* Bei einer Reitübung auf dem Hagenauer Schießplätze fühlte der im Feldartillerie-Regiment Nr. 34 dienende Soldat Ullrich plötzlich einen gelinden Stoß auf der Brust, der seiner Meinung nach von einem kleinen Stein herrühren mußte. Nach Beendigung der Reitübung in die Kaserne zurückgekehrt, machte sich beim Putzen des Pferdes, etwa 2 Stunden nach besagtem Unfall, bei Ullrich ein kleiner Schmerz in der Brust fühlbar, und es stellte sich Unwohlsein ein. Bei näherer Untersuchung fand der Arzt die Brust von einer Jnfanteriekugel durchbohrt. Die Kugel konnte mit leichter Mühe aus dem Rücken entfernt werden. Die Wunde und der Schußkanal waren kaum sichtbar und edlere Teile unverletzt, so daß
> . . nach Ansicht des Arztes Ullrich in etwa vier bis sechs Wochen wieder wohl auf sein wird. Sehr eingehende Untersuchungen haben bis jetzt nichts be- ß stimmtes an den Tag gebracht, doch hat es den An- 8K » schein, daß die Kugel von einer in sehr weiter Ent- I-H 2 fernung übenden Infanterie-Abteilung herrührte.
* In Gersfeld a. d. Rhön wurde dieser Tage die Witwe Maria Bleuell 105 Jahre alt. Die Frau ist immer noch rüstig. Sie ist seit 1864 verwitwet, M 1866 blind. Sie beschäftigt sich mit Spinnen und Stricken, ißt noch mit Appetit ihr Roggenbrot und trinkt noch täglich ihr Bier.
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* Wien, 3. August. Felix Dahn hat für die am Egerer Stadthanse anzubringende Gedenktafel folgende Inschrift gewidmet: „Das höchste Heil des Mannes ist sein Volk, Das höchste Heil des Volkes ist sein Recht, Des Volkes Seele lebt in seiner Sprache, Dem Volk, dem Recht und unserer Sprache treu, Fand uns der Tag, wird jeder Tag uns finden."
* Triest, 3. August. Als Protest-Kundgebung gegen die Verhaftung des hiesigen Arbeiterführers Cam- bert sind gestern Plötzlich etwa 10000 Arbeiter aller Handwerke und vieler Fabriken in den Ausstand eingetreten. Es kam zu ernsten Zusammenstößen zwischen den Ausständigen und Arbeitern des Lloyd-Arsenals. Das zur Unterstützung der Polizei herbeigerufene Militär vertrieb die Ruhestörer. Später mußte, da sich die Unruhen wiederholten, abermals Militär ausrücken. Viele Verhaftungen wurden vorgenommen. Es werden weitere Unruhen befürchtet. Die Stimmung ist äußerst
* Rom, 4. August. Die „Tribuna" veröffentlicht eine längere Unterredung mit General Baratieri über die Schlacht bei Adua. Baratieri führte aus, daß sich damals alle anwesenden Generale einstimmig für den Angriff ausgesprochen hätten, während die ganze Verantwortlichkeit für die Schlacht auf ibn allein zürück- fiele. Andererseits seien die Berichte über die schwierige Lage des Heeres Meneliks durchaus zutreffend gewesen, und wenn man mit dem Angriff noch 2 Tage gewartet hätte, so würden die italienischen Truppen einen glänzenden Sieg errungen haben. Baratieri schloß seine Aeußerungen mit der Erklärung, daß er im Begriff stehe, ein Werk über diese Vorgänge herauszugeben, in dem er Niemand angreifen, aber auch Niemand schonen werde.
D Paris, 4. August. Die gerichtliche Panama- Untersuchung ist nun endlich abgeschlossen. Wie ver-
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sein würde, und daß die Fischer aus der Armut zum Wohlstand gelangen würden, wenn die Durchführung glückte. Hierzu aber bedurfte sie eines nicht geringen Kapitals. Der Winter mußte die Arbeit des Sommers vorbereiten.
