Aus den Tünnen
Intelligenz- L Anzeige-Matt
von der öderen Nagold.
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der Expedition.
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M. 79.
Ueb ertragen: Die Oberamtsarztsstelle in Neckarsulm dem Oberamtswundarzt Dr. Lieb in Freudenstadt.
Die im Laufe d. I. vorgenommene zweite theologische Dienstprllfung haben u. A. mit Erfolg bestanden: Hopf, Wilhelm, Stadtvikar in Freudenstadt; Paulus, Psarr- »erweser in Breitenberg; Wurm, Theodor, Stadtpfarr- mrweser in Berneck.
Gestorben: Den 5. Juli zu Wildbad Wilhelm Klumpp, Besitzer des Hotel Klumpp, 39 I. a.
Tagespolitik.
— Die deutsche überseeische Auswanderung betrug in den ersten fünf Monaten des laufenden Jahres 106 000 Personen — etwa 24 000 weniger als im gleichen Zeitraum des Vorjahres.
— Die von der Staatsanwaltschaft in Dresden gegen den polnischen Schriftsteller von Kraszewski und die mit ihm verhafteten beiden Polen geführte Voruntersuchung ist abgeschlossen und liegen zur Zeit die Akten beim Reichsgericht in Leipzig, von dem die Entscheidung, ob eine Anklage zu erheben ist oder nicht, schon in den nächsten Tagen zu erwarten ist.
— Ueberdas 1.Allgemeine Deutsche Kriegerfest schreibt man von Hamburg: Das Fest ist vorüber, nachdem das öffentliche Interesse an demselben am ersten Tage — Festzug — so gründlich absorbirt war, daß für die beiden folgenden nichts mehr übrig blieb. Der eigentliche Zweck der ganzen Veranstaltung, die Vereinigung aller deutschen Einzelbunde zu einem deutschen Kriegerbunde unter dem Protektorate des Kaisers, istntcht erreicht worden. In der Konferenz der Ausschußmitglieder des deutschen Kriegerverbandes herrschte in dieser Beziehung eine gedrückte Stimmung; man war sich bereits klar darüber, daß eine Einigung diesmal so wenig erfolgen werde, als sie auf dem Kriegerkongresse in Frankfurt a. M. im Oktober v. Js. gelungen ist. Damals hatte sich von der Begründung eines allgemeinen Kriegerverbandes Württemberg mit ca. 24000 Mitgliedern ausgeschlossen; es zeigte sich nun, daß weder der preußische Kriegerbund, noch Bayern und Hessen ihre Selbstständigkeit aufzugeben geneigt sind. Der Vorsitzende selbst bemerkte, die Verhältnisse des Verbandes seien derartig, daß man im Grunde genommen von dem Bestehen eines solchen noch gar nicht sprechen könne! Unter solchen Umständen kann natürlich nicht daran gedacht werden, dem Kaiser das Protektorat anzutragen. In Summa: das Fest war gut gemeint und wird seinen Theilnehmern angenehme Eindrücke hinterlafsen. Eine politische Bedeutung hatte es nach keiner Richtung und eine Fortbildung der Institution ist durchweg nicht erzielt worden.
— Im neuen böhmischen Landtage, welcher 242 Mitglieder zählt, sitzen nunmehr 167 Tschechen und Konservative und 75 Deutsche.
— In Böhmen hält man es auf tschechischer Seite vorläufig noch immer für gerathen, den Deutschen gegenüber die Maske der Versöhnlichkeit beizubehalten. Man beeilt sich, nach erfochtenem Wahlsiege einige großmüthige Scheinkonzesstonen anzukündigeu und hat bereits 400000 Mark zu dem Bau für ein deutsches Theater in Aussicht gestellt. Das sind indeß nur Scheinmanöver, durch welche die Deutschen sich kaum über die wahren Absichten der Gegner tauschen lassen werden.
