zum reichen Manne gemacht, komme von Bern, er möchte darum eine Bernerin zur Frau nehmen. Die Wirthin ging auf den Scherz ein und zeigte ihm ihre hübsche Kellnerin. Diese gefiel dem Burschen sofort, er schlug ihr eine Heirath vor, indem er meinte, so lange ich arm gewesen, haben die Waadtländertnnen nichts von mir wissen wollen, nun ich reich bin, kenne ich sie auch nicht. Das Mädchen schlug ein; Abends wurde Verlöbniß gefeiert und am folgenden Morgen kehrten die Verlobten in die tzeimath des Burschen, wo sie so schleunig als möglich Hochzeit halten werden.
Marseille. Der Sklavenmarkt in Tanger blüht noch immer fort. Vor einigen Tagen wurden wieder in den Straßen der Hauptstadt einige junge Mädchen verkauft; die Preise waren für ein zwölfjähriges Mädchen 33 Dollars, für eine zwanzigjährige Wüstenschönheit 40 Dollars und für eine junge, wahrscheinlich ihrem Gatten geraubte Frau 26 Dollars.
Rom. ^Professor Palmerie hat wieder alle Hände voll zu thun, um den Vesuv, der sich jetzt ernstlich zu räuspern beginnt, möglichst genau zu überwachen. Letzter Tage entfaltete der Krater eine so außergewöhnliche Thätigkeit, daß die Flammen, die daraus hervorlohten, weithin sichtbar waren. Nachts leuchtet über dem Kegel eine gigantische Glutkrone, die sich in den klaren Sommernächten ganz besonders malerisch ausnimmt.
Rom, 5. Juli. Auf Anordnung des Papstes begann gestern 5 Uhr Nachmittags in der Pe- terskirche eine neuntägige Andacht für den Grafen Chambord.
London, 5. Juli. Der beim Stapellauf in Glasgow gesunkene Dampfer sollte gestern gehoben werden, was jedoch trotz aller Anstrengungen nicht gelang. Die Taucher haben die Letchenbergungsarbeiten eingestellt, da der Zugang zum Maschinenraum, der ihrer Aussage nach mit Leichen ganz angefüllt ist, sich zu gefährlich erwiesen hat. Es unterliegt keinem Zweifel mehr, daß mindestens 152 Personen ihren Tod gefunden haben. Bisher wurden nur 52 Leichen geborgen.
Washington. Ein Wirbelsturm zerstörte das 1400 Einwohner zählende Städtchen Crom- well im Staate Connecticut. Vierundzwanzig Personen wurden getödtet, eine große Zahl schwer verletzt.
San Francisco. Ein Einwanderer auf einem Zuge der Zentral-Pacific-Bahn schrie häufig im Schlafe: „Nehmt mein Geld, aber laßt mich leben!" Seine Mitreisenden glaubten, er habe das Alpdrücken; es stellte sich aber heraus, daß der Mann 10000 Doll, bei sich trug. Dies machte ihn so nervös, daß er jedesmal, wenn er einschlief, von Räubern träumte und dann im Traume obigen Nsthschret erschallen ließ. Das Ende vom Lied war, daß er in der Nacht vor seiner Ankunft in San Francisco wirklich beraubt wurde.
Harrdel «rrrd Verkehr.
Stuttgart, 5. Juli. (Ledermefse.) Die Messe war von 200 Verkäufern mit 1200 Ctr. befahren. Die Käufer zeigten sich sehr zurück-; haltend, es sind in den meisten Sorten Preisrückgänge zu verzeichnen, was bei den fortdauernd viel zu hohen Preisen der rohen Häute u. Felle in den Kreisen der Verkäufer einige Mißstimmung nach sich zog. Der Gesammtumsatz betrug etwa 180 000 M.
(Weinaussichten.) Aus dem Rhein- gau wird geschrieben: Seit 1868 ist der Wein nicht so früh und so glücklich durch die Blüthe gegangen, wie im gegenwärtigen; wir find volle sechs Tage jenem gesegneten Jahre voraus, und das will viel bedeuten. Kommt nicht ein ungewöhnlich ungünstiger Sommer, so steht Gates, ja ganz Ausgezeichnetes zu erwarten. In einigen Lagen hat sich allerdings der Heuwurm gezeigt, aber erheblichen Schaden nicht angerichtet.
Cleebronn, 6. Juli. Ein gewiß seltener Fall ist, daß die Kalbin („kleine schneeberger Race") eines hiesigen Bürgers 4 körperlich vollkommen gut gefleischte Kälber zur Welt gebracht.
