schmuggelung einer falschen Leiche, worüber im zweiten Theile der Verhandlung separat geur- theilt werden wird. Wie unsere Leser wissen, wurde von den Juden den Theißflößern Äne Mädchen-Leiche übergeben und die Kleider der verschwundenen Salymossy angethan. Die Flößer wurden bestochen und sollten aussagen, sie hätten die Leiche in der Theiß aufgefischt. Diese Leiche wollten die Juden als die Esther Saly­mossy ausgeben und sodann den Gedanken eines Selbstmordes anregen. Allein die wiederholte Besichtigung der Leiche, die zuletzt vom Landes­sanitätskollegium genau obducirt wurde, ergab, daß diese absolut nicht die der verschwundenen Esther Salymossy sein könne, sondern von einem ungefähr 18jähr., an einem Lungenletden ge­storbenen Weibe, das vermuthlich in einem Bor­delle gelebt hatte, herstamme. Auch sagten die Flößer vor Gericht aus, sie wären von den Juden bestochen worden und hätten die Leiche von ihnen erhalten. Gerade dieser Vorfall, mit dem Versuche, eine falsche Leiche zu unterschieben, muß den Verdacht gegen die Juden erheblich bestärken; denn Jedermann muß fragen, wozu machten die Juden diese Manöver und wie ka­men dieselben zu den Kleidern der Esther Saly­mossy? Wir sind in der That begierig, wie die angeklagten Juden und ihr bester Vertheidiger, der Staatsanwalt Szeiffert, das schwerwiegende Verdachtsmoment zu entkräften versuchen wer­den. Nyreghazaer Advokaten haben eine Eingabe an den Justizminister abgeschickt, worin sie sich über das ungualifizirbare Auftreten des Staats­anwalts zu Gunsten der angeklagten Juden be­schweren und um Abhilfe bitten.

Paris, 30. Juni. Die Verhandlungen zwischen Tricon und China find gescheitert. Tseng kehrt nicht mehr nach Paris zurück. Den Reserven in Toulon ist der Befehl zugegangen, ihre Abfahrt möglichst zu beschleunigen.

Paris, 3. Juli. Alle Prinzen von Or­leans, mit Ausnahme des Herzogs v. Aumale, reisten nach Frohsdorff ab, wo Graf CH am­bord im Sterben liegt. Die legitimisttschen De- putirten und Senatoren unterlassen vorerst eine Kundgebung, um nicht die Ausweisung der Prin­zen herbeizuführen.

JnHavre wurde strenge Quarantäne an­geordnet, da ein Cholerafall mit tödtlichem Aus­gange vorgekommen sein soll.

Alexandrien, I.Juli. AnderCho- lera, starben in Damiette am Freitag 113, am Samstag 109 Personen, in Port Said 1 Person. In Samanud ist ebenfalls die Cho­lera ausgebrochen. Es sind dort 4 Personen an derselben gestorben.

New - Uork, 30. Juni. Auf Befehl der Auswanderungskommision find mehrere aus Ir­land ausgewanderte mittellose Familien heute nach Irland znrückgeiandt worden.

Handel und Berkehr.

Stuttgart, 2. Juli. In den letzten 8 Tagen blieb die Stimmung für Getreide aus

dem gesammten Weltmarkt flau, und der Ver­kehr ging möglichst träge bei langsam abbröckeln­den Preisen. Es scheint, daß die Käufer von den noch lagernden Vorräthen und den guten Ernteberichten, die in neuerer Zeit von allen Produkttonsgebieten etntreffen, sich stark, viel­leicht etwas zu viel, beeinflussen lassen, und doch kann man von Leuten, welche den Saatenstand sicher zu beurtheilen im Stande sind, die Mei­nung hören, daß, wenn man eine Ueberstcht über die neue Ernte gewonnen haben werde, der Verkehr in bessere Bahnen einlenken Md wir wieder ein lebhafteres Geschäft mit wahr­scheinlich erhöhten Preisen bekommen werden. Die Börse war schwach besucht, und der Ver­kehr bewegte sich in den engsten Grenzen.

Wir notiren per lOOKtlogr.:

Weizen bayer. prima 18 M. 75 bis M.

dto. russ. fax. . 22 M. bis M.

Dinkel . . . . 12 M. bis M.

Durchschnitts-Mehlpretse pro 100 Kg. inkl. Sack

Mehl Nr. 1 . . 32 M. bis 33 M.

Nr. 2 . . 30 M. 50 bis 31 M. 50

Nr. 3 . . 28 M. bis 29 M.

