der Polizei die Anzeige erstattet, es sei beim Infanterie-Regiment Nr. 124 einem Unteroffi­zier eine Uhr mit Kette gestohlen worden. Noch gestern Nacht gegen 11 Uhr ist ein Soldat obigen Regiments am Bahnhof verhaftet und auf die Hauptwache gebracht worden, bei wel­chem sich die Uhr vorgefunden hat und der den Diebstahl auch sofort eingestand. Unter seinem Waffenrock hatte der Verhaftete seinen Leinen- Anzug verborgen, so daß auch die Absicht der Fahnenflucht vorliegt, die er indessen leugnet.

In Weingarten erzählt man sich folg. Geschichtchen: Dieser Tage desertirte ein Unter­offizier des dortigen Infanterie-Regiments, da er wegen Soldatenmißhandlung in Untersuchung gezogen werden sollte. Man vermuthete, daß sich der Flüchtling in die nahe Schweiz begeben werde, und sofort spielte der Telegraph an die schweizerischen Grenzorte das Signalement des Deserteurs, um denselben rechtzeitig festzunehmen. Der Flüchtige hatte sich richtig in eleganter Kleid­ung, die ihm das Aussehen eines Studenten verlieh, auf das Dampfboot begeben, und wollte bei Romanshorn den schweizerischen Bo­den betreten. Nun befand sich aber auf dem gleichen Schiffe auch der Sohn eines höheren württ. Beamten, welcher als Offizier in der württ. Armee dient. Derselbe war auf der Urlaubsreise, und trotz der Civilkleidung sah man ihm an derstrammen Haltung" sofort den Soldaten an. Ob nun der Offizier dem Unteroffizier zum Verwechseln ähnlich sah, wissen wir nicht; das Malheur ist nun einmal ge­schehen: der Offizier in Zivil wurde, trotz sei­ner heftigen Einrede, verhaftet und ins Loch gesteckt, während der Deserteur unbehelligt da­vonkam.

Deutsches Reich.

Berlin, 16. August. Ein New - Jorker Unternehmer botLasker für zwanzig Vorträge zwanzigtausend Dollars an, Lasker lehnte je­doch ab.

In dem Bankhause M. A. v. Rothschild in Frankfurt a. M. wurde eine großartige Defraudation entdeckt. Die Ziffern schwanken zwischen 50000 und 150 000 M. Dieselbe hat sich ein Beamter des Hauses zu Schulden kom­men lassen, der vor länger als zwanzig Jahren in das Haus eintrat. Der Mann hatte seine Haushaltung auf großem Fuß eingerichtet. Auch war er in den Kreisen der Jäger als Besitzer einer eigenen Jagd hoch angesehen. Aehnlich wie in früheren Jahren wird das HauS keinen Strafantrag stellen und sich mit der Entfernung des ungetreuen Beamten, von dem kein Pfennig zurückzuerhalteu ist, begnügen.

Hof, 12. Aug. Wie derNürnb. Anz." berichtet, erzählt man sich hier ein amüsantes bureaukratisches Geschichtchen, das sich gestern hier ereignet haben soll. In seinem Bureau auf dem Rathhaus fitzt der Herr Rechtsrath H. im Aktenstudium tief versunken. Da klopft es ... es klopft öfter einmal den Tag über

an der Thüre des Bureaus eines rechtskundigen Magistratsrathes, man läßt ruhig klopfen, die Leute treten schon so ein. Es klopft wieder und ärgerlich über den beharrlichen Klopfer ruft Rechtsrath H.:Zum Donnerwetter noch einmal, 'rein wer draußen ist!" Der Rechtsrath H. hat aber noch einige Bogen zu lesen und denkt, der, die oder das Eingetretene kann schon so lange warten, er liest ruhig weiter und schaut nicht einmal auf. Das muß aber dem Eingetretenen doch zu lange gedauert haben, denn auf einmal hört der Rechtsrath hinter sich sagen:Minister Freiherr von Feilitzsch zur Jnspizirung." Un­beschreibliches nicht wieder zu gebendes Tableau!

Ausland.

Wien. Ein entsetzliches Familiendrama hat sich am Montag in Wien abgespielt. Dort hat ein Friseur sich und seine drei Kinder durch Revolverschüfle getödtet.

