ist nach Stuttgart in das Katharinenhospital verbracht worden.

Deutsches Reich.

In Berlin sind in der Zeit vom Sam­stag Abend bis Sonntag Abend sechs Selbst­morde konstatirt worden. In Wten steigern sich die Selbstmorde von Jahr zu Jahr. Wäh­rend im ersten Quartale des vorigen Jahres sich 49 Personen ums Leben brachten, sind es Heuer im gleichen Zeiträume 65.

Karlsruhe, 18. April. Der Hugstetter Prozeß ist vorüber, aber seine Nachwirkung grollt in der Presse noch lange nach, und es ist kein schmeichelhaftes Zeichen für unsere General­direktion, daß dis unabhängigen Blätter jeder Parteirichtung eine durchgreifende Prüfung un­seres Betriebssystems wünschen. Die Einen ver­langen Beseitigung bestimmter Persönlichkeiten, die Anderen begnügen sich mit einer gründlichen Revision des Systems, wieder Andere und diese zweifellos mit größtem Rechte, dringen darauf, daß eine Oberbehörde, die nicht aus Fachmän­nern besteht, den technischen Elementen größeren Einfluß einräume. In der That machte es auch keinen bestechenden Eindruck, daß einer der ober­sten Beamten bei der Verhandlung wiederholt bekennen mußte, er verstände nicht genug von der Sache, um definitiv urtheilen zu können. Nicht minder unangenehm war die Bemerkung, daß bestehende Vorschriften von Beamten ein­fach gewohnheitsmäßig nicht befolgt wurden; der schroffe Ton, dessen verschiedene Beamte sich gerechten und gesetzlichen Forderungen der Unter­gebenen gegenüber sich bedienten, die Benutzung eines schwachen Bahnkörpers und ungeeigneten Materials zu einem großen Zuge und noch so manch andere Dinge, die bei der Verhandlung das Tageslicht erblickten, werfen allerdings tiefe Schatten auf das bisher in so Hellen Farben gemalte Bild unseres badischen Bahnbetriebs. Zm Interesse der allgemeinen Verkehrssicherheit muß in kürzester Frist bessernde Hand angelegt Verden.

Karlsruhe, 20. April. Der Großher­zog hat unterm heutigen Tage an den Präsiden­ten des Großh. Ministeriums der Finanzen, Geheimerath Ellstätter, nachfolgendes Schrei­ben gerichtet:Mein lieber Gehetmerath Ell­stätter i Die wiederholten schweren Eisenbahn­unfälle im Laufe des vorigen Jahres und ins­besondere die tiefschmerzliche Katastrophe bet Hugstetten, welche so große Opfer an Menschen­leben herbeiführte und eine so große Zahl von Personen an ihrer Gesundheit schädigte, haben zu gerichtlichen Verhandlungen Anlaß gegeben, deren letzte jetzt erst ihren äußeren Abschluß gefunden hat. Damit ist der Forderung stren­ger Gerechtigkeit Genüge geschehen. Die Re­gierung aber hat noch eine ernste Aufgabe zu erfüllen, für deren sorgfältige Durchführung Ich Ihre bewährte Hingebung an die höheren Staats- interesfen in Anspruch nehme. Bei den Ver­handlungen über die genannten Unglücksfälle

sind mancherlei Mißstände im Bereich desWsen- bahnwesens zur Sprache gebracht worden, welche es wünschenswerth erscheinen lassen, denselben durch genaue Prüfung ihrer Ursachen näher zu treten. Wo die Abhilfe sofort in Angriff ge­nommen werden kann, wird es, wie Ich davon überzeugt bin, Ihr eifriges Bestreben sein, die geeigneten Vorkehrungen unverweilt ins Werk zu setzen. Ueber alle tiefer eingreifenden An­ordnungen beauftrage Ich Sie, Mir baldigst zum Großh. Staatsministerium umfassenden Vortrag zu erstatten und Mir die Ihnen nöthig scheinenden Anträge zu unterbreiten. Friedrich.

Bei Hohselb (Bawrn) wurde auf der Landstraße ein sterbender Handwerksbursche auf­gefunden. Der Unglückliche war thatsächlich verhungert und gab alsbald nach seiner Auf­findung den Geist auf.

Ausland.

Paris, 20. April. Ein Börsenbesucher, angeblich ein Deutscher Namens Altschuter, schoß gestern Abend auf dem Boulevard des Italiens in einem Anfall von Tobsucht mit einem Re­volver in die Menge und verwundete 3 Personen tödtltch.