Es mußten kleine Hütten zur Aufbewahrung des Eises gebaut, Kisten zum Versand des Fisches besorgt werden, und dies kostete Geld, mehr Geld als sie anzuschaffen im stände war.
An einem trüben Herbsttage saß sie im Kontor auf dem alten Platze ihres Mannes und dachte darüber nach, wie wunderbar das Geschick ihren Weg gelenkt hatte, daß sie, die in ihrer Jugend so hochfliegende Pläne gehabt habe, jetzt an einen offenen Laden und eine so schwere Thätigkeit geknüpft war. Ein Zepter zu tragen, dazu hatte sie sich stark genug gefühlt, und jetzt erschien ihr die Elle in der Hand zu schwer. Entsetzlich einsam fühlte sie sich in diesem Augenblick.
Die Leute wandten sich an sie in all' und jedem und sie hatte niemand, an den sie sich wenden konnte, um Rat zu bekommen, und kam keine unerwartete Hilse, so mußte sie den Plan ihres Mannes wenigstens in den ersten Jahren aufgeben und dann würden andere thätige Leute, die Kapital besaßen, mit derselben Idee kommen und sie durchführen. Der bloße Gedanke ließ das Blut in ihren Adern brausen. Nein, sie war dazu hingesetzt, um den letzten Willen, den letzten Wunsch ihres Mannes auszuführen und niemand sonst wollte sie es gestatten, ihr voraus zu kommen.
Sie blickte zu seinem Bilde auf, das jetzt über dem Pult neben dem alten Reim hing und es wollte
lautet, wird das Strafverfahren gegen zwei ehemalige Abgeordnete, die Herren Saclot und Hurard, eingestellt, dagegen auf zwei oder drei Verwaltungsräte der Panamagesellschaft ausgedehnt werden. Hinsichtlich der Untersuchung erklärte der Richter neuerdings einem Berichterstatter, die Regierung habe ihm vollständig freie Hand gelassen und ihn nie, auch nicht indirekt beeinflußt.
* Marseille, 5. Aug. Bei der Haussuchung in der Wohnung eines Maschinenbauers entdeckte die Polizei eine große Menge Sprengstoffe. Auf die Angaben des Maschinenbauers hin werden weitere Verhaftungen vorgenommen.
* Brüssel, 5. Aug. Hier wurde gestern der internationale Frauenkongreß eröffnet, dem 300 Frauen aus Deutschland, Belgien, Frankreich, England, Oesterreich-Ungarn, Schweden, Dänemark, Italien, Griechenland, Spanien und Rußland beiwohnen.
* Aus Vardoe wird gemeldet: Der von einem holländischen Kapitän im Weißen Meere bemerkte und von ihm für den Andrse'schen Ballon gehaltene Gegenstand ist durch ein Boot des Vizekonsuls von Vardoe Namens Holmboe aufgefunden und hierher gebracht worden. Es ist ein toter Wal, der dem obersten Teil eines Ballons ähnlich sieht.
* Krementschug (Gouv. Pultawa, Rußland), 5. Aug. Eine Badeanstalt mit 400 Frauen wurde fortgeriffen. Gegen 200 Frauen sind ertrunken.
* Athen, 3. August. Der Minister des Aeußeren überreichte den Vertretern der Großmächte eine Protestnote gegen die angeblich beschlossene internationale Finanz-Kontrolle. In der Note wird hervorgehoben, daß der geplante Eingriff in die Hoheitsrechte Griechenlands schwere innerliche Verwickelungen herbeiführen würde. — In einer gestern abgehaltenen großen Volks- Versammlung wurde beschlossen, den König zu energischem Widerstand gegen die Finanz-Kontrolle aufzufordern event. den Krieg bis zum Aeußersten fortzuführen.
* Athen, 4. Aug. Außerhalb Trikala im Walde von Papadopulos fand ein Gefecht zwischen 2000 türkischen Infanteristen und 200 Reitern einerseits und den Einwohnern mehrerer von ihnen bedrohter Dörfer andererseits statt, wobei die Türken angeblich 70 Tote/ die Griechen 26 Tote und zahlreiche Verwundete zählten. Die elektrischen Scheinwerfer der griechischen Kriegsschiffe sind nachts auf das linke Flußufer des Sperchius gerichtet, wo verdächtige feindliche Bewegungen bemerkt werden.
