Nr. 28.

Amts- und Anzeigeblatt für den Oberamtsbezirk Calw.

93. Jahrgang.

<isch»!nung»w«Is«: 0 mal wöchentlich. HnjeigenpreiS: I« vb«am«<öe,irk

Laim siie die einspaltige Zeile Ul Pjg., -uberhold derselben lS Ps,^ «-Name, ttü und M Psa. Schlub der ilnzeigenanaahn,- s Uhr vormittag«. Fernsprecher g.

SamStag den L Februar 1918.

Um die Selbständigkeit

! Vervg-pret«- In d« Stadt mtt rrLgerloha Mk. 1.0S viertel!Lhrlich,

I Vostde-ug«prei» im Orr«- und NachbarvrtSverkehe Mk 1.«. t» geruverkehr ^ Mk. 1.9L. Kestellgeld in Württemberg V Pfg.

der Ukraine.

Die Lage auf den Kriegsschauplätzen.

Die amtliche deutsche Meldung.

(WTD.) Großes Hauptquartier, 1. Febr. (Amtlich.) Westlicher Kriegsschauplatz. Unsere Erkundungs- nbteilnngen brachten ans den englischen Stellungen in Flan­dern Gefangene und Maschinengewehre zurück. Bei dichtem Nebel blieb die Feucrtätigkeit an der ganzen Front gering.

Italienische Front. Auf der Hochfläche von Asiago lebhafter Artilleriekampf. Vom Monte Dil Val Bella «nd ColdelNoffo aus setzten die Italiener viermal starke Kräfte zu neuen Angriffen an. Sie brachen jedesmal im Feuer vor den österreich-ungarischen Stellungen zusammen.

Von den anderen Krkczdschauplällen Nichts Neues.

Der erste Generalquartienneister Ludendorff.

Zum deutschen Fliegerangriff auf Paris und Calais.

(WTV.) Paris, 1. Febr. DieAg. Havas" meldet: Präsident PoIncar 6 begab sich nachts in die von Bomben getroffenen Stadtteile und besichtigte die Hospitäler. Die Zahl der daheim oder in Hospitälern in ärztlicher Behand­lung Befindlichen scheint etwa 60 zu betragen. Rach den bisher gemachten Feststellungen 'befanden sich fast Nile durch Bombensplitter Verletzten aufder Straße oder a n den Fenstern ihrer Wohnungen. Das Platzen einer Bombe rief kleine Brände hervor, die vom Bruch einer Gas­leitung herrührlen.

(WTB.) Paris. 1. Febr. Amtlich wird mitgeteilt: Vier feindliche Geschwader überflogen unsere Linien nördlich Compiögne und erreichten Paris. Sie flogen wegen des klaren Himmels scbr hoch und näherten sich so dem Bezirk Paris von Osten her, wabci sic nacheinander Bomben auf verschiedene Gemeinden der Pariser Bannmeile abwarfen. Sie überflogen hierauf Paris, hauptsächlich auf dem rechten Ufer, wo sie in einigen Augenblicken nabczu ihre sämtlichen Bomben abwarfen. Sie vernichteten dabei viele Menschen­leben, besonders Frauen und Kinder. Zwei Hospitäler wur­den getroffen, mehrere Gebäude durch Brände beschädigt. Die Zahl der Getöteten beträgt 20, die der Ver­wundeten 50. Mehrere Kämpfe wurden nördlich der Hauptstadt geliefert. Ein deutsches Flugzeug wurde ab­geschossen. Die beiden Insassen gefangen. Ein französisches Flugzeug mußte landen, beide Insassen sind verwundet. Ein späterer Bericht wird die Zahlen unserer Verluste an- gebcn.

(WTB.) Paris, 1. Febr. Die .Ag. HavaS" meldet: Lant amtlichem Bericht ist jetzt die Zahl der Verluste infolge des Luftangriffs am Mittwoch bekannt: 36 Tote, davon 22 in Paris und 14 in der nächsten Umgebung, und 190 Verwundete, davon 11^ 'u Paris und 76 in der näch­sten Umgebung, waren die O'pscr, darunter eine große An­zahl Frauen und Kinder. Drei Hospitäler wurden von Bomben getroffen. In einem davon brach ein Brand aus. Der Alarm wurde sogleich in der gewöhnlichen Weise ge­schlagen. Der Rettungsdienst trat mit gewohnter Schnellig­keit In Tätigkeit. Die Feuerwehr wurde namentlich in der Zeit von 1124 bis 114 Uhr an 82 verschiedene Orte gerufen. Sowohl ln Paris wie in der Umgebung war es möglich, allen Anforderungen gleichzeitig nachzukommen. Das Mate­rial kam in kürzester Zeit au den verschiedenen Unglücks­stellen an. Die Hilfsorganisation war vollkommen. Ins­gesamt waren etwa 60 Flugzeuge ausgesticgen. von denen etwa 30 bestönd'g in der Lust blieben. In wenigen Mumien hatten sich die VerkidigungSgcschwader mit den Patrouillen vereinigt, die vor den: Alarm über Paris kreuzten.

(WTB.) Bern, 1. Febr. Lyoner Blätter melden aus Calais: Am letzten Freitag überflogen mehre.» deutsche Flugzeuge Calais. Sie konnten trotz heftiger Flug­abwehr eine große Anzahl Bombe» »diversen, die ziemlich bedeutenden Sachschaden anrichtetcn. Mehrere Personen wurden getötet

(WTB.) Ve lin, 2. Febr. Bei dem Luftangriff auf Paris soll die Gesamtzahl der deutschen Fliegergeschwader sechs zu je zehn Apparaten gewesen sein.

(WTD.) Berlin, 2. Febr. Nach einer Depesche des »B. L.-A." aus Genf zerschellte lautProgräs de Lyon" auf dem Concordeplatz in Paris vorgestern im Morgen­grauen infolge Motorfehlers ein großes französisches Flug­zeug. Führer und Beobachter liegen im Sterben. Der Staatssekretär des französischen Flugwesens erklärte, die traurigen Erfahrungen der Unglücksnacht würden zu einer gründlichen Umgestaltung der Luftverteidigung der Hauptstadt führen.

Der österreich-ungarische Bericht.

(WTB.) Wie», 1. Febr. Amtlich wird verlauibart vom 1. Februar: Oestlich von Asiago stürmte gestern der Italiener viermal gegen unsere neuen Stellungen. Jeder Angriff scheiterte bereits im eigenen Feuer unter schwersten Verlusten für den Gegner. Unserer Ar­tillerie gebührt bei diesen! Erfolg besonderes Verdienst. In den Kämpfen am 28. und 29. Januar haben sich das Eger­länder Schützenrcgiment Nr. 6 und das Landsturmregiment Nr. P. hrZ Pjye».v. SchützvM^yientNr. 7 und das Mäh­rische Landsturmregtment Nr. 25, das 3. Bataillon des 2. Regiments der Tiroler Kaiserjäger, sowie die Tiroler , Landsturmbataillone 168 und 171 besonders ausgezeichnet.

Der Chef des Generalstabs.

Neue U-Bootserfolge.

(WTB.) Berlin, 1. Febr. (Amtlich.) Im mittleren und östlichen Mlttelmeer wurde in letzter Zeit be­sonders der TmnSportverkehr nach Italien und Frankreich gcst'""t. T.fl-'i w"rdrn fünf Dampfer und rin Segler mit über 23 000 Br.-R.-T. versenkt. Tie Dampfer waren bis auf einen bewaffnet und meist tiefbeladen. Die Mehrzahl winde in geschickt durch geführten Angriffen aus stark gesicherten'Geleitzügen herausgeschosscn, darunter ein großer Truppentransportdampfer, der unter starker Zerstörerdcckung fuhr, also wohl be'ondrrs wertvoll war. Ter versenkte englische SeglerMaria R." war mit Wein nach Malta, unterwegs.

Der Chef des Admiralstabs der Marine.

Die ukrainische Frage.

Die Olrsisch-wezung.

Die Friedensunterhändler in Brest-Litowsk haben sich am Donnerstag wieder mit der ukrainischen Frage be­schäftigt. Trotzky glaubte mit allem Nachdruck Einspruch da­gegen erheben zu müssen, daß die Abordnung der Kiewer Rain kalko die Vertretung der b'rgerttchen Regierung der Ukraine) sich auf den Standpunkt stelle, sie könne Gebiets­fragen bezüglich der Ukraine einseitig und selbständig lösen. Die Kiewer Rada könne letzt nicht mehr als die vom Volks­willen getragene Regierung der Ukraine angesehen werden. Er gab auch ein Telegramm begannt, nachdem der ausschlag­gebende Teil der Kiewer Garnison zur Regierung der Arbeiter-, Bauern- und Soldatcnräie Lbergegangen sei. Man beschloß auf diese Erklärung hin, über die Zuständigkeit der ukrainischen 'Abordnung für Gebietsfragcn am nächsten Tage weiter zu beraten. TaS Ergebnis dieser Sitzung ist also wieder das Bestehen der Russen auf ihrem Standpunkt voiu Seflyidestimuilgsrecht. Trotfly hatte schon in der vor­hergehenden Sitzung unzweideutig zu er!emrc.r gegeben daß das Recht der Ausübung des Selbstbestimmungsrcchts schließ­lich und endlich die Regierung habe, die in den Kämpfen um die Macht die Oberhand behält. Da aber die Russen ibren Gesinnungsgenossen in der Ukraine und in Finnland Unterstützung zukommen lassen, so hoffen sie, auf diese Weise einen geschlossenen Willen auch der russischen Frcmdvölker gegenüber den Mittelmächten zustande zu bringen. Daß den derzeitigen russischen Machthabern aber dieser Plan gelingt, Bst sehr unwahrscheinlich, denn durch di« Gewaltpolitik im