Antwerpen. Seit einigen Tagen herrscht hier unter den Hafenarbeitern eine Revolte. Während einer Sitzung des Stadtraths, welcher über die unzufriedenen Arbeiter beschließen wollte, kam es zu Straßenaufläufen und wurden schließ­lich die Fenster des Rathhauses von der ver­sammelten Volksmenge mit Steinen eingewürfen. Mehrere Personen wurden verletzt. Verhaftun­gen fanden mehrere statt.

In Warschau versammelten sich am 17. ds. an 200 Studenten im Universitäts-Ge­bäude und verlangten vom Rektor Auskunft über die in Folge der Untersuchung wegen Jnsultir- ung des Universitäts-Curators vorgenommenen Verhaftungen. Dem Verlangen wurde nicht entsprochen. Das Universitäts-Gebäude ist von Polizei und Miliiär besetzt. Als Abends die Studenten sich durch das Einschreiten des Mili­tärs bedroht sahen, zerstreuten sie sich. Ein Namens-Verzeichniß ist ausgenommen.

Warschau, 19. April. Die Studenten- Unruhen dauerten gestern fort. Ueber 200 Re- ligirt" denen der Eingang in das Universitäts­gebäude verwehrt war, bildeten den ganzen Tag Zusammenrottungen. Sie zerstreuten sich erst gegen Abend, als Polizei, Gensdarmerie und Cavallerieabtheilungen die Krakauer Vorstadt und die umliegenden Straßen besetzten.

Handel «r»d Verkehr.

Altenstaig, 20. April. Briefe nach Amerika, so schreibt wiederholt der Sekretär des Generalpostmeisters aus iNew-Aork, müssen ausnahmslos die Adresse in lateinischer Schrift tragen, sehr deutlich geschrieben sein und stets den Namen des Staates, wo der betreffende Ort gelegen, genau angeben.

Ulm, 20. April. Seit etwa 8 Tagen

herrscht in der Tuchhalle reges Leben; gegen 100 Personen sind damit beschäftigt, die von der Korb- und Kinderwagenfabrik L. Bauhof hier beigeschafften Weiden zu entrinden und zu schälen. Es sind dies die seit neuerer Zeit bet uns eingeführten und schon vielfach gepflanzten französischen Korbweiden; sie werden, um das Schälen zu ermöglichen, zuvor in Dampf ge­sotten. Von Seiten der K. Centralstelle wird seit einigen Jahren sehr viel für Hebung der rationellen Wetdenzucht gethan und wir möchten auch an dieser Stelle den Landwirthen empfeh­len, sich mehr mit dem Anbau dieser edlen Korbweiden zu befassen, da der Ertrag schon im zweiten Jahre sehr lohnend wird. Es würde hiedurch der erst im Entstehen begriffenen Flecht­industrie bedeutender Vorschub geleistet, und manche arme Gegend und unbenützte Kraft konnte Beschäftigung finden.

Heilbronn, 21. April. Beim heutigen Kartoffelmarkt stellten sich die Preise wie folgt: gelbe 3 M. 80 bis 5 M., rothe 3 M. 85 bis

3 M. 90. frühe 5 M. 50, Wurstkartoffeln 4 M. 80 bis 5 M. 50, Bisguitkartoffeln 4 M. bis

4 M. 50.

(Genossenschasts-Wesen.) Die Handwerkerbank in Reutlingen erzielte einen Umsatz von 6458652 M. und gibt eine Divi­dende von 6 °/o; die Handwerkerbank in Rott­weil erzielte einen Umsatz von 5 473 941 M. 11 Pfg. und gibt eine Dividende von 5 °/g; die Spar- und Vorschußbank in Horb einen solchen von 362 416 M. und gibt 5°/ Dividende.

Vermischtes.

(Die Ott'schen Erben) finden sich bereits zahlreich in Würzburg ein, um ihr nunmehriges Vermögen bei dortigen Bankiers zu deponiren. Es kommen recht wunderlicheCapitalisten" da­bei zum Vorschein, die sich in ihre neue Lebens­lage noch gar nicht zu finden wissen. Da ist ein Taglöhner Philipp Henneberger in Klein- winderfeld, der bisher in den kümmerlichsten Verhältnissen lebte und plötzlich in Wien eine Belohnung von 222000 M. dafür erhielt, daß er mit Ott verwandt war. Der Mann hat 3 Kinder, davon das älteste, ein 21jähr. Mädchen die seit 6 Jahren Dienstmagd auf dem Lande war und sich auf einmal als vielbegehrte Parthie sieht. Aehnliche Fälle sind so viele in der Ge­gend des Taubergrundes, daß dort eine wirklich heitere Aufregung herrscht.