* Canea, 5. Aug. Auf die Nachricht, daß die türkische Flotte von Smyrna kommend hier eintreffen werde, machte das internationale Geschwader Dampf auf. Die internationalen Truppen haben für den Fall von Verwicklungen hier Vorkehrungen getroffen. Die Muselmanen verbreiten das Gerücht, im Dorf Kaly- cers seien türkische Truppen gelandet worden.
* In Spanien gährt es weiter. Infolge neuerdings erlassener Verfügungen hinsichtlich der Lebensmittelsteuer haben die Gewerbetreibenden und Kaufleute innerhalb der Bannmeile von Madrid ihre Geschäfte geschlossen. Es fanden Versuche statt, Unruhe zu stiften. Diese sind auch erfolgreich gewesen, denn eine spätere Madrider Meldung besagt: In Tetnan kam es zu tumultuarischen Szenen, in deren Verlauf
ihr scheinen, als lächele er sie mit demselben milden Lächeln an, das sie so gut kannte.
Da fiel ihr Auge von dem Gesicht auf Vas Pult und sie entdeckte einen Brief, den die emsige Tagesarbeit sie hatte vergessen lassen. Schnell entschlossen öffnete sie ihn und die Hilfe, auf die sie so lange vergebens gewartet hatte, kam jetzt als letzte Gabe von ihrem Mann.
Die kleine Ladung mit Makrelrogen, die nach Frankreich gesandt war, hatte einen über alle Erwartung großen Ertrag gebracht. Sie blieb nicht lange still dasitzen und träumte nicht lange über das unerwartete Glück. Einen dankbaren Blick sandte sie zu dem Bilde ihres Mannes empor. Sie nickte diesem zu und sagte: „Das ist dein Geld, Haugaard, jeder Schilling soll dazu verwandt werden, um deine Pläne durchzuführen und das Andenken an dich soll noch lange, lange Jahre hier an der Küste bewahrt bleiben."
Marie ging hinein, um sich nach dem Kinde umzusehen. Sie pflegte jetzt, wie der Vater es früher that, der Kleinen alles zu erzählen, was ihr auf dem Herzen lag. Das Kind aber schlief ruhig und fest. Da eilte ihr Gedanke zu dem einzigen Freund des Vaters, der sie völlig verlassen hatte. Sie sah ihn nie mehr, und Sillo, deren kleiner Krauskopf sich früher so oft bei ihr sehen ließ, hatte sie auch vergessen. Nur der kleine Franz besuchte sie täglich, wie er früher zu thün pflegte. Er liebte Sillo und konnte die Gespielin nicht entbehren.
Erst jetzt fiel es ihr ein, daß das Kind auch verändert war. Es war sonst immer lustig und vergnügt
Schüsse gewechselt wurden; mehrere Personen erlitten Verletzungen. Die Ruhe ist wiederhergestellt — aber auf wie lange?
Hochwasser - Nachrichten.
* Nach den am Mittwoch aus den Hochwassergebieten eingetroffenen Nachrichten darf die Hauptgefahr wohl überall als beseitigt angesehen werden. Der höchste Wasserstand der Donau beiWien, welcher erst für heute früh erwartet war, ist infolge des raschen Füllens der Traun und Enns bereits gestern nachmittag eingetreten. Die Sicherungsarbeiten an den Dämmen bei Wren werden zum Teil mit Heranziehung von Militär auf das eifrigste fortgesetzt. Wenn nicht unvorhergesehene Ereignisse eintreten, ist die Gefahr als beseitigt anzusehen. — Auch die Flüsse Traun und Ischl sind in ihr Bett zurückgekehrt. Von Augenau bis Ebensee einschließlich Ischl sind sämliche Brücken außer den Eisenbahnbrücken weggeriffen. Die Staatsbahnstrecken Ischl—Aussee und Jschl-Ebensee sind stark beschädigt. Der Termin der Wiedereröffnung des Verkehrs ist noch nicht festzustellen. In Ischl haben die Esplanada, die Franzensallee, der Stephaniequai und das Griesviertel großen Schaden gelitten. Pioniere arbeiten an der Herstellung einer Notbrücke über die Traun. Die kaiserliche Villa ist infolge ihrer hohen Lage nicht gefährdet.
