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Dienstag, 9. Jebruar

Bekanntmachungen aller Art find« die erfolg­reichste Bettbreitung.

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Einrück- ungspreiS f. Altensteig und nahe Umgebung bei einm. Einrückung 8 bet mehrmal. je 6 ^ auswärts je 8 ^ die IspaLZeile

1897.

Deutscher Reichstag.

* Berlin, 5. Febr. Im Reichstage wurde heute die Etatsberatung beim Etat des Reichskanzlers fort­gesetzt und namentlich über den Antrag der freisinnigen Volkspartei debattiert, wonach der Reichskanzler das preuß. Staatsministerium ersuchen möge, Vorkehrungen zu treffen, welche öffentliche Verdächtigungen der obersten Reichsbehörden durch Organe der preuß. politischen Polizei, wie sie im Prozeß Leckert-Lützow zu Tage ge­treten seien, für die Zukunft ausschließen. Abg. Munckel (fr. Bp.) begründete den Antrag seiner Partei. Der Reichskanzler erwiderte, er bedaure nicht, daß die Sache hier zur Sprache komme, denn was das Volk bewege, müsse auch hier erörtert werden. Die politische Polizei sei aber nicht entbehrlich, wenn man auch in der Auswahl der Agenten nicht immer glücklich gewesen sei. Staatssekretär Frhr. v. Mar­schall wies die im preuß. Abgeordnetenhause vom Abg. Limburg-Stirum (kons.) gegen ihn gerichteten An­griffe wegen desFlüchtens in die Oeffentlichkeit" in längerer Rede zurück. Der Staatssekretär wies die Verantwortung für die Veröffentlichung solcher un­freundlichen Dinge denen zu, die durch ihre eigenen Jntriguen die Veröffentlichung provoziert hätten. Abg. Bebel lsoz.) machte noch einige Bemerkungen über den berüchtigten Normann - Schumann. Abg. Richter lobte die Ausführungen des Staatssekretärs und fand es unbegreiflich, daß das Treiben der po­litischen Polizei gegen das Auswärtige Amt über drei Jahre dauern konnte.

8mrd<k«achricht<rr.

* Altensteig, 8. Febr. Je weiter wir im Jahr vorwärts kommen, um so rühriger wird der Winter und fast scheint es, als sei er es müde, Harmlosigkeit und Milde walten zu lassen, denn gestern mittag be­kamen wir ein Schneegestöber, das nur auf Conto eines sehr gestrengen Herrn geschrieben werden muß. Fast kein Mensch wagte sich mehr auf die Straßen. In der Frühe des gestrigen Tages war die Nagold wieder in gefahrdrohender Weise angeschwollen, doch als der Regen in Schneefall überging, ging auch die hoch­gehende Flut wieder zurück. So ist also in Zeit weniger Tage eine zweite Hochwassergefahr glücklich vorübergegangen. Nicht so günstig lauten die Berichte

aus anderen Gegenden. Der Neckar überflutete das Thal vielfach in der ganzen Breite, andere Flüsse, so wird berichtet, sollen den Wafferstand von Ende Dezember 1862 erreicht haben.

* Altensteig, 8. Februar. Langsam steigt am Himmel des gewerblichen Lebens die Lehrlingsfrage wieder auf, die auch für mit Söhnen gesegnete Familien eine so ernste ist. Möchten Vater und Mutter von Söhnen, die zu Ostern die Schule verlassen sollen, ernstlich zu Rate mit sich gehen, ob es nicht besser ist, den Jungen einem tüchtigen Lehrmeister in die Lehre zu geben, als ihn zu Ausblicken in eine phan­tasievolle Zukunft zu verleiten, in der sich von vielen Hoffnungen nur wenig zu erfüllen Pflegt. Daß der Kampf ums Leben ein leichterer werden wird, das ist kaum anzunehmen, nur Wissen kann ihn erleichtern, Oberflächlichkeit muß ihn bedeutend erschweren. Auf der anderen Seite thun wenig bemittelte Eltern sehr Unrecht, wenn sie ihren Sohn gleich viel verdienen sehen wollen, statt darauf zu halten, daß er etwas Tüchtiges lernt. Die in den Lehrjahren erworbene Geldsumme will wenig oder gar nichts bedeuten, das in dieser Zeit erzielte praktische Können sagt aber Alles, denn dieses gilt für's ganze Leben.

