr. beeinträchtigt die vor etlichen Wochen so befriedigenden Herbstaussichten um ein bedeutendes. Die Reife der Trauben, welche zwar infolge der erklecklichen Anzahl von Sommertagen sehr vorgeschritten ist, ist durch das kühle nasse Wetter verzögert worden. Die zwei Hauptfeinde der Trauben, das Ovidium und die Blattfallkrankheit haben durch den Regen immer wieder neuen Stoff zum Ansatz erhalten. Für unsere Gegend ist durchschnittlich, wenn es gut geht, ein halber Weinherbst zu erwarten. Der Grad der Güte steht aber noch in Frage. Die Preise für ältere Weine sind deshalb bei den augenblicklichen Aussichten nicht gesunken, eher gestiegen.
* Cannstatt, 10. Septbr. Nicht ohne Sorgen schauen unsere Weingärtner nach dem von düsteren Regenwolken überzogenen Himmel. Frühe Sorten, wie Portugieser, fangen bei der Nässe schon an zu platzen und zu faulen. Ein Umschlag der Witterung ist darum für den Weinstock dringend zu wünschen.
* VomVorbachthale,10. Sept. Auf unseren Markungen konnte der Haber gut eingeheimst werden; die Nachfrage ist eine anhaltende. Größere Posten bis zu 7 Mk. 20 Pfg. per 50 Kilo wurden aufgekaust.
8 Stuttgart, 11. Septbr. Durchschnittspreise des hiesigen Schlacht- und Viehhofs Per Pfund Schlacht- gewicht: Farren und Stiere 50—52 Pfg., Rinder 60—62 Pfg., Schweine 66-68 Pfg., Kälber 65 bis 80 Pfennig.
* Stuttgart, 10. Septbr. (Mostobstmarkt auf dem Hauptgüterbahnhof.) Zugeführt: 2 Waggon aus Belgien und Holland. Preis Per Waggon 1080 bis 1130 Mk. Detailpreis 5 Mk. 60 Pfg. bis 5 Mark 90 Pfennig.
* Göppingen, 10. Sept. Heute standen auf dem Bahnhof 5 Wagen Mostobst. Preis per Zentner 5 Mk. 50 Pfg. bis 6 Mk. 80 Pfg.
* Friedrichs Hafen, 9. Sept. Mostobst 4 Mk. 50 Pfennig bis 5 Mk. per Zentner, Zwetschgen 10 bis 12 Pfg. per Pfd., Tafelobst 7—10 Mk. p. Ztr.
* Vom Strohgäu, 9. Septbr. (Hopfen.) In Renningen wurde eine größere Partie Frühhopfen per Zentner zu 80 Mk. nebst Leihkauf abgesetzt. Auf dem Jhingerhof wurden 20 Ztr. Hopfen ü 100 Mark verkauft.
* (W ürttemberg sHopfen-Ernte) bei rund 6000 Hektar Hopfengarten wird dieses Jahr auf 70000 Zentner berechnet. Die Biererzeugung des Landes betrug 1896 3 885 981 Hektoliter, was einem Hopfenverbrauch von 3000 Zentner gleichkommt.
Vermischtes.
sf Große Heiterkeit wurde dieser Tage in einem Saale des Berliner Schöffengerichts durch die ungewöhnliche Anerkennung verursacht, durch die eine der Parteien ihre Hochachtung vor dem Vorsitzenden aus- drücken zu müssen glaubte. Es handelt sich um eine Schimpferei, die Anlaß zu einer Beleidigungsklage gegeben hatte. Der Vorsitzende bemühte sich, eine der Parteien zu einem Vergleich zu bringen. All' sein Mühen schien aber vergeblich sein zu sollen, denn die Klägerin wehrte sich nachdrücklichst gegen die Zumutung, die Klage zurückzunehmen. Endlich schmolz aber auch bei ihr das Eis, sie erklärte sich zum Vergleich bereit, erläuterte diesen Entschluß aber mit Nachdruck dahin : „Ich thue es blos, weil der Herr Präsident ein so netter, anständiger und gebildeter Mann sind!" Schallendes Gelächter begleitete diesen Ausbruch des Wohlwollens, für den sich der Vorsitzende lächelnd bedankte.
* (Ein französischer Kriegsschatz im Main.) Man schreibt der „Frs. Ztg.": Nachdem vor einigen Tagen bei den fiskalischen Baggerungen im Main unterhalb der alten „Sachsenhäuser" Brücke hier einige Münzen und Plomben gefunden worden waren, fand auf Anordnung des Königlichen Wasserbauinspektors Herrn Hahn eine systematische Untersuchung der ganzen Fundstelle mittelst eines Dampfbaggers statt. Die interessante Arbeit erfolgte unter der Leitung des Herrn Hahn, sowie des Herrn Wasserbauinspektors Rößler und war vom besten Erfolge begleitet. Es sind über dreihundert größere und kleinere Goldstücke aus dem Ende des vorigen und dem Anfang dieses Jahrhunderts gefunden worden, die geschichtlich zum Teil interessant sind, so namentlich Müuzen des Königreichs Westfalen, von Napoleon I., Ludwig XVI., Ludwig XVIII. u. s. w. Man vermutet, daß die Goldstücke, wie die ebenfalls daselbst gefundenen Plomben, aus einer im Jahr 1815 auf der Flucht von der Brücke in den Main geworfenen französischen Kriegskasse stammen. Wie die „F. Z." erfährt, sind in früheren Jahren von Fischern bei kleinem Wasserstande stets Goldmünzen an dieser Grelle gefunden worden.
