welche die Maschinen bald nach geschehenem Stapellauf ersetzen sollten. Eine ungeheure Menschenmenge strömte hinzu, wobei sich herz­zerreißende Szenen abspielten. Verzweifelte Mütter und Kinder jammern um den Verlust ihrer nächsten Angehörigen. Aerzte waren so­fort zur Stelle, allein bis jetzt ist noch Niemand aus dem Schiffsraum heraufgebracht. Taucher werden in jedem Augenblick erwartet. Später eingegangene Berichte sprechen von 70 Unter­gegangenen. Als Grund des Kenterns wird angegeben, daß dieDaphne" zu-großes Gewicht gehabt, oder daß die Ketten sich als zu schwach erwiesen. Ein Geretteter erklärt, dieDaphne" sei sofort, als sie das Wasser berührte, ge­sunken.

London, 2. Juli. Unterhaus. Glad- stone theilte mit, die Regierung habe eine Note nach Queensland gesandt, in welcher erklärt wird, daß die Einverleibung von Neuguinea vom Rechtsstandpunkte aus, gleich Null und auch vom politischen Standpunkt aus nicht zu recht- fertigen sei. Die Regierung könne diesen Akt nicht bestätigen; jedenfalls müßte ein solcher Schritt von der englischen Regierung ausgehen. Die Regierung fürchte nicht die Absicht einer fremden Macht, Neu-Guinea zu besetzen. In­dessen würde ein solches Vorgehen einer fremden Macht nicht außerhalb der Interessensphäre Eng­lands liegen. Gladstone fügte hinzu, dem Staats­sekretär der Kolonien seien andere Vorschläge wegen Aneignungen in jenen Gegenden gemacht worden, er habe aber vor Beantwortung der­selben schriftliche Vorschläge erbeten.

London, 3. Juli. Meldungen aus Hong­kong wissen von fortgesetzten chinesischen Rüstungen zu berichten. China suche sich große Kredits zu verschaffen und habe in England und Amerika auf telegraphischem Wege Waffenankäufe gemacht. Berichte aus Tonking melden, daß die Krank­heiten unter den dortigen französischen Truppen in der Zunahme begriffen sind.

London, 4. Juli. Die Zahl der Per­sonen, welche bei dem Stapellauf des Dampfers Daphne umgekommen, wird auf 150 geschätzt. Durch Taucher ist festgestellt, daß der Maschinen­raum von Leichen angefüllt ist.

Amst erdam. Eine rührende Szene spielte sich kürzlich auf der Amsterdamer Ausstellung ab. Ein Missionar, der früher lange in Ost­indien gewirkt, aber sich wegen seiner leidenden Gesundheit nach seiner Heimat zurückgezogen hatte, besuchte die Ausstellung, um doch einmal zu sehen, wie man seine vormaligen schwarzen Mitbürgerausgestellt" habe. Als er sich der Sammlung Eingeborener" näherte, schallt im ein Freudengeschrei entgegen; mit dem Rufe: Da ist Vater, da ist unser Vater!" umringten ihn seine vormaligen Beichtkinder und knieten vor ihm nieder, indem sie um seinen Segen baten, den ihnen der überraschte Geistliche denn auch gerührt ertheilte.

Die Cholera hat sich jetzt auch in Ale­xandrien gezeigt. Sie wurde anscheinend

durch eine von Damiette angekommene Frau eingeschleppt, welche Montag Nachmittag starb. Die betr. Straße wurde sofort durch einen Sicherheitsring abgesperrt. Der Sanitätskor­don ist unter die Kontroke des Obersten Clarke und anderer englischer Offiziere gestellt. Am Montag sind in Damiette 130, in Mansurah 12 und in Samanud 4 Personen an der Cholera gestorben. Die Sanitätskommission ordnete an, daß die Einwohner von Damiette unter Zelten unterzubringen sind. Das instzirte Quartier soll desinfizirt werden. Die Truppen des Sanitäts­kordons sind angewiesen worden, auf Flücht­linge zu schießen.

New-Jork. Der Verleger der bekannten New-Aorker Staatszeitung", hat den hiesigen Deutschen ein großartiges Geschenk gemacht. In Verbindung mit seiner Gemahlin hat er 150000 Dollars für den Bau eines pracht­vollen Hauses gestiftet, dessen Hälfte eine freie Klinik im Anschluß an das deutsche Hospital aufnehmen soll, während die andere Hälfte einer freien deutschen Bibliothek gewidmet sein soll.

