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Intelligenz- L Anzeige-Matt
Von der oberen Nagold.
Dieses Blatt erscheint wöchentlich drei Mal und zwar: Dienstag, Donnerstag und Samstag.
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im OA.-Bezirk , P,. außerhalb 1 Mk.
Jnseratenaufgabe spätestens Morg. 10 Uhr am Tage vor dem jeweilige Erscheinen.
Mr. 133.
Menstarg, Samstag dm 11. Wovemöer.
1882.
Bei den im Herbst d. Js. zu Reutlingen, Mezingen und Künzelsau vorgeuomr enen t. Dienstprüfungen wurden u. a. nachstehende Lehramtskandidaten für befähigt erklärt: Bäßler, Karl, von Nltenstaig; Lank, Friedrich, von Calw; M aulb etsch, I., von Göttelfingen; Reichert, E., von Rohrdorf; Schaible, Friedrich, von Gaugenwald; Walter, Heinrich, von Calw; Wößner, Matth., von Ueberberg.
Die Postassistentenstelle in Nagold wurde dem Post- praktikanten I. Klasse Schüler in Stuttgart übertragen.
D Die Anarchisten und die Regierungen.
Sonderbar, daß es einem großen Theil der Menschheit so schwer wird, eine Grenze zwischen Freiheit und Zuchtlosigkeit zu ziehen und demgemäß seine Handlungen einzurichten. Ein Jeder womöglich hängt der „Freiheit, die ich meine" an und vergißt dabei jegliche Rücksichtnahme auf seine gleichberechtigten Mitmenschen. Eine wahre Freiheit kann immer nur mit Ordnung gepaart bestehen; kraftvoll und einsichtig gehandhabte Gesetze müssen diese Ordnung vor den Ausschreitungen einer mißverstandenen Freiheit sicherstellen.
Die Kämpfe der Parteien sind zum allergrößten Theile darauf gerichtet, die Freiheiten des Volkes einzuengen oder zu erweitern. Beide Bestrebungen nehmen das vermeintlich erhöhte Wohl des ganzen Volkes und des Einzelnen zum Ausgang und oftmals treffen die Geister hart im Kampfe aufeinander. Das Resultat dieses geistigen Kampfes ist die fortschreitende Entwickelung, die weder von der erneu Seite dauernd gehemmt, noch von der andern Seite über das natürliche Tempo hinaus gefördert werden kann.
Die gefährlichsten Elemente der bürgerlichen Gesellschaft sind diejenigen, denen die naturgemäße Entwickelung viel zu langsam geht und die deshalb das Rad der Weltgeschichte gewaltsam in eine schnellere Gangart versetzen möchten. Diese Bestrebungen treten bei den verschie- ^ denen Völkern je nach deren Staatseinrichtungen und sozialen Verhältnissen auch verschieden auf. Nihilisten, Sozialdemokraten, Kommunisten, Fenier, Jrredentisten und wie sie sonst noch heißen rügen, sind in ihrem Grundprinzip mit einander eng verwandt; sie alle erstreben die höchste Glückseligkeit der Menschheit durch Revolution, gewaltsamen Umsturz der bestehenden Verhält
nisse und der vermeintlich gute Zweck heiligt in ihren Augen die verwerflichsten Mittel. Von der Tribüne des deutschen Reichstages herab unternahm es ein sozialistischer Abgeordneter, die Greuel der Pariser Commune zu vertheidigen, die Most'sche „Freiheit" in London feierte enthusiastisch den Fürstenmord und die französischen Volksredner der neuesten Zeit empfehlen Dynamit als Radikalmittel gegen die Gebrechen der Modernen Gesellschaft.
