Aus dm Tünnen.

Intelligenz- L Anzeige-Matt

Von der oberen Nagold.

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Attenstaig, Dienstag dm 16. War.

1882.

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Ar. 57.

Uebertragen: Die erledigte Kollaboratorsstelle an Klasse I des Reallyceums in Calw dem Schullehrer Bäuchle in Bonlanden; die 1. Schulstelle in Nagold, dem Schullehrer Kläger, die 2. dem Schullehrer Völ­ker ebendaselbst; die 2. in Gingen a./F., Bez. Geislingen, dem Schullehrer Co nzel mann in Hornberg, Bez. Calw; die in Schönmünzach, Bez. Freuderifladt, dem Unterlehrer Rogner in Oggenhausen, Bez. Heidenheim.

Gestorben: 8. Mai zu Langenschemmern Funk, Veteran von 1814, 90 I. a.: 9. Mai K. L. Flad, Post- ^ Inspektor in Erfurt (Württ.), 34 I. a.

O Die Monopolvorlage im Reichstage.

I.

Mit begreiflicher Spannung blickt gegen­wärtig Deutschland auf den Reichstag, der am Mittwoch in die Berathung der Monopolvor­lage etngetreten ist. Denn selbst die Monopol- freunde geben zu, daß die Einführung des Mo­nopols bet unfern heutigen äußerst komplizir- teu Handels- und Wirthschaftsverhältnissen eine weit mehr einschneidende Wirkung ausüben würde, als es die Monopolisierung irgend ei­nes Handelsartikels in früheren Zeiten ausüben konnte.

Wenn man indessen glaubte, daß die Be­rathung der Vorlage zu großen und lebhaften Diskussionen, zuDebatten im großen Stil"

! führen würde, so hat wenigstens der erste I Sitzungstag sehr enttäuscht. Zwar waren die ! Billets für die Zuhörertribünen des Reichs- ! tages schon am Dienstag sämmtlich vergriffen; i zwar harrte noch ein zahlreiches Publikum, das keinen Einlaß mehr erhalten konnte, vor den Portalen des Gebäudes, aber eine leidenschaft­liche dramatisch bewegte Monopoldebatte, wie ! sie erwartet wurde, bot sich dem dichtgedräng- > ^ ten Publikum nicht dar; vielmehr gingen die drei ersten Redner, die sich vernehmen ließen, mit großer Ruhe und Sachlichkeit vor und gaben theilweise trockenes Zahlenmaterial oder ! fachmännische Betrachtungen, wovon das Pu­blikum auf den Tribünen nicht angesprochen wurde.

Erst gegen den Schluß der Sitzung hin, ! als der eifrige Befürworter des Monopols, Unterstaatssekretär Mayr aus Straßburg, das Wort zur Vertheidigung der Vorlage ergriff, belebte sich die Szene. Die Schärfe, mit der der Redner für das Monopol auftrat, rief auf der linken Sette des Hauses zahlreiche Zwischen­bemerkungen hervor.Zur Sache!"Wir find nicht im Volkswirthschaftsrath!"Sie sind nicht bayrischerBundesbevollmächtigter!"Bayern hat gegen das Monopol gestimmt!" so tönte es wirr durcheinander. Und als gar der kon­servative Abgeordnete v. Minnigerode der Lin­ken aus diesen Zwischenrufen einen Vorwurf : machte und der Abg. Richter etwas vonSchul­

meister" dazwischenrief, als denselben Abg. dafür ein Ordnungsruf des Präsidenten traf da entspann sich eine Szene, die einen Be- ! griff von den Vorgängen in der Pariser Deputirtenkammer geben konnte, wenn Paul de Caffagnae gegen die Regierung vom Leder ! zieht.

Die sachliche Ausbeute der Debatte war, wie das ja gar nicht anders sein kann, eine geringe. Die Presse hat Monate hindurch Zeit gehabt, den Monopolplan lang und breit m besprechen; da kann also nicht viel Neues für oder gegen zu Tage gefördert werden. Man faßt höchstens das Bekannte noch einmal syste­matisch zusammen, ohne Hoffnung, den Gegner zu sich herüberzuziehen.

