Im Arrest verführten die beiden Gntedel einen Heidenspektakel und Betting fand es für gut, sein noch ganz gutes Schuhwerk zu zerreißen. Bezeichnend ist auch, daß die Bursche dem Schultheißen gegenüber erklärten, sie haben nicht im Sinne nach Rottweil zu laufen,man solle ihnen ein Fuhrwerk" bestellen! Nun, das Fuhr­werk wird den Herren vom Gericht aus schon bestellt werden, dürfte sie aber einem Bestim­mungsort zuführen, der ihren Wünschen doch nicht so recht entsprechen dürfte!

Göppingen, 4. Mat. Die Rapp'sche Willionenerbschaft macht in unserer Gegend wieder von sich reden. Oekonom Wagner im nahen Faurndau erläßt soeben an die Rapp'schen Erben eine Bekanntmachung, in welcher er mit­theilt, daß er von dem amerikanischen Advokaten Markworth aufgefordert worden sei, die Ver­mittlung zwischen demselben und den in Würt­temberg zerstreuten Erben zu übernehmen und bittet er daher die letzteren, sich mit ihm in's Benehmen zu setzen, ihm ihre Vollmachten zu übersenden und zugleich für Anfertigung der Stammbäume besorgt zu sein. Herr Markworth verlangt von jedem Stamm der Erbschastsinteres- senten bei Ausstellung der Vollmacht 200 M.

Aus dem Oberamt Gerabronn,3. Mai. Angesichts des vortheilhaften Geschäftsbetriebs der Molkerei in Gerabronn besteht nun auch in Kilchberg und Schrozberg die Absicht zur Er­richtung ähnlicher Anstalten. Beide Orte sind hinsichtlich ihrer Lage noch geeigneter dazu als unsere Oberamtsstadt. In Schrozberg steht das fürstliche Schloß u. in Kirchberg die Räum­lichkeit einer gegenwärtig außer Betrieb gesetzten Färberei zur Verfügung; hiebei träfe man an beiden Stationen eine größere Zahl von Ab­nehmern für die Magermilch, als in Gerabronn. So steht zu erwarten, daß die zweite, vielleicht auchchie dritte Molkerei schon im nächsten Herbste bei uns eingerichtet wird.

Deutsches Reich.

Potsdam, 4. Mai. Das Leichenbegäng- niß Schnlze-Delitzsch's, des Gründers der deutschen Genossenschaften, fand heute unter Teilnahme des Präsidiums und einer Deputation sämmtlicher Fraktionen des Reichstags wie des Landtags, von Vertretern der Genossenschaften aus allen Theilen Deutschlands, zahlreichen Gewerk- und politischen Vereinen statt. Dem Sarge vorausgetragen wurden vier Kränze vom Großherzog von Hessen, dem Reichstag, dem Landtag und dem Genoffenschaftsverbande; ein unabsehbarer Zug gab der Leiche das Geleite.

Die Hamburger sind beinahe stolz auf einen Landsmann von 14 Jahren. Im 5. Jahre mußte er sich zum Erstenmal rafiren lassen, im 6. Jahre war er so groß und stark wie ein Mann, ganz proportionirt, und ißt und trinkt wie ein 30jähriger Hamburger. Virchow hat ihn untersucht und ihn kopfschüttelnd für voll­ständig erwachsen und zum Manne ausgereift

erklärt. Und er ist noch zudem das zehnte Kind seiner Eltern.

Bremen, 4. Mai. Kapitän Peace vom SchiffeShields", in Liverpool angekommen, berichtet: Wir sprachen den DampferHabs­burg" am 28. April 9Vn Uhr Morgens auf 47,42 Grad nördlicher Breite und 17,5 Grad westlicher Länge. Der DampferHabsburg" steuerte nach Nordost und machte ungefähr 4 Meilen unter Segel. Wind: Südwest. Die Cornelia" war bet dem DampferHabsburg". Diese Nachricht ist dem nach derHabsburg" ausgesandten SchleppdampferCruizer" mit- getheilt worden.

In Düsseldorf hatte ein armer Tag­löhner 3000 Thaler geerbt, worauf er ein Herr- liches Leben begann. Erst wurden prachtvolle Möbel gekauft, die Frau gieng nur in seidenem Kleide und kaufte einen Kinderwagen für 75 M. Jetzt ist die Herrlichkeit aus, das Geld alle, die Frau im Asyl untergebracht und der Mann ein obdachloser Müßiggänger.

Am 20. März d. I. hatten sich die Wein­händler Gebrüder Leopold und Adolf Mayer von Neustadt wegen Weinfälschung vor den Schranken des Landgerichts Frankenthal zu verantworten. Letzter Tage nun wurden die Genannten wegen dringenden Verdachts der Anstiftung zum Meineide verhaftet. Ihrem Vater soll dasselbe bevorstehen.

