vorüberging, ohne daß Viele Verletzungen nach Hause brachten. — Es wird immer gemächlicher! Harmlose Kinder sind vor herumlaufenden Strolchen nicht mehr sicher! Am Hellen Tage, letzten Samstag Abend um 4 Uhr, hat ein solches Subjekt, dessen Persönlichkeit bis jetzt leider noch nicht festgestellt werden kon das 7jährige Kind des Hilfs-Weichenwärters Schöbe! in Rottweil, das auf einem Eckstein beim Steinhauer Huber'schen Haus saß, gegen die in der Nähe befindlichen Dunglegen hinuntergeschleppt, dort ihm einen schwarzen Gegenstand im Gesicht herumgerieben, daß dasselbe heute noch geschwärzt und angeschwollen ist, und ihm schließlich mit einem Taschenmesser den Daumen der linken Hand der Länge nach aufgeschlitzt. Auf das Schreien des malträtirten Knaben machte sich der elende Schuft flüchtig.
Neber das Vermögen nachstehender Personen wurde das Konkurs-Verfahren eingelestet: Gottlieb Stark, Kaufmann in Gaildorf; F. und W. Münch, off. Handelsgesellschaft in Stuttgart; -st Christ. Rehfuß, gew. Rosen- wirth in Waldsee.
Deutsches Reich.
Augsburg. Ein junges Mädchen in Osterburg wurde kürzlich durch die Prophezeiung einer alten Zigeunerin, daß es in einem halben Jahre sterben müsse, in unsägliche Angst versetzt und schließlich derart zur Verzweiflung gebracht, daß es selbst Hand an sich legte.
Ausland.
Wien, 8. Nov. Gestern Abend fand anläßlich der Auflösung der Schuhmacher-Gewerkschaft abermals eine Volksdemonstration in der Kaiserstraße (Bezirk Neubau) statt. Da d^s Einschreiten der Polizei fruchtlos war und die von Agitatoren bearbeitete Menge die verhafteten Rädelsführer gewaltsam befreien wollte, so wurden die Straßen durch Militär gesäubert.
Wien, 9. Novbr. Die Straßenkrawalle, in den westlichen Vororten riefen die peinlichste Sensation und Besorgnisse in der hiesigen Bevölkerung hervor. Es ist zweifellos, daß die Demonstrationen und die Widersetzlichkeit gegen die Behörde nicht von Arbeitern, sondern von ausländischen Agitatoren angezettelt wurde. Die Polizei nahm im Laufe der gestrigen Nacht und des heutigen Tages dreiundachtzig Verhaftungen vor. Nach einem Agitator, welcher Dienstag Nachts Geld und Zigarren unter die tumultui- renden Pöbelmassen vcrtheilte und den norddeutschen Dialekt sprach, wird eifrigst gefahndet.
(Fünfzig Jahre im Jrrenhause.) In der Wiener Landes-Jrrenanstalt ist der älteste Pflegling eine Dame, die seit 50 Jahren sich in der Anstalt befindet. Dieselbe, ein Fräulein v. G., bezieht eine kleine Pension und kam im Alter von 32 Jahren in die Anstalt. In ihrer Jugend hatte sie auf einem Balle die Bekanntschaft eines jungen Mannes gemacht, der sie jedoch verließ. Darüber grämte sie sich derart, daß sie in Wahnsinn verfiel. An Jedermann,
den sie sieht, richtet sie seit 50 Jahren stets die Frage: „Wann ist der nächste Ball?"
Serajew 0 . Die Polizeibehörde der Hauptstadt von Bosnien besitzt ein eigenthümliches Mittel, um unter erbitterten Feinden Versöhnung zu stiften. Zwei Kaufleute, welche sich öffentlich geohrfeigt hatten und trotz aller Ermahnungen des Schiedsrichters auf eine Versöhnung nicht eingehen wollten, wurden zu vierundzwanzig Stunden Polizeiarrest verurtheilt, welche Strafe beide in ein und derselben Zelle zubringen mußten. Am nächsten Morgen verließen die grimmigen Feinde als die besten Freunde das Lokal.
London, 6. Nov. Die Ex-Kaiserin Eugenie, hat, wie es heißt, ein Testament gemacht,Mraft dessen sie ihr Eigenthum dem Sohne des kaiserl. Thron-Prätendenten, dem Prinzen Viktor Napoleon, vermacht hat.