Die Regierungen der Großmächte haben schon zu verschiedenen Malen den Versuch einer gemeinsamen Bekämpfung der gekennzeichneten, Staat und Gesellschaft unterwühlenden Bestrebungen gemacht: bisher ohne den gewünschten Erfolg. England, Frankreich und die Schweiz verhielten sich dagegen ablehnend und das Völkerrecht gibt keine Mittel an die Hand, dem Krebsschaden beizukommen. Frankreich selber befindet sich gegenwärtig in einer sehr üblen Lage. Die Schweiz hat bekanntlich im vorigen Jahre den obersten Leiter der Nihilisten, den Fürsten Kra- potkin, infolge höchst aufreizender Reden, die er nicht einmal in der Schweiz selber, sondern in London gehalten hatte, ausgewiesen. Krapotkin lebt seitdem unbeanstandet in Paris. Jetzt kommt aber Frankreich und beklagt sich trotzdem, daß die Fäden der anarchischen Umtriebe in Frankreich zum Theil nach der Schweiz liefen. Jetzt soll die Schweiz den französischen Polizeidiener machen; als aber Rußland und Deutschland seiner Zeit in Bern Vorstellungen machen wollten, konnte sich die Schweiz, den Rücken ourch Frankreich gedeckt, auf die Asylfreiheit und dergleichen berufen.
Man wird sich hiernach erklären können, warum die mitteleuropäischen Mächte jetzt der Sache frostig gegenüberstehen; Frankreich mag zusehen, wie es der von ihm selbst heraufbeschworenen Gefahren Herr wird.
Tagespolitik.
— Das Interesse, mit welchem man in weiteren Kreisen der Reichstagsverhandlung über den Antrag auf Entschädigung unschuldig Ver- urtheilter oder in Untersuchungshaft gehaltener Personen entgegensieht, ist im Zunehmen begriffen, seitdem verlautet, daß die Reichsregie
rung in der That dieser Angelegenheit lebhafte Beachtung widmet und geneigt ist, eine Ergänzung des Strafgesetzbuches in dieser Richtung eintreten zu lassen.
— Der bekannte sozialdemokratische Reichstagsabgeordnete v. Vollmar theilt einem süddeutschen Blatte mit, daß die Nachricht, die Sozialdemokraten hätten Schloß Wyden in der Schweiz angekauft, um dort ungestört ihre Zusammenkünfte halten zu können, erfunden sei.
— In Wien versuchten an einem der letzten Abende mehrere Hundert Schuhmacher e.nen großen sozialistischen Krawall in Szene zu setzen. Doch gelang es den Behörden, nach mehreren Verhaftungen die Bewegung niederzudrucken.
— Das frauzös. Ministerium Duclerc beabsichtigt mit einem festen Programm vor die demnächst zu eröffnenden Kammern zu treten und dadurch ein Votum zu seinen Gunsten zu erzielen. Nach neueren Berichten wird die ministerielle Erklärung folgendes besagen: Das Ziel der Regierung war und ist, die Spaltungen innerhalb der republikanischen Partei zu verwischen. Die Regierung wird alle factiösen Kundgebungen, woher dieselben immer kommen, unterdrücken. Auf wirthschaftlichem Gebiete werde sie sich nur mit allgemeinen Interessen beschäftigen. Die Votirung der Gesetze über die Mtlitärorganisation werde die Regierung entschlossen in die Hand nehmen. Die Beziehungen zu den Mächten seien gut. Die Politik Frankreichs werde weder eine Politik der Provokation, noch eine Politik des VerwischenS sein.
— In Tunis haben bereits die Franzosen ihrem Schützling, dem Bet, mehrere neue Minister diktiert, nachdem die bisherigen aus „Gesundheitsrücksichten" ihren Abschied genommen hatten. Die ^bisherigen tunesischen Ministerien des Krieges und der Marine sind aufgehoben worden; denn ihre Geschäfte übernimmt die Republik, welche französische Offiziere mit der Festungspoltzei betraut. Durch diese Aen- derungen werden die bisherigen Rechte des Scheinherrschers abermals gewaltig beschnitten.
