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Von der öderen Nagold.

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Alienstaig, Samstag den 28. April.

1883.

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2 Die Arbeiter-Altersversorgung.

Den Schlußstein des sozialpolitischen Systems, das mit der jetzt im Reichstage berathenen Arbeiter-Krankenversicherung eingeführt wird und welches den Zweck verfolgt, die ärmeren Volksklassen wenigstens einigermaßen vor den Wechselfällen des Daseins sicherzustellen, bildet die Altersversorgung.

Da die kaiserliche Botschaft vom 14. d. die Alters- und Jnvalidenversorgung ausdrück- ' sich betont, so ist die öffentliche Besprechung dieser Ausgabe in den letzten Tagen wieder leb­hafter geworden, als dies noch bis vor Kurzem Angesichts der zur Berathung gestellten Kranken- und der noch in Vorberathung befindlichen Un­fallversicherungsvorlage der Fall war. Handelt es sich bei Erkrankung des Arbeiters meist nur um eine vorübergehende Nothlage, der durch Schaffung von den in dem betreffenden Gesetz vorgesehenen Kasseneinrichtungen einigermaßen vorgebeugt werden soll und verfolgt die Unfallversicherung den gleichen Zweck mit der Erweiterung, daß auch nach der Wiedergenesung des Verunglückten eine theilweise Unterstützung dann fortgeht, wenn die frühere Arbeitskraft nicht ganz wiederherzustellen war so hat die Alters- und Invalidenversicherung die Ausgabe, denInvaliden der Arbeit" an Stelle des sauren Bettelbrotes oder der Almosen aus der kom­munalen Armenkasse eine wohlerworbene Unter- stützungsberechtigung zu sichern, die nicht mit der moralisch drückenden Entziehung politi­scher Rechte zusammenfällt.

Die Erwerbsunfähigkeit des alten Arbei­ters, dessen Arbeitsertrag nicht ausreicht, um eine gewisse Kapitalsansammlung zu ermöglichen, ist gleichbedeutend mit Hilfsbedürftigkeit und gänzlicher Verarmung. Hier soll nun der Staat, die Vertretung der Gesammtheit, mit seinen Machtmitteln helfend eingreifen. Wie er es schon früher gethan mit der wirthfchaft- lichen Befreiung des Bauernstandes durch Ab­lösung der bäuerlichen Servituten und Real­lasten, so soll auch hier der Staat dem wirth- schaftlich Schwachen zu Hilfe kommen.

Allerdings bietet die Sache weit mehr Schwierigkeiten, als sich auf den ersten Blick erkennen läßt; denn wenn der Staat leistet, so muß er auch Gegenleistungen verlangen, und eine Arbeiter-Altersversicherung würde jährlich ul die Hunderte von Millionen Mark erfordern. Wer soll die Beiträge zahlen? Etwa die Ar­beiter allein? Oder die Arbeitgeber? Oder beide? Soll der Staat Zuschüsse geben? Das sind alles Fragen von der schwerwiegendsten Bedeut­ung, und sie werden noch weit überragt von den Fragen der Organisation, der Kontrolle und dergl.

Aber auch von diesen äußeren Dingen ab­gesehen, wird die Abgrenzung der Wirksamkeit der zu errichtenden Kassen nicht leicht sein.

Mit Rücksicht darauf, daß die Altersgrenze der Arbeitsfähigkeit in den verschiedenen Arbeiter­zweigen eine ganz verschiedene ist, wird nicht eine allgemeine Versicherungskasse für alle Arbeiter mit gleichen Terminen des Rentenge­nusses zu bilden sein, sondern es muß eine Trennung der Kassen nach Erwerbszweigen und Gefahrsklassen stattfinden und für jede Klasse auf Grund genauer statistischer Ermittelungen über die Lebensdauer in den einzelnen Erwerbs­zweigen der Termin des Rentengenusses beson­ders sestgestellt werden. Und wie der Anfang des Rentengenusses, so ist auch der Anfang der Versichernngspflichl nach den verschiedenen Er­werb szweigen verschieden zu bestimmen. Wei­tere Verschiedenheiten in Betreff der Höhe der Rente, werden durch die örtlichen Verhältnisse bedingt, da der Betrag, der zu der notwendig­sten Lebenserhaltung als unentbehrlich gilt, je nach der Gegend sehr verschieden ist.

Indessen die Schwierigkeiten dürfen vor der hohen Aufgabe nicht zurückschrecken und wie sich trotz der Bedenken, die sich ursprünglich ge­gen die Krankenversicherung geltend machten, jetzt alle Parteien an der Fertigstellung dieses Ge­setzes betheiligen, so wird es hoffentlich auch bei der Altersversicherung der Fall sein.

Tagespolitik.

Die betr. Reichstagskommission hat den Wedell'schen Börsensteuer-Gesetzentwurf in erster Lesung mit 9 gegen 7 Stimmen angenommen, doch ist zur zweiten Lesung eine Resolution des Abg. Fürsten Hatzfeld angekündigt, die dahin geht, den Reichskanzler aufzufordern, die Frage des Erlasses einer allgemeinen Börsenordnung und insbesondere einer wirksameren Besteuerung des gesummten Börsenverkehrs entweder auf Grundlage des Schlußnotenzwanges, oder auf Grundlage einer direkten Besteuerung des das Börsengeschäft gewerbsmäßig betreibenden Publi­kums, oder endlich unter Zuziehung von Sach­verständigen einer eingehenden Prüfung zu unter­werfen und danach dem Reichstage eine bezüg­liche Vorlage zu machen.

Der Chef der madagassischen Gesandt­schaft hat gleich nach seiner Ankunft dem Für­sten Bismarck ein Schreiben zugesandt, in wel­chem er denselben benachrichtigt, daß er im Aufträge der Königin von Madagaskar nach Berlin gekommen sei, um Berathungen über einen Handelsvertrag zwischen beiden Staaten anzubahnen, und den Reichskanzler um Bewillig­ung einer Audienz bittet.

Dem österreichischen Abgeordnetenhause ist ein Gesetzentwurf über Arbeiterwohnungen zugegangen. Danach sollen solche Wohngebäude, welche nur für die unbemittelte Bevölkerung, insbesondere Arbeiter errichtet werden, während dreißig Jahren von allen Staatssteuern befreit sein, falls die Jahresmiethe nicht mehr als 100 Gulden beträgt. Solche Wohngebäude dürfen nur zwei Wohnungen und keine Kellerwohnungen haben und genießen nur jene Erbauer die Steuer­freiheit, welche sich verpflichten, ihre Häuser den Miethern gegen dreißigjährige Tilgung u. höch­stens 5 Prozent Verzinsung zum Kostenpreise zu überlassen. Nur jene Häuser genießen die Steuerbefreiung, welche innerhalb 5 Jahren nach Wirksamkeit dieses Gesetzantrages erbaut werden.

Die kürzlich vorgenommene Annexion der Insel Neu-Guinea durch die englische Re­gierung von Australien erregt im Mutterlande das größte Aufsehen. Gelegentlich der über diese Angelegenheit stattgefundenen Interpellationen in den beiden Häusern des Parlaments drückte sich Lord Derby unbestimmt und vorsichtig, Herr Gladstone mißbilligend über die Maßregel aus.

Verschiedene Parlamentarier haben bereits ange­kündigt, daß sie demnächst einen Antrag stellen werden, worin sie erklären, daß die Annexion von Neu-Guinea nicht allein unvereinbar mit der von der Regierung kurz vor ihrem Amts­antritt erklärten Politik sei, sondern direkt der­selben widerstreiie. Man steht hieraus, daß die englische Ländergier nachgerade anfängt, auch in England selbst scharf kritisirt und verurtheilt zu werden.

In Petersburg hat die Staatspolizei mehrere vom Auslande heimlich dorthin zurück­gekehrte Nihilistenführer festgenommen. Es heißt, auch Wjera Saffulitsch, die vor mehreren Jah­ren durch ihren Angriff auf General Trepoff die Reihe der nihilistischen Attentate cröffnete und dann nach der Schweiz entkommen war, soll sich unter den Festgenommenen befinden.

Die öffentliche Meinung in den Ver­einigten Staaten ist, wie aus den Zeitungen ersichtlich, endlich zu der Ueberzeugung gekom­men, daß das gemeingefährliche Treiben der ir­ländischen Dynamithelden das Asylrecht verletze und energischere Gegenmaßrcgeln herausfordere. Hoffentlich wird dieser wunde Punkt der frei­heitlichen Gesetzgebung der Vereinigten Staaten demnächst auf dem Kongreß in Washington zur Svracke kommen.

Deutscher Reichstag.

In der Samstagsitzung erledigte endlich der Reichstag den ersten Abschnitt des Krankenver­sicherungs-Gesetzes (W13, den Versicherungs­zwang betreffend), indem er die Vorschläge der Kommission genehmigte, mithin die ländlichen Arbeiter, wie die Kommission vorgeschlagen hatte, unter die Bestimmungen dieses Gesetzes brachte. Aus dem Z 3 wurde indessen die von der Kom­mission hinzugefügte Bestimmung, wonach die­jenigen Personen, welche im Krankheitsfall auf Verpflegung in der Familie des Arbeitgebers oder auf Fortzahlung des Lohnes Anspruch ha­ben, auf ihren Antrag von der Versicherungs­pflicht zu befreien sind, mit Stimmengleichheit (102 gegen 102 Stimmen) wieder gestrichen. Auch die M 4 und 5Gemeinde-Kranken-Ver- stcherung" wurden im Wesentlichen nach den Kommisstonsvorschlägen angenommen und dann die Berathung abgebrochen.

Der Reichstag erledigte am Montag die W 612 des Krankenversicherungs-Gesetzes. Die Berathung darüber verlief in ruhiger, aber schleppender Weise, die Kommissionsbeschlüffe wurden sämmtlich angenommen, die Zusatzan­träge von Mitgliedern des Hauses wurden alle abgelehnt. Die Debatte selbst bot keine beson­ders hervorhebenswerthe Stellen.

Württembergischer Landtag.

Kammer der Abgeordneten.

Stuttgart, 24. April. (26. Sitzung.) Das Haus fährt in der Etatsberathung fort. Zu Kap. 114. Aus Holzgälten beantragt die Finanzkommission als Reinertrag in den Etat einzustellcn: pro 1883/84:8647 M., Pro 1884/85 8647 M. Berichterstatter Beutter begründet den Kommisstonsantrag und greift das Institut der Holzgärten an. Der Behauptung desselben, die Holzgärten arbeiteten in den letzten Jahren immer mit Verlust, tritt Vizepräsident Dr. Lenz entgegen und zeigt, daß diese Verluste nur scheinbare seien. DerStaatsminister nimmt sich in längerer Rede der Holzgärten an und sucht zu beweisen, daß diese den Holzhandel gefördert, nicht geschädigt haben und daß mit Aufhebung derselben keine Ersparniß erzielt werde. Becher schließt sich den beiden Vorrednern an und be­zeichnet die Holzgärten als Regulator und