— Nachdem schon Gerüchte über den Tod des Grafen CH ambord an verschiedenen -oorsen ihre Aufwartung gemacht hatten und "E gebührend von den Spekulanten in französischen Staatspapieren ausgenutzt worden waren, lauten die neuesten Berichte aus Frohs- dorf über den Gesundheitszustand des „Roy" wieder etwas günstiger. Vielleicht bewährt sich uu ihm das Sprichwort, daß die Todtgesagten
Men karg, Dienstag dm 10. Juli.
nur um so länger leben. — Es heißt übrigens, der Graf habe statt der Orleanisten den spanischen Thronprätendenteu Don Carlos testamentarisch zum Erben seiner Ansprüche auf den französischen Königsthron ernannt.
— Der bei der französischen Deputirten- kammer eingegangene Gesetzentwurf, der 60 Mill. für die europäische Kolonisirung Algeriens verlangt, wird auf ernsten Widerstand stoßen. Es handelt sich nämlich darum, die Eingeborenen aus den reichsten Landesbezirken zu enteignen und ihre Ländereien zur Bebauung an Franzosen zu vergeben. Bisher hat man mit solchen Versuchen nichts als Haß bet den Eingeborenen geerntet. Daß man übrigens gerade bei der gegenwärtigen Finanzlage fünfzig Millionen nach Algier werfen will, ist auch eine sonderbare Idee!
— Das englische Kriegsministerium hat sich entschlossen, falls die Cholera-Epidemie in Egypten noch weiter um sich greifen sollte, das Gros der englischen Okkupations-Armee daselbst nach Malta, Gibraltar und Cypern überzu- siedeln. Der „arme Mann" in Egypten wird jedenfalls bei Bekanntwerden dieses Beschlusses aufathmen und bei sich denken: Kein Unglück ist so groß, es hat ein Glück im Schoß.
Landesuachrichteu.
Altenstaig, 8. Juli. Nach dem heute bei der Hauptversammlung des Kr an ken- unter st ützungs-Vereins vorgetragenen Rechenschaftsbericht hat der Verein im letzten halben Jahr in 13 Krankheits- und 3 Sterbefällen Unterstützung gereicht im Betrage von 171 M. 68 Pfg. — Da die Monatsbeiträge der Mitglieder zur Deckung dieses Betrages nicht ganz ausreichten, so mußte wieder das bei der Privatsparkasse hier angelegte Vereinsvermögen angegriffen werden. Hoffen wir, daß bei der stetig zunehmenden Inanspruchnahme des Vereins ihm die nothwendlge Unterstützung durch zahlreichen Beitritt neuer, namentlich auch jüngerer Mitglieder zu Theil werden möge; die Zuwendung von freiwilligen Gaben an den Verein dürfte sich aber schon des guten Zweckes wegen ganz besonders empfehlen.
Walddorf, 7. Juli. (Corresp.) Die hiesigen Einwohner wurden gestern durcb einen Mittags um 12 Uhr in dem Wohnhause des Gottlieb Volz, Schuhmachers ausgebrochenen Brand in nicht geringen Schrecken versetzt. Das Feuer entstand im unteren Stock, in einer früheren Schreinerwerkstätte auf eine bis jetzt unerklärliche Weise, und griff so schnell um sich, daß in einem Augenblick sämmtliche Wohnge- lasse in Flammen standen. Der Besitzer hat leider sein Mobiliar nicht versichert, und der Schaden ist namhaft. Groß war die Gefahr für die nachbarlichen Gebäude, welche zum Theil nur 0,5 m. entfernt standen, und von den Flammen bereits beleckt wurden, und nur dem energischen Eingreifen der hiesigen Feuerwehr ist es zu verdanken, daß größeres Unglück verhütet wurde; erwähnt zu werden verdient ferner, daß das weibliche Geschlecht durch Tragen von Wasser einen unermüdlichen Fleiß an den Tag legte.
Stuttgart, 5. Juli. (Schwurgericht.) Sensationsfall Götz. Der Raubmord an dem Juden Wertheimer in Kaltenthal. Bei dem ganz ungewöhnlichen Zudrang des Publikums mußten außergewöhnliche Vorkehrungen für den Zuhörerraum getroffen werden. Angeklagt ist Johann Jakob Götz, Taglöhner von Kaltenthal, Amtsoberamts Stuttgart, wegen Raubmords und Brandstiftung. Staatsanwalt: Schönhardt, Vertheidiger: Rechtsanwalt Kapp,
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1883.
