Hilferufe des Opfers wurde der Zug angehalten und der Verbrecher festgenommen.
London. Ein Wettrennen zwischen einem in London wohlbekannten Velozipedisten und einem Schnellreiter fand dieser Tage unter großem Zulaufe in Leicester statt; für den Sieger war ein Preis von 1000 Mark ausgesetzt. Gleich anfangs gewann das treffliche Pferd einen bedeutenden Vorsprung, aber mit der Zeit verringerte sich die Entfernung zwischen dem Ve- lozipede und dem Traber, allein der erstere konnte trotz der größten Anstrengung den Vierfüßler nicht einholen. Gleichwohl ist der Zeitunterschied nicht groß, für das Pferd 16 Minuten 2 Sekunden, für das Velozipede 16 Minuten 30 Sekunden.
Alexandrien, 30. Juni. In Damiette starben einhundertundsieben Personen an der Cholera. In Mansurah sind von vier Erkrankten drei gestorben. (Reuters Bur.)
Die marokkanische Regierung gedenkt, um mit den Großstaaten Europas in nähere diplomatische Beziehungen zu treten, in Paris einen ständigen Gesandten zu bestellen und denselben zugleich auch für Wien, Berlin, Rom, London und Madrid zu beglaubigen. In Konstantinopel weilt schon seit etwa zwei Jahren eine marokkanische Gesandtschaft.
Rio de Janeiro. Unter Führung des katholischen Bischofs von Para und Amazonas gehen dortige Missionäre mit dem Plane um, eine Dampfschiff-Kathedrale zu gründen, die auf dem Amazonenstrome ab- und aufärts fahren soll, um den Bedürfnissen der katholischen Anwohner des gewaltigen Stromes nach geistlicher Erbauung zu genügen. Die besten Architekten Europas sollen zur Einsendung von Konkurrenzplänen für das eigenartige Bauwerk, das aus Dom und Pfarrhaus bestehen soll, aufgefordert werden.
(Amerikanisches.) Während einer kürzlich in Nashville im Staate Tennessee abgehaltenen Veteranenversammlung war auf der Festwiese ein Stand für Wurfübungen errichtet, auf welchen mit Kugeln nach den Schädeln lebender Neger geworfen wurde. Die „Niggers" standen hinter einem mit Leinwand verhängten Verschlaa und hatten die Köpfe durch in der Leinwand angebrachte Löcher zu stecken, um den Geschossen als Ziel zu dienen. Jeder Neger erhielt hierfür einen Tagelohn von 3 Dollar, wenn er aber, von Schmerz gepeinigt, vor Beendigung des Tagewerks davonlief, nichts.
Handel «nd Berkehr.
Altenstaig, 2. Juli. Die Heuernte geht in unserer Gegend in einigen Tagen ziemlich allgemein zu Ende. Diese fällt sowohl in Bezug auf Quantität als Qualität sehr gut aus und war auch vom Wetter, wenigstens in letzter Zeit recht begünstigt. — Trotz der enormen Ktrschenernte bekommt man hier keine billigen Kirschen; es muß das Pfund noch immer,
trotzdem es an den Bezugsquellen nur 7 bis 8 Pfg. kosten soll, mit 20 Pfg. bezahlt werden.
Pfalzgrafenweiler, 28.Juni. (Corr.) Der heutige Jahrmarkt war wegen der für die Heuernte günstigen Witterung, welche seit 14 Tagen sehr wechselte und verhältntßmätztg wenig Heu einbringen ließ, nur schwach besucht, schwächer als je einmal. Der Zutrieb an Vieh war gering, weßhalb auch die Händler, welche zum Theil schon Tags zuvor angäommen waren, nicht befriedigt werden konnten. Der von Einheimischen und Fremden vielfach ausged.ückje Wunsch, es möchte dieser Markt auf eine andere Zeit verlegt und etwa 14 Tage früher abgehalten werden, ist gewiß ein berechtigter. Ein Jahrmarkt in der Heuernte ist völlig werthlos.
Heilbronn, 29. Juni. (Wollmarkt.) Die Zufuhren Anfangs langsam, treffen jetzt in solcher Masse ein, daß das gewöhnlich hier zu Markte kommende Quantum vollständig erreicht wird.
Vermischtes.
(Sieben gute und eben so viel schlechte Angewöhnungen.) Auf dem gräflich Fürsten- berg'schen Schlöffe Adolphsberg im oberen Sauerlande finden sich nachstehende Inschriften. Die Originale find in lateinischer Schrift abgefaßt. Die Worte der Inschriften am Thorhause lau ten: Wahren Freunden steht offen das Thor, es schließt sich den Falschen. — Am Kamm des großen Rittersaales finden sich links bemerkt:
Sieben gute Angewohnheiten.