Auf der Ludwtgsbahn Nürnberg-Fürth verlor jüngst ein Geschäftsmann ein Packet mit 67 000 M. in Werthpapieren. Dasselbe fand ein Condukteur, lieferte es dem Eigenthümer aus und erhielt von diesem eine Belohnung von - 1 Mark!

Mühlhausen. Nachdem die weitläufige Untersuchung in dem Mainzer Militärbefreiungs- Schwindel zu einem vorläufigen Abschluß ge­langt ist, sollte die Aburtheilung der Angeklag­ten in der Sitzung der Strafkammer hiesigen Landgerichts am Montag stattfinden. Einige der gegen hohe Kautionen vorläufig aus der Un­tersuchungshaft Entlassenen haben sich übrigens über die Grenze begeben und ist deren Kaution für verfallen erklärt.

Ausland.

Amsterdam. Auf der am 1. d. hier eröffneten internationalen Industrie-Ausstellung macht die deutsche Abtheilung gerechtes Aufsehen. Dieser Umstand erfüllt die französischen Blätter, wie aus ihren diesbezüglichen Berichten zu ersehen ist, mit nicht geringerem Unbehagen. Einen allerdings nur sehr zweifelhaften Trost erblicken sie aber darin, daß das reichsländische Element in der deutschen Abtheilung nicht vertreten ist, während einzelne in Paris etablierte elsäsfische Firmen die französische Ausstellung beschickt haben.

Unter den Damen New-Uorks kommt als Mittel gesunder Bewegung das Kegelspiel in die Mode. Es bestehen dort bereits zweiund­

zwanzig Damenklubs, zu denen natürlich männ­liche Verwandte Zugang haben.

(Die Bahnarbetten in Amerika) werden bekanntlich, allerdings auf Kosten der Solidität, mit geradezu unerhörter Schnelligkeit betrieben. Das beste Beispiel einer solchen Bauausführung bietet die Legung von 800 Kilometer Geleise (etwa die Entfernung von Berlin nach Parts) bei einer kanadischen Bahn. Die ganze Arbeit erforderte nur 5 Monate und ist erst kürzlich fertiggestellt worden. Im ganzen waren 196 Mann und 70 Pferde dabet beschäftigt. In einem Monat wurden beispielweise 159 Kilometer fertiggestellt, an einem Tage sogar 7245 Meter also nahezu eine deutsche Meile, und gar einmal in einer halben Stunde 800!

Handel «nd Verkehr.

Einige Aufmerksamkeit kann jetzt bei der Vereinnahmung von Goldstücken nicht schaden, da eine Anzahl kurfiren soll, bet denen der scharfe Rand mittelst eines Messers geglät­tet, bezw. abgeschabt ist. Viele kratzen die Fäl­scher natürlich nicht ab, aber wird das Geld­stück nachgewogen, verliert man doch wenigstens eine halbe Mark. Es ist vorgekommen, daß Leute aus Uebermuth an Goldstücken herum­gearbeitet und eine Kleinigkeit abgeschabt haben, solche seien auf die Bestimmung des Strafge­setzbuchs hingewtesen, welche dafür Gefängniß- strafe und nebenbei bis zu 3000 M. Geldbuße in Aussicht stellt, also bleiben lassen!

Vermischtes.

(Zum Kapitel der unfreiwilligen Komik.) Im neuen Görlitzer Anzeiger Nro.96 lesen wir: Unsere Sanitätspolizei hatte heute Vormittag ihr Augenmerk besonders auf die auf dem Wochenmarkte feilhaltenden Fleischer gerichtet. Von derselben wurden mehrere Lebern und Lungen auswärtiger Fleischer konfiszirt, weil sie von derselben als für Menschen ungenießbar erachtet wurden." Was jeden mit Entsetzen erfüllen wird, ist die Mittheilung, daß dort Menschenleber und Menschenlungen auf den Markt kamen. Man glaubt, ein Blatt aus einer Menschenfrefsergegend zu lesen. Von gleicher Komik ist ein Viehmarktsbericht der Neuen Würzburger Zeitung" folgenden In­halts:Norddeutsche Handelsleute nicht vertreten infolge dessen mangelte es an guten Gangochsen." So spricht das süddeutsche Blatt von den armen norddeutschen Handelsleuten!

(Die trauernde Wittwe.) Eine Dame, die vor drei Tagen ihren geliebten Gatten verloren, kommt weinend und jammernd zu ihrer Mutter. O, Mutter," ruft sie, die Augen verzweifelnd zum Himmel aufschlagendmein halbes Leben gäbe ich dafür, wenn ich die nächsten acht Tage erst hinter mir hätte!"Aber warum denn, mein Kind?" Die trauernde Wittwe sieht thränenden Auges auf das Bild des verstorbenen Gatten und antwortet wehmüthiz:Weil ich dann nicht mehr daran denke!"