(Aufgepaßt!) Das Frankfurter Organ für den Leder-, Häute-, Fell- und Rauchwaaren- handel schreibt: „Eine südd. Lederfabrik macht uns die folgende Mttheiluug: Zur Warnung für andere, erlaube ich mir Ihnen mitzuthetlen, daß eine gewisse Firma „Johs. Hekker in Rotterdam", welche sich Muster von mir kommen ließ und mir dann sofort einen Auftrag ertheilte, mir von einem ersten Haus in Rotterdam, bei dem ich mich erkundigte, als „zu einer Baude Gaudiebe gehörig bezeichnet wurde."
Vermischtes.
(Große Heiterkeit) erregte kürzlich ein Vorfall, der sich im Wiener Volksprater abspielte. Vor der Schaubude des Meuageriebesitzers Georg Barth standen zahlreiche Neugierige und ergötzten sich an den possierlichen Sprüngen und Grimassen eines in der Auslage befindlichen Affen. Als Belohnung für die Heiterkeit erregenden Kunststückchen reichten ihm mehrere Zuschauer Kirschen und andere Näschereien, wofür sich der vierhändige „Künstler" in ausgiebigem Maße revanchirte. Er benützte nämlich einen unbewachten Moment, um sich mit einem Sprunge eine dem Menageriebesttzer gehörige Geldbörse mit dem Inhalt von 18 Gulden von der Kaffe zu holen und den Inhalt unter die Zuschauer zu werfen. Einige derseben nahmen das Erhaschte als gute Beute und entfernten sich rasch, bevor Herr Barth die leichtsinnige Freigebigkeit seines „Künstlers" bemerkt hatte.
(Auch ein Trumpf.) Beim Bau eines Irrenhauses stand ein Bauer lange Zeit; um zu erfahren, was man da baue, befragte er einen der Zuseher. „Ein Narrenhaus für die Bauern", enigegnete derselbe und lachte. „Hab' mir's wohl gedacht", erwiederte er schlagfertig, „für die Stadtherrn wär's wohl viel zu klein."
Pfälzer Bürger hat zur Erbauung des Prote- stations-Domes in Speyer die Summe von 200000 M. hergegeben. In Folge dessen soll nun im nächsten Jahre mit der Grundsteinlegung begonnen werden, zu welcher man unter andern Männern auch den Vielgen. Gönner der Pfalz, Hrn. Hilgard, gen. Billard, aus New-Aork erwartet.
Königsberg. Als das Oberhaupt unserer Reichspost und Reichstelegraphte sich kürzlich auf der Herreise zur Jagd befand, trat er auf der Station Dirschau, in das Telegraphenbureau, um ein Telegramm an seine Frau nach Berlin aufzugeben. In demselben Augenblicke geht an den expedierenden Beamten eine Dienstdepesche ein. Se. Exzellenz läßt sie sich zeigen, fie lautet: „Sei auf Deiner Hut, Stephan ist unterwegs, der steckt seine Nase in Alles." Der durch seinen guten Humor bekannte Gebieter der Reichspost lacht laut auf und sofort muß der Beamte nach seinem Diktat zurücktelegraphieren: „Zu spät! Diese Nase steckt schon drin."
Zehlendorf. Ein unterirdischer Brand, der bereits seit länger als vierzehn Tagen auf einer Wiese bei Beelitzhof wüthet, ist eine hier seltene Erscheinung. Vermuthlich durch Sprühfunken einer Lokomotive der Wetzlarer Eisenbahn, die auf die Wiese gefallen, wurde zuerst ein Stück der Oberfläche entzündet; von hier aus muß sich das Feuer in den aus Torf bestehenden Untergrund derselben durchgefressen und hier in dem trockenen Torfboden reichlich Nahrung gefunden haben. Sobald die Oberfläche der Wiese durchstochen wird, entströmt ein dicker, schwarzer Rauch derselben, das Gras ist jetzt bereits fast überall verdorrt.
Simmern. Eine wunderbare Begebenheit wird aus Ohlweiler gemeldet. Ein mit seinem Knaben auf dem Felde beschäftigter Bauer wurde plötzlich durch einen Blitzstrahl zur Erde geschleudert. Nach einiger Zeit erholte er sich und begab sich mit heftigen Kopfschmerzen nach Hause, wo der Knabe den Vorfall erzählte und meinte, der Kopf des Vaters habe gebrannt. Natürlich war das Staunen groß, da der Strohhut versengt war und ein scharfgebranntes rundes Loch zeigte. Der Baner hatte den vielgerühmten harten Hunsrücker Schädel, so daß Ohrensausen und Kopfschmerzen die einzigen Folgen eines solchen Blitzstrahls waren.