London, 6. Nov. Meldung der „N. fr. Presse": Einem der aufgesundenenBriese, welche Mohamed Zafer, einer der vertrautesten Be- rather des Sultans, auf dessen direkten Befehl an Arabi schickte, sind folgende Stellen zu entnehmen: „Der Sultan beauftragt mich, folgendes zu schreiben: Sie müssen vor allem Anderen trachten, die Macht des Sultans in Egypten zu konsolidiren und zu verhindern, daß Egypten in die Hände der räuberischen Fremden falle. Der Sultan vertraut hiebei ausschließlich auf Sie, da gewisse Jntriguanten in Konstantinopel und Egypten, von England gewonnen, ver- rätherischerweise die verfluchten Pläne Englands fördern. Alle diese Personen müssen von Ihnen scharf überwacht werden. Tewfik, welcher ebenfalls jener Klasse angehört, beweist durch seine Telegramme, daß er schwach und launenhaft ist. Der Sultan traut ihm deshalb eben so wenig, wie Ismail oder Halim. Er vertraut nur Ihnen." In demselben Briefe werden noch Vorsichtsmaßregeln empfohlen, wie die Korrespondenz zwischen dem Sultan und Arabi geheimgehalten und durch wen sie befördert werden müsse. In einem anderen Briefe, ebenfalls auf direkten Befehl des Sultans von dessen Sekretär Ratib an Arabi geschrieben, erklärt der Sultan, er könne nur Demjenigen trauen, welcher seine Souveränetät über Egypten bedingungslos anerkenne und diese Person sei Arabi. Dem Sultan liege nichts an der Person des Khedive, der künftige Herrscher Egyptens müsse ausschließlich des Sultans Souveränetät aufrecht erhalten.
Halifax (Neuschottland), 8. Nov. Das hiesige Armenhospital ist am 7. Nov. niedergebrannt. 31 in dem oberen Stockwerk des Hauses untergebrachte Kranke verbrannten jämmerlich. Das Feuer brach im Erdgeschoße aus und verbreitete sich durch die Aufzugswerke sehr rasch in das obere Stockwerk. Die Rettung der dort untergebrachten Kranken war unmöglich, weil das obere Stockwerk mit den vorhandenen Leitern nicht erreichbar war.
Alexandrien, 6. Nov. Von den für
die egpptische Gendarmerie angeworbenen Schweizern wurden wegen ungenügender Löhnung lebhafte Klagen geführt; die Regierung hat deß- halb beschlossen, dieselben auf ihre Kosten nach der Schweiz zurückzusenden; die Rückreise derselben erfolgt schon morgen.
Handel «rrd Verkehr.
Biber ach, 8. Nov. Viehmarkt. Handel lebhaft, Zufuhr ziemlich bedeutend, Fettvieh gesucht. Tendenz fest. Zugeführt 436 St., und zwar: 85 Zugochsen, mit einem lebenden Durchschnittsgewicht von 1000 bis 1400 Pfd. und einem Durchschnittserlös von 280 bis 380 M., 146 fette und trächtige Kühe, D.G. 750 bis 1100 Pfd., D.E. 150 bis 300 W-, 152 fette und trächtige Kalbeln, D.G. 600—1000 Pfd., D.E. 170—290 M., 22 Farren, D.G. 300 bis 1500 Pfd. D.E. 100-380 M., 31 kleine Rinder und Saugkälber, D.G. 90—300 Pfd., D.E. 30-130 M. Verkauft 416 St.
Bietigheim, 8. Nov. Schafmarkt. Zugetrieben: 33 Heerden mit etwa 2500 Stück Handel äußerst lebhaft, mehr als Vs verkauft, Preise etwas gesunken; das P. Hämmel 98 M., Mutterschafe 65 M., Jährlingshämmel 46 bis 53 M-, Göltschafe 34., Lämmer 39 M., Brakschafe 37-56 M.
(Das Alter der Pferde zu erkennen). Eines Tages kam ich mit einem Farmer aus Alabama zusammen, welcher mir eine Belehrung zukommen ließ, wie man sich über das Alter eines Pferdes vergewissern kann, nachdem es einmal 8 Jahre geworden; mir war das Merkmal vollkommen neu und wahrscheinlich dürfte es den meisten Lesern unbekannt sein. Die Sache verhält sich so: Wenn das Pferd 9 Jahre hinter sich hat, dann bekommt es eine Runzel in das Augenlid, und in der oberen Ecke des unteren Lides, und in jedem weiteren Jahre bildet sich eine neue solche wohlentwickelte Runzel. Wenn ein Pferd beispielsweise drei solche Runzeln hat, so ist ei zwölf, wenn vier, so ist es dreizehn Jahre aV. Man brauch: die Anzahl der Runzeln nur zu der Ziffer neun zu addiren, und man hat sicher das Alter des Pferdes.
Sanitaire Vorsichtsmaßregel. Bei
Temperaturwechsel, welchem wir zur jetzigen Jahreszeit öfter unterworfen sind, wodurch Katarrhe, Husten und ähnliche Belästigungen der Athmungsorgane entstehen, machen wir auf die Vorzüglichkeit des ächten rheinischen Trmuben-Brust-Honigs von W. H. Ztckenheimer in Mainz hiermit aufmerksam. Dieses schleimlösende, sich durch köstlichen Geschmack auszeichnende Traubenpräparat ist in vielen Familien als nie versagendes Hausmittel adoptirt, nicht allein zur Milderung und Beseitigung bereits entstandener Uebel, sondern auch zur Vorbeugung derselben. Der Verkauf ist am hiesigen Platze Herrn Chr. Burghard übertragen.
einem der leerstehenden oberen Zimmer des alten Hauses an. Das Bettzeug der verstorbenen Frau ward zusammengesucht und am Fußboden zu einem wenigstens einigermaßen weichen Lager hergerichtet, auf das man den Obersten hinlegte.
Der Bauer sandte einen seiner Knechte zu Pferde nach dem Arzt in die Hauptstadt und setzte sich mit der Magd zusammen zur Nachtwache an die Ruhestatt des Kranken, der anfänglich etwas zu phanta- siren begann, dann aber bald in Schlaf verfiel.
Sivera, die gleichfalls von dem plötzlich hereingebrochenen Vorfall kindlich aufgeregt neben dem ängstlichen Transport mit zum Btrkenhof geschritten war, hatte sich drunten von Geerbt verabschiedet, da die Großmutter sonst in Sorge um sie sein werde, und sagte noch beim Fortgehen, ernsthaft den Kopf schüttelnd:
„Siehst du wohl, ich wußt's immer, daß die Eisenbahn nichts Gutes brächte, darum könnt' ich sie nicht leiden!"
Dann war der Knabe ebenfalls überall mit Handleistungen geschickt zur Stelle, und so gelangte allmählich die Aufregung im Birkenhof wieder zur Ruhe.
Durch die stille, Helle Sommernacht schlug es vom Dorf her ein Uhr Morgens, als Geerbt zum letzten Male mit einem Krug frischen Wassers die Treppe Hinaufstieg. Da stand etwas Dunkles im Halblicht des Flurs droben und sagte schluchzenden Tones, als er vorüberkam:
„Ich bin so müde, wo soll ich denn schlafen?"
Es war die Tochter des Obersten, die völlig vergessen bisher in einer Ecke des Krankenzimmers gesessen. Niemand hatte an ihr Vorhandensein gedacht und auch Geerbt wußte im ersten Augenblick auf ihre Frage keinerlei Antwort.
„Schlafen?" wiederholte er. „Ja, natürlich — du willst auch schlafen — aber wo?"
Sie antwortete:
„In einem anderen Fremdenzimmer, zeig's mir nur. Und hungrig bin ich auch."
Er stand einige Augenblicke nachdenklich und sagte nur abermals:
„Ja wo? Natürlich mußt du schlafen — aber worauf?"
Dann rief er: „Wart'! Ich komme gleich!" flog die Treppe hinunter und kehrte mit seinem Bettzeug, das er zusammengerafft, zurück. Das rrug er in das Zimmer, worin Sivera ihre Sammlungen aufbewahrte, schob von einer Wandseite die Kästen und Scherben fort und richtete dort ein Lager auf der Erde her.
Der Mond schien so voll herein, daß kein anderes Licht erforderlich war und warf ein Schattengitternetz der kleinen in Blei gefaßten Scheiben auf den Fußboden. Darüber freute das Mädchen sich und meinte, bei ihr zu Hause seien die Fenster viel höher und größer, aber dies sei hübscher und habe sie noch nie gesehen. Der Knabe eilte jedoch wieder hinunter, um eine mit frischer Butter bestrichene Brotschnitte zu holen; die kleine Vergessene sah ihn dankbar an und sagte:
„Wenn Du nicht wärst, würde niemand hier an mich denken. Der arme Pappa kann's ja nicht und die andern sehen alle schrecklich dumm aus und haben wohl gar keine Gedanken im Kopf."
(Fortsetzung folgt.)
L e s e f r u ch t.
Die Leiden sind wie die Gewitterwolken; in der Ferne sehen sie schwarz aus, über uns kaum grau.
Jean Paul.