Unglaublich.

Freiburg, 3. Jan. Durch die Aufmerksamkeit und Mithilfe des reisenden Publikums ist es wiederum ge­lungen, am 31. Dezember 1917 in Zügen kurz vor Frei­burg und Donaueschingen 3 als Frauenspersonen ver­kleidete entwichene französische Kriegsgefangene in Be­gleitung von deutschen Mädchen, die mit ihnen Verkehr gepflogen und ihnen Beihilfe zur Flucht geleistet hat­ten, sestzunehmen. Die Gefangenen hatten die betreffen­den Mädchen durch die Vorspiegelung, sie später in Frankreich heiraten zu wollen, für eine Beihilfe zur Flucht zu gewinnen gemuht. Es ist die Pflicht jedes Deutschen, die öffentlichen Sicherheitsorgane durch Be­obachtung von verdächtigen Mitreisenden bei Eisen­bahnfahrten zu unterstützen und dem Zugpersonal, den Bahnhofwochen oder Bahnhoskommondanturen die ge­machten Wahrnehmungen sofort mitzutcilen, damit eine Festnahme rechtzeitig erfolgen kann.

Die gröhte Frau der Welt gestorben.

Wie bayerische Blätter melden, ist in ibrer keimet Ninau die Riefln von Tirol, Maria Fassenauer, ge­nannt das Nidnauer Moidl, 38 Jahre alt. gefl-rh-n. Sie ist bis zu ihrem dritten Lebensjahr normal ge­blieben, wuchs aber von da ab so schnell, d"ß sie mit l ' Zähren schon 3,10 Meter, mit 33 Jahren 2-35 Meter groh war. Sie lieh sich auf sämtlichen gröl""->'n Jahr­märkten sehen und verdiente so ein schönes Celd.

Landesvers ammlung der Württembergischen Bolkspartei.

(SCB.) Stuttgart, 7. Jan. Zum erstenmal seit vier Jahren trat gestern die V o l k s p a r t e Dam gewohnten Tag zu ihrer Landesversammlung, die zahlreich, auch von Abgeordneten besucht war. zusammen. In seiner Be­grüßungsansprache stattete Abgeordneter Geh. Hofrat Bruck­mann den Truppen im Felde und dem Hcimatvolk für ibre Leistungen den Dank ab und gab seiner Freude Aus­druck. daß iettt durch die KrieaserlebnMe für die demokrati­schen Forderungen die Bahn frei werde: nicht parteipoliti­scher Ehrgeiz treibe die Partei weiter auf der beschrittenen Bahn, sondern nur glühende Vaterlandsliebe, die davon über­zeugt sei. daß nur ein freies Volk in der Zeit nach dem Kriege sich voll und ganz bewäbren könne. In einem ein­stimmig angenommenen Antrag beschloß die Landesver­sammlung, die Fraktion der Volkspartei zu ersuchen, im Reichstag auf rechtzeitige Verabschiedung einer Gesetzcs- varlage btnzuwirken. dahingehend, daß die Bestimmungen über die Demobilmachung, insbesondere über die Vorschriften des 8 20 der deutschen Heerordnung dahin ergänzt werden, daß die Entlassung unserer Truppen nicht nach der militärischen Einordnung, sondern grundsätzlich unter Berücksichtigung des Lebensalters und familiärer Gründe erfolge. In seinem Vortrag über die politische Geschichte' des vergangenen Jahres wies Reichs- und Landtaasabge- ordneter Haußmann zunächst auf die deutsche Einheit bin, die in diesem Krieg die Probe glänzend bestanden habe. Das deutsche Volk, das entschlossen gegen den äußeren Feind steht, bedürfe keiner lärmenden Scharfmacher. Rückschläge bei den Verhandlungen mit Rußland seien in den Kauf zu nehmen. Die Reichstagsmehrheit habe im vergangenen Jahre gezeigt, daß sie wisse, was sie wolle. Sie sei in die Verhandlungen mit Klarheit. Entschiedenheit und kluger Selbstbeschränkung dessen, was ihre Aufgabe sei, eingetreten: Der das Vaterland rettende große Verteidigungs­krieg müsse durch einen guten Frieden gekrönt wer­den. Die Ansicht, daß auch der Gegner im Westen bald zu der Einsicht des Gegners im Osten kommen werde, sei skeptisch aufzufasten. Kein europäischer Staat ici weniger den einer Revolution bedroht als Deutschland, weil die Mittelmächte den Mut zu einer offenen Friedensoffensive gehabt hätten. Nach dem russischen Zusammenbruch sei das Vorgehen Amerikas noch mehr ein Abenteuer, als es .schon vorher gewesen sei. Die Frage der Schuld an der Fortsetzung des Krieges liege ausschließlich bei Llo ^ d George und Wilson, die auch an dem Blut, das im vergangenen Jahre geflossen sei, schuld seien. Der kaiser­liche Friedensaufruf vom Dezember 1916 sei absolut richtig gewesen, weil der damalige Kanzer Bethmann Holl- w eg erkannt habe, daß die Hegemonie Europas an Ame­rika übergehe. Nur eine Vereinigung von militärischer Stra­tegie und richtiger Politik könne das Ende des Krieges bringen. Die sogenannten Demokratien unserer Gegner schließen die allergrößte Unfreiheit in sich. Der Militär­staatsanwalt sei in Frankreich an die Stelle der bürgerlichen Fraibeit und der parlamentarischen Immunität getreten. Die Neichstaasrekolution von, Juli 1917 werde vor der Ge­schichte, dem Volk und der Partei bestehen können und sei heute noch in Kraft. Von dem Uebergewicht unserer Siege dürften wir in B r e st-L i t o w s k keinen allzu großen diktatorischen Gebrauch machen: die Verhandlungen dürften nicht von Brest-Litowsk wcgverlegt werden. Die Befrei­

