zielt wurden. Außer den planmäßigen Ver­losungen von Staatspapteren, welche um mehr als 2 Millionen Mark die Staatsschuld verrin­gern, werden zwei Serien der Anleihe von 1869 w kleineren Stücken zu 150 M. und 75 M. im Gesammtbetrage von rund 1,6 Mill. Mark zur Rückzahlung im Ganzen für den 1. Januar 1881 gekündigt.

Ausland.

Wien, 16. Juni. Seit dem 12. Juni finden fortwährend Kämpfe zwischen den Alba­nesen und türkischen Truppen statt. Drei tür­kische Bataillone sind aufgerieben u. die Albanesen eroberten 3 Geschütze. Eine Einigung der Mselmännischen und griechisch-katholischen Al­banesen mit den katholischen Albanesen soll be­vorflehen.

In Galatz starb am vorletzten Freitag Frau Kath. Vergolici, die, wie die dortigen Blätter melden, das hohe Alter von 140 Jah­ren erreicht haben soll. Im Laufe ihrer langen irdischen Pilgerfahrt hatte die Greisin ihr Ge­hör und Sehvermögen fast gänzlich eingebüßt. Auch hatte sie die meisten ihrer Nachkommen überlebt und nur einige Urenkel folgten ihrem Sarge.

Paris, 15. Juni. Contreadmiral Pierre berichtete über die Beschießung von Majunga auf Madagaskar. Drei Forts, 30 Kanonen und 2000 Mann vertheidigten die Stadt. Die Aufforderung zur Uebergabe beantwortete der Kommandant in höhnischer Weise, worauf die Beschießung am 6. Juni Morgens erfolgte. Die Forts, welche das Feuer erwiderten, wurden rasch zum Schweigen gebracht. Die Handels­niederlagen erlitten keinen Schaden. Die Fran­zosen besetzten den Platz und erheben die Zoll- etnnahmen. Verwundungen sind nicht vorge­kommen.

Sunderland (England), 16. Juni. Nach Schluß der heutigen Kindervorstellung in Vik- tortahall entstand beim Ausgang aus dem Theater ein schreckliches Gedränge, wobei mehrere Personen niederfielen, während die Nachfolgenden über die Gefallenen hinwegschritten. Circa 50 bis 70 sollen umgekommen und 300 Personen uiehr oder weniger schwer verletzt sein.

Sunderland, Ostküste von England, Grafschaft Durhan, 18. Juni. Die Zahl der in Folge des Theatergedränge umgekommetten Kinder beträgt 186.

Katastrophe in Sunderland. Ueber das entsetzliche Vorkommniß, welchem in Sunderland, einer englischen Hafenstadt von 98000 Einwohner, 180 Kinder zum Opfer ge­fallen sind, liegt nunmehr folgender ausführlicher Bericht vor: Das Vergnügungs-Etablissement »Victoriahall", in welchem sich einZauber- Künstler" producirte, war mit 1200 Schulkindern im Alter von 4 bis 14 Jahren gefüllt. Nach Schluß der Vorstellung sollte eine Preisverthetlung stattfinden. Die auf der Galerie befindliche Kindermenge lief, um die Vertheilung nicht zu

versäumen, in stürmischer Hast die fünf bis sechs Fuß breite Treppe herab. Durch den An­sturm fiel die Thüre, welche zum Absperren der Treppe dient, in's Schloß. Der Ausgang war hiedurch plötzlich versperrt, was eine schreckliche Panik unter den Ktndern, welche sich plötzlich im Finstern befanden, hervorrief. Es entstand ein fürchterliches Gedränge. Die vordersten, in der Nähe der Thüre befindlichen Kinder wurden von den nachdrängenden, schrecklich schreienden Kindern niedergestoßen und zertreten. Als aus das Gekreisch der mit dem Tode ringenden Kleinen der Ausgang frei gemacht wurde, bot sich ein gräßlicher Anblick. Die Treppe war mit Leichen, verwundeten und halberstickten Kindern bedeckt. Durch das sofort eingeleitete Rettungswerk wur­den die noch lebenden Kinder in's Freie gebracht. Unmöglich läßt sich das verzweifelte Gebühren der herbeigeeilten Eltern schildern. Manche Eltern haben den Tod von drei bis vier Kindern zu beklagen. Auf dem Schreckensorte spielten sich haarsträubende Scenen ab. Man sah Greise sich aus dem Boden wahnsinnig vor Schmerz um den Tod ihrer geliebten Enkel wälzen, Väter rauften sich verzweifelt die Haare aus, Mütter starrten wie geistesabwesend in den Saal, der die schrecklich verstümmelten Reste ihrer Kinder barg. Eine Frau, der drei Kinder verunglückten, wurde tobsüchtig und mußte in das Hospital überführt werden. Ter Jammer und das Elend ist grenzenlos und spottet jeder Beschreibung. Den 18. Juni. Die Zahl der erstickten Kinder beträgt 200, alle im Alter von 5 bis 12 Jahren. Außerdem sind noch Arm-, Bein- und Rippenbrüche und massenhafte innere Verletzungen zu beklagen.