Im Privatleben Nüchternheit.
Im öffentlichen Leben Aufgeräumtheit.
Unter Genossen Gutthätigkeit.
Unter Fremden Zuvorkommenheit.
Bei Günstigem und Widrigem Gleichmüthigkeit.
In schwerem Unglück Wohlanständigkeit.
Unter Wohlthätern Charakterfestigkeit.
Rechts finden wir:
Sieben schlechte Angewohnheiten.
Geschwätzigkeit bei der Mahlzett.
Der empfangenen Wohlthaten Vergessenheit.
Unter Unbekannten Anmaßlichkett.
Gegen den Armen Verächtlichkeit.
Hochmnth gegenüber der Freundlichkeit.
Bei fremder Noch Hartherzigkeit.
Gegen bessern Rath Hartnäckigkeit.
(Kindermund.) Das Deutsche Montagsblatt erzählt: Vor einigen Tagen zog eine Kompagnie Soldaten mit klingendem Spiele durch das Potsdamer Viertel. Einer der „Arainer" dieses eleganten Quartiers tritt ans Fenster, hebt sein Sjähriges Töchterchen auf das Fensterbrett und zeigt diesem die Vorbetziehende Kriegerschaar. „Siehst Du, Käthchen, so ein Soldat war ich einmal auch." — Die Kleine stutzt und steht ihn groß an und fragt dann fast besorgt: „Und wer war denn damals mein Papa?"
(Der kleine Pessimist.) Vater: „Warum freust Du Dich denn gar nicht über die vielen Spielsachen, die Du zum Geburtstag bekommen hast?" Junge: „Weil ich an die vielen Schläge denk', die ich krieg', bis Alles zerschlagen istr*
Freiburg. Der Student Weidig Ist dieser Tage wegen Tödtung des Studenten Bel- gardt aus Berlin im Zweikampf zu 3</2 Jahren Festung verurtheilt worden. Die Mitangeklagten Mitglieder des Ehrengerichts wurden frei- gesprochen.
Letzter Tage ertrank das dreijährige Knäb- lein des Mühlenpächters Hensler in Müllheim im dortigen Mühlenbache. Ein kleiner Hofhund sprang dem Kinde in den Bach nach, jedoch zu schwach, dasselbe dem nassen Elemente zu entreißen, gab er ihm eine längere Strecke treu das Geleite und hütete beim Ausfluß in den Stadtbach, wo das verunglückte Knäblein auf das Steingerölle geschwemmt wurde, dessen Leiche.
Zittau, 26. Juni. Der „Volksztg." schreibt man: Als vor Kurzem eine zu einer zwölftägigen Uebung eingezogene Quote Reservisten entlassen wurde, exerzirte im Kasernenhofe eine Kompagnie Lmicntruppen. Einer der Mannschaften hatte nach der Meinung des Vizefeldwebels I. seine Exerzierpatronen nicht genügend geputzt. Der Feldwebel schlug deßhalb den Soldaten mit der Faust so oft und so lange ins Gesicht, bis dieses anschwoll und der Soldat sammt dem Gewehr zu Boden stürzte. Das Gewehr wurde durch den Fall beschädigt. Die Reservisten, die Zeugen der Mißhandlung waren, waren über die Brutalität des Feldwebels derart aufgebracht, daß sie Meldung erstatteten. Am Sonntag nun hat unser Regimentskommandeur, Herr Oberst v. Reyer, den Reservisten, der die Meldung unterzeichnet hatte, zu einer Besprechung vorgeladen und ihm da eröffnet, „daß es ihm (dem Oberst) sehr angenehm gewesen sei, daß er von dem Vorfall Kenntntß erhalten habe und daß er dafür Sorge tragen werde, solcher Wirthschaft ein Ende zu machen." Diese Erklärung wird nicht verfehlen, in den Kreisen unserer Bürgerschaft den günstigsten Eindruck zu hinterlassen.
Ausland.
Für die nächste Geschworenen-Sitzung in Bern ist auch der Gutsbesitzer Krebs, der bereits vor einigen Monaten sich mit seiner Frau getödtet hat, herausgeloost und zur Sitzung eingeladen worden. Erst nachher entdeckte man, daß derselbe nicht mehr zu haben sei — ein Seitenstück zu der seiner Zeit erfolgten Beförderung des Dr. Kälin in Einsiedeln als Sanitäts-Major, nachdem derselbe einige Monate zuvor bei der Wädensweil-Einsiedeln-Probefahrt umgekommen ist.
