Nr. 7.
Amis- und Anzeigeblatt für den Oberamtsbezirk Calw.
93. Jahrgang.
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Mittwoch, den S. Januar 1918.
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MMiselte WWe EMMWBMe m Westen.
Drisp^nischeProblem.-DIeFricriknssragk.
Die Mitglied«?' de» polnischen RegentschaftSauSschusscS. sowie eine wettere Abordnung von Vertretern de» polnischen Dolle» haben sich zu Verhandlungen mit der deutschen Regierung nach Berlin begeben und reisen heute nach W i en ab, um auä? dort mit den leitenden Kreisen zu verhandeln. In Berlin wurden dir Polen vom Kaiser empfangen in Anwesenheit de» Reichskanzlers und sonstiger Vertreter de» Auswärtigen Amte». Im Namen de» Regent- schaslsrat» brachte Fürst Lubomirski da» Vertrauen des polnischen Volke» zum Ausdruck, das man zum Deutschen Kaislr habe, daß er zusammen mit dem Ssterreichisch- unaarischen Kaiser da» begonnene Werk geschichtlicher Gerechtigkeit glorreich vollenden werde. Wenn Polen die Gestalt einer unabhängigen Monarchie angenommen habe, so werde e» bestrebt sein, gemeinsam mit der deutschen Nation di« großen Ziele zu verfolgen, die da» Wohl der Menschheit und den allgemeinen Frieden verbürgen, Ziele, die der Deutsche Kaiser von Anfang an mit seinem tiefen und schaffenden Geiste die Zukunft übersehend dem deutschen Volke gewiesen habe. Der Kaiser antwortete, daß e« ihn freue, wenn die polnische Abordnung glaube, ihrem Vaterland am besten zu dienen, wenn Polen in Gemeinschaft mit den Zentralmächten di« Ziele verfolg«, die da» Wobl der Menschheit und da» friedliche Zusammenwirken der Välker verbürge??. Er empfinde e» mit Dank, daß gegenüber den Verunglimpfungen der Feinde der Vorredner skin-rn unabläis'aen ln einer bald dreißig
jährigen Regierungszeit ein Vorkämpfer und Schirmer de» Frieden» zu sein, tiefe» Verständnis entgegenbrinqe. Der Kaiser gab zum Schluß der Hoffnung Ausdruck, daß eS den Führern des polnischen Volke» veraännt sein möge. ln erfolgreicher Arbeit dem polnischen Staat die Grundlagen zu geben, die seine friedlich? Weiterentwicklung als ein Element der Ordnung, de» Fortschritt» nnd der Kultur gewährleisten. Der vollen Unterstützung der deutschen Regier?,ng könnten sie hierbei sicher lein. Wenn die Polen also Ihre Wünsche zu bescheiden wissen, und nicht etwa von ihren Befreiern noch deren Grenzgebiet beanspruchen. wie e» die Alliierten gern wünschten, um Zwiefach zw'^-n dem polnischen Volk und den Mittelmächten zu säen, so erscheint eine Verständigung zwischen den bei' n Parteien aussichtsvoll. E» wird sich dann wobl nur noch um die Wabl de» Regenten handeln. und da scheinen die Unterhandlungen auch so weit fortgeschritten zu sein, daß keine großen Schwierigkeiten mehr beheben. polnische Problem d^-tte also — voraus
gesetzt. daß nicht unvorhergesehene Rückschläge eintreten — seiner Löstmo entgegenyehen.
