New-Aork, 21. März. In der Einwanderung ist in den letzten Monaten eine merkliche Abnahme eingetreten. Nach dem neuesten Bericht des statistischen Bureaus in Washington betrug die Gesammteinwanderung in allen Häfen der Union während des vor. Febr. 17065 Mpfe, während sie für' denselben Monat des Vorjahrs 28247 betragen hatte. Deutschland stellte 5044 statt 8626. Nur aus Irland hat die Einwanderung zugenommen. Die Statistik der bis zum 28. Febr. der beiden Jahre reichenden 8 Monate weist eine ähnliche Abnahme der Einwanderung auf. Bei Deutschland stellt ft sich auf 101297 statt 125 230. Aber auch mit diesen 101297 deutschen Einwanderern während der mit dem letzten Febr. abschließenden 8 Monate steht der germanische Zuzug zur Bevölkerung der Ver. Staaten noch immer an der Spitze der Amerikawanderung überhaupt, eine Thatsache, welche für das letztere um so vorteilhafter ist, als die deutsche Einwanderung M großen Mehrzahl aus Bauern und Bauernfamilien besteht, welche den Landbezirken der Mw Heimaty Zuströmen, mithin, ungleich den Irländern, den städtischen Arbettermassen nur eine geringe Konkurrenz machen, wohl aber der städtischen Produktion mit der Zeit neue Absatzgebiete eröffnen. Neuerdings ist es namentlich auch der Groß-Westen und hier wieder vor allen Dingen der neue durch die Nord- Pacificbahn erschlossene Nordwesten von Dakotah, Montana, Nord-Idaho, Washington-Territorium und Ost-Oregon, welcher die Einwanderung Europas anzuziehen beginnt. Und in der That wird es nur der demnächstigen Vollendung dieses größten pacifischen Ueberlandschienenweges bedürfen, um durch ihn das letzte und in seiner Art reichste und schönste Zukunftskulturgebiet, das die Ver. Staaten der Welt noch geben konnten, eröffnet zu haben. Für die mit der reißend zunehmenden Besiedelung der Gebiete des Großen Westens naturgemäß zusammenhängende Jn- dianerfrage ist der jüngst erschienene Bericht des Judianerkommissars für das Jahr 1882 von Mmffe. Die letzten Jndianerkriege, von denen 2, der gegen die Modocs (1873) und gegen die Sioux (1876), sogar das Leben zweier Generale, Canbhs und Custers, kosteten, haben über die Zähl und Macht der Indianer die irrtümlichsten Vorstellungen im Auslande erweckt. Thatsache ist, daß es sogenannte wilde Indianer zur Zeit nirgends mehr im Bereich der Union gibt, daß sämmtliche Stämme, bezw. das, was von ihnen noch da ist auf Regierungsresevva- tionen internirt sind, und daß die Millionen von Rothhäuten, welche einst das Land vom Pacific bis zum Atlantic überschwärmten und beherrschten, auf einen mit jedem Jahre mehr hinschwindenden Rest von 260000 Köpfen zusammengeschrumpft sind, welche die Annäherung des Weißen ebensowenig vertragen, wie die eingeborenen Maoris von Neuseeland, und deren Tage daher mit derselben Bestimmtheit gezählt sind, tote die Ta'ge irgend einer menschlichen oder
thierischen Raffe, die noch im Kampf ums Dasein dem mächtigeren Feinde erlegen- ist. Mt Ausnahme der Staaten Michigan, Wisconsin und Minnesota, in denen sich einzelne Jndianer- enclaven mit im Ganzen 22000 Insassen befinden, gibt es östlich vom Mtssistppi gar keine Indianer mehr. Gegen 80000' find auf dem ausschließlich für eine Anzahl von Stämmen reservirten Jndianergebiet zwischen Kansas und Mexiko als Landbauer und Viehzüchter ansässig. Der Rest von 160 000 vertheilt sich auf ein Gebiet, welches etwa das Fünffache des Deutschen Reiches umfaßt und zur Zeit bereits von 4 Mill. Weißen besiedelt ist. Diese Zahlen allein lehren zur Genüge, daß der Indianer von gar keinem Belang mehr für die mächtig voran- schreitende Besiedlung des großen Westens' ist und daß die Zeit unmöglich mehr fern sein kann, wo er in den Felsengebirgen ebenso nur noch ein Gegenstand der GrintMirng und vielleicht der Dichtung seist wird; wie' er es jetzt schön seit Jahrzehnten inden Gebieten der Alleghanies- ist, in denen die Cooperschen Romane vom letzten Mohikaner und den rothen Jrokesenteufeln spielten.