Wodurch aber der erste Sitzungstag be- , sonders den erwarteten Effekt einbüßte, das ist der Umstand, daß der Reichskanzler nicht er- l scheinen konnte und daß sein einflußreichster

Gegner im Reichstage, Eugen Richter, noch nicht zum Worte kam.

Der Donnerstag blieb für den preußischen Landtag, dessen Schlußsitzung stattfand, reser- virt. Am Freitag sollte im Reichstage die Weiterberathung der Monopolvorlage stattfin­den. Die schließliche Ueberweisung an eine vor- berathende Kommission, die bereits als gesichert galt, ist insofern zweifelhaft geworden, als die elsässischen Abgeordneten, mit Ausnahme zweier, gegen das Monopol zu stimmen entschlossen sein sollen, während man bisher das Gegentheil als Wahrscheinlichkeit in Betracht zog. Von dem eventuellen Eingreifen des Fürsten Bismarck in die Debatte wird es abhängen, wie viel Tage die erste Berathung in Anspruch nimmt. Ueber das vorläufige Schicksal der Vorlage, ob die­selbe einer Kommission überwiesen, oder ob gleich die zweite Lesung der ersten folgen wird, schwebt gegenwärtig wieder ein völliges Dunkel.

Deutscher Reichstag.

Am Mittwoch begann der Reichstag die erste Lesung der Tabakmonopolvorlage. Fürst Bismarck ließ durch den Staatssekretär Scholz sein Ausbleiben durch Krankheit entschuldigen. Der Staatssekretär leitete sodann die Debatte ein, indem er im Allgemeinen den Steuerreform­plan der Regierung erörterte und die Annahme des Monopols empfahl. Die Fortschritts­partei hatte einen Antrag eingebracht, der Reichstag wolle sich nicht nur gegen das Mo­nopol, sondern auch gegen jede weitere Er­höhung der Tabaksteuer aussprechen. Der nächste Redner war der Abgeordnete Sandt- mann (Fortschritt), der sich aus sachlichen Grün­den gegen das Monopol erklärte. Auch Abg. Hobrecht sprach gegen die Vorlage; er behaup­tete, daß der Ertrag des Monopols nicht so erheblich sein werde, wie die Regierung annehme und suchte dies nachzuweisen durch eine Schil­derung der Nachtheile des Monopols für den Tabaksbau und die Fabrikanten, welche eine Verschlechterung des Fabrikats mit sich führen und dadurch eine erhebliche Verminderung des Konsums veranlassen müsse. Der Redner schloß mit der Erklärung, daß er das Mono­pol für Deutschland unannehmbar halte und er und seine Partei (nationalliberal) dagegen stim­men werden. Nach ihm führte der Unter- staatssekretär Mayr aus, daß das Bedürsniß einer Finanzreform allgemein empfunden werde, da die direkten Steuern, vielleicht in Preußen noch am wenigsten, drückend seien. Der Er­trag des Monopols sei eher zu niedrig als zu hoch mit 163 Mill. Mark jährlich veranschlagt. Die Tabaksausfuhr werde unter dem Mono­pol nicht mehr beschränkt als jetzt. Es bestehe die Absicht, möglichst alle heutigen Tabaks­arbeiter zu beschäftigen. Diese Ausführungen wurden von der linken Seite mehrfach lebhaft unterbrochen und Abg. v. Minnigerode be­merkte, daß dadurch der Respekt vor den ver­bündeten Regierungen verletzt würde. Ein Zwischenruf des Abg. Richter zog diesem einen Ordnungsruf zu, wogegen sich der genannte Abg. verwahrte.