Nr. 4 . . 23 M. bis 24 M.

Nr. 5 . . 16 M. bis 19 M.

Kleie mit Sack 89 M. Je nach Qualität.

Stuttgart, 30. Juni. Die schöne heiße Witterung der letzten Tage war für die Wein­berge ein großer Gewinn. Die Trauben haben zum Theil schon abgeblüht alle jene, die kurz über dem Boden hängen, da sie von die­sem Reflexwärme hatten und haben sich, wie der Winzer sagt, bereitsgeputzt", sind groß und vielversprechend. Allgemein hört man daß jetzt mehr Trauben zu sehen sind, als mau im Frühjahr erwartet hat, denn Her Nachtrieb ist ein ganz bedeutender. Diese nachgetriebenen Trauben werden innerhalb 23 Tagen eben­falls verblüht sein, und wenn das sommerige Wetter anhält, darf man sich im Ganzen einen schönen Ertrag versprechen.

Nagold, dm 30. Juni 1883.

Neuer Dinkel .

. . 6 60

6 36

6

Haber . . .

. . 6 85

6 51

6

Gerste . . .

. . 7 80

7 47

7 20

Bohnen. . .

. . 8

7 83

7 50

Wetzen . . .

. . 10 50

9 70

9 60

(Postalis ches.) Im Postverkehr zwischen Württemberg und der Schweiz treten vom 1. Juli an folgende Aenderungen ein: 1) Für Briefe und Pakete mit Werthangabe wird eine gemeinschaftliche württembergisch - schweizerische Versicherungsgebühr von 10 Cent. (8Pfg.) für je 300 Fr. oder einen Theil von 300 Fr. des angegebenen Werthes berechnet. 2) Das er­mäßigte Porto für Pakete im württembergisch- schwetzerischen Grenzverkehr zwischen Postanstal- ten, welche in gerader Linie nicht über 10 Lm von einander entfernt liegen, kommt in Wegfall. 3) Außer den Paketen ohne Werthangabe bis 5 Lg unterliegen auch die Pakete mit Werth­angabe bis 5 LZ dem Frankirungszwang.

Farbe des Tuches der Bekleidungsstücke, die in Bayern blau ist.

Hamburg, 1. Juli. Allgemeines deut­sch e s K r i e g e r f e st. Der zweistündige Fest­zug erregte durch seine Charaktergruppen von 1813, sowie durch die Darstellung der ehemaligen Hamburger Bürgergarde von 1848 und von 1780 großen Beifall. Es nahmen an 30000 Personen an dem Feste Theil, die auswärtigen werden auf 15000 Personen geschätzt. Abends findet ein Kommers in der Festhalle statt.

Aus Straßburg wird berichtet, daß es rein unmöglich sei, die 80 Millionen in der dortigen kaiserl. Tabak-Manufaktur aufgespeicher­ten Cigarren an den Mann zu bringen. Man wollte sie nach Frankreich, Belgien rc. verkaufen, allein vergeblich. Da jede Cigarre durchschnitt­lich 4Vs Pfennig Herstellungskosten verursachte, so ist der Verlust ein enormer.Abgelagerte" Waare gibt es jedenfalls.

Ausland.

Wien, 28. Juni. Vor dem hiesigen Schwur­gericht fand heute die Verhandlung statt in der seiner Zeit mitgetheilten Duellgeschichte zwischen dem ehemaligen Oberlieutnant und Redakteur derMilitärzeitung", F. v. Bolgar, und dem !. k. Oberstlieutnant des Generalstabes v. Schlayer, welch' letzterer erschossen wurde. Außer v. Bol­gar waren noch angeklagt die Sekundanten Lieu­tenant Brandeis und der Redakteur der österr.- ungar. Wehr-Zeitungder Kamerad" Heinr.

Briller. Die Verhandlung endigte damit, daß dieGeschworenensich einstimmig dahin aussprachen, daß Bolgar und beide Sekundantenunter un­widerstehlichem Zwange" gehandelt, worauf der Gerichtshof alle drei freisprach.

Graz, 30. Juni. Heute Vormittag ver­übte ein Schüler des ersten Staatsgymnasiums,

Namens Nasko, auf dem Gange vor dem Schul­zimmer einen Mordversuch gegen den Professor Sänger. Nasko, der 19 Jahre alt und in der achten Klasse ist, fragte den Professor Sänger, ob er durchkommen werde. Als dieser die Frage verneinte, zog Nasko einen Revolver Md schoß gegen die Brust des Professors, der zum Glück nur leicht verwundet ist. Der Fall erregt hier große Aufregung.

Bei den Landtagswahlen in den Stadtbe­zirken Böhmens verloren die Deutschen den Prager StadtbezirkJosefstadt", wo beide czechische Kandidaten durchdrangen. Die gerin­geren Majoritäten von drei und sechs Stimmen weisen auf einen harten Wahlkampf hin. Die Czechen besaßen diesen Bezirk bereits in zwei früheren Wahlperioden. Prag ist nun im künf­tigen Landtag ausschließlich von Czechen ver­treten. Die Niederlage der Deutschen soll der Schwenkung der Juden in der Josefstadt und der Wahlenthaltung der Beamten zuzuschreiben sein.

(Der Blutproceß.) Der schwerwiegendste Beweis, daß Esther Salymossy von den Juden ermordet worden ist, ist der Versuch der Ein-

ihnen meine Grüße und hier, Valentin, feiere unser Zusammentreffen so gut, als es eben im Dorfe geht mit ihnen!"

, Der Doktor schüttelte den größeren Theil des Inhalts seiner Börse in Valentins Hand.

»Ich danke dir, Friedrich," sagte dieser,deine Bestimmung wird M Ausführung kommen. Doch wenn meine Genossen jubelnd auf das Wohl des Spenders trinken, werde ich eine Thräne der Wehmuth in den vollen Becher gleiten lassen sind wir jetzt doch beide verlorene Söhne!"

Der Ton der Stimme Valentins wich merkwürdig von seiner frühe­ren Weise ab; es lag ein eigener Ausdruck des Schmerzes in derselben. Die Brüder reichten sich die Hände.

Adieu, Valentin!" sagte der Doktor.

Lebe wohl, Friedrich," erwiederte der Schauspieler, wendete sich dann ab und eilte mit schnellen Schritten davon.

Der Doktor gieng rasch seinem in einiger Entfernung haltenden Wagen zu.

Als Valentin seine Genossen erreichte, schwenkte er jubelnd den Mt und rief ihnen einige Worte zu; jene brachen infolge derselben in kn mehrmals wiederholtes Hurrah aus.

Der- Doktor sah noch einmal zurück und bestieg dann seinen Sitz.

befahl dem Kutscher, die Pferde flott auzutreiben, um möglichst schnell die Eisenbahn zu erreichen.

VI.

, Seit der Doktor Schmidt aus Benzen abgefahren, lag das Dorf >n fast lautloser Stille und Regungslosigkeit da.

Dem Landmanne niederen Standes ist meist nur an Sonn» und

Festtagen vergönnt, eine längere Mittagsruhe zu Hallen. Zur Sommer­zeit überläßt er sich an diesen Tagen einer solchen um so lieber, als zu derselben die Arbeitsstunden des Werktages nicht selten zu ungebührlicher Länge ausgedehnt werden.

In diese Sonutagsnachmittagsstille fiel nun der Einzug der Schau­spielertruppe mit einem Geräusch, welches jener ein sofortiges Ende be­reitete und die Dorfbewohner zu neuem Leben erweckte.

Die lustige Schaar des Herrn Theaterdirektor Paul Broeker hielt es nemlich für angemessen, ihr Eintreffen den künftigen Zuschauern so­fort durch Sang und Klang anzukündigen.

Zu diesem Zwecke hatten sämmtliche Schauspieler und Schau­spielerinnen die Wagen verlassen und sich vor denselben in Reih und Glied formirt. Als Kapellmeister fungirte Valentin Schmidt, der von allen die imposanteste Figur bildete, und auf seine mit einem derben Stock gegebenen Zeichen erschallte ein voller Chor, sowie die Gesellschaft die ersten Häuser der Dorfschaft erreicht hatte.

Der Erfolg dieser Leistung durfte durchschlagend genannt werden. Zunächst wurden verschiedene Köpfe in den Fenstern, sodann ganze Ge­stalten in den Thüren der Gebäude sichtbar. Die hoffnungsvolle Jugend des Dorfes eilte ^>on allen Seiten herbei, weniger um den gebotenen Ohrenschmaus zu genießen, als um die beiden, den Sängern folgenden Wagen zu bewundern, denn Häuser auf Rädern hatte man in Benzen noch nicht gesehen.

Das Auftauchen und die Annäherung der Dorfbewohner ward von den Künstlern durch verschiedene Improvisationen von Jauchzern und Jodlern begrüßt. Im übrigen bewegte sich der Zug ohne Aufent­halt und ohne daß Nachfrage gehalten ward, dem Wtrthshause zu und hielt vor demselben. (Fortsetzung folgt.)