gäbe, von der fie bisher befreit waren, beige­zogen.

(Landtags-Candtdaturen.) Im Reutlinger Amt hat Kaufmann N. Wend- ler von Gomaringen auf allseitiges Ersuchen die Candidatur angenommen. In Eßlingen wird außer der Candidatur des seitherigen Ver­treters, des Herrn K. Mayer, diejenige des Hrn. Gemeinderath und Goldarbeiter W. Morlock aufgestellt. In Betreff der Wahl eines Ab­geordneten wird sich im Haller Bezirk keine besondere Wahlagitation entwickeln, da Schult­heiß Haigold in Thüngenthal eine Wiederwahl annehmen und von einem Gegenkandidaten nicht gesprochen wird.

Ulm, 30. Okt. In der Nacht vom Frei­tag auf Samstag logirte in einem hiesigen Gast­hof ein jüngerer Bursche, welcher sich als Karl August, Bereiter aus Stuttgart, in das Frem­denbuch einschrieb. Am Samstag früh, während der Hausknecht des betr. Gasthofes Fremde auf den ersten Zug nach dem Bahnhof begleitete, entfernte sich auch der Bereiter und nahm die guten Stiefel eines andern Reisenden statt sei­ner schlechten mit. Außerdem ließ er ein Paar Damenstiefel, ein Oberleintuch und einen roth- wollenen Teppich mitlaufen. Sämmtliche Ge­genstände wanderten alsbald nach Neu-Ulm und wurden daselbst einer Weibsperson übergeben, welche die Stiefel sofort anzog und das Lein­tuch versetzte. Am Samstag Abend gelang es der Polizei, die Weibsperson in Neu-Ulm und den Dieb in einer Wirthschaft in hiesiger Stadt festzunehmen. Es ist der 21 Jahre alte Schreiner L. Zeller von Wiesensteig. Derselbe ist ver­dächtig, im Laufe dieses Sommers in München einen größeren Gelddiebstahl verübt zu haben.

Gerabronn, 29. Oktbr. Das K. gem. Oberamt sucht durch Erlaß vom 23. d. Mts. auf die allgemeine Einführung der Winter­abend- als landwirth sch aftlicher Fort­bildungsschulen nachdrücklichst hinzuwirken; bei den guten Erfolgen, die allgemein von sol­chen Schulen erzielt werden, dürften die Orts­schulbehörden nicht säumen, die Einführung sol­cher Schulen allerwärrs zu veranlassen.

(Br and fall.) Am Sonntag Abend zwi­schen 6 und 7 Uhr kam in der Wirthschaft zum Stumpen inOggelsbeuren (Ehingen) Feuer aus. Die Wirthschaft brannte total nieder. Entstehungsursache noch nicht ermittelt.

Deutsches Reich.

Berlin, 26. Okt. Drei junge Burschen, welche die deutsche Reichsbank mittelst falscher Wechsel um 6000 M. betrogen haben, sind, wie aus New-Aork berichtet wird, bei ihrer Ankunft mit dem DampferFurnessta" in New- Uork auf Ersuchen des deutschen Consuls ver­haftet worden und standen am 30. vor. Mts. vor dem Vereinigten Staateu-Commissär Denel. Derselbe erklärte, daß das den Angeklagten zur Last gelegte Verbrechen völlig erwiesen sei und daß die Gefangenen ausgeliefert werden sollen.

Die nöthigen Papiere wurden nach Washington gesandt und sobald der vom Staatssekretär Unterzeichnete Auslieferungsbefehl eintrifft, wer­den die Gefangenen zur weiteren Untersuchung nach Berlin zurückgesandt werden.

Frankfurt a. M., 28. Okt. Ein Bauer aus Dietzenbach, welcher in einer Lotterie mehrere hundert Mark gewonnen hatte, kam letz­ten Mittwoch nach Frankfurt, um sein Geld zu erheben, und machte sich einen »vergnügten Tag." Dieser endete aber damit, daß er betrunken in die Hände eines Gauners fiel. Als der Bauer aus seinem Rausche erwachte, war der gute Freund und das Geld verschwunden.