Ausland.
Im „Bern. SLadtbl." steht eine hübsche Geschichte. Ein junger waadtländifcher Bauern- bursche wird auf einmal durch eine Erbschaft reich. Des Vergnügens wegen reist er nach Bern und als er nun dort einige Tage zugebracht, will er letzten Donnerstag Nachmittag heimkehren, verfehlt indessen den Zug, kehrt in sei- nen Gasthof zurück, läßt sich noch eine Flasche vom „Guten" bringen und frägt dann im Scherze die Wirthin, ob sie ihm nicht ein Mädchen wisse, das er heirathen könne. Das Geld, das ihn
Mn Sie auch überhaupt nicht hinein, — wir kennen dergleichen Manöver schon!"
Frau Broeker konnte ebenfalls impertinent sein. Uebrtgens war sie eine große, derbe Frau, die recht wohl geeignet erschien, störende Besucher hinaus zu befördern. Auch ist ja das Vagabundenleben eine gute Schule, vorkommender Frechheit in entsprechender Weise entgegenzutreten.
Herker sah die Frau einen Moment mit geöffnetem Munde an.
„Ich mache mir den Henker aus Eurem Billet, Weib!" rief er dann zornig. „Aber Euch will ich etwas zu schaffen machen, woran Ihr denken sollt!"
Damit machte er Kehrt und stürmte wieder zum Hause hinaus.
Die Frau ließ ihn laufen, sie war wohl schon an Vorfälle dieser Art gewöhnt.
Als gleich darauf zwei fein gekleidete Herren vor ihren kleinen Kafsentisch traten, war Frau Broeker trotz des eben gehabten unange- nehwen Zwischenfalles wieder die Liebenswürdigkeit selbst. Sie erkannte mit richtigem Takt, daß sie es mit Standespersonen zu thun hatte, die inkognito ihrem Kunstinstitute die Ehre schenken wollten.
„Erster Platz, meine gnädige Herren?" fragte sie mit kokett-ver- Hamtem Lächeln.
Die beiden gnädigen Herren sahen einander bedeutsam an.
„Hm — ja —," meinte einer derselben lächelnd, „möchten jedoch Mn hinter den Lampen sein — hübsche Damen vorhanden — he?"
Der Gefährte des Sprechers erröthete so stark, daß es trotz der Wechten Beleuchtung erkennbar ward.
Broeker gerieth bei der an sie gerichteten Frage in ein ge- unves Entzücken. Kavaliere hinter den Kouliffen — welche Ehre für R und die Gesellschaft; es war förmlich großstädtisch.
„Haben der Herr Graf die Gnade, sich zu überzeugen," lispelte sie, mit tiefer Verbeugung zwei Billets hinreichend, „es kann nur schmeichelhaft für uns sein, unsere Leistungen von Kunstkennern in nächster Nähe Leurtheilt zu sehen."
Die Dame ließ einen eigentümlichen zischenden Laut hören. Auf dieses Zeichen eilte ein kleines Mädchen herbei, welches von jener angewiesen ward, die beiden Herren durch den Garten und die Hintere Thür der Scheune auf die Bühne zu bringen.
Durch neue Verbeugung und einladende Handbewegung forderte Frau Broeker die Herren auf, dem Kinde zu folgen.
Die beiden neuen Spätlinge waren niemand anders als Rudolf von Mühlenschmidt und der Sohn des Freiherrn von Benzen, welchen wir früher schon in der Uniform eines Husarenoffiziers gesehen. Sie hatten sich am Nachmittag zusammengefunden, und dem Reiz nicht widerstehen können, die Geschichte im Kruge ebenfalls mit anzusehen; doch mußten sie die Dämmerung abwarten, den Kunsttempel zu besuchen. Natürlich hatte sich der Leutnant in Zivil geworfen und wußte außerdem noch, wie es sich einrtchten ließ, dem Publikum fern zu bleiben.
Beide folgten, nachdem Rudolf einen Geldschein auf den Tisch geworfen. ihrer kleinen Führerin und waren bald an Ort und Stelle.
Auf der Bühne war Karl Moor gerade dabei, den zärtlichen Brief seines Bruders Franz mit seinen Kameraden philosophisch edlen Betrachtungen zu unterwerfen und Valentin verarbeitete die an sich schon kuriose Szene mit der Vehemenz eines Kraftgenies; doch die jungen Herren schenkten der Handlung auf der Bühne zunächst keine Aufmerksamkeit, sondern wendeten diese vielmehr den etwas überraschten und kichernden Damen zu.
(Fortsetzung folgt.)