ung der Dalken sek ekneS der Ziele dieses Krieges. Die staatliche Selbständigkeit Belgiens und der nordfranzö­sischen Provinzen ergebe sich als Konsequenz des Selbst- bcstimmiingsrechts der Völker. Die Zurückgabe der deutschen Kolonien und die Unversehrtheit der Türkei gehöre in däS Programm der deutschen Politik, dazu ein neues Völ­kerrecht, das eine Gesellschaft der Nationen schaffe, dessen Bestandteil in einer schiedsrichterlichen Entscheidung bestehe mit proportionaler Abrüstung. Auf dieser Basis werde Deutschland bereit sein in Brest-Litowsk zu einem Frie­densabschluß zu gelangen. Je begehrlicher das Ziel, um so gefährlicher das Spiel können sich die Chauvinisten aller Länder gesagt sein lassen. In der inneren Politik des ver­gangenen Jahres verdiene die Haltung der Reichsregierung und der Krone den Dank des Volkes, an dem auch die Oberste Heeresleitung teil habe. Er freue sich, Mitteilen zu können, daß Herr von Patter in voller geistiger und körper­licher Frische bald sein neues Amt als Vizekanzler über­nehmen könne. (Beifall.) Es müsse dem Staat Volksgeist und dem Volke Staatsgeist zugeführt werden. Nichts könne der Einigkeit Deutschlands mehr nützen, als wenn sich in fürstlichen Kreisen dieser Geist ausbreiten würde, der Geist voll Freiheit, Wohlfahrt und Bildung, das sei menschlich, christlich und demokratisch (stürm. Beifall). In einem da­rauf angenommenen Antrag sprach die Landesversamm- l»ng der Neichsregierung das Vertrauen aus, daß der das Vaterland rettende Verteidigungskrieg durch einen outen Frieden gekrönt werde, billigte die Haltung der Reichstagsfraktton und sprach ihr den Tank für ihre Ar­beiten aus. Sie begrüßte den Eintritt ihres langjährigen hochverdienten Führers von Payer in die Reichsregierung und in das verantwortungsvolle Amt des stellvertr. Reichs­kanzlers. In seinem Vortrag über die Kriegswirtschaft kam Reichs- und Landtagsobgeordneter Liesching auch auf die Kohlenversorgung zu sprechen, in der schwere Fehler gemacht worden seien. Frühjahr und Sommer hätten dazu benützt werden sollen, wenigstens die Hansbrandversor- gung sicher zu stellen. Als anfangs August der neue tat­kräftige ReichZkohlenkommissar eingegrisfen habe, da sei es leider schon zu spät gewesen. Die jetzige Kohlennot aber sti vor allen: durch die Befördcrungsnot entstanden; der Kohlenkommissar hoffe jedoch, daß im Januar bessere Beför- derungsverbältn'sse eintreten. Das Schreibgeschäft blühe zurzeit stärker denn je. Es sei kein Zweifel, daß die Ber­liner Zentralisation des Wirtschaftslebens von Uebel sei. Der Anteil der württembergischen Jndickttie an den HeereS- lieferunoen sei verhältnismäßig gut. ES sei leider zuzu­geben, daß sick Deutschland nach dem Kriege im Zu­stande eines ausverkauften Wgrenhauses befinde. Das deut­sche Volk schne sich nach der Freiheit im Wirtschaftsleben. Es habe keine Freude an der Zentralisation und der staat­lichen Bewirtschaftung. Auch diesem Redner wurde großrr Beifall zuteil. - Zum Schluß sprach Dr. Heuß über das Staatsrccht im Kriege.