(Schreckliches Eisenbahnunglück.) Unweit Cincinnati (Ohio) stürzte ein Eisenbahnzug von einem 50 Fuß hohen Damm herab; 80 Personen blieben todt, 60 sind zumeist schwer verwundet. Die' Misteri Waggons wurden zertrümmert.
Handel «ud Berkehr.
Stuttgart, 9., April. (M e hbbö-rse.) Preise per Sack von 100 Kilogr., Brutto für Netto bet Abnahme größerer Posten:
Mehl Nr. 0 . . 35 M. 50 bis — M. —
Nr. 1 . . 32 M. — bis 33 M. 50
Nr. 2 . . 30 M. — bis 31 M. 50
Nr. 3 . . 28 M. — bis 29 M. 50
Nr. 4 . . 23 M. — bis 24 M. 50
Der Verkehr im Mehlgeschäft war bet unveränderten Preisen beschränkt. An heutiger Börse sind von tnländ. Mehlen 580 Sack als verkauft zur Anzeige gekommen.
Stuttgart, 9. April. (Landesproduktenbörse.) Die Frühlingswitterung, welche vor acht Tagen einen recht wohlthätigen Einfluß ausüble, hat in den letzten Tagen der vergangenen Woche einer sehr niederen Temperatur, welche sich bei trockenem Nord- und Ostwind in der Nacht stets um den Gefrierpunkt bewegte, Platz gemacht. Nachtheile befürchtet man jedoch davon nicht. Der Verkehr in Getreide blieb fortwährend träge und wenn auch da und dort von einzelnen Plätzen eine festere Stimmung signali- sirt wurde, so folgte die Abschwächung auf dem Fuße nach, so daß wir heute ebensowenig eine Besserung der Preise erhoffen können, wie seither, doch scheint es, daß unser eigenes Erzeug- niß nach und nach mehr Verwendung findet, als dies seit Monaten der Fall war. Unsere heutige Börse verlief etwas lebhafter als vor
8 Tagen, allein es. herrschte bei den Käufer» immer noch große ZurückhalkuNtz.-
Wir notireü per 100 Kilogr.:
Weizen, niederösterr. 23 M. 5 sts 23 M. 25- dto. bayer. prima 19 M. 50 bis 20 M. 65
dto. ruff. .
. 23 M. —
bis 23 M 25
Kevnen .- . .
. 20 M. 60 bis 21 M 50
Haber . . .
. 11 M. 70 bis 13 M. 20
Nagold, den 7. April 1883.
Neuer Dinkel .
. . 6 80
6 48
6 —
Kernen . . .
. . 0 80
9 73
9 50
Haber . . .
. . 7 60
6 50
5 —
Gerste . . .
. . 8 20
7 91
7 30
Mühlfrucht
. . — —
8 50
- -.
Bohnen . . .
. . 7 80
7 21
7 —
Weizen . . .
. . 11 40
10 52
9 50
Roggen . . .
. . 9 —
8 91
8 60
Wicken . . .
. « — —
10 - -
-' -i
Linsen-Gerste .
. . — —
7 30
-'
Esparsamen .
. . — —
17 —
- —-
Calw, den 7. April 1883.
Dinkel . . .
7 —
- -
Haber . . .
. . 7 —
6 18
5 50
Wicken . . .
. . —-
11 50
— —
auf dem Wochenmarkt in Alteustatg am 11. April.
1 V 2 Kilo Butter ....... 90 Pfg.
2 Eier ..... . . . 9 u. 10 Pfg.
Vermischtes.
(Seltene Anhänglichkeit eines Thieres an die Heimath.) Kürzlich traf in München in ih- ,rem früheren Schlage eine Brieftaube ein, welche bei dem im Juli v. Jvs. veranstalveten Brtef- taubenwettflug von Men nach München be- thetligt, jedoch hiev nicht angekommen war. Das- Thier wurde jedenfalls unterwegs- gefangen unv kehrte, als der neue Besitzer sich seines Fangest sicher wähnte und dem Thiere freien Flug ließ, in die Heimath zurück.