D Alles ändert sich bekanntlich, eine neue Idee ver­drängt immer die alte, ein neuer Plan möchte immer seine Vorgänger über den Haufen rennen. Um dem Spiritusmarkte aufzuhelfen und zugleich, um uns von dem drohenden amerikanisch-russischen Petroleumring zu retten, suchen unsere Technologen emsiglich nach einem passenden Brenner für Spiritusglühlicht, ein und das andere Erzeugnis kam auch auf den Markt, aber keines konnte den zu stellenden Anforderungen Genüge leisten. Nun kommt ein Petroleum-Glühlicht in den Han­del dreimal so hell und noch billiger wie bisher, alles sehr schön aber: abwarten. Schon manche Neuheit hat sich mit großem Tamtam als unübertrefflich und noch nie dagewesen angekündigt und ist doch nach kurzer Dauer wieder in Vergessenheit geraten.

* Stuttgart, 7. Febr. In dem reich mit den Württembergischen Landesfarben ausgeschmückten großen Saale des Stadtgartens hielt heute die Landesver­sammlung der deutschen Partei ihren Parteitag. Zu demselben waren 500600 Personen erschienen. Herr v. Geß sprach über die Arbeiten im Landtage, Dr. Schönleber über die Proportinalwahl und die Ver­

fassungsrevision. Vor Beginn der Versammlung wurde die nicht parteiliche Presse von der Teilnahme an der Versammlung ausgeschlossen.

* Stuttgart, 5. Febr. Der Meßgehalt der württembergischen Staatsgüter beträgt nach dem Stand vom 1. April 1896 rund 9958 da, darunter 9012 d» bebaute Fläche. 4406 da entfallen auf Meiereien und 5321 Im auf einzelne Güter. Der Gesamtzins pro 1897/99 ist auf je 836 000 Mk. angenommen, etwa 11 000 Mk. weniger als im Vorjahre, was von den ungünstigen Ergebnissen der Neuverpachtungen herrührt.

Untermarchthal, 4. Febr., abends 8 Uhr. Hier gewaltiges Hochwasser, das höchste seit 1882. Stand vom 28./29. Dezember 1882 nahezu erreicht.

* Heilbronn, 5. Febr. Die bürgerlichen Kol­legien erklärten sich bereit der Gemeinderat mit 14 gegen 2, der Bürgerausschuß mit 11 gegen 3 Stim­men, unter gewissen Bedingungen bei Ausführung des von den Sachverständigen empfohlenen Lerchenberg­projekts den Forderungen des Gesetzes vom 9. Mai 1896 zu entsprechen und den für diese Bahnlinie erforder­lichen Grund und Boden von der Markungsgrenze an bis in die Einmündung zur Hauptbahnlinie samt Areal für den Südbahnhof dem Staat kosten- und lastenfrei zur Verfügung zu stellen.

8 Mergentheim, 5. Febr. Ein Versuch unsere Stadt zur Festspielstadt wie Rothenburg a. d. T. zu machen, stößt auf allgemeine Lauheit. Ein diesbezüg­licher Vortrag war ohne den mindesten Erfolg.

Z Ravensburg, 6 Febr. (Strafkammer.) Von der hiesigen Strafkammer wurde heute ein 34 Jahre alter Bäcker und ein 65 Jahre alter Privatier, zwei notorische Hazardspieler, welche manchmal um ganz beträchtliche Summen spielten, wegen gewerbsmäßigem Hazardspiel zu 10 und 7 Tagen Gefängnis und außer­dem 3 hiesige Wirte, welche dieses Glücksspiel in ihren Wirtschaften duldeten, zu Geldstrafen von 20 Mk. und 5 Mk. verurteilt.

* Sigmaringen, 4. Febr. (Vermißte Post­sendung.) Große Aufregung herrscht beim hiesigen Postamt seit gestern abend 7 Uhr. Die Bahnpost des von Ulm kommenden Zugs überwies an das hiesige Postpersonal eine Postsendung mit 40000 Mk. Wert zur Uebergabe an den bald darauf nach Ulm abgehen­den Postzug; die Sendung gelangte aber nicht an diesen Zug. Die sofort angestellte Untersuchung er-

Wocherrrrindschau.