(Schlechtes Kompliment.) Fritzchen:Wo­hin gehst du denn, Mama?" Mama:Zur klugen Frau und will sehen, ob sie mir nichts über unser gestohlenes Silberzeug zu sagen weiß." Fritzchen:O, da gehe ich mit, Mama, ich habe noch nie eine kluge Frau gesehen."

(Fechterkühnheit.) Handwerksbursche (zu einer Kegelgesellschaft):Ein armer Reisender bittet um ein Schlafgeld." (Die Herren sam­meln untereinander und geben dem Handwerks­burschen 2 Mark.)Erlauben die Herren jetzt vielleicht, daß ich mitschiebe?"

hätte nun allerdings auch sein können, aber dieser Diebstahl hätte ja Mich, wie Sie wohl wissen, nicht bereichert. Auch hätte ich, wenn ich so davon gegangen wäre, meinen Zweck nicht erreicht."

Welchen Zweck?" stotterte Herr Bönning ton, näher tretend.

Auch Brough und der Major hatten sich genähert und hörten ge­spannt zu.

Inzwischen halte Samuel die Banknoten ergriffen und ohne die drei Männer, welche jede seiner Bewegungen verfolgten, auch nur eines Blickes zu würdigen, hielt er dieselben in die Flammen der beiden Ker­zen. Die Banknoten flackerten sogleich hell auf.

Bonnington stieß bei diesem Anblick einen schrecklichen Wuthschrei aus und klammerte sich wie rasend an das Kassengitter.

»Elender!" schrie er und rüttelte heftig an den Eisenstäben, die ^ zu zerbrechen suchte.Sie vernichten mein Vermögen!"

Das Ihrige und das meinige, Herr Bonnington!"

Meine Ehre ..."

Ich wußte es!"

Die meiner Kinder, meiner armen Lucy ..."

Samuel zuckte bei diesem Namen zusammen; er ließ eine Hand »oll Banknoten fallen und wischte sich die in Schweiß gebadete Stirn.

Ich wußte es!" wiederholte er dann mit dumpfer Stimme.

Bonnington rang die Hände vor Verzweiflung.

Großer Gott!" rief er.Der Mensch ist wahnsinnig .... er W weder mit meinen Bitten, noch mit meinen Thränen Erbarmen! -och bm verloren, entehrt."

Ja, ja, Herr, entehrt!" unterbrach ihn Samuel in grausamem Ton.

Das ist eine Schändlichkeit!"

Nein, eine Rache."

Aber was habe ich Ihnen denn gethan. Unglückseliger!" fragte Bonnnington.

Samuel schüttelte langsam den Kopf.Ganz gewiß nichts," sagte er, jedes Wort betonend.Ich war damals zu jung, ich zählte ja kaum fünf Jahre, ich begriff die Schmach und Schande noch gar nicht ... ich

habe ja auch gewartet!.Ich habe zehn Jahre lang die Bürde

dieser Erinnerung getragen, ich habe gelernt, Ihrem Namen zu fluchen und erst heute konnte ich meine arme Schwester rächen!"

Ihre Schwester?"

Denken Sie an Kalkutta!"

Was sagen Sie?"

Ich sage, Herr Bonnington, daß die Schuld vom 20. Juni 1818 endlich bezahlt ist und wir von diesem Augenblick an quitt sind!"

Mit diesen Worten öffnete Samuel Hampden ganz gelassen die Thür, welche nach Bonningtons Kabinet führte; aber kaum war er ein- getreten, als er betroffen zurückwich.

Er sah Miß Lucy auf den Knieen liegen, ihr Antlitz in Thränen gebadet.

Sie hier, Fräulein!" rief er bestürzt.

Ja, Herr Hampden!" entgegnete das junge Mädchen weinend.

Und Sie haben mich gehört?"

O! Sie sind sehr grausam gegen meinen armen Vater gewesen..»"

Wenn Sie wüßten ..."

Ich weiß alles!"

Aber wer hat es Ihnen denn gesagt?"

Ihre Schwester selbst."

Sie kennen dieselbe?"

Lucys Augen strahlten durch Thränen lächelnd.

(Fortsetzung folgt.)