Vor Eintritt in die Tagesordnung am Freitag nahm der Präsident v. Levetzow zunächst den dem Abg. Richter am Mittwoch infolge ei­nes Mißverständnisses ertheilten Ordnungsruf zurück. Dann wurde in der Berathung der Mo­nopolvorlage fortgefahren. Abg. Windthorst sprach Namens des Zentrums gegen die Vor­lage. Die Einführung des Monopols würde eine große Industrie mit allen ihren Nebenge­werben vernichten. Auf einen Zwischenruf be­

treffs des Branntweins sagte Redner, den Schnaps möchte er so monopolisiren, daß er nur in den Apotheken verkauft werden dürfte. Die Regierung verspreche sich auch viel zu viel von dem Monopol; die Entschädigungen für die Interessenten seien viel zu gering bemessen. Auch die Abhängigkeit der Tabakarbeiter unter dem Monopol und die Befürchtung, daß die Erträge des Monopols theilweise anderweitig, als jetzt beabsichtigt, verwendet werden, stimm­ten den Redner gegen die Vorlage. Der freikonservative Abg. Leuschner sieht in dem Monopol das kleinere von zwei Uebeln. Die drückenden Matrikularbeiträge und andere finan­zielle Gründe sprechen für das Monopol. In­dessen würde die Partei des Redners gern an­dere Mittel zur Aufbesserung der Reichsfinanzeu in Erwägung ziehen, wenn solche von anderer Seite vorgeschlagen würden. Abg. Mayr (süddeutsche Volkspartei) verwirft das indirekte Steuersystem; das Monopol sei mit dem bun­desstaatlichen Charakter des Reichs unvereinbar. Die Reichsregierung solle mit dem bisher er­reichten Maße deutscher Einheit zufrieden sein. Abg. Schenk von Stauffenberg (liberale Vereinigung) will keine Mehrbelastung, sondem Entlastung durch eine planmäßige Steuerreform. Er gibt zwar zu, daß unter den Tabakbauern Unzufriedenheit herrsche, doch wollen dieselben trotzdem das Monopol nicht, denn dasselbe würde den inländischen Tabakbau allmählich seinem Untergange zuführen. Die liberale Ver­einigung werde für einfache Ablehnung, also auch gegen KommWonsberathung stimmen. Nachdem Staatssekretär Scholz die gegen das Monopol vorgebrachten Bedenken vom Regier­ungsstandpunkte aus wiederlegt hatte, kommt er zu dem Schluffe, daß wenn der Reichstag das Monopol nicht annähme, so blieben alle Uebel- stände bestehen, deren Beseitigung angestrebt wird; die Regierung lehne die Verantwortung für solche Zustände ab und müsse sie dem Reichs­tage zuschieben. Der sozialdemokratische Abg. von Vollmar sprach hierauf gegen die Vorlage, ohne indessen neue Gesichtspunkte zu Tage zu fördern. Abg. v. Arnswaldt (hannoverscher Partikularist) erklärte Namens seiner Freunde, gegen die Vorlage und gegen jede Steuererhöh­ung stimmen zu wollen; doch würden sie für Kommissionsberathung sein. Hierauf wurde die Berathung vertagt.

Tagespolitik.

An den deutschen Reichstag sind bis jetzt 10 Petitionen gerichtet worden, welche die Aufhebung des Impfzwanges ver­langen.

Der Gesammtvorstand des deutschen Reichstages begiebt sich am 19. d. nach Luzeru, um der feierlichen Eröffnung des St. Gott­hardtunnels beizuwohnen.

Der Großherzog von Baden, der vou seiner Krankheit wieder genesen ist, kehrte am Freitag Nachmittag nach seiner Hauptstadt Karls­ruhe zurück und wurde auf dem Wege zum Schlosse von dicht gedrängten Menschenmassen mit freudigen Zurufen begrüßt.

Die jüngsten Nachrichten aus Friedrichs­ruh über den Gesundheitszustand des Reichs­kanzlers lauten nicht befriedigend. Fürst Bismarck muß noch immer das Zimmer hüten und seine Rückkehr nach Berlin ist wieder auf unbestimmte Zeit hinausgeschoben.

Den Hauptgegenstand der Kammerbe­rathungen in Frankreich bildet gegenwärtig na­turgemäß die egyptischeFrage. Des Mi­nisterpräsidenten Freycinets Auslassungen über dieselbe, in welchen er erklärte, Frankreich werde