Die Behörden von Dublin sollen .einer vor Kurzem gegründeten geheimen Verbindung auf die Spur gekommen sein, welche bezweckt, alle Angeber, insbesondere James Carey, aus dem Wege zu räumen. Auf Grund dieser Ent­deckung wird Carey vorläufig noch im Gefängniß zurückbehalten. Sollte er indeß auf seiner Ent­lassung bestehen, so würde die Polizei es ab­lehnen, für seine Sicherheit länger verantwort­lich zu sein.

Handel ««d Verkehr.

(Reichsgerichtserkenntniß.) Ein Wechsel, der aus Wuchergeschäften entspringt, ist nach wie vor ein giltiger Wechsel; aber sowohl der bewucherte Acceptant des Wechsels, als der Aussteller, der unterzeichnet hat, um dem Wechsel­gläubiger als Bürge zu dienen, können der Wechselklage die Einrede aus dem Wechselgesetz entgegensetzen, wonach alle dem Wucherer ge­währten Vermögensvortheile (hier die Wechsel selbst) zurückgewährt werden müssen; und cs ist alsdann die Wechselklage ganz und gar abzu­weisen, sogar auch für den Betrag, den der Gläubiger wirklich dem Bewucherten bezahlt hat, und den er selbst nach dem Wuchergesetz zurück­fordern dürfte. (Erkenntniß vom 3. März 1883.)

Stuttgart, 18. Juni. (Landesprodukten­börse.) In den letzten 14 Tagen scheint nun in allen Produktionsländern der erwünschte Re­gen gefallen zu sein, trotzdem lauten die Be­richte über den Saatenstand von keinem Orte so überschwenglich, wie wir sie voriges Jahr zu lesen bekaüien, iin Gegentheil spricht man Heuer nur von einer Mittelernte,oder guten Miitekernte" und das ist auch das Prädikat, das für unsere im Felde stehende Ernte am besten passen dürfte. Wenn dessen ungeachtet die Getreidepreise sich zum Zurückgehen neigen, so ist dies lediglich dem Uebersluß zuzuschreiben, der von der vorigen außerordentlich reichen Ernte noch überall vorhanden ist und wovon ein gro­ßer Theil in die neue Ernte übergehen wird. Auf unserer heutigen Börse waren di? Käufer sehr zurückhaltend, und Verkäufer mußten eine Kleinigkeit im Preise nachgeben, im Allgemeinen ging das Geschäft schleppend.

Wir nottren per 100 Ktlogr.:

Weizen bayer. prima 19 M. 25 bis 19 M. 50 dto. Ungar, prima 23 M. 60 bis M. dto. rusi. fax. . 22 M. 25 bis 22 M. 75

dto. russ. (Azow) 20 M. 25 bis M.

Kernen . . . . 19 M. 50 bis M.

Haber .... 12 M. 40 bis 13 M. 4o

Stuttgart, 18. Juni. (Mehlbörse.) Preise per Sack von 100 Kilogr., Brutto für Netto, bet Abnahme größerer Posten:

Mehl Nr. 0 . . 34 M. bis 34 W. SO

Nr. 1 . . 31 M. 50 bis 32 M. 50

Nr. 2 . . 29 M. 50 bis 30 M. 50

Nr. 3 . . 27 M. bis 28 M. 50

Nr. 4 . . 22 M. 50 bis 24 M. 50

In ausländ. Mehlen wurden 200 Sack verkauft.

Ell Wangen, 13. Juni. Dem heutigen Vieh markt wurden zugeführt: 294 Ochsen, 269 Stiere, 270 Kühe und 226 Kalbeln, zus. 1059 Stück. Diese etwas geringe Zufuhr rührt davon her, weil unsere rationellen Landwirthe, in Ansehung der nahen Futterernte, welche nach Qualität und Quantität alle ihre Hoffnungen befriedigt, eine weitere Einschränkung ihres Viehstandes für nicht angezeigt halten. In Folge dessen waren auch die Angebote so hoch gehal­ten, daß der Umsatz sich blos auf den nothwen- digsten Bedarf beschränkte. Gesucht war vor­zugsweise Milch- und Fettvieh; die Preise hiel­ten sich auf der bisherigen Höhe: pro Zentner lebend. Gewicht für fette Ochsen und Stiere auf M. 34 bis M. 35,50, für fette Kühe und Kal­beln auf M. 29 bis M. 32,50.