Aus Stadt und

Ciliv, den 8. Januar 1918.

Einschränkung des Personenverkehrs.

Von der K. Generaldirektion der Staatseisenbahnen wird uns mitgeteilt: Mit Rücksicht auf die bestehenden Betriebsschwieriokeiten wird der Personensahrplan auf sämtlichen deutschen Eisenbahnen gegen Mitte d. Mts. bis auf weiteres wesentlich eingeschränkt werden. Die Maßnahme wird sich aus alle Arten von Zügen er­strecken, doch ist den Bedürfnissen des regelmäßigen Ar­beiter- und sonstigen Berufsverkehrs nach Möglichkeit Rechnung getragen. Eine besondere Einschränkung wird der Sonnlagsverkehr zu erleiden haben. Dies gilt auch für die Privatbahnen, namentlich soweit sie ihre Zug­kraft aus Kohle gewinnen. Die Aenderungen werden nächster Tage bekannt gegeben werden.

Mitnahme von Answeispapicren auf Reisen jeder Art.

G. K, G. Es muß immer wieder daran erinnert wer­ten daß es für jedermann also auch für wnbliche Reisende dringend rötlich ist, bei allen Eisen- bahnreisen stets A u s w ei s p a p i e r e mit sich zu führen. Wenn es auch häufig einem Reisenden gelingen mag, sich durch Mitreisende über seine Persönlichkeit einwandfrei aus- zuwciien, so können doch andererseits bei Abwesenheit be­kanntes Personen peinliche Verlegenheiten und erhebliche N-icbteile durch zwangsweise Fahrtunterbrechung (zwecks Feststellung der Personalien) entstehen. Die genaue Zugs­kontrolle ist in gegenwärtiger Kriegszeit gegenüber dem weit­verzweigten und raffinierten Kundschafterdienst unserer Feind: unerläßlich. Es versäume daher niemand auf Resten entweder eigentliche Answeispapicre, und zwar wenn möglich etilen einwandfreien, polizeilichen Ausweis, Licht­bild oder einen Paß, Postkarte, Postausweiskarte, Geburts­urkunde und dergleichen mitzunehmen. Militärpflichtigen Personen ist zu raten, stets ihre Militärpapiere bei sich zu führen.

skschnrals die Neisebrotmarken.

Die Reichsgetreidestelle hatte ursprünglich die Ab­sicht, die jetzigen Neisebrotmarken auf dckn 1. Januar für ungültig zu erklären. Dieser Termin konnte aber nicht eingehalten werden, weil man sich über ein neues Muster, das Nachahmungen erschwert, noch nicht einig geworden war. Es besteht jetzt die Absicht, die neuen Reisebrotmarken mit dem 1/Februar herauszugeben; die Gemeinden werden zeitig genug entsprechende Be­kanntmachungen erlassen.

Borläufig keine Biereinschränkung.

Die in Eastwirtskreisen verbreitete Meinung, daß der Beginn des neuen Jahres eine Biereinschränkung bringen werde, bestätigt sich ,wie dieM. N. N." von zuständiger Seite erfahren, nicht. Vorläufig wenigstens ist keine Einschränkung beabsichtigt, vor allem wohl deshalb, weil sich der Verbrauch des Bieres durch dis Kälte und durch dieGüte" des Kriegsgetränks von selbst regelt. Doch sei mit Rücksicht aus das geringe Braukontingent eine neue Verbrauchsregelung in ab­sehbarer Zeit zu erwarten.

Die Württ. Weingärtnergesellschaft.