(Des Ministers Gnade.) Dev Gefängniß- , Wärter im Strafhauso zu Mailand, Carüghi, hat vor einigen Tagen von einem in Cöuw verstorbenen Anverwandte«, das hübsche Sümmchen von 700 006 Lire geerbt, in Folge dessen er sich mit Erlaubniß seines Vorgesetzten nach der genannten Stadt begab. Vor einigen Tagen sollte er nun abermals nach Como gehen, konnte indeß die nöthtge Erlaubniß dazu nicht erhalten. Er nahm daher eigenmächtig! Urlaub und begab sich für einige Stunden nach Como, wurde jedoch bei seiner Heimkehr verhaftet und selbst in das Strafhaus gesteckt. Als der Justizminister von diesem Vorfälle vernahm, befahl er, den Sträfling sofort in Freiheit zu setze« und ertheilte ihm einen einmonatlichen Urlaub, damit er seine Erbschaft in Ruhe einheimsen könne.
Aus einzelnen Tropfen besteht das Meer, aus Augenblicken das Leben aus einer beständigen Verkettung rechtschaffener und wohlwollender Gesinnungen ir« Kleinen, die tugendhafte Gemüthsart im Großen, aus der daraus entspringenden Zufriedenheit jedes Augenblicks, die innige Glückseligkeit des ganzen Lebens.
Issaft abzulegen, weder seinem Prinzipal, noch Herrn Gus-Brough von Piccadilly!"
Mit diesen Worten schüttelte Herr GUT Samuel die Hand und nachdem- dieser ihm nvchuials seinen Dank ausgesprochen, entfernte er sich mit leichterem Herzen und freierer Stirn.
Kaum hatte er aber den Rücken gewendet, als das ehrenwerthe Mitglied der statistischen Gesellschaft in bedenklicher Unzufriedenheit den Kopf schüttelte.
»Hm, hm," murmelte er zwisGn den Zähnen, »der junge Mann Wagt da einen sonderbaren Weg ein, um sich das Vertrauen seiner -prinzipale zu gewinnen, aber Herr Bonnington ist mein bester Freund und ohne mein gegebenes Versprechen zu brechen, kann ich ihn wenigstens A^uen. Uebrigens schien mir der Samuel schon immer Schlechtes im vchKde zu führen und wer weiß, ob es noch Zeit ist!"
Wetter verfolgte Herr Gus-Brough aus Piccadilly seinen Gedanken- gang nicht. Herr Bonnington saß wenige Schrille von ihm, er trat auf M zu und nahm ihn lebhaft bei Seite.
sp ch »Boimington," sagte er in leisem, hastigem Ton, »ich muß Sie
»Mich-?" fragte Herr Bonnington.
. »Ja Sie selbst, und ich setze hinzu, mein Freund, daß es sich m eWas Wichtiges handelt."
Herr Bonnington machte große Angen und richtete sich auf. ..^..--Lassen Sie hören, Brough!" versetzte er mit einem Anflug vo Umm^aiäßiger Besorgniß. »Sollte auf der königliches Bank eine wiö "ge telegraphische Nachricht etngelaufen sein?"
»Ach, darum handelt es sich ja nicht!"
»Oder sollte mein Haus in Kalkutta seine Zahlungen eingestellt haben?"
»Auch das nicht."
»So erklären Sie sich doch!"
»Hören Sie, Bonnington, Sie haben, wenn ich mich «icht irre, einen gewissen Herrn Samuel Hampden in- Ihrem Geschäft."
»Ein scharmanter junger Mann!"
»Kennen Sie ihn?"
»Seit zwei Jahren, wo ev vom Kalkutta kam."
»Davon spreche ich nicht, mein Freund. Sagen Sie mir offen und auf Ehre und Gewissen, was halten Sie von ihm?"
»Nichts, als daß er uns in den zwei Jahren die besten Beweise seiner Ehrenhaftigkeit gegeben hat," sagte Herr Bonnington.
»Führt er ein regelmäßiges Leben?"
»Das denk' ich . . ."
»Und ist Ihnen niemals der Gedanke gekommen, er könnte Sie betrügen?"
»Nie!" entgegnete Herr Bonnington. »Uebrigens ist Herr Samuel Hampden keineswegs ein gewöhnlicher Kassierer, sondern er ist einer unserer ersten Afsocies und hat nicht weniger als 10 000 Pfund Sterling in unserem Hause."
»Und deßhalb glauben Sie sich sicher?"
Bonnington fing an zu lachen.
»Was hat Ihnen denn unser Freund gethan?" fragte er belustigt. »Ich habe Sie nie so gesehen. Haben Sie etwas über ihn gehört?"
»Das habe ich nicht gesagt," erwiedrrte Herr Brough, der allmählich verlegen wurde.
(Fortsetzung folgt.)