Diejenigen Landtagsabgeordneten, welche der volkswirtschaftlichen und Finanzkommisfion angehören, sind zwar recht fleißig bei der Arbeit, aber der Ärbeits- stoff ist so schwierig und so umfangreich, daß der Land­tag voraussichtlich erst Ende Februar oder anfangs März zu den Plenarsitzungen wird einberufen werden können. Im deutschen Reichstag wurde der Staats­sekretär und Reichspostmeister von Stephan bei der Beratung des Reichspostetats wegen seines fortgesetzten Widerstandes gegen alle Fortschritte in der Erleichte­rung des Verkehrs sowohl als in der Behandlung der untergebenen Postbeamten scharf ins Gebet genommen. Früher Pflegte Stephan im Reichstag mit großen Ziffern über die Zunahme des Verkehrs zu imponieren, aber diesmal wurde ihm von fast allen Parteien auf den Kopf zugesagt, daß diese Zunahme des Verkehrs auch ohne Herrn von Stephan eingetreten wäre und daß sie teilweise trotz dem Reichspostmeister eingetreten sei. Ob sich letzterer nun endlich entschließen wird, sein starres Nein gegenüber allen Wünschen der Be­völkerung um Erleichterung und Verbilligungen aufzu- geben, muß die Zukunft lehren. Es ist nun einmal eine nicht wegzuleugnende Thatsache, daß Herr von Stephan ans seinem Ressort blos möglichst viel Geld für die Reichskassenverwaltung heraus­zuschlagen sucht und dabei nicht einmal von klugen wirtschaftlichen Grundsätzen sich leiten läßt. Murawiews Reise findet allgemein eine ruhige und vernünftige Beurteilung, die nur den Franzosen nicht

paßt, welche den Pariser Besuch Murawiews gewisser­maßen als etwas ihren Ansprüchen besonders Günstiges darstellen möchten. Lassen wir ihnen das kindliche Vergnügen; wenn sie sich selbst belügen, so können sie niemand deswegen einen Vorwurf machen. Die Engländer sind entschlossen, trotz Frankreich und Ruß­land, in Aegypten zu bleiben. Die englische Regierung hat der ägyptischen zur Bezahlung des Dongölafeld- zuges eine Summe von über 750000 Pfund Sterling bewilligt und behauptet dies im Einklänge mit dem Gesetz gethan zu haben. Durch diesen Vorschuß will es nun ein neues Recht auf Aegypten erworben haben. Frankreich wird natürlich dagegen Protest erheben. Das südafrikanische Gold- und Diamantenland Trans­vaal, das die Habsucht unserer angelsächsischen Vettern auf das äußerste anreizt, ist dieser Tage wieder viel genannt worden. Chamberlain hat in nicht gerade taktvoller Weise die Gewalthaber der Boern als die eigentlichen Veranlasser des Jamesonschen Raubzuges hingestellt, Präsident Krüger aber hat ihm eine so derbe Abweisung zu teil werden lassen, daß Chamber­lain daran riechen kann. Die gesamte russische Kriegsflotte im Schwarzen Meere ist im Hafen von Sebastopol vereinigt und liegt dort unter Dampf, um auf den ersten Wink gegen Konstantinopel auslaufen zu können. Die russische Regierung erklärt zwar, es handle sich bloß um Wintermanöver der Schwarzen Meer-Flotte, aber diese Ausrede kennt man ja. Auf Kreta wütet Mord und Brand in entsetzlicher Weise. Die Zahl der Ermordeten wächst mit-furcht­

barer Schnelligkeit, die Hauptstadt der Insel, Kanea, ist an allen Ecken in Brand gesetzt und scheint völlig zerstört zu werden. Die Obdachlosen flüchten sich auf die Schiffe. Die Not ist entsetzlich. Die Mächte Europas entsenden Schiffe, um das Leben der Be­drohten zu schützen und den Unglücklichen Hilfe ange­deihen zu lassen. In Konstantinopel ist man auf den Ausbruch von Unruhen vorbereitet und trifft in größter Eile Sicherheitsmaßregeln. Ueber die Reform­frage ist ein lebhafter Meinungsaustausch zwischen der Pforte und den Vertretern der Mächte eingetreten, welcher ein Ergebnis bisher jedoch noch nicht gehabt hat. Die Spanier wollen ja nun auch mit Reformen in Kuba Vorgehen; wenn es ihnen nur nicht so geht wie dem Großsultan mit seinen Reformen für Kreta, daß sie nämlich auf dem Papier stehen bleiben. Noch wenige Wochen und Mac Kinley setzt sich an Cleve­lands Stelle. Mac Kinley wird zwar auch nicht gleich eine Flotte für die Kubaner ausrüsten, aber es genügt, daß die kubanischen Aufständischen dies oder doch ähn­liches von ihm hoffen. Außer den Reformen könnte aber auch inzwischen der Erde Gott, das Gold, eine besänftigende Rolle spielen. Es wird versichert, daß dem Jnsurgentenführer Gomez eine bedeutende Summe und andere Vorteile angeboten worden sein sollen, wenn er die geplanten Reformen für Cuba gutheiße und die Waffen niederlege. Wie ganz anders haben doch Cortez und Pizarro spanische Kolonialpoütik ge­trieben ! Die haben wahrhaftig kein Gold nach Amerika geschafft, wie ihre minder glücklichen Nachkommen.