Jnnem und die Verschleppungstaktik bezüglich des Friedens wird sich der Unmut gegen die neuen Tyrannen täglich ver­größern und der innere Kampf dürste die Stellung der Regierung in absehbarer Zeit erschüttern. Wie schwach die Position der derzeitigen Regierung ist, da? geht schon auS der Haltung Rumäniens gegenüber Rußland hervor. Die Rumänen scheinen die russische Schwäche ausnützen zu wollen, um sich Bessarabiens zu bemächtigen, und so letzten Endes noch etwas herauszuschlagen, für den wahrscheinlich schon in Rechnung gestellten Verlust der Dobrudscha. Neben den Finnen und Ukrainern bestehen aber auch die Polen, Esthen und Litauer auf ihrer Abtrennung von Rußland, und jetzt ist auch eine sibirische Republik ins Leben getreten, von der man allerdings noch nicht weiß, welche Farbe sie hat. Vorläufig aber scheint man in Petersburg über diesen Zersctzungsprozeß noch nicht sonderlich erregt zu sein. Trotzky scheint immer noch auf die Rettung durch den Aus­bruch einer Revolution in den Ländern der Mittelmächte zu hoffen, denn er soll nach der Petersburger Telegraphen­agentur den' Aussvruch getan haben, der Kampf um den Frieden werde nicht am grünen Tisch, sondern in Wien und Berlin auf den Straßen ansgetragen.

Was diese Auffassnna anbelangtss so dürfte sich Herr Trotzky doch gewaltig täuschen. Zwar ist die Streikbeweg­ung leider noch nicht eingestellt, aber es besteht Aussicht, daß d'eses unsinnige Unternehmen bald beendigt wird. Die Regierung hat amtlich mitgeteilt, daß sie wohl geneigt ist, mit den politischen und gewerkschaftlichen Führern der deutschen Arbeiterschaft über die schwebenden volitischen und wirtschaftlichen Fragen zu unterhandeln, daß sie es aber als unvereinbar mit Yen, Wesen unserer sträflichen O ^n-nig ablehne, über politische Lebensfragen des ganzen VB cS mit Vertretern solcher Sondergruppen zu verhandeln, die durch Riederleaen der Arbeit in Zeiten vaterländischer Not den Beweis dafür liefern, daß sie den Ernst ihrer schweren Verantwortung als Glieder der Gesamtheit des deutschen Volk'? n'cht erkennen. W'e aus einer Besprechung der Be­wegung rn der bayerischen Abgeordnetenkammer herpo^a^':, hat die sozialdemokratische Parteileitung sich jetzt der Sache angenommen, und sucht die Beweaung in ruhige Bahnen zu leiten. Der sozialdemokratische Redner forderte von dem Ministerpräsidenten eine Erklärung über die Kriegs- und ^ ' danszielc der deutschen Regierung, die dieser auch dabin abgab daß nick'' a"nex>onistische Bestrebungen, kein Eewflt- frieden, kein Schwertsrieden das Ziel der Reichsleitung seien, sondern sie wolle nur den Bestand des Reiches sichern gegen Neberfälle, wie wir sie erlitten hätten. Man könne doch aber nicht von vornherein alles pre'soeben, in dem Auaenblick, wo die Feinde noch Forderungen stellen, die an den L^bevS- nott" d-a de ichen Bo"c-* ickflren.

Das ist der Kernpunkt der ganzen Frage, und deshalb muß auch der Streik von jedem einsichtigen deutschen Arbeiter verurteilt werden, weil die Streikenden dem deutschen Heer und der deutschen Regierung in den Rücken fallen in dem Augenblick, wo wir Aussicht haben, die Entente zu einem für uu^ anrA''^aren Frieden zu zwinaen. Wenn wir nicht einen schweren Verteidigungskrieg führen würden, wenn wir, wie England seinerzeit gegen die Buren (ohne Wider­spruch seiner Arbeiterschaft), einen Eroberungskrieg führen würden, dann ließe man sich noch die Haltung gewisser Kreise gefallen, aber wo doch heute jeder Lesekundige aus den Er­klärungen von F-'rflet' ifl ersehen kann, daß unsere Feinde !m Westen und über dem Ozean immer noch nicht von ihren EroberungSz'clen abrücken wollen, da muß eine solche Hand­lungsweise unbegreiflich erscheinen. Wir hoffen aber, daß diese augenblickliche Verirrung so lckmell wie rnöglich ihr Ende findet. O. 8

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Das Selbstbrstimimingsrccht im Lichte russischer Auffassung

(WTB.) Berlin, 2. Febr. Die Behandlung der ukrai Nischen Frage, der««» endgültige Lösung auf Wunsch der