Appenzell, 16. Aug. Von einer barm­herzigen Volksjustiz wird folgendes berichtet: Der Kassier der sog.Riedgemeinde", Schad heißt derselbe, hatte seiner Korporation 1000 Frcs. unterschlagen. Der Delinquent war persönlich an der Korporationsgemeinde erschienen. Er flehte die Bürger an, doch seines Weibes und seiner Kinder zu schonen. Gleiche Meinungen flössen aus der Mitte der Versammlung, obschon Schad einen nichts weniger als soliden Lebens­wandel geführt hat. Endlich kam es zum Ab­mehren; es fragte sich ob man jährliche Ab­zahlungen von 100 Fr. oder aber, nach Schad's Begehr, blos solche von 50 Fr. verlangen sollte. ES ergriff einer aus der Mitte das Wort und verlangte, daß dem Schad die ganze Summe geschenkt werde. Endgilttg wurde dieser Antrag angenommen.Und da sage man noch," be­merkt die Appenz. Ztg.,Jnnerrhoden sei arm!" Gegen diesen salomonischen Beschluß hat die Minderheit bereits Rekurs ergriffen.

Neapel, 15. August. Ueber die Zahl der Opfer, welche das Erdbeben von Jschia gefordert hat, wird von hier geschrieben, daß nicht mehr als 762 Personen in den hiesigen Spitälern untergebracht wurden und die Zahl der todt Aufgefundenen und an Ort und Stelle Beerdigten mit 1200 bis 1500 annähernd an­genommen werden kann. Rechnet man mm diese Todten, sowie die Verwundeten von der Gesammtzahl der Bewohner der von dem Erd­beben heimgesuchten Orte ab und nimmt man die Zahl aller Geretteten mit rund 1000 an, so müßte, da die erwähnten drei Orte des Unglücks mit den Fremden zusammen gegen 7000 Personen zählten, die Zahl der noch un­ter dem Schutte befindlichen Leichen mit 370Ü bis 3800 Personen angenommen werden; da aber nicht alle Bewohner im Augenblicke der Katastrophe anwesend waren, so kann man au- nehmen, daß etwa 1000 bis 1200 Leichen sich noch unter den Ruinen befinden.

Budapest, 17. August. Die ungari­sche Post meldet aus Agram: Privatnach-

irische Element in Kapstadt' sehr einflußreich und drittens nimmt man es in Südafrika mit einem Morde sowieso nicht genau. O'Donnell würde daher in Kapstadt wahrscheinlich freige­sprochen. Das würde aber die irischenRächer" nur zu neuen Thaten entflammen!

Von dem Aufstande in Spanien ver­nimmt man nur noch, daß die Verhaftungen fortdauern und daß bereits einige standrechtliche Erschießungen an mehreren Sergeanten vorge­nommen worden seien. Daß Zorilla, der sich irgendwo an der Grenze Spaniens versteckt auf­halten soll, trotz seiner Ableuguung hinter den Rebellen steht, wird durch folgende Thatsachen erhärtet. Die in Nagera gefangen genommenen Soldaten hatten auffallend große Geldsummen bei sich, die Sergeanten außerdem von Zorilla unterschriebene Offizierspatente in der Tasche. Auch daß Zorilla mit französischem Gelde aus­gerüstet den Aufstand geleitet hat, ist überdies durch vielfache Nachrichten erwiesen.

Während der letzten Tage sind in Pe­tersburg wieder zahlreiche Verhaftungen voll­zogen worden. Man will wissen, daß die so­zialistische Agitation in der dortigen Garnison einen günstigen Boden gefunden habe und stellt damit die Verhaftungen in Verbindung, die namentlich im Lubel'schen Regimente vorgenom­men worden sind.

Landessachrichteu.

Pfalzgrafenweiler, 16. Aug. Das hiesige Forstrevier, eines der schönsten des Lan­des, zählt gegenwärtig zu feinem Wild etliche Raritäten. Insbesondere machen wir namhaft ein weißes Reh, das jedem zoologischen Garten zur Ehre gereichte. Sodann hält sich schon ge­raume Zeit in den dichten Beständen ein Wildschwein auf, das schon verschiedenemal zu Gesicht kam und durch deutliche Spuren sich verräth, da es auch den Feldern dann und wann Besuche- abstattet. Ein kleineres Treibjagen blieb resultatlos. Im Nebligen ist die Jagd ziemlich ergiebig; es wurden im diesseitigen Re­vier diesen Sommer ca. 30 Rehe erlegt.

(Schw. M.)

Herrenberg, 16. August. Heute früh explodirte mit lautem Knall in der Müller'schen Apotheke eine Flasche Benzin, wodurch ein jun­ger Mann gräßlich verbrannte. Zum Glück ist die Verwundung nicht lebensgefährlich.

