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Aus den Tannen.
Intelligenz- L Anzeige-Matt
von der oberen Nagold.
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Mr. 55.
Menstaig, Donnerstag den 11. Mai.
1882.
In Folge der am 17. April d. I. und an den folgende» Tagen vorgenommenen Prüfung im Wasserbaufache, ist u. A. folgender Kandidat für befähigt erklärt worden: Hammer, Christian Wilhelm, Geometer von Wildbad, OA. Neuenbürg.
In Folge der an den Seminaren zu Eßlingen und Nürtingen vorgenommenen ersten Dienstprüfung sind u. A. folgende evangelische und israelitische Schulamtszöglinge zur Bersehung unständiger Lehrstellen an Volksschulen für befähigt erklärt worben: Christian Bla ich von Altbulach, Wilhelm Feuerbacher von Ebhausen, Karl Kaufmann von Gechingen, Johannes Schröter von Herzogsweiler, Adolf S t ai ge r von Calw, Jakob Veyl von Deckenpfronn, Wilhelm Wolf von Deckenpfronn.
Erledi gt: die zweite Schulstelle in Gültlin- gen, Bez. Nagold, mit einem Einkommen von 947 ^ 8V nebst freier Wohnung.
Gestorben: 5. Mai zu Orlach Schull. Haeberle; zu Freudenstadt Straßenmeister Heldt, 74 I. a.: zu Hengstfeld Breiter, Lehrer, 23 I. a.; 7. Mai zu Jsny Mar Joseph Liebherr, gräfl. v. Quadt-Jsny'scher Oberförster 43 I. a.; 8. Mai zu Lauffen a. N. Chr. Hermann, Pfarrer a. D., früher i» Walrheim und Dürrenzimmern, R. d. Fr.O. I. Kl., 79 I. a.; zu Markelsheim Jos. Blum, Schull.; in Pfungstadt Direktor Dr. Nathanael Müller (Württ.), 31 I. a.; zu Wehingen Pfarrer Christ; zu Friedrichshafen Rud. Schröter, kgl. Maschinenmeister und Vorstand der Eisenbahnwerkstätte, Ritter I. Kl. des Fr.O., 7V I. a.
D Eine neue nihilistische Proklamation. In der jüngsten Zeit hat die russische Gesellschaft nach längerer Pause wiederum ver- hängnißvolle Betpeise von der Fortexistenz der Nihilistischen Verschwörung erhalten. Die neueste Kundgebung des immer noch existierenden revolutionären Exekutiv-Komitee ist eine Proklamation, welche das an General Strelnikoff vollzogene „Todesurtheil" begründen soll. Diese Proklamation droht mit dem Wiederbeginn der politischen Morde und warnt die Vertrauensseligen, welche meinen, daß etwa nur für den Zaren Gefahr vorhanden sei.
Dem ermordeten General Strelnikoff werden in diesem Schriftstück die grausamsten Willkürakte zur Last gelegt. Er habe morden und einkerkern lassen, ohne die gesetzlichen Maßregeln zu befolgen und sei durch die ihm in Gatschina ertheilten unumschränkten Vollmachten gedeckt gewesen. „Er führte," so heißt cs wörtlich, „in den Gerichtsbezirken Kiew und Odessa das System der Massenarreste ein. Dank seinem, keinen Unterschied zