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Aus den Tannen.

Intelligenz- L Anzeige-Matt

von der oberen Nagold.

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Nr. 106.

Menstaig, Samstag den 9. Septemöer.

1882.

In Folge der am 29. August und den folgenden Tagen abgehaltenen Konkursprüfung ist in das evangelische Seminar in Tübingen ausgenommen worden u. a.: Mar Höl-le, Sohn des -j- Oberamtsarztes Höhle in Nagold.

D Der 2. und der 4. September.

Obwohl der offizielle Festtag der neuen französischen Republik der 14. Juli ist, haben es sich gewisse Patrioten nicht nehmen lassen, auch den 4. September, an welchem Tage 1870 der Abgeordnete von Marseille, Gambetta, die Republik ausrief, zu einem Nationalfesttage zu machen und als solcher ist dieser Tag denn auch in diesem Jahre an vielen Orten Frankreichs, besonders aber in Paris, geräuschvoll gefeiert worden.

Es kann gar nicht fehlen, daß in Frank­reich ein Fest, das nur achtundvierzig Stunden nach dem deutschen Nationalfeiertage in Szene geht, einen deutsch-feindlichen Charakter annimmt und kaum braucht bemerkt zu werden, daß ihm besonders in diesem Jahre eine solche starke Beimischung in die Feierstimmung zu Theil wurde.

Im Grunde genommen feiern doch eigent­lich Deutschland und Frankreich dasselbe Ereig­niß, die Kapitulation von Sedan nnd den Sturz des Kaiserthums Deutschland, weil in diesem weltgeschichtlichen Ereigniß sich un­widerleglich der Beweis seiner Stärke, wenn es einig ist, darthut, weil dieser Tag seine dauernde politische Einigkeit begründete Frankreich, weil die Tage von Sedan den morschen Thron des Mannes vom zweiten Dezember zerbrachen und ein korrumpirtes Regierungssystem sein schmähliches Ende fand. Die Ausrufung der Republik in Paris am 4. September 1870 wäre einfach undenkbar gewesen, wenn der Kriegs­würfel bei Sedan sich auf die andere Seite ge­legt hätte, und man kann mit Recht sagen, daß deutsche Einigkeit und Kraft bei Sedan nicht nur den Grundstein zum deutschen Reiche gelegt, sondern auch Frankreich von dem Thronusurpator befreit habe.

Nach gewöhnlichen Begriffen müßten die französischen Patrioten, die sich der letzteren Thatsache freuen, voll Dank gegen diedeut­schen Befreier" erfüllt sein oder sie dürften die unmittelbaren Folgen von Sedan gar nicht feiern. Aber in der Politik ist der Begriff der Dankbarkeit unbekannt und aus diesem Grunde unterscheiden sich die Feier des 2. September in Deutschland und die des 4. September in Frankreich sehr wesentlich von einander.

Das Sedanfest in Deutschland kann für keinen vernünftig denkenden Franzosen etwas Verletzendes haben. Inmitten des wirbelnden Parteienstreits macht Deutschland eine eintägige Pause und erinnert sich während derselben jenes glorreichen Tages, an welchem ein in der Ge­schichte beispielloser kriegerischer Erfolg alle deutschen Herzen höher schlagen machte und so­mit die deutsche Einigkeit in der Volksseele selber kräftige Wurzel schlagen ließ. Diese freudige Erinnerung ist frei von jedem Gefühl des Hasses gegen ein großes und hochentwickeltes Nachbar­volk, dem wir ein möglichstes Gedeihen nach dem von ihm selbst verschriebenen republikanischen Rezept wünschen.

Die Feier des 4. September in Frankreich dagegen gilt vor allem der Erinnerung an den Verrath", der bei Sedan siegte und aus dem der Strick für das napoleonische Kaiserthum gedreht wurde; sie gilt dem Hasse gegen die Deutschen, welche zweifranzösische" Provinzen von dereinigen und untheilbaren Republik" losrifsen; sie gilt dem großen Revanchegedanken, mittels dessen der Abenteurer Gambetta wie­derum zur Diktatur gelangen möchte und der

Deutschland zur beständigen Kriegsbereitschaft zwingt.