Ulm, 16. Aug. Heute Vormittag kamen zwei Stuttgarter Möbelfabrikanten mit 31 Schreinergesellen hier an, die sie in Wien engagirt haben und nun nach Stuttgart mitnehmen, um dem dortigen Schreinerstreik zu begegnen. Eine weitere Abtheilung soll Nach­folgen. Zum Schutz war ein Stuttgarter Ge­heimpolizist mitgegeben, auch war hier der Po­lizeiposten auf dem Bahnhof in vorsorglicher Weise verstärkt worden; doch erfolgte die Ab­reise mit dem Zug um 10 Uhr ohne jede Störung.

Ulm, 17. August. Gestern wurde auf

der Nollbrüder wirkte und damals schon in seinen Predigten mit Wärme für die Nothwendigkeit 'einer Reform der Religion und der Kirche eintrat.

Luther in Eisenach.

So verfloß ein Jahr. Da hörten die Eltern Luthers von der Noth ihres Sohnes. Sie nahmen ihren Sohn sogleich von Magdeburg weg und schickten ihn nach Eisenach. Dort hatte der Vater Bekannte und die Mutter Verwandte, und so glaubten sie, Martin werde in Eisenach mehr Unterstützung finden als in Magdeburg. Hans Luther hatte dazu­mal immer noch nicht so viel an Wohlstand zugenommen, daß er bei seiner zahlreichen Familie seinen Sohn Martin hätte auswärts ganz er­nähren können. Aber seine Hoffnung betrog ihn. Die Verwandten in Eisenach zogen sich entweder von seinem Sohn zurück oder konnten dem­selben, da sie selbst arm waren, nicht helfen. Wieder mußte Luther, wenn es ihn hungerte, mit seinen Kameraden vor den Häusern um ein Stück Brot singen. Doch wenn die Noth am größten, ist Gott am nächsten.

Eines Tags sang er wieder vor den Häusern um ein Almosen. Schon an drei Stellen hatte man ihn abgewiesen. Thränen standen ihm in den Augen, und nüchtern machte er sich auf den Heimweg. Dieser führte ihn über den sogenannten Georgsmarkt. Hier blieb er sinnend vor dem Hause eines ehrbaren Bürgers stehen. Plötzlich öffnete sich eine Thüre und eine Frau trat auf die Schwelle: es war die Gemahlin von Konrad Cotta, der zu den Reichsten Eisenachs zählte. Diese durch und durch christliche Frau hatte den jungen Lulher schon öfters in der Kirche bemerkt, und sein sanfter Gesang, sowie seine Andacht beim Gebet hatten sie gerührt. Sie hatte gehört, mit welch harten Worten er vorhin fortgeschickt worden war, und lud ihn nun freundlich ein. bei ihr einzutreteu. Sie speiste ihn und da ihr Mann ebenfalls eine Freude an Luther fand, so durfte dieser ganz in das gastfreundliche Haus über-

stedeln und erhielt hier für die ganze Zeit seines Aufenthalts in Eisenach Kost und Wohnung frei. Wunderbare Führung Gottes! Als Luther nicht mehr wußte wohin, öffnete Gott ihm die Thüre und das Herz einer christlichen Familie. Dieses Ereigniß gab ihm das Gottvertrauen, welches die schwersten Anfälle nicht erschüttern konnten.

(Fortsetzung folgt.),

Aas ewig Weibliche-

Humoristische Novelle von Lls 1 k 1 A.

(Fortsetzung.)

VI.

Der GriurnpH des Weiblichen.

So waren nun bereits zwei ihrer Schwestern an das Ziel des Weibes gekommen, nur ihr schien es nicht beschieden zu sein, ihr, der armen Melanie! Er kam nicht, er, Theobald, der Telegraph. War > er^ am Ende doch nichts weiter als ein Phantom? Hatte er ein mchts- würdiges, treuloses Spiel mit ihr getrieben? Der Gedanke wurde ihr i immer unerträglicher. Von neuem hatte sie die Ungeduld nach der Vor- ^ saalthür getrieben, um den Kommenden zu erlauschen. l

Da ertönten von neuem die Tritte eines Mannes. Er war es er mußte es sein. Herein trat ein Herr in den mittleren Jahren, ziemlich dürftig gekleidet, eine lange, aber etwas gebrochene Gestatt.

Er frug devot nach dem Herrn Kanzleirath, den er in einer wichtigen, dringenden Angelegenheit sprechen müsse.

Eine wichtige und noch dazn dringende Angelegenheit es war keine Frage er war es er war der heißersehnte Telegraph, hatte sie freilich sich ihn nicht vorgestellt, da war kein Zug von dem Bilde ihrer Träume. Und wie benahm er sich er hatte für Sie gar