BenmtworÜichrr Redakteur: W. Rirker, Altensteig.
Briefkasten.
Nach Br., Westphalen. Den Empfang von Mk. 7.50 (Ergebnis eines Spielabends) für die Hagelbeschäbigten des württ. Unterlandes bescheinigt dankend
die Exped. d. Bl. „Aus den Tannen."
wahrlich mehr, als tausend anderen Sterblichen be- schieden wird, und dennoch grollte Baron Hayden stets mit dem Schicksal.
Ja warum?
Vor einundzwanzig Jahren, ebenfalls wie heute im März, war es gewesen — im März, wo das erste Frühlingswehen des Winters strenges Regiment zum Rückzuge zwang —, da hatte man ihn, den flottesten und als besten Tänzer bekannten Lieutenant seines Husaren-Regiments zu einem Polterabend nach einem Landsitz in der Provinz X. geladen. Er hatte Beziehungen zu dem Bräutigam, und da diese nebenbei schrieb, es sollte getanzt werden, doch leider mangele es sehr an Herren, da überlegte er nicht lange und reiste ab. Noch wie heute besann er sich auf den Augenblick, m dem er in einen Saal, angefüllt mit etwa hundertfünfzig für ihn wildfremden Menschen, trat.
Zu Dutzenden von Malen wurde sein Name vorstellend genannt, und er nahm sich kaum mehr die Mühe, die Leute, mit denen man ihn bekannt machte, anzuschauen. Da — wie ein elektrischer Schlag durchzuckte es seine Glieder — sah er in ein entzückendes, süßes Mädchenantlitz, in ein paar lachende braune Augen! Ein Wesen von solchem Liebreiz hatte er noch nie erblickt.
„Erlauben Sie, Komtesse: Baron Hayden!" hörte er des Bräutigams Stimme, welcher ihm noch rasch die Worte zuraunte: „Engagieren Sie, bitte, eine Tänzerin und erbarmen Sie sich meiner. Die Mädels sind zu Scharen hier und keine Herren!"
Sein Auge überschaute den Kreis der Tänzerinnen.
Viel Blüten waren darunter, viel Küchenkräuter auch, folgerte er bei sich; aber nur eine einzige Rose.
Halt! Umsonst wollte er den weiten Weg nicht hergekommen sein! Nach fünf Minuten war er mit der reizenden Komtesse zum Kotillon engagiert.
Das Glück lächelte ihm freundlich zu. Tags darauf wurde er zum Brautführer der Komtesse bestimmt und am dritten und vierten Tage hatte er bereits eine Empfindung, als ob die Märzsonne eine nie gekannte Seligkeit in ihm erweckt hätte. Nur Ella Geierstein sah er fortan, nur für sie war er da und nur ihr allein sollte sein ganzes ferneres Leben angehören.
Ella Geierstem. Noch heute durchschauerte es ihn. Gab es wirklich Liebe auf den ersten Blick? — Ja, und tausendmal ja. Solch harmonisches Aneinanderklingen der Seelen, solch eine mit jäher Gewalt in die Menschenbrust einziehende Glückseligkeit konnte unmöglich Einbildung sein!
Ohne Worte — ohne Erklärung hatten beide gewußt, daß sie für einander bestimmt waren, daß keine irdische Macht jene geheimnisvollen Fäden, die sich von Herz zu Herzen spannen, zu zerreißen vermöchte. O Zauber, o Traum der ersten Liebe.
Weinend, aber wie berauscht hatte Ella beim Abschied an seinem Halse gehangen. Selig von hoffnungs- reichem Jugendmute und fester Entschlossenheit hatte er die holde Jungfrau zum ersten Male an sein Herz gepreßt. Wer wollte ihm dieses Kleinod jemals rauben?
Ja, wer?
Noch vor der Heimkehr in seine Garnison erklärte er sich seinen Gastsreunden, bei denen die Geliebte zum
Besuch weilte. Herr v. A. zuckte die Achseln. Ellas Bater sei ein unbemittelter höherer Offizier, welcher mit doppelter Vorsicht auf die Zukunft seiner Tochter zu achten habe. Falls Baron Haydens Vermögens- Verhältnisse derart günstig wären, sich ohne irgend welche Mitgift seitens der Braut eine sichere Existenz zu gründen, so möge er immerhin sein Glück bei Ella- Eltern versuchen.
So lautete der freundliche, allein unumwunden offene Bescheid.
Er reiste vorerst zu seinem Bruder, dem Majoratsherrn auf Haydow, und fragte diesen um Rat.
„Mein guter Junge, ich fürchte, du hast den Spleen; deine Zulage reicht ja gerade nur für dich. Wovon willst du Weib und Kind ernähren? Ich hoffe doch, daß du so einsichtsvoll sein wirst, dir wegen einer Ballschwärmerei nicht Existenz und Karriere zu verderben. Die Liebe in einer Hütte ist heutzutage Mythe geworden. Schlage dir solche Flausen aus dem Sinn!"
Das war des Bruders Bescheid.
Trotzdem reifte er einige Wochen später nach jener Stadt, in welcher Ellas Eltern wohnten, ab. Den heißen Wünschen seines Herzens in offener ritterlicher Weise Ausdruck gebend, stellte er sich diesen vor.
Die Geliebte sah er nur einen Moment von fern, aber in den braunen Augen las er das Geständnis ihrer Liebe.
Graf Geiersteins mit militärischer Knappheit gegebene Antwort war ein bestimmtes „Nein".
(Fortsetzung folgt.)