— Die in letzter Zeit vielfach von der deutschen Presse erhobenen Beschwerden über die Ausschreitungen gegen die deutsche Bevölkerung
Stern und Irrlicht.
Novelle von r^ilUslinMsiissii.
es
(Fortsetzung.)
von Geerdt's Munde,
doch das Mädchen
Wenn
Unwillkürlich flog rief hastig:
„Nein, sag's nicht! Ein Gespenst ist's! Komm!"
„Was willst Du?" fragte er. „Komm, wir wollen zu ihr. man den Gespenstern entgegengeht, werden sie zu Lust!"
Sie hielt ängstlich seine Hände und bat:
„Nein, laß uns fort. Es ist spät wir müssen nach Hause!"
Aber er hörte nicht darauf, sondern lief wie von einem magischen Zauber angezogen, auf das nächtige Gebild zu. Fast hatte er dasselbe erreicht, da brach auf einmal sein Fuß durch den Boden, er stürzte vornüber und schlug platschend in eine Wasserlache hinein.
Ein tiefer Sumpfgrund zog einen undurchschreitbaren Gürtel zwischen Geerbt und der lockenden Märchcngestalt; wie er sich mit Mühe aus dem Bruch wieder auf festen Boden herausarbeitete, schlug ein Helles schadenfrohes Lachen hinter ihm von Siveras Lippen auf:
„Das geschah Dir recht!"
„Warum?" fragte er, von dem Ton gereizt.
„Weil Du mir versprochen, nicht zu ihr zugehen, u. wortbrüchig warst!"
Das brachte ihn trotzig auf.
„Nun will ichs grad', denn ich lasse mich nicht auslachen!" und machte Anstalt, von einer anderen Seite sein Ziel zu erreichen.
Sein ganzes Wesen war verändert, etwas fremdartig Beharrliches, Eigenwilliges lag darin, daß das Mädchen ihn erschrocken ansah. Sie hielt ihn wieder und sagte stockend:
„Es war häßlich von mir und unrecht, ich bitte Dich, Geerdt komm' — thu's mir zulieb'."
„Weshalb? Was man sich vornimmt, muß man auch durchsetzen. Ich lasse mich nicht abschrccken!"
„Es ist schon so spät — ich fürchte mich."
„Zehn Uhr wird's sein —"
„Nein, elf, da kommt schon der Nachtzug."
Mechanisch hielt der Knabe von seinem Vorhaben inne und horchte auf.
Durch die weite Stille kam es aus Süden dröhnend und hämmernd daher, das Echo eines Holzrandes verstärkte brausend den Schall, dann erlosch er wieder zu dumpferer Mattigkeit und schwoll abermals, näher heranrückend auf.
Eine Weile lauschten die beiden Kinder; darauf sagte Geerdt:
„Komm', Vera! Es muß doch schön sein, wenn er im Mondlicht vorübersaust. Das haben wir noch nie gesehen."
Sie waren nicht weit von dem Damm und Sivera war es jetzt nicht mehr zu spät, sondern sie antwortete freudig „Ja" und lief Hand in Hand mit ihm vorwärts. Aber der Zug kam dennoch schneller als sie, rasselnd, schnaubend donnerte er vorbei.
Da plötzlich schnitt ein Klirren, Kreischen und Knirschen, ein hundertstimmiger Aufschrei durch die Nacht. Ein Schüttern und Krachen folgte, als berste die Welt entzwei, dann ward es einen Herzschlag lang still und dann brach ein wirres Durcheinander von Rusen, Jammern und tausend Tönen in die Mondhelle.
Unfern von den athemlos herbcistürzenden Kindern lag die Lokomotive wie ein verendendes Thier, das sich im Todeskampf in den Boden gräbt, zischend, noch fortwühlend, von zerrissenen Schienen umgittert am Rand des Dammes, hinter ihr der umgestürzte Tender, dessen Koh-