Aus Bayern, 27. Oktbr. Aehnlich wie über die unbestreitbare Zunahme des Bettels und Vagantenwesens beklagt man sich in Süd­deutschland, namentlich seitens des Kaufmanns­standes immer lauter über den die Geschäfte dcmoralistrenden Einfluß des Gewerbebetriebes im Umherziehen und des Hausirhan- dels. Die von Baden ergriffene Initiative zur Beseitigung dieser Concurrenz auf dem Wege der Gesetzgebung wurde daher von vielen baye­rischen Städten mit großer Freude begrüßt. Einer Petition an den Reichstag, welche schon daraufhin in Augsburg beschlossen, traten als­bald andere Städte bei, und gegenwärtig ist die Agitation überall eine so lebhafte geworden, daß sie in der bevorstehenden Reichstagssession von der Regierung nicht gut mit Stillschweigen zu übergehen sein wird. Die Wünsche der Pe­tenten sind in erster Linie auf die Einschränkung des Gewerbebetriebes im Umherziehen und des Haufirhandels durch Mehrbesteuerung der dieser Kategorie zuzuzählenden Gewerbetreibenden ge­richtet. Insbesondere hat man eine Heranzieh­ung der feineren Abart von Hausirern, der so­genannten Detailreisenden, zu den Gemeindeum­lagen rc. im Auge. Man stützt sich in der Be­gründung der diesbezüglichen Petition haupt­sächlich auf die statistischen Ermittelungen der Vorjahre, welche kürzlich zur Veröffentlichung gelangten und ergeben haben, daß, während 1869 im Königreiche Bayern nur 11723 Legi­timationsscheine an Haustrhändler ertheilt waren, deren 1881 schon 23094 abgegeben wurden.

Ausland.

Wien, 28. Okt. Vor dem Schwurgericht wurde heute die von der Staatsanwaltschaft er­hobene Anklage gegen den An tisemite ri­ll gitator Holubek verhandelt. Die An­klage lautete auf Aufhetzung zu Feindseligkeiten gegen eine andere Religionsgesellschaft. Der als Zeuge vernommene Ritter von Schönerer sagte, er wundere sich, daß der Staatsanwalt nicht auch ihn angeklagt habe, er theile voll­kommen die von Holubek ausgesprochenen An­sichten. Die Geschworenen sprachen einstimmig den Angeklagten frei. Die Antisemiten bereiteten Schönerer und Holubek vor dem Schwurgerichts- saale große Ovationen.

Wien, 29. Okt. Mit Rücksicht auf die

bedauerliche Wiederholung derUeberschwem- mungskatastrophe, von welcher Tyrol eben heimgesucht wird, steht zu erwarten, daß an den Reichsrath die Nothwendigkett herantreten wird, Tyrol durch Reichsmittel zu Hilfe zu kommen.

Triest, 29. Okt. In dieser Nacht sind drei der größten Kauffahrteischiffe total zu Grunde gegangen. Die Mannschaft wurde theil- weise gerettet.

Pest, 31. Okt. In Kaposvar fand eine Versammlung von zweihundert Geistlichen, Ad- vocateu. Aerzten und Grundbesitzern statt, welche die Gründung von Antisemiten-Vereinen und den Beginn einer energischen Action beschloß.

Bern, 29. Okt. Das Departement des Innern beantragt beim Bundesrathe eine Nach­subvention für die Juragewässercorrection zu Händen der Cantone Freiburg, Waadt und Neuenburg von Francs 200 000 und des Can- tons Bern von Francs 180000.

Bern, 30. Okt. Durch einen furchtbaren Föhnorkan und darauffolgenden heftigen Regen sind in Grindelwald fast alle Gebäude zerstört oder beschädigt. Die Heuvorräthe haben in Folge des Regens schwer gelitten. Die schön­sten Bergwaldungen sind vernichtet, Menschen­leben aber nicht zu beklagen.

Rom. In Italien wächst die Zahl der Auswanderer, und wird noch mehr wachsen in­folge der Ueberschwemmungen in der Lombardei. Und die Regierung? Sie läßt die Ihrigen fort- gehen, ohne auch nur daran zu denken, dieselben auf die eine oder andere Weise zurückzuhalten. Mögen sie gehen, denkt sie, alles andere findet sich. Aber Distrikte werden entvölkert, der An­bau bleibt liegen, um die Zukunft des Acker­baues sieht es schlimm aus. Der Reichthum Italiens ruht in seinem Acker, und das Land­volk läßt man in Massen auswandern? Der­gleichen ist bis jetzt oft gesagt, aber ohne Er­folg.

Parts, 28. Okt. Ein Erlaß des Unter­richtsministers überläßt es den Präfekten, wann und unter welchen Umständen dieselben das Gesetz über die Entfernung religiöser Ab­zeichen aus den Schulen allsführen wollen. In neuen Schulen sollen religiöse Abzeichen nicht mehr eingeführt werden.