Die Zahl der Württ. Weingärtnergesellschaften hat sich im Jahre 1917 durch den Zutritt der neugegründeten Gesellschaft in Schnaidt auf 17 erhöht. Das Gesamterzeugnis der Gesell­schaften betrug wie Weinbauinspektor Mährlen imWeinbau" veröffentlicht. 13190 Hektoliter gegen 4035 H-ktol. im Jahre 1916 und 8509 Hektol. im Jahre 1915. Der Gesamtgeldwert des von den Gesellschaften erzeugten und zum Verkauf ge­brachten bezw. eingelagerten Weines berechnet sich auf ru ',d 4,4 Millionen Mark, der Durchschnittshekioliterpreis auf 326 Mark. In diesen hier erreichten Zahlen spiegelt sich der Se­gen des 1917er Weinherbstes deutlich wieder.

Für die Swriitl. verantwort!. Otto Seltmann. Calw. Druck u Berlao der A Oelicbläger'sckien Bucbdruckerei Calw.

Qnäw. keMsvemn ßa'w.

Zur Jahreswende richtete u. a. die Deutsche Landw.- Eesellschast folgenden

Mlruf an öie deutschen tanöwMe!

Noch immer währt der Krieg. Das deutsche Volk steht in seiner schicksalschwersten Stunde. Im Osten ist der Feind bezwungen. Da gilt es noch einmal, alle Kraft draußen und drinnen zusammenzusassen, um auch im Westen den noch schlimmeren Feind völlig niederzuringen. Von diesem eisernen Willen sind unser Heer und unsere Marine durchdrungen. Alle Männer, die draußen für die Heimat auf der Wacht stehen, werden bis zum letzten Atem­zuge alles dransetzen, um uns den endgültigen Sieg zu ver­schaffen. Zu dieser gewaltigen letzten Kraftanstrengung ist aber nicht nur das Durchhalten draußen notwendig, ist nicht nur die Nervenkrast unserer kämpfenden Helden erforderlich, ist nicht nur die restlose Herstellung von Munition und Gra­naten und Waffen unentbehrlich, sondern ebenso das Durch­halten auch im Innern. Die fortgesetzte Hervor­bringung von Lebensmitteln und ihre restlose Ablieferung an alle bedürftigen Volkskreise draußen und drinnen sind zum endgültigen Siege, zur Gewinnung eines ehrenvollen Friedens, der unserem Volke die Zukunft sichert, die drin­gendsten Aufgaben der Heimat und insbesondere. unserer Landwirte. Es bandelt sich um Sein oder Nichtsein unseres Volkes. Wohl wissen wir alle, in wie mühseliger und harter Arbeit die Landwirte und vor allem ihre Frauen, Töchter und die noch nicht erwachsenen Söhne jetzt im Kriege der Scholle die Lebensmittel abringen müssen. Es ist für alle Zeiten und für die kommenden Geschlechter in die Tafeln der Geschichte eingegraben, welche großen vaterländischen Verdienste sich die Landwirtschaft in diesem blutigen Welt­kriege erwarb. Ohne sie wäre oas Vaterland längst verloren. Aber es gilt jetzt, das letzte hcrzugeben, was der Landwirt irgendwie entbehren kann, um den letzten entscheidenden Schlag mit allem Nachdruck und ohne Erschöpfung durck-n-, fübren, müssen die Menschen und Tiere ungcschwächt in den Endkampf treten können. Wir richten deshalb an alle deutschen Landwirte die herzliche Bitte, das Vaterland nicht im Stiche zu lassen. Jeder Zentner Hafer, jeder Zentner Broikorn, jedes Pfund Butter, jedes Pfund Fett, jeder Liter Mich, die der Landwirt mehr als bisher abgibt, helfen zum Siege. Darum erwäge jeder Landwirt noch einmal, was er von seinen Vorräten abgeben könnte, nicht im Wege des Schleichhandels, der nur den Reichen zu­gute kommt, während die arme Bevölkerung darben muß, sondern an die öffentlichen Verteilungssiellen. Dop­pelt gibt, wer schnell gibt! Jeder Landwirt möge seine Nachbarn ausklären und sie bcv:-en. gleichfalls ihr Schcrflein zum Endsiege über unsere Feinde beizutragen.

Den 5. Januar 1918.

Der Berernsvorjtand: Reg.-Rat Binder.