Masse, dem Gehör nach ein großer Stein, stürzte an mir vorbei und unter mir ins Wasser, welches bis zu mir heraufspritzte. Im näch­sten Augenblick brach auch die spitze Felskante ab, an der ich hing der Stein hatte sie losgerisfen und während oben noch einmal das dämonische Lachen laut wurde und schaurig in der Tiefe nachhallte, sank tch, wie ich meinte, in mein nasses Grab. Mein Rival, wenn er es war, hatte sich meines Todes versichern wollen und mir für den Fall, daß ich nur mit zerschmetterten Gliedern unten angekommen, den Stein nachgesandt. Ich fiel aber nur wenige Fuß tief und das mich um­rauschende naßkalte Element kühlte mein fieberheißes Blut ab, mir die Besinnung wtederbringend und neuen Lebensmuth und neue Kräfte.

Gott hatte meinen Untergang, den Sieg des Bösen nicht gewollt. Sie lächeln. Ja, Sir, so kann selbst einmal ein handfester Digger, der Mst gerne um die Kirche herum nach dem Bierhause geht und mit Flüchen zum Heile seiner Seele nicht eben knausert, wieder zu seinem Kinderglauben und einem dankbaren Aufblick nach oben kommen, wo doch die Tiefe, der Staub, das Gold ein Auge unter sich gerichtet hat.

Ich war von dem Sturz, war von dem Stein nicht getödtet wor­den, schwamm vielmehr gesund wie ein Fisch in einem sehr ruhigen und scheinbar sehr tiefen Wasser. Im Schwimmen hatte ich was weg. So warf ich mich denn auf den Rücken, um mich von den gehabten An Krengungen zu erholen und meine Gedanken zu sammeln. Es war doch tmmer ein Wellengrab, da das Wasser rings von steilen Felswänden Augefaßt war, an denen emporzukltmmen ich als ein Ding der Unmög­lichkeit erkennen mußte.

^ Wie lange konnte ich mich noch so halten, wann mußten sich die .Wellen über mir schließen? Würde vielleicht jemand kommen, nach mir M suchen, mich in dein Schacht vermuthen, mich retten? Der Gedanke

ließ auf einen Augenblick mein Herz höher schlagen, aber nur auf einen Augenblick. Dann dachte ich an mein Abschiedswort, an Mary, an meinen rafstnirten Gegner, an meine Isoliertheit und an mein Gold. Was konnte, was würde er nicht damit anfangen.

Ja, Sir, ich sollte sterben und dachte im letzten Augenblicke an mein schönes Gold. Aber so ist der Mensch. Mancher Sterbende denkt ja zuletzt an seinen Nachlaß. Indem ich es im Geiste noch glitzern und die Diebes- und Mörderhand sich danach ausstrecken sah, erscholl noch einmal jener Donner aus der Höhe. Ich aber, anstatt den zweiten und letzten Todesboten willkommen zu heißen, stürzte ich mich mit echt mensch­lichem Instinkt in die Tiefe, um ihm zu entgehen. Hierbei gerteth ich nun in eine scheinbar rohrartige Oessnung der Felsenwand, die sich trichter­artig nach unten zu verengen schien. Nun erst hatte ich mein Schicksal besiegelt. In dem Bemühen, mich zurückzuarbeiten, gerteth ich nur tiefer hinein. Ich breitete die Arme nach rechts und links; die Oeffnung weitete nach unten zu wieder aus. Ich hing so halb und halb in der Enge, vermochte aber nicht auch meinen Leib hindurchzuzwängen. Plötz­lich gelang mir dies und ich schoß mit Pfeilgeschwindigkeit abwärts.

Eine zweite, breitere Wasserfläche hielt mich umfangen, dem Anschein nach ein unterirdischer See, zu dessen Höhe ich mich mit letzter Kraft emporarbeitete. Ich tauchte vorsichtig auf, denn tch fürchtete, daß, wie bei so vielen unterirdischen Seen, eine hängende Felswand dicht über dem Wasserspiegel ausgebreitet sein werde. Ich streckte die Arme vor, sie griffen in Luft und Luft drang in meinen geöffneten Mund, in meine Lungen; ich athmete, lebte wieder.

Und als ich nun die Augen aufschlug verharrte ich wie in einem Traum. Es war keine blendende Lichtfülle, welche da in mein Auge drang u. sich im Wasser spiegelte; nur Dämmerung hüllte mich ein. (Forts, f.)