trag v. Viereck abgelehnt und die W 81 und 81a unverändert angenommen.
Württ«mb»rgischer Landtag
Kammer der Abgeordneten.
* Stuttgart, 21. Mai. (136. Sitzung.) Tagesordnung: Verschiedene Kommissionsanträge. Ziff. 1, Antrag der Geschäftsordnungskommission zur Frage der strafrechtlichen Verfolgung des Abg. Schmidt-Maul- bronn. Berichterstatter ist Frhr. v. Gültlingen: Es bandelt sich hiebei um Beleidigung eines Teils der Beamten des Postamts Nürtingen. Die Kommission beantragt, die Genehmigung zur Einleitung des Strafverfahrens gegen den Abg. Schmidt während der jetzigen Sitzungsperiode nicht zu erteilen. Das Haus beschließt demgemäß. Ziff. 2 a, Eingabe des -Fritz Bösenberg in Stuttgart um Uebersetzung des Schul- chan Arüch. Berichterstatter ist Abgeord. Eckard. Derselbe teilt das Gesuch nebst Begründung mit. Dasselbe behauptet, daß die religiösen Gesetze der Juden auf Anschauungen beruhen, die mit den sittlichen und rechtlichen Grundlagen unseres Volkslebens in Widerstreit stehen. Den Juden sei darin erlaubt, über Andersgläubige zu herrschen und sogar Vergehen und Verbrechen gegen dieselben zu verüben. Der Berichterstatter geht sodann auf den Schulchan Aruch näher ein. Das Buch sei ein systematischer Auszug aus dem Talmud, welch letzterer kein einheitliches Werk sondern eine Art Sprechsaal verschiedener Verfasser (Rabbiner), entstanden im 3. und 4. Jahrhundert, sei. Das Buch habe heute keine maßgebende Bedeutung. Eine Uebersetzung desselben sei unnötig. Die Kommission beantragt Uebergang zur Tagesordnung. Prälat v. Schwarzkopf kann sich mit den Ausführungen des Berichterstatters durchaus einverstanden erklären nach den von ihm eingezogeneu Informationen. Minister v. Sarwey spricht sich in ähnlichem Sinne aus. Das Haus erhebt den Kommissionsantrag ein- stimmig zum Beschluß. — 2 Petitionen Ziff. 2 b und 2o werden durch Uebergang zur Tagesordnung erledigt. — Ziff. 3, Antrag des Abg. Vogler und Gen. betr. die Abänderung der Landesfeuerlöschordnung vom 7. Juni 1885. Berichterstatter ist Abg. Egger. Der Antrag Vogler will eine Abänderung dahin treffen, daß die Visitation der Feuerwehren durch den Bezirksfeuerlöschinspektor nicht mehr jedes Jahr, sondern nur alle 3 Jahre einmal stattfinde. Der Kommissionsantrag, den der Berichterstatter eingehend begründet, geht einstimmig auf Zustimmung. Abg. Krug tritt fiir den Antrag Vogler ein. Eine jährliche Prüfung finde ja in der Regel durch die Ortsbehörden statt. Abg. Schuhmacher: Seine Freunde und er werden für den Antrag stimmen aus den vom Berichterstatter ausgeführten Gründen. Abg. Storz ist gegen den Antrag Vogler, wenn derselbe angenommen werde, dann nehmen die Feuerwehren ein böses Ende. (Heiterkeit, Oho!) Es sei notwendig, daß der Inspektor häufig nach den Geräten und der Feuerwehr sehe, die lebenslänglichen Ortsvorsteher seien oft nachlässig. Aus allen diesen und noch anderen Gründen, bitte er, den Antrag Vogler abzulehnen. Abg. Schach ist auf Grund seiner praktischen Erfahrungen als Feuerwehrkommandant für den Antrag Vogler und bemängelt dann einige gesetzliche Einzel
bestimmungen über die Führung der Feuerwehren. Die Prüfung brauche nicht alle Jahre stattzufinden. Die Feuerwehr thue so wie so ihre Pflicht. Minister v. Pischek macht darauf aufmerksam, daß bei der Entwicklung der Industrie die Feuersgefahr stets wachse. Es komme darauf an, daß man tüchtig ausgebildete Feuerwehren habe. Die Bereitwilligkeit zur Hilfe in Brandfällen allein genüge nicht. Redner entgegnet auf die Ausführungen des Berichterstattersund giebt die Anregung, sich mit einer alle zwei Jahre stattfindenden Prüfung einverstanden zu erklären. Auf diesem Boden wäre eine Verständigung mit der Regierung möglich. Jedenfalls wäre in den Antrag eirizu- fügen „mindestens alle drei Jahre". Im übrigen geht der Minister noch auf verschiedene Aeußerungen der Vorredner ein. Der Antrag Vogler wird angenommen, der Kommissionsantrag damit abgelehnt. Bei der hierauf folgenden namentlichen Abstimmung über den als Gesetzentwurf eingebrachten Antrag wird derselbe in der durch den Antrag Vogler abgeänderten Form mit 62 gegen 7 Stimmen angenommen. — Ziff. 4 a,, Antrag des Abg. Betz betr. Art. 22 Abs. 1 der Feuerlöschordnung. Berichterstatter ist Abg. Egger. Abg. Betz wünscht den Antrag für Befreiung von der Feuerwehrpflicht in Städten von mehr als 10 000 Einwohnern bis zu 20-Mk. festzusetzen (statt 10 Mk.). Berichterstatter Abg. Egger beantragt namens der Kommission Uebergang zur Tagesordnung. Abg. Betz bittet, seinen Antrag anzunehmen. Derselbe sei berechtigt. Abg. Schnaidt unterstützt denselben gleichfalls und bemerkt, daß bei den Befreiungen von der Feuerwehrpflicht Mißstände Vorkommen. Er beantragt, die Beamten zur Feuerwehrpflicht berzuziehen oder aber denselben einen Beitrag aufzuerlegen. Präsident Payer: Auf diesen Antrag könne zweckmäßigerweise heute nicht eingegangen werden. Minister v. Pischek: Die Form des Betz'schen Antrags sei verfassungswidrig. Abg. Betz zieht hierauf seinen Antrag zurück. — Ziff. 4 b, Eingabe betr. Stopfen der Gänse. Berichterstatter Abg. Weidle: Ein Verbot des Stopfens der Gänse wird als unthunlich bezeichnet. Die Kommission beantragt Uebergabe zur Kenntnisnahme. Das Haus beschließt demgemäß. — Ziff. 4o, Eingabe des Bundes der Landwirte 88 um Absperrung der Grenzen gegen seuchenverdächtiges Vieh und bd Nichterhöhung der von den Viehbesitzern für 1896/97 zu erhebenden Beiträge. Berichterstatter ist Abg. Sommer. Die Kommission hält weitere Absperrungsmaßregeln nicht für notwendig und beantragt zu 88 Uebergang zur Tagesordnung. Abg. Dentler: Bei dem ungeheuren Schaden, den die Landwirte durch die Seuchengefahr erleiden, sei es begreiflich, daß sie eine Absperrung wünschen. Zu untersuchen sei, ob eine solche Absperrung möglich sei. Das müsse er aus verschiedenen Gründen verneinen. Man müsse im Jnlande das Möglichste thun, die Seuche zu unterdrücken, was ja auch geschehe. Redner geht dann des näheren auf die Ansteckungsursachen ein. Die Landwirte müssen mehr ihre Pflicht thun und nicht unmögliches von der Regierung verlangen. Der Träger der Ansteckungsgefahr ist der Mensch. Abg. Haug macht auf den ungeheuren Schaden aufmerksam, der durch die Maul- und Klauenseuche verursacht wird. Maßregeln helfen nicht. Es ist deshalb begreiflich, daß man sich nicht krankes Vieh vom
Auslande zuführen lassen wolle. Schweden und Norwegen sperren die Grenze ab, dann müssen wir es auch können. Die Absperrung sei Sache des Reichskanzlers, er beantrage, die Regierung zu ersuchen, bei dem Reichskanzler diesbezügliche Schritte zu thun. Minister v. Pischek: Deutschland sei gegenüber von verschiedenen Staaten schon abgesperrt, auch sonst seien die notwendigen und möglichen Maßregeln auch seitens des Reichs ergriffen worden. Die Erhöhung der Beiträge pro 1896/97 war nicht zu umgehen. Abg. Frhr. v. Gaisberg meint, dem Unwesen mit den Treiberschweinen sollte alle Aufmerksamkeit geschenkt werden. Minister v. Pischek: Das geschehe jetzt schon. Die Diskussion wird geschlossen, der Antrag Haug an die Kommission verwiesen, im übrigen die Anträge der Kommission angenommen. Am Ministertisch : Minister v. Pischek und v. Sarwey. — Ziff. 5, Bitte der Stuttgarter Buchdrucker, 8) die Verpflichtung zur Lieferung des Freiexemplars für die Regel dem Verleger aufzuerlegen und b) um Vergütung von 50 Prozent des Ladenpreises, wenn derselbe 30 Mk. übersteigt. Berichterstatter ist Abg. Frhr. v. Breitschwert. Die Kommission beantragt die Eingabe der Regierung zur Erwägung mitzuteilen. Abg.Nieder beantragt, Ziffer 8 zur Berücksichtigung mitzuteilen. Die vorhandenen Mißstände müssen beseitigt werden. Auch das Verlangen zu lit. b sei sehr erwägenswert. Abg. Kraut ist der gleichen Ansicht, ebenso unterstützt Vizepräsident Dr. Kiene den Antrag Nieder in längeren Ausführungen. Es sei ein Gebot der Billigkeit und Gerechtigkeit, dem Gesuch entgegenzukommen. Des Weiteren wünscht Redner, daß den Herausgebern von Kalendern nicht mehr 50 Mark abverlangt würden für das Marktverzeichnis. Dieser Zopf solle abgeschnitten werden. Minister v. Sarwey'. ES bestehe ein öffentliches Interesse an der Abgabe von Büchern an die öffentliche Bibliothek. Die Wünsche der Petenten haben eine gewisse Berechtigung , andererseits stehen derselben doch auch manche gewisse Bedenken gegenüber. Eine wohlwollende Prüfung werde erfolgen. Abg. Frhr. v. Seckendorfs steht auf dem Kommissions-Standpunkt, ebenso Abg. v. Geß. Minister v. Pischek macht darauf aufmerksam, daß die in Frage siebende Verpflichtung durch Gewährung des Gesuchs ausgedehnt würde. Der Kommissionsantrag genüge. Nach einigen Bemerkungen des Berichterstatters und des Abg. Nieder wird die Diskussion geschlossen. Der Antrag Nieder zu lit. 8 wird angenommen, bezüglich lit. 1» der Kommissionsantrag.
LanvrSnachrichLen.
* Alten steig, 24. Mai. Am Samstag vormittag fand bei der oberen Mühle eine Probevorführung von amerik. laudw. Maschinen seitens einer Hamburger Importfirma statt. Hiezu hatte sich auch der Vorstand des landw. Bez.-Vercins, Hr. Oberamtmann Ritter von Nagold, eingefunden. Zuerst wurde eine Doppelrad-Hacke vorgeführt, welche von einem Mann bedient und mittelst Schieben in Bewegung gesetzt wird. Diese Maschine kann durch Auswechslung von Maschinenbestandteilen zum Pflügen, Felgen, Häufeln, Säen, Eggen rc. benützt werden und wurde man durch ihre sinnreiche Konstruktion wirklich überrascht. Dieser
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Genieße still zufrieden Den sonnig heitern Tag,
Du weißt nicht ob hinieden Ein gleicher kommen mag.
Der rvikde Lufch.
Erzählung von Reinhold Gehlhar.
(Fortsetzung.)
Dabei legte er mit dreistem Griff seinen Arm um Anna, die wie gelähmt, mit starren Augen, vor ihm stand. Unter seiner Berührung aber zuckte sie auf, in jäh aufloderndem Zorn hob sie die Hand, em harter Schlag ihrer Faust traf sein Gesicht.
„Da haben Sie meine Antwort! Noch habe ich in diesem Hause zu gebieten und ich rate Ihnen —"
Weiter kam sie nicht. Mit einem Sprung, raubtierartig, stürzte er sich auf sie und umschlang ihren Körper mit seinen Armen. Er preßte sie an sich, daß ihr der Atem verging. Sie rangen miteinander. Mit der Kraft der Verzweiflung hielt sie ihm stand. Aber des Mannes Kraft war der des zarten Weibes überlegen. Er drückte sie nieder, daß sie in die Kniee brach, und bedeckte ihr Gesicht mit gierigen Küssen. Angst und Eckel schüttelte sie. Da grub sie ihre kleinen spitzen Zähne fest und hart in sein Gesicht — ein Aufschrei voll Wut und Schmerz — er ließ sie los. Aus seiner Lippe floß ein voller Strom warmen Blutes.
„Warte, du Katze!" zischte er. „Nimm dich in acht! Ich räche mich!"
Dann stürzte er hinaus.
Anna drückte die Hand auf den hochgehenden Busen und lehnte eine Weile wie betäubt an der Wand. Die Angst und Aufregung der letzten Minute verblaßte aber vor dem Gedanken an den ruchlosen Frevel, den ihr Mann an ihr verübt —: er hatte im schnöden Spiel um sie gespielt!
Sie hätte aufschreien mögen in Qual und Scham.
Dann aber richtete sie sich mit neuer Energie auf. Jetzt war das letzte Band zerrissen. Nur noch ein Gedanke belebte sie: fort, fort aus diesem Hause! Gleichviel wohin — auf die Straße — in den Tod — in die Hölle — nur fort!
Sie ordnete ihre Sachen. Aus dem Boden hingen ihre Kleider. Sie ging hinauf. Es war dunkel oben, nur durch die kleine, niedrige Lucke fiel ein ungewisses Lickt. Sie packte in fliegender Hast ihre Sachen zusammen und schnürte sie in ein Bündel.
Eben wollte sie die Treppe hinunter, da hörte sie Tritte, die in den Zimmern unten hin und her gingen.
Es war Wilhelm, sie kannte seinen Schritt. Er schien etwas zu suchen — vielleicht sein Weib.
Anna drückte sich in eine Ecke und wartete. Da kamen die Schritte die Treppe hinauf, die offene Bodenthür hatte ihm den Weg gewiesen.
Sie versteckte sich in der dunkelsten Ecke, ihr Herz schien still zu stehen vor Angst und Aufregung. Da öffnete sich die Thür. Im Schein eines unruhig flackernden Lichtes, das er in der Hand trug, stand I Wilhelm in dem Thürgerüst. Seine Augen spähten!
suchend umher, er sah das Bündel auf dem Boden liegen. Ein Zischlaut der Wut kam über seine Lippen. Jetzt durchsuchte er jeden Winkel.
Anna konnte nicht verborgen bleiben, darum trat sie rasch entschlossen vor. Einen Augenblick standen beide schweigend sich gegenüber. Dann gab er einen Laut von sich wie das zornige Knurren eines wilden und gereizten Tieres.
„Ha — ! Hab ich dich! Was versteckst dich hier, falsche Kanaille! Glaub's schon, daß du ein schlechtes Gewissen hast und Angst dazu! Sag, was sucht der Woltermann, der infame Schleicher, hier herum? Was hast du deine Sachen zusammengesucht? Willst durchbrennen mit ihm? Ich sage dir, eher würg' ich dich zu Tode, bevor das geschieht!"
Wilhelm hatte das Licht auf eine Kiste gesetzt, faßte Anna mit grausamem Griff und schüttelte sie.
Entsetzt sah sie zu ihm auf. Er machte ihr Vor- würfe! Er, der an ihr in schnödester Weise gefrevelt, wagte von ihrem schlechten Gewissen zu sprechen. Oder war es nicht wahr, was Ignaz Michalski erzählt hatte?
Sie machte sich von seinem Griff los und trat furchtlos auf ihn zu.
„Wilhelm, ist es wahr? Hast du dein Haus und Hof im Spiel verloren? Und mag es wahr sein, mich soll's nicht kümmern — aber ist es wahr, daß du gewagt hast, mich, dein Weib, auf eine Karte zu setzen und um mich zu spielen?"
Er schwieg einen Moment. Es schien, als müsse er seine Gedanken und Sinne mühsam von etwas los-
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