Aus de« Tannen.

Intelligenz- L Anzeige-Matt

von der oberen Nagold.

Man abo'.min bei allen «Mellen und Landpost­boten; in Altenstaig bei der Expedition.

Inserate find immer MIN besten Erfolge be­gleitet und wird die Ein­rückungsgebühr stets auf das Billigste berechnet.

Verwendbare Beiträge werden dankbar ange­nommen und angemessen honorirt.

Kr. 78.

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auf das BlattAus de« Tannen" können fortwährend bei allen Postanstalten und Post­boten gemacht werden. Bereits erschienene Num­mern werden nachgeliefert.

Amtliches.

Das K. Oberamt Nagold sieht sich veran­laßt, die Langholzhändler und Flößer auf die Verfügung des Kgl. Ministeriums des Innern, betreffend die Ordnung der Langholzflößerei auf der Enz mit ihren Seitenbächen Kleinen; und Nach, sowie auf der Nagold und deren Seiten­bach, dem Zinsbach, vom 20. April 1883, Reg.- Bl. S. 17 hinzuwetsen, mit dem Bemerken, daß etwaige Zuwiderhandlungen strenge bestraft werden.

2 Eine Berliner Blattpflanze.

In der verflossenen Woche hat sich in Ber­lin ein Prozeß abgespielt, der ein grelles Streif­licht auf die sittlichen und gesellschaftlichen Ver­hältnisse der Reichshauptstadt wirft. Ein kleines Gaunerkonsortium hatte während des letzten Jahres unter dem TitelDer Unab- > hängige" ein Wochenblatt herausgegeben, welches sich in seinen Artikeln über Politik, Kunst und Litteratur verbreitete, hauptsächlich aber allerlei schmutzige Privatangelegenheiten an die Oeffent- lichkeit zog. Die Herausgeber dieses Blattes operirten wohl meistens in der Weise, daß sie vor der Drucklegung ihrer Schmähartikel den angegriffenen PersonenProbeabzüge" zustellten und sich die Unterdrückung der betr. Artikel mit schwerem Gelde bezahlen ließen. Folgte keine Zahlung, so erschien eben im Blatte der An­griff.

Das Blatt war nichts weiter, als ein Er­pressungsmittel und die übrige Presse hat somit ein gewisses Recht, zu behaupten, daß der geführte Prozeß nicht die Presse als solche berühre. Es seien nicht Mitglieder der Zei­tungsschreiberzunft verurtheilt worden, sondern vielmehr Personen, die sich den Anschein gaben, als gehörten sie zur Presse.

Das in London erscheinende Weltblatt, dieTimes" hat dem erwähnten Prozesse einen sehr eingehenden Artikel gewidmet, in welchem es u. A. heißt, das Bemerkenswertheste aus den Verhandlungen sei die Thatsache, daß die «moralische Atmosphäre Berlins" eine solche ist, um solchem Erprefferorgane das Gedeihen zu sichern. Selbst Personen mit reinem Gewissen zahlten lieber Schweigegelder, als daß sie sich der Gehässigkeit jenes Blättchens aussetzten. Aber in Wahrheit muß gesagt werden, daß Berlin sicherlich ein reiches Jagdgebiet für die Thätigkeit solcher Revolvermenschen wie diejeni­ge» des Unabhängigen darbietet.

In den meisten Fällen haben sich die Er­presser zu ihren Angriffen natürlich Leute aus­gesucht, die in guten Verhältnissen leben, in deren Vergangenheit es aber an dunklen Punkten Nicht fehlt; auf dem Pflaster Berlins wandeln Mreiche Existenzen umher, die sich mit dem «schein der Biederkeit umgeben, deren Erwerb aber durchaus kein reinlicher ist; da gibt es «ne Mße Zahl von Glücksrittern, gewerbs­mäßigen Spielern, Wucherern u. Bauernfängern, «n E auf dem nobelsten Fuße leben und denen Ms daran liegt, für anständige und honette Leute gehalten zu werden. Mancher von ihnen, Ms. Me reiche Beute gemacht hat, wagt dann W wohl den Versuch, zu ehrlicher Arbeit zu- NAHren; ^ begründet ein Geschäft, macht ^uueicht eene gute Hetrathspartie, kommt da-

Menstaig, Samstag dm 7. Juki.

durch in gute Familien, erwirbt vielleicht gar auch Titel und Ehrenämter. Ihre zweifelhafte Vergangenheit ist vergessen, sie ist vielleicht theil- weise schon wieder gut gemacht da kommen denn die Revolvermänner und drohen mit ihren Enthüllungen. Natürlich zahlt der Mann ein paar Hundert Markt

DieTimes" weist mit Recht darauf hin, daß in Berlin vor allem die Leidenschaft des Spiels mit all' dazugehörigen Sünden und mit all' ihren ruinösen Wirkungen eine ungeheure Ausdehnung gewonnen hat. Und so sehen wir denn auch, daß die Revolvermänner desUn­abhängigen" auf die durch den Spielteufel ruinirten oder doch gefährdeten Existenzen ihr besonderes Augenmerk richteten.

Die Piraten desUnabhängigen" sind mit schweren und wohlverdienten Strafen belegt worden. Der Boden aber, den sie mit Erfolg für ihre Taschen beackert haben er bleibt dieTimes" hat recht; die moralische Atmo­sphäre einer Großstadt ist dem Gedeihen solcher litterarischen Sumpfpflanzen förderlich: auch Dresden, München und Wien wissen ihr Lied­chen davon zu singen.

Laudesmchrichteu.

In Nagold haben sich bei der Bürger­ausschußwahl von 466 Wahlberechtigten 83 be­theiligt. Ein Stimmzettel enthielt die lakoni­schen Worte:Werthlos von 16!"

Ihre Majestät die Königin, traf am letzten Dienstag mit Ihren Königlichen Hohheiten den Herzoginnen Elsa und Olga von Württem­berg zum Sommeraufenthalt in Friedrichs­hafen ein.

Stuttgarts. Juli. Die heutige Schwur­gerichtssitzung bot nur wenig Interesse. Sie war gerichtet gegen den 36 Jahre alten ver­heirateten Fuhrknecht Karl Friedrich Schüttle von Ebhauien, OA. Nagold, wegen Meineids, den derselbe bet einer Verhandlung vor der Strafkammer des Landgerichts als Zeuge in einer Strafsache wegen Körperverletzung ge­schworen, indem er geleugnet hatte, dem damaligen Beklagten Schläge gegeben zu haben, aus Furcht, selbst zur Strafe gezogen zu werden. Letzterer Milderungsgrund bewirkte es, daß er nur zu 5 Monaten Gefängniß verurtheilt wurde.

Stuttgart, 4. Juli. Morgen wird auf dem Rathhauie in öffentlicher Gemeinderaths­sitzung über dasGesuch des Fabrikdirektors Emil v. Keßler um Ertheilung der Konzession zur Anlegung einer schmalspurigen Dampfstraßen­bahn von Stuttgart nach Degerloch" verhandelt.

Stuttgart, 4. Juli. Hier sind gegen­wärtig ziemlich viele Personen an der Brech­ruhr erkrankt, eine Folge der Hitze, die in dem von allen Seiten geschlossenen Stuttgarter Thal einen geradezu tropischen Charakter angenommen hat. Der heute gefallene geringe Regen hat die Temperatur nicht abgekühlt.

Stuttgart, 5. Juli. In der Stuttgarter Möbel- und Parquetboden-Fabrik von Herrn Schüttle ist seit heute ein großer Schretner- strike ausgebrochen. Ueber MO Schreiner haben die Arbeit eingestellt.

Durch die Baggermaschine wurde in Cann­statt ein Säbel aus dem Neckar zu Tage ge­fördert, welcher aus Bronze gefertigt und un­zweifelhaft römischen Ursprungs ist. Der Säbel ist auf dem dortigen Rathhaus zu sehen.

Tübingen, 4. Juli. Gestern Abend um 8 Uhr 32 Minuten wurde hier ein kurzer aber heftiger Erdstoß verspürt. Es war nicht mög­lich, die Richtung des Stoßes zu bestimmen; sie schien von Südwest nach Nordost zu geben.

Reutlingen, 4. Juli. Helfer Ströle

Dieses Blan erscheint wöchentlick>drei Mal und zwar: Dienstag, Donner­stag und Samstag.

Der Abonnementspreis beträgt pro Vierteljahr: in Altenstaig 90 Pst

im OA.-Bezirk SS Pi. außerhalb I Mk.

Jnseratenaufgabe späte­sten» Morg. 10 Uhr am Tage vor dem jeweilige« Erscheinen.

1883.

hier (früher in Nagold) wurde lautSch. K.- Ztg." von Sr. Majestät dem Könige zum Ober­helfer in hiesiger Stadt ernannt. Herr Ströle liegt gegenwärtig schwer krank danieder.

Heilbronn, 4. Juli. Der Stand au Pockenkranken betrug gestern 25, heute, nach­dem 2 derselben wiedergenesen, noch 23.

Heilbronn, 5. Juli. Der Malergehilfe Albert Barth ist wegen schwerer Brandstiftung, wobei eine ganze Familie vernichtet wurde, zu 15 Jahren Zuchthaus verurtheilt worden.

Vom 1. bis 3. Juli wurde inHall unter großen Festlichkeiten das heurige Württemberg. Landesschießen abgehalten, dem 'auch Minister v. Hölder anwohnte. Die Stuttgarter Schützen waren in einem Extrazug mit 18 Wagen an­gekommen. Den ersten Becher im Stand schoß Fabrikant Stohrer von Stuttgart heraus. Das nächste Landesschießen findet 1885 in Cann­statt statt.

Ulm, 2. Juli. Heute erschoß sich ein Sol­dat vom 6. Regiment, ein Gärtnerssohn aus Söflingen, auf seinem Posten vor dem Ehinger Thor. Er war sofort todt. Tin Festungs­gefangener versuchte von der Arbeit weg auf dem Alpecker Fort zu entspringen, erhielt aber, da er auf Zuruf nicht stehen blieb, auf einige hundert Schritte einen Schuß in den Rücken, so daß er ins Militärlazareth gebracht werden mußte.

Die Feldartillerie (Garnison Ulm) geht in der Nacht vom Samstag zum Sonntag in zwei Extrazügeu nach Darmstadt, um von dort das Griesheimer Lager zu beziehen. Ihre Ab­wesenheit dauert vier Wochen bis Dienstag den 7. August.

In Urach fand am letzten Samstag eine Pferde-Ausstellung mit Prämiirung statt. Die Betheiligung war eine überaus zahlreiche aus allen Landestheilen. Im Ganzen waren es 150 Aussteller und zur Prämiirung angemeldet 65 Zuchtstuten mit 76 Fohlen, sowie 5 Hengst­fohlen und 81 Smtfohlen, alles prächtige Thiere, deren Anblick Kennern und Laien Freude machte. Die Preisvertheilung fand Vz4 Uhr statt und beträgt die Summe der vertheilten Prämien 7000 M.

(Brand fälle.) Am Mittwoch Nacht sind in dem etwa eine Stunde von Rottwell entfernten Dietingen 2 Bauernhäuser ab­gebrannt. Dem Vernehmen nach haben Kin­der vollgeladene Heuwägen angezündet und hat sich das Feuer rasch den Gebäuden mitgetheilt. Bei der herrschenden Windstille war die Gefahr für die Nachbarhäuser bald beseitigt. In St ein buch bei Eßlingen brannte in der Nacht vom Montag auf Dienstag das Wohn- und Oekonomiegebäude des Schultheißen Baumann nieder. Das Feuer, welches um halb 12 Uhr bemerkt wurde, fand in den Heu- rc. Vorräthen reiche Nahrung.

(Unglücksfälle und Verbrechen.) In Maulach, letzte Station vor Crailsheim, wurden am Freitag Nachmittag, während die Leute auf der Wiese mit Heuen beschäftigt waren, 200 M. gestohlen. Der Schlüssel zum Hause lag auf dem Fensterbrett und dadurch war es dem Diebe ganz leicht möglich, in das Innere des Hauses zu kommen und sich des Geldes theilhaftig zu machen. JnFellbach erwischte, als vergangenen Samstag im Hause eines dortigen Bürgers geschlachtet wurde, dessen einjähriges Kind ein Stück gekochtes Fleisch; beim Versuche, es zu essen, blieb es dem Kinde im Schlunde stecken und brachte ihm, trotz an­gewandter Gegenmittel, den Erstickungstod. In Cannstatt ereignete sich auf dem dortigen Bahnhof ein schrecklicher Unglücksfall. Der 30- jährige, verheiratete, seit 9 Jahren auf dem