Paris, 30. Okt. In Cannes sind 7 Personen ertrunken; bei Nimes sind wegen einer Bodensenkung 8 Waarenwaggons in den Ab­grund gefallen, zwei Beamte umgekommen und einer schwer verwundet. Eine Abnahme der Ueberschwemmung ist bemerkbar.

In einer in der Cirque Fernando zu Paris stattgefundenen Wählerversammlung, in welcher der radikale Deputirte Clemenceau Rechen­schaft über seine Thätigkeit ablegen wollte, kam es aus Anlaß der Bureauwahl zu schrecklichen Prügeleien. Die Tribüne wurde erstürmt, man schlug sich mit Stöcken und Stühlen. Mehrere Kämpfende wurden von der Wen Tribüne heruntergestürzt. Selbst Clemenceau

Stern und Irrlicht.

Novelle von

(Fortsetzung.)

»Mit hoher obrigkeitlicher Erlaubniß," fuhr der Mann fort, »dürft Ihr jetzt Euer Gelüst befriedigen und ausreißen. Nicht Ihr selber, sonst Hab' ich eine Scheere bet mir, um Ohren abzuschneiden, die ich mir hier in Eurem interessanten Heidekraut zu braten pflege, sondern die beiden Stangen da drüben. Wir gehen hier nach der andern da weiter und ihr kommt nach. Wenn Du einmal in Deinem Leben Eisen­bahnen bauen willst, machst Du heut den Anfang dazu und wirst mir ewig dankbar sein. So, flink, nun nehmt Eure vier Beine in die Hand, wozu sind sie Euch barfuß an den Leib gewachsen!"

Lachend drehte der Sprecher sich um und ertheilte seinen Begleitern Aufträge, ihre großen Meßketten in schnurgerader Richtung gegen das nordwärts flatternde Fähnchen über den Boden auszubreiten.

Die beiden Kinder aber liefen um die Wette nach den ihnen im Süden angedeuteten weißen Stäben. Sie hatten ihre anfängliche Scheu verloren. Geerbt rief im Springen:

»Siehst Du wohl, daß er nicht so schlimm war! Das hörte ich ihm gleich an."

»Ist er denn wirklich ein König?" fragte Sivera, mit großen Augen zurückblickend.

Ich weiß es nicht, ich glaube aber, er hat's nur so gesagt."

»Aber was thut er denn hier mit den Stöcken?" fragte Sivera.

Darauf wußte Geerbt keine Antwort, sondern erwiederte nur rasch:

Freue Dich, daß Du sie jetzt ausreißen darfst! Nun hast Du ja, was Du vorhin gewollt. Warum wolltest Du's eigentlich?"

Das Mädchen schüttelte den Kopf. »Ich weiß es auch nicht, mir kam's nur so."

Sie hatte die erste Stange erreicht und rüttelte sie aus dem Bo­den, während Geerbt Gebauer nach der noch weiter entfernten fortflog. Als er zurückkam sagte Sivera:

»Ich mag sie nicht leiden und den Mann auch nicht. Wenn er hier der König ist, dann gehört doch alles nicht mehr uns und er kann ja befehlen, daß du auch mit ihm fortgehen sollst und ich dann allein hier bleibe."

»Das thät' ich nie, da müßt' er mich wirklich mit den großen Ket­ten festbinden!"

»Gewiß nicht?"

»Oder ich nähme Dich mit, Vera!"

»Dann wär's mir gleich und nun kann ich den Mann auch schon wieder leiden," versetzte sie beruhigt, und sie liefen Hand in Hand mit ihren flatternden Fähnchenstäben dem Punkt zu, von wo der Ingenieur seine Weitermeffung begonnen.

Die Kinderlust am Helfen und Hantieren war über die Beiden ge­kommen, so daß sie um die Wette eifrig stundenlang die Anweisungen ansführten, welche der Bärtige ihnen ertheilte und volles Lob von ihm einernteten. Er fragte nach ihren Namen und sagte:

»Eure Gelenke sind doch nicht aus Holzstücken zusammengeleimt, wie die aller Eurer pappstieligen Vettern und Basen, die ich bis jetzt die Ehre gehabt habe, kennen zu lernen, und ihr wäret gar nicht so

übel als königlich bestallte Eisenbahnbau-Vermeffungs-Adjunktgehülfen-

Unterhandlanger. Was meint ihr zu dem Geschifft und Titel?"

Geerbt hatte dem jovialen Sprecher gegenüber alle Schüchternheu

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