Sachverständige: Stadtdirektionsarzt Dr. Gußmann und Stadtdirektionswundarzt Dr. Steudel, 32 Zeugen. Bei der Ausloosung der Geschworenen machten Staatsanwaltschaft und Vertheidigung ausgiebigen Gebrauch von dem Rccusationsrecht. Der Angeklagte hat einen scheuen unheimlichen Blick, er ist 39 Jahre alt, war zweimal ver- heirathet und hat 6 Kinder, 3 aus jeder Ehe; das älteste ist 14 Jahre, das jüngste IVr Jahre alt. Er war Soldat im 8. Infanterieregiment, hat den Feldzug von 1866 mitgemacht, ist im Oktober 1866 als ferner untüchtig zum Dienst entlassen worden und hat einen Jnvalidengehalt von 197 M. erhalten. Was das Verhältniß zu dem ermordeten Jesaias Wertheimer und den Mord betrifft, so gibt er an, daß er im Januar 1881 1 Kuh von demselben gekauft und etwas daran bezahlt habe, 250 M. sei er ihm schuldig geblieben und habe ihm einen Schuldschein darüber, mit der Verbindlichkeit im Februar zu zahlen, ausgestellt. Da er nicht zahlte, wurde ein Zahlungsbefehl gegen ihn erlassen und Exekution angeordnet. Um jene Zeit kam dem Wertheimer ein anonymer Brief zu, Joh. Jak. Götz wolle ihn nicht bezahlen, sondern nach Amerika durchgehen. Er solle daher sofort nach Kaltenthal kommen. Dieses Schreiben soll vom Angeklagten herrühren, um ihn zu sich zu locken. Das zieht der Angeklagte aber entschieden in Abrede. Den Brief habe Wertheimer indeß bei sich gehabt und er ist mit den andern Papieren des Ermordeten verschwunden. — Dieser erschien am Sonntag den 27. März 1881 bei ihm in seiner Wohnung und da habe er ihn bezahlt und den Schuldschein zurückerhalten. Quittirt habe er ihm denselben nicht, da die Zurückgabe genüge. Da er indeß um jene Zeit die Abtritte in seinem Hause habe umbauen müssen und ihm hiezu die Mittel gefehlt, habe er den Wertheimer schon vor der Zahlung ersucht, ihm noch länger zu borgen; dieser habe es abgeschlagen. Wertheimer sei mit ihm in seinen Stall gegangen und sie haben da die Kuh besichtigt. Da habe Wertheimer eine beleidigende Aeußerung gethan, die ihn aufgebracht habe. Auf dieses hin habe er im Zorn dem Wertheimer einen Stoß gegeben; derselbe sei zurückgetaumelt und habe den Kopf an einen Pfosten aufgeschlagen. Da habe er bemerkt, daß der Wertheimer Hände und Füße „klunkern" lasse, daß sie herabhängen und er sich nicht mehr rühre. Er habe aber geglaubt, daß er nur ohnmächtig sei, bald habe er jedoch wahrgenommen, daß er todt sei. Das habe ihn veranlaßt, den Wertheimer zu verbergen, damit man nicht glaube, er habe ihn umgebracht, sondern sei wieder aus dem Hause gegangen. Er habe ihn daher mit großer Mühe in seinen gleich dabei befindlichen Keller getragen und dort ein Loch gegraben, was ihn bis gegen den andern Morgen in Anspruch genommen habe. In dieses habe er ihn mit den Füßen nach unten, also aufrecht stehend gebracht und zugedeckt. — Um die weiteren Personen, die zur Zeit der Anwesenheit des Wertheimer in der Wohnung des Angeklagten gewesen, befragt, verneinte er die Anwesenheit anderer Personen. Weder sein Vater noch seine Frau seien zu Hause gewesen. Auf die Unwahrscheinlichkeit dieser Art des Hergangs aufmerksam gemacht, bleibt der Angekl. dabet, daß er den Wertheimer keineswegs habe umbringen wollen, daß er ihm eben im Zorn einen Stoß versetzt habe, auf welchen er getaumelt sei und sich den Kopf aufgeschlagen habe und daß sein Tod dadurch erfolgt sei. Auch sei es möglich, daß der Stoß auf den Magen gegangen sei. Um das dem Wertheimer abgenommene Geld befragt, will er nur die