Tagespolitik.

Die bestehenden Innungen sind re­gierungsseitig zu einer Erklärung darüber auf­gefordert worden, ob dieselben gewillt sind, auf Grund des neuen Jnnungsgesetzes neue Innungen zu bilden. Gleichzeitig ist die Frage damit verbunden, ob die Vorstände der betreffen­den Innungen geneigt sind, ihre Statuten zu ändern.

Innerhalb der preußischen Regierung besteht, wie mitgetheilt wird, die Absicht, die Dienstverhältnisse der ländlichen Arbeiter gesetz­lich zu regeln.

Für den nächsten 29. April, an welchem vor 500 Jahren Johann von Nepomuk der Legende nach in der Moldau ertränkt wor­den ist, beginnen die Tschechen jetzt schon großartige Feierlichkeiten vorzubereiten, die den Anzeichen nach zu urtheilen einen durchaus anti­deutschen Charakter haben sollen.

Der französische Kriegsminister empfing am 2. d. Nachmittags den General Lecointe, Gouverneur von Paris. Lecointe ist Vizepräsi­dent derPatriotenltg a" nnd hatte diesen Posten angenommen, ohne, wie das Reglement vorschreibt, die Zustimmung des Kriegsministers erlangt zu haben. Nachdem Lecointe Erklärun­gen über die Liga abgegeben, forderte ihn der Minister auf, seinen Posten als Vizeprä­sident niederzulegen.

Aus Tunis wird berichtet, die In­surrektion lebe wieder auf. 4000 Insurgenten zu Pferde stehen bei Karwan.

Ganz wider alles Erwarten hat am Sonnabend der größte Theil der streikenden Polizisten tnDublin seine amtliche Thätig- keit w.eder ausgenommen, nachdem die Polizisten ein Schreiben an den Vizekönig gerichtet hatten, worin sie ihre frühere Haltung lebhaft bedauer­ten und um Verzeihung baten, die ihnen denn auch gewährt wurde. Trotzdem ist die Auf­regung in Dublin eine ungeheure und finden fast allabendlich größere Ruhestörungen statt, bei welchen das Mililär einschreiten muß.

Der bedenkliche Augenblick, wo die Re­gierung denZwangsumlauf der 1600 Mill. von eigenem und Bankpapiergelde für aufge­hoben erklären und die Zahlung in Metallgeld beginnen muß, rückt immer näher. Diese Maß­regel auf den Beginn des nächsten Jahres ver­legen zu wollen, würde hinsichtlich der um jene Zeitperiode stets außergewöhnlich gesteigerten Bedürfnisse des Verkehrs fast unmöglich sein; so wird denn jetzt versichert, daß der Finanz­minister die Zahlung in klingender Münzenicht vor nächstem April" eröffnen werde. (Italien ist an Papiergeld nahezu ebenso reich gesegnet wie Oesterreich.)

Eine sensationelle Mitlheilung, deren Bestätigung wohl abzuwarten bleibt, kommt aus Alabama. In diesem Staate wurde nem- lich eine großartige Verschwörung der dort sehr zahlreichen Negerbevölkerung gegen die Weißen entdeckt. Wie ermittelt ist, reicht die Verschwörung bis in das Jahr 1878 zurück und sollte am 17. d. in einem furchtbaren Mas- sakre zum Ausbruch kommen. Infolgedessen sind bereits die umfassendsten Vorkehrungen ge­troffen, um einer etwaigen Erhebung der Schwar­zen zu begegnen. (Sollte die ganze Verschwör­ung nicht etwa nur eine Erfindung sein um die Schwarzen wieder zu Sklaven zu machen.)

Die Ereignisse in Egypten. Die Miliiärkonvention zwischen England und der Pforte kann jetzt... als endgiltig gescheitert

angesehen werden. Sie istvertagt" worden und es ist nicht wahrscheinlich, daß eine andere Lösung versucht wird. Vom Kriegsschau­plätze selbst fließen die Meldungen ziemlich spärlich. Offenbar hat General Wolseley die Stärke und Kraft der egyptischen Aufständischen unterschätzt und seinerseits mit ganz ungenügen­de Kräften einen Vorstoß am Süßwasserkanal unternommen; er beschränkt sich jetzt auf die Behauptung des besetzten Terrains und wartet erst das Herankommen der Verstärkungen aus England und Indien ab. Infolge des Pro­testes der Engländer hat die internationale Ge­sundheitskommisston beschlossen, daß Truppen der Engländer nur einen TagQuarantäne" halten brauchen und dann sofort ausgeschifft werden dürfen. Sonst liegen noch Meldungen über verdächtige Bewegungen der Egypter gegen Mex, über Wassermangel in Alexan­drien, über besorgliche Zustände in Kairo und einen zu erwartenden Vorstoß der Englän­der gegen Sagassig vor. Bemerkenswerth ist die Anerkennung, die der nach Paris zurück­gekehrte Herr v. Lesse ps dem egyptischen Dik­tator zollt.Was Arabi Pascha betrifft, wel­chen man als einen Barbaren bezeichnet hat," sagt Herr v. Leffeps,so muß ich hervorheben, daß er allein die Neutralität des Suezkanals respektirt hat und daß, wenn der Kanal erhal­ten geblieben ist, man dies ihm verdankt." Allerdings wird man sich sagen müssen: Hätte Arabi Pascha minder günstige Vorstellungen vom internationalen Recht gehabt, hätte er glauben können, daß die Engländer die Neutrali­tät des Kanals verletzen würden, so würde er diesen einfach zuvorgekommen und den Kanal unfahrbar gemacht haben. Dazu hatte er vor dem Eintreffen der Engländer daselbst reichlich Zeit und Gelegenheit.

Das Eisenbahnunglück bei Freiburg.

Je mehr Einzelnheiten über das große Eisenbahnunglück bekannt werden, desto gräß­licher stellen sich die Folgen desselben heraus:

Vom 5. Septbr., Nachmittags wird aus Freiburg gemeldet: Bis jetzt zählt man 59 Todte, die Züge bringen fortwährend Ange­hörige der Todten und Verwundeten. Leider werden noch Viele vermißt, die bisher weder auf der Todten- noch der Verwundetenliste stehen. In der Umgegend befinden sich noch viele die nicht ausgenommen werden konnten. Sämmt- lichc Colmarer und Münstercr Todte werden in einem Zuge nach Colmar verbracht werden. Der hiesige Stadtrath begibt sich morgen nach Colmar, um der Beerdigung beizuwohnen. In der Vorhalle der Anatomie stehen 25 Särge für die nach ihrer Heimath zu überführenden Leichen bereit, die anderen werden morgen Abend 6 Uhr hier beerdigt. Betroffen sind nament­lich viele Beamtenfamilien, besonders Zoll­beamte. Ganze Familien hat zum Theil das furchtbare Geschick ereilt und vernichtet. So befindet sich unter den Todten ein Regierungs­beamter aus Colmar mit Tochter, Nichte und Schwiegersohn. Die Zahl der Verwundeten be­trägt nach den amtlichen Erhebungen nur 104, darunter 23 schwer Verletzte.

Frei bürg, 6. Septbr., 10 Uhr 4 Min. Vorm. Gegenwärtig liegen in hiesiger Klinik noch 90 Schwerverwundete, die anderen sind in ihre Heimath verbracht. Zu dem heute Abend 6 Uhr stattfindcnden Begräbniß der nicht agnos- cirten Leichen ladet der Stadtrath die Einwoh­nerschaft ein. Am Leichenzug werden sich betheili­gen: Eine Abtheilung Feuerwehr, die Vereine mit ihren Fahnen, die staatlichen Behörden, zwölf Mädchen mit einem Trauerkranz der Stadt Frei-