Shanghai, 5. Juli. Li-Hung-Tschang lehnte definitiv alle von Frankreich bezüglich Tonkin aufgestellten Bedingungen ab und er­suchte Tricon, sich künftighin in dieser Ange­legenheit an das Komite für die auswärtigen Angelegenheiten in Peking zu wenden. Tricon erklärte, wie auch die Entscheidung der chine­sischen Regierung ausfallen sollte, Frankreich werde sich volle Aktionsfreiheit wahren.

Handel «nd Berkehr.

Von der oberen Nagold, 3. Juli. Die Feldfrüchte stehen bei uns in üppiger Fülle; die Brodfrüchte, namentlich aber Kartoffeln, Kraut, Hanf und Flachs versprechen nach der- maligem Stande überreichen Ertrag. Die Obst­bäume werden voraussichtlich nicht nur den ei­genen Bedarf der Bewohner an- und Most­obst völlig decken, es dürfte noch manche Mark in des Obstzüchters Beutel Aufbewahrung finden.

Vom oberen Neckar 3. Juli. Die Reps­ernte ist bei der äußerst günstigen Witterung in vollem Gange und liefert das Produkt in quantitativer und besonders in qualitativer Be­ziehung ein vielversprechendes Erträgniß. Von Platzhändlern wurden ca. 12 M. per Kilo an­geboren; es mangelt aber vorerst an geputzter Waare.

Leder. Auf die Stuttgarter Leder- meffe sind bis jetzt etwa 700 Ctr. aller Leder­arten zugefahren, doch dauert die Zufuhr noch fort. Die Preise sind denen des letzten Marktes gegenüber etwas gefallen.

(Hopfen.) In Württemberg besitzen an alten Hopfen zur Zeit nur noch Tübingen (ca. 10 Ballen) und Horb (3 Ballen) Vorräthe; Rottenburg hat den letzten Rest vor 14 Tagen verkauft. Von Tettnang sind bereits 600 Ctr. der kommenden Ernte durch Vorabschlüsse zu Preisen von 200 bis 280 M. verkauft. Viele Gegenden Württembergs beklagen das lieber­

handnehmen des Ungeziefers und befurchtes ms Eintreten verheerender Krankheiten, doch steht andererseits in den meisten Lagen die Pflanze gesund und kräftig.

Giengen a. Br. Ergebniß des Bieh- markts am 29. Juni. Zu Markt wurden ge­bracht 399 Stück, verkauft wurdest 187 Stück, mittlerer Erlös von 1 Paar Ochsen 750 M., 1 Paar Stiere 380 M., t Kuh 270 M., l St. Jungvieh 130 M» Gesammtumfätz 46 938 M. Der Handel gieng lebhaft die Preise haben sich nicht verändert.

(Neue Fünfmarkscheine.) Letzten Montag sind die erstes neuen Fünfmarkscheine in den Verkehr gelaugt. Die Hinterseite ent­spricht derjenigen der Fünfzigmqrkschetne, mit dem einzigen Unterschiede (abgesehen von der Angabe des Werths), daß der Grund bei dm Fünfzigmarkschekne« theils braun, thsils blau, bei den neuen Fünfmarkscheinen ganz blau ist. Die Vorderseite trägt in matter blauer Umrandung diejenigen Worte, welche die alten Scheine getragen haben. In der rechten Ecke des Scheins steht ein Landsknecht, der ei« mäch­tiges Schwert über der rechten Schulter trägt und mit der linken Hand das Wappenschild des Deutschen Reiches hält.

Weustaig. Echrauueu-Zettel vom 4. Juli. Neuer Dinkel ... 6 80 6 33 6

Haber. 7 50 7 40 7 20

Gerste. 7 40 7 23 7

Waizen.....-10--

Roggen..... 10 9 96 9 80

Welschkorn . . . .-10-

Viktn ali eupr eise

auf dem Wochenmarkt in Menstaig am 4. Juli. V 2 Kilo Butter ....... 85 Pfg.

1 Ei ..5 Pfg.

Vermischtes.

(Gegen Verbrennungen) empfehlen englische Aerzte neuerlich mit großem Nachdruck die Anwendung einer gesättigten Auflösung von doppelkohlensaurem Natron (Soda) in gewöhn­lichem Wasser. Wenn dieses Mittel zeitig an- zewendet wird, so hebt es nach den zahlreich gemachten Erfahrungen in kurzer Zeit nicht nur den Schmerz, sondern verhindert auch die Blasen- und Geschwürbildung. Die Anwendung ist ein­fach: es wird ein weicher Lappen mit der Flüssig­keit befeuchtet und auf den verbrannten oder verbrühten Theil aufgelegt. Dieser Verband sollte stets feucht erhalten werden. Sind Hände oder Füße verbrannt, so taucht man dieselben unmittelbar in die Flüssigkeit und läßt sie so lange darin, bis der Schmerz uachläßt. Wenn doppelkohlensaures Natron nicht zur Hand ist, so kann man auch gewöhnliche Soda, wie mau sie in vielen Häusern vorräthig findet, in An­wendung bringen. Die Wirksamkeit des Mit­tels wird verstärkt, wenn es in Campherwafser aufgelöst wird. Man bereitet dieses, indem mau einige Stückchen Campher tu einer Flasche Wasser tüchtig schüttelt.

Herr Broeker eilte demnächst zum Ortsschulzen, um die nöchige Konzession hoher Obrigkeit zur Vorstellung derRäuber von Schiller" denn ohne diese zu malträtieren, thun's die wanderndenSchmieren" nun einmal bet ihren Produktionen in Dörfern nicht zu erlangen.

Ob dem würdigen Vorstande von Benzen jemals schon ein solches Gesuch vorgetragen sein mochte? Vielleicht, vielleicht auch nicht ! Jedenfalls sah er darin nichts Verfängliches und ertheilte, ohne erst bei der Gutsherrschaft, beim Adelsmüller oder beim Pastor deswegen anzufragen, auf den von Honigseim durchwirkten Vortrag des Herrn «roeker seine Genehmigung zu der beabsichtigten Vorstellung; wozu wäre er denn sonst auch Ortsvorstand gewesen? Ein halbes Dutzend Billets zum ersten Range blieben als Anerkennung seiner liberalen Ansichten m den Händen des biederen Ortsschulzen zurück. Ebenso ein Theater- Mel, auf welchem oben bemerkt war, daß ein berühmter Künstler als Gast den Karl Moor gebe.

Im Schweiße seines Angesichts erschien der Direktor Nach diesem Schritte in der Mitte seiner Gesellschaft, um über den Erfolg desselben zu berichten und weitere Anordnungen zu treffen.

Sein Bericht ward mit Jubel ausgenommen, seinen Weisungen nachgelebt, und nach wenigen Stunden war die Scheune des Ge­bostes in einen Musentempel verwandelt.

m ^ große Werk bollbracht war und es sich nur noch um >Eue Nachhilfen oder unwesentliche Verrichtungen handelte, nahm Va- Mtin Schmidt die vorhandenen auf Veränderungen eingerichteten Theater­zettel vor.

s. Au Stelle des Namens, welchen der Schauspieler führte, der den JA Iluor gab, befanden sich die bekannten drei Sterne, unter dem TMusse des Namensverzeichnisses zeigten sich die drei Sterne abermals

vor einem freien Raum. In diesen setzte Valentin auf einer Anzahl der Zettel die Worte:Herr Valentin von Mühlenschmtdt vom Rest- denztheater, erster Heldendarsteller der Gegenwart!"

Durch Bescheidenheit glänzte Herr Valentin Schmidt bei dieser Gelegenheit nicht, doch war es ihm jedenfalls weniger um die Behaup­tung eines nicht vorhandenen Rufes, als um eine in die Augen sprin­gende Provokation zu thun. Die so ausgeführten Zettel ließ der über- müthige Mime durch einen dazu gedungenen Jungen im Dorfe austragen; doch untersagte er demselben, davon auf dem Gute, in der Dampfmähke und in dem Pastorhause abzugeben.

Es muß Verzicht darauf geleistet werden, den aus einet Scheune hergestellten Kunsttempel eingehend zu beschreiben. Eine solche Aufgabe ist nicht so leicht zu lösen. Kurz, die Bühne war da. Sie nahm die Hintere Seite der Tenne ein. Von den beiden Scheunenfächern Zzur Seite der Tenne bildete das eine Fach die Gatderobe für die Damen, das andere Fach war den Herren zu gleichem Zwecke angewiesen.

Als Zugang zu der Bühne konnte nebenbei noch eine kleine nach dem Garten zu belegene Tennenthür benützt werden.

Vor der Bühne erhielt das Orchester, gebildet von drei Dorfkünst- lern mit Violine, Flöte und Harmonium, seinen Platz. Als Zuschauer­raum diente theils die vordere Hälfte der Tenne erster und zweiter Platz sodann noch ein durch allerlei Geräth abgegrenzter und erhöh­ter Raum vor der Scheune im Hofe. Es gab im Ganzen vier Plätze die beiden letzten waren Stehplätze. Zur Beleuchtung des Theaters dienten Thranlampen und Talglichter.

(Fortsetzung folgt.)