Ulm, 16. Juni. (Wollmarkt.) Letz­ter Verkaufstag. Zu den gestern mitgetheilten Preisen gieng das Geschäft sehr lebhaft von statten und zwar so, daß für den heutigen Tag nur noch wenige Posten zu kaufen übrig blieben, und auch diese werden heute sicher ihre Abneh­mer finden. Hauptsächlich schwankte der Preis für gute Bastardwolle zwischen 152168 M., einzelne Posten lösten auch 170, 170 und 186 M.; deutsche Wolle 125-138 M.

One Zustimmung der Eltern der Verlobten einzusegnen, verbietet mir schon im allgemeinen meine Amtspflicht. In diesem Falle kommt jedoch «och meine Stellung Ihrem Vater gegenüber mit in Betracht. Der Herr von Mühlenschmidt hat die Verlobung zwischen Ihnen und meiner Toch­ter aufgehoben; mir bleibt nur noch übrig, in derselben Weise zu ant­worten, oder seine Anordnung stillschweigend hinzunehmen und dadurch M billigen. Beides läuft für Sie auf dasselbe hinaus. Denn durch letzteres sind mir die Hände so gut gebunden wie durch ersteres!"

Das gebe ich zu, Herr Prediger," antwortete der Doktor,doch uicht, daß Ihnen nur eine Nachahmung oder eine Duldung der Hand­lungsweise des Herrn von Mühlenschmidt freisteht. Es gibt noch einen dritten Weg, den Sie einschlagen können. Sie nehmen die Ausschreitungen des Herrn von Mühlenschmidt als dasjenige, was Sie wirklich sind uamlrch unbesonnene und unberechtigte Thorheiten, um ruhig Ihres Amtes Eter zu walten, also das Aufgebot fortzusetzen und dann seiner Zeit die Trauung Ihrer Tochter mit mir zu vollziehen!"

Wo denken Sie hin, junger Mann?!" rief der Prediger, zum er- itenmale wirklich heftig werdend.Was würde die Welt, was meine Vorgesetzte Behörde dazu sagen?"

Ich denke, diese würden Ihnen auch recht geben, Herr Prediger," ttwiderte der Doktor bestimmt,und die sogenannte Welt hat Ihnen so ?"ug wie mir etwas zu sagen. Außerdem können Sie sich dadurch die We Genugthuung gegen den Herrn von Mühlenschmidt selbst ver­schaffen!"

Der Prediger machte hastig eine abwehrende Handbewegung.

»Nur nichts, was einer Rache ähnlich steht!" sagte er mit from­mer Miene.

Der Doktor lächelte leicht.

Und doch wollen Sie mit dem Gegner," sagte er bedeutungsvoll, so strenge ins Gericht gehen, daß denselben schwere Strafe treffen müßte, wenn das Gesetz in seinem ganzen Umfange zur Anwendung käme? Doch verzeihen Sie! Meine verehrte zweite Mutter theure Jo­hanna liebe Marte kommt, laßt uns diesen sonst so menschen­freundlichen Herrn durch unsere gemeinschaftlichen Bitten rühren, damit er die Erinnerung an die erfahrene Widerwärtigkeit verliert und sich selbst sein besseres Ich wiederfindet!"

Die drei Damen eilten sofort herbei und alle vier Personen dran­gen auf den Prediger unter Bitten und Schmeichelworten ein. Der Pa­stor hatte sich, vielleicht um eine gewisse Verlegenheit, die er beim An­fänge der letzten Rede des Doktors empfand, zu verbergen, dem Fenster zugekehrt. Bei dem Anstürmen der vier Personen wendete er sich sofort zurück.

Laßt mich laßt mich!" sagte er, beide Arme zur Abwehr aus­streckend.Ich kann nicht nachgeben, ich kann nicht!"

In diesem Momente erschien der würdige Herr sonst keineswegs so hart und strenge, wenn auch nie ohne eine gewisse Festigkeit wie ein Priester des Heidenthums, welcher im Begriff steht, das eigene Kind zu opfern, dessen Freigabe die Bitte der seinen vergeblich zu erflehen suchten. Ja, sein ernstes Antlitz zeigte wirklich Härte und Strenge, nebenbei auch wohl etwas Eigensinn. (Fortsetzung folgt.)

(Lesefrucht.) Auch der Wille kann gebitder und in gewissem Sinne gelernt werden; und es thut nie mehr Noth, das auszusprechen, und zu wiederholen, als eben in unfern Tagen, wo Einbildungskraft und Verstand sich der üppigen Kultur erfreuen, während die eigentliche Kraft zum Handeln und Leben meist traurig daniederltegt.