Rom, 29. Juni. Die Regierung verfügte eine 3tägige Quarantäne für Schiffe aus Egypten wegen der Cholera, eine 19tägige für Schiffe, welche Cholerafälle an Bord erlitten.
Calais. Schon wieder macht in Frankreich ein Attentat im Eisenbahnwagen viel von sich reden. Im Calais-Pariser Kurierzug suchte in der Nacht auf Freitag ein Engländer einen Geistlichen Whitbourn zu ermorden. Auf die
gewendet, fort, „wenn es mir auch nicht gerade lieb ist, dich in solcher Lage zu treffen."
„Bah, was liegt daran," meinte Valentin, während sich beide in Bewegung setzten, „man redete mir ein, ich besitz; eine gute, ausbildungs- Wge Stimme. Es war jedoch nichts damit. Dennoch habe ich einige Wale als Sänger die Bretter in der Residenz betreten und setze die Sache nun in anderer Weise fort. Es ist indessen nur eine Unterbrechung M Eintönigkeit meines früheren Daseins. Den Müllerknecht kann ich Wen Tag wieder spielen."
»Ich denke, es wird besser sein, als das Vagabondenleben," sagte der Arzt, „doch darüber sprechen wir noch einmal ausführlicher, wenn du Neigung hast, mich in der Hauptstadt zu besuchen. Für jetzt möchte ch dir Vorhalten, daß es mir nicht angemessen für dich scheinen will, m Benzen aufzutreten. Du hättest mir dadurch' unter Umstanden sogar einen sehr bösen Streich spielen können."
Valentin lachte laut auf.
„Du meinst des Alten wegen?" rief er munter. „Sei ohne Sorgen weme Mummerei hatte bereits den Zweck, mich unkenntlich zu machen. -Me gut ich denselben erreicht haben würde, geht am besten daraus hervor, daß ftlhst du mich nicht erkannt hast, als ich von dir erkannt sein s Hie- Ich weiß recht gut, daß es den Alten schwer kränken würde, ialls man mich' erkennen sollte. Doch ich gehe nicht darauf aus, ihm ^ine solche Kränkung zuzufügen. Wir spielen heute Abend unser Stück Munter und gehen noch in der Nacht wieder auf und davon. Ich meibe unerkannt und der Nachthauch verweht meine Spur. Doch was ronnte es dir schaden, wenn man in Benzen erführe, daß ich den Theater- iarren schieben helfe?"
Der Doktor antwortete nicht gleich, sondern sah einige Zeit nachdenklich vor sich hin.
„Jetzt allerdings nichts weiter," begann er endlich wieder, „doch ich muß dir sagen, Valentin, daß vor einiger Zeit meine Verlobung mit Johanna Müller und heute unser erstes Aufgebot stattgefunden —"
Der Doktor kam nicht weiter.
„Vivat! — Viktoria! — Gratulire!" schrie Valentin los, daß es weithin schallte, während er eine Art Jndianertanz begann, „die Verlobung — die Verlobten — das Aufgebot — hoch — Hurrah — und nochmals — l"
„Aber du Unband!" rief der Doktor ärgerlich und doch lachend, „so höre doch nur erst zu GMe!"
„Nichts, nichts will ich vorläufig weiter hören!" überschrie ihn der Bruder, nur freuen will ich mich, daß du endlich dein Ziel erreicht hast, du Glücklicher!"
Valentin warf die noch immer in seiner Hand befindliche Haartour und den Bart von sich. Ehe es sich der Doktor versah, hatte er seine Arme um denselben geschlungen und drückte ihn kräftig an seine Brust.
„Zum Henker mit deinem Uebermuth und der tollen Laune!" keuchte der Doktor, indem er sich der Umarmung des Bruders zu entziehen suchte, „es steht nur sehr wenig von Glück für mich am Himmel geschrieben, im Gegenthetl, ich gehe einer bösen Zeit entgegen, und wer es gut mit mir meint, der hat keine Ursache, sich darüber zu freuen."
„Ah!" machte Valentin, indem er zurücktrat und seine Requisiten wieder aus dem Staube auflas, „dann verzeihe mir Bruderherz — meine Freude sollte keine Schadenfreude sein."
„Das weiß ich wohl," meinte der Doktor, „höre mich nur ruhig an und bald wirst du klar sehen." (Fortsetzung folgt.)