* Aussee, 3. August. Fünfzehn Brücken und siebzehn Häuser sind hier eingestürzt. Das Wasser geht langsam zurück.
* Dresden, 3. Aug. Die sächsische Regierung will den durch Hochwasser geschädigten Gemeinden bei nachträglicher einzuholender Landesgenehmigung umfangreiche Staatshilfe gewähren. Der Hochwasserschaden ohne Ernteverlust wird auf mindestens 70 Mill. Mark geschätzt.
* Der Kaiser hat, wie die Schles. Ztg. meldet, in einem Telegramm an den Oberpräsidenten Fürsten Hatzfeldt der Provinz Schlesien seine innigste Teilnahme an den schweren Heimsuchungen durch das Hochwasser ausgesprochen.
Handel und Verkehr.
* Sulz a. N., 4. Aug. Die Zufuhr zum heutigen Viehmarkt war trotz des günstigen Erntewetters sehr namhaft. Es wurden zu Markt gebracht: 28 Ochsen, 164 Stiere, 81 Kühe, 104 Kalbinnen, 196 Stück Kleinvieh und 155 Schweine, zusammen 728 Tiere gegenüber von 737 Stück beim letzte Markt am 7. Juli. Der Handel ging flott zu annehmbaren Preisen. Von den vielen Händlern, die am Platze waren, wurden teilweise schon tags zuvor Käufe abgeschlossen. Besonders gesucht waren Kalhjnnen und junge Stiere. Bei der Gattung Ochsen wurde kein Handel abgeschloffen. Es galten Stiere 350—850 Mk. per Paar, Kühe kosteten 150—350 Mk., Kalbinnen 190—350 Mk., Kleinvieh 100—190 Mk. Für das Paar Milchschweine wurden bis zu 44 Mk. bezahlt.
* Stuttgart, 5. August. (Kartoffel- und Krautmarkt.) Zufuhr 400 Ztr. Preis per Ztr. 3 Mk. 50 bis 4 Mk. — Filderkraut: 800 Stück. Preis 25 bis 30 Mk. per 100 Stück.
Verantwortlicher Redakteur: W. Nieter, Altensteig.
gewesen. Jetzt saß der Knabe oft stundenlang neben der kleinen Wiege und schaute ernst und betrübt auf seine kleine Freundin.
Was hatte nur seine Schatten auf dies Kinderglück geworfen? — Was war nur bei Steins vorgefallen? — Wenn sie nicht zu ihr kamen, so wollte sie zu ihnen gehen. „Man soll kein Gras auf dem Wege wachsen lassen, der vom Herzen zum Herzen führt," sagte sie zu sich selbst, zog ihren Mantel an und ging.
Es war schon dunkel, als sie hinauskam. Sie kannte den Weg aber so genau, daß sie ihn mit geschloffenen Augen finden konnte. Sie ging so schnell, als sei keine Zeit zu verlieren, und als sie an der Thür schellte, da hatte die Glocke einen so wunderlich hohlen Ton, daß sie einen unheimlichen Eindruck auf sie machte.
In früheren Zeiten war Sillo es fast immer selbst, die ihr freudestrahlend die Thür öffnete und sie stürmisch begrüßte; ihr herzlicher Empfang hatte Mariens Herz oft erwärmt, ohne daß sie selbst es so recht wußte; heute war es die langsame Hand des Mädchens, die den Riegel vorschob.
Eine wundersame Furcht kam über sie, und unwillkürlich fragte sie:
„Hier ist doch niemand krank?"
„Nein, das nicht. Aber es ist hier alles noch immer so, wie es in den zwei letzten Monaten gewesen ist" entgegnete das Mädchen.
(Fortsetzung folgt.)
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