Damit wäre schon ein n'cht unwichtiger Faktor auS den F-s-denaverbaridlunaen mit Rußland al» für uns gelöst au»- zuscheiden. W>e sich die anderen Fraaen mit den russischen Vertretern rea-ln la^"- und pH ste sich im Sinne der Instruktionen unterer Vertreter regeln lasten. Ist noch nicht zu f??,--leben. Vorerst bat r» den Anschein, al» spiele die russische Abordnung Obstruktion, wenn mich durchaus Neigung zur Weiterverbandlung besteben dürste. Um die russischen Wünsche bezüglich der Volksabstimmung durchzusetzen, ist wobl auch die russische Pressekampagne in Szene gesetzt worden, die darauf ausgebt, die Anschauung Im Ausland zu erwecken, als wollten die Verbündeten nun die Russen zur Annahme schmählicher Friedensbedingungen Pressen. Dieser Auffassung wurde aber von seiten der Mittelmächte energisch entgegengetreten. Deutschland tritt von seinem Staudmnikt in der Nationalitätenfrage keineswegs zurück, wenn es die Unabhängigkeit Kurlands und Livlands verlangt gleich derjenigen Polens, welch letztere doch auch von der Entente zugestanden wurde. ES wird also wohl schon ein Ausgleich der Interessen gefunden
werden können. Inzwischen verhandeln die Vierbundmächte mit Vertretern der Ukraine weiter, die sich ebenfalls als unabhängiger Staat erklärt hat und Anspruch darauf erhebt, selbständig an den Friedensverhandlungen teilzunehmen. Wie sich die Vertreter der Ukraine zu den Mittelmächten stellen, ist noch nicht klar ersichtlich. Die Entente hat ja alle Anstrengungen gemacht, die Ukrainer für sich zu gewinnen; man gewinnt aber vorläufig den Eindruck, als seien diese nicht gesonnen, sich weiter für die Alliierten zu opfern, und dabei womöglich wieder die errungene Unabhängigkeit einzubüßen. lieber eine Teilnahme der Rumänen an den Verhandlungen verlautet noch nichts. Die rumänische Regierung hat nach den neuesten Nachrichten ihren Einfluß auf die Armee vollständig verloren. In der Armee sei die Bildung maximalistischer Ausschüsse fortgeschritten, die die ganze Gewalt ausüben. Wenn sich diese Nachricht bestätigt, so wäre vielleicht auch mit einer Teilnahme der Rumänen an den Verhandlungen zu rechnen.
lieber die Stellungnahme der Entente zum Frieden sind wir ja jetzt unterrichtet. Heute bringt die Ententepresse nun Kommentare, die betonen, daß die .maßvollen* Bedingungen von Lloyd George doch eine geeignete Grundlage für den Beginn von Unterhandlungen seien, und das päpstliche Organ, der .Osservatore Romano*, meint ebenfalls, daß sich das Programm Lloyd George» den Vorschlägen Czernin» nähere, und daß es jetzt an den Mittelmächren sei, ihre Ansicht über diese Punkte darzulegen. Das scheint un» eine ebenso eigenartige unparteiische Auffassung zu sein, wie neulich die Kundgebung deS Papstes, als die Engländer Jerusalem eingenommen hatten. Aber wir brauchen un» deswegen nicht aufregen, weil wir auf Grund unserer militärischen Lage und unsere» guten Recht» hoffen dürfen, daß di« Bedingungen der Entente noch maßvoller werden. 0.8.
G
Die Verhandlungen ln Brest-Litowsk.
(WTB.j Vrest-Litosk. 9. Jan. Gestern Nachmittag wurde eine Vorbesprechung zwischen den Vorsitzenden der hier versammelten Abordnungen abgehalten, an der teilnahmen: Staatssekretär von Kühlmann. Minister des Aeutzern Graf Czernin, Iustkzminifter P^vow Volkskommissar für auswärtige Angelegenheiten Trotz- kq. Grotzwesir Talaat Pa'cha und ukrainischer Staatssekretär für Handel «nd Industrie Wsewolod Bolu- bowqtsch. Nach Erörterung von Form- und Programmfragen wurde für heute vormittag 11 Uhr eine Vollsitzung anberaumt. S"ätsr fanden B"s'reck'??ngen zwischen Vertretern der Vierbundmächte und den ukrainischen Vertretern statt.
Immer wieder dasselbe.
sWTB.) Berlin, 8. Jan. Die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung" schreibt: In einer Zuschrift an den „Berlin. Lokalanzeiger" aus parlamentarischen Kreisen wird über die Verhandlungen in Brest-Litowsk die auch anderwärts aufgetauchte Behauptung wiedergegeben, daß die deutschen Bevollmächtigten von der ihnen mitgegebenen Marschroute abgewichrn seien. Diese Behauptung trifft nicht zu. Weder für den bisherigen, noch für den künftigen Gang der Verhandlungen kann dir Rede davon sein, daß die deutschen Bevollmächtigten etwas anderes anstreben und vertreten, als das, was sie nach ihren Instruktionen zu vertreten haben. — Wir haben schon gestern darauf hingewiesen, daß die deutschen Bevollmächtigten schon darauf bedacht sein werden, unsere Interessen zu vertreten. Sie haben ja auch ihre In struktionen von der Regierung, die wiederum in Verbindung mit der obersten Heeresleitung steht. Die andauernde Bezweiflung der Fähigkeiten unserer Dip
lomaten ist nur geeignet, uns zu schaden. Es ist eigentümlich, lmtz die Alliierten sich nicht genug darin tun können, die „Friedensoffensive" der Mittelmächte als raffinierteste Intrige zu kennzeichnen, während bei uns in gewissen Kreisen unsere Diplomaten als ahnungslose „Schafe" gegenüber dem reißenden Wolf dargestellt werden. Gewiß, unsere 'Diplomatie war den Schurkereien einer von England geführten Meltkoalition nicht gewachsen, weil der gerade deutsche Charakter solcher teuflischen Pläne unfähig ist, aber in der Verteidigung während des Krieges hat sie doch wohl größtenteils ihre Pflicht getan, und wir dürfen deshalb heute nicht die Befürchtung haben, daß die Feder verdirbt, was das Schwert erreicht Kat. Die Schriftl.
Die polnischen Wünsche.
Berlin, 9. Jan. Der „Berliner Vertreter des Stuttgarter „Neuen Tagblatt" meldet: Zu Ehren des polnischen Negentschastsrats fand gestern beim Kanzler eine größere Abendgesellschaft statt. Heute abend wird aus demselben Anlaß Graf Hutten-Tzapski einen Empfang veranstalten. Die Verbandlungen die die Herren hier geführt haben, drehen sich um 4 Punkte, zunächst um die Frage des Celbstbestimmungsrechts. Die Polen find Gegner eines Plebiszits und wollen die Abstimmung von einem auf allerdings sehr demokratischer Grundlage gewählten Landtag ausgeführt sehen. Cie wünschen zum zweiten einen stufenweisen Abbau der deutschen Zivilverwaltung, um. wie sie sagen, der Entente die Möglichkeit zu nehmen, von einer „deutschen Vergewaltigung Polens" zu reden. Einstweilen sind bekanntlich nur das Echulressort und das der Justiz an das werdende Königreich Polen ausgeliefert worden. Zum Dritten wollen sie über die Frage des polnischen Heerwesens hier unterhandeln. Die Mitglieder des Regentschaftsrats haben bis ins einzelne ausgearbeitete Pläne hierher mitgebracht, die es ermöglichen sollen, die jüngsten Jahrgänge sch"n in allernächster Zeit einzuberufen. Schließlich möchten sie eine Amnestie erlassen sehen, die nach ihrer Meinung erst den Burgfrieden im Lande zu schaffen vermöchte. Für heute mittag find die polnischen Herren zur Tafel beim Kaiser geladen. Bon einem Besuch im Großen Hauptquartier ist abgesehen worden.
Russisch« Anschauung über daS Verhalte« der Entente bezüglich der FriedenSverhandlungeu.
(WTB) Berlin, 8. Jan. Ein Funksprnch aus Petersburg vom 6. Januar 1918, 9.40 Ubr vormittag?« .An Alle* besagt: Lloyd George äußerte sich in de n Sinne, daß Rußland erst seine Grenzen mit Deutschland und Oesterreich-Ungarn festsetzen müsse, ehe von Verhandlungen über den allgemeinen Frieden die Rede sein >nn. Die Publizisten der Ententeländer weisen mit größerer oder geringerer Aufrichtigkeit darauf hin. daß e? s die Alliierten vorteilhafter sein werde, FrietzruZpert' gen ohne Rußland zu führen, da Rußland sich setzt an den allgemeinen Unternehmungen nur mehr mit negativem Kapital beteilige. Wenn in diesen Aeußerungen ein Umschwung zu verzeichnen ist, so nur nach der Seite größerer Avftich- tigkeit. Die Alliierten halten es für vorteilhaft, den Deutschen die Abrechnung mit Rußland vorläufig allein z?? losfcn. Deutschland soll sich auf der Linie de» geringsten Widerstandes auf Kosten Rußlands entschädigen. Je gröber diese Entschädigung im Osten ausfällt, um so leick er wird es dann den alliierten Regierungen sein, sich mit oen Deutschen irn Westen zu einigen. Selbstvc' >" ' könnten
die Alliierten die gleichen Resultate auch : ' - Wer-? eines allgemeinen Friedens erzielen. In diesem Falle eS aber allen klär, daß die Alliierten Polen, Litauen und Rumänien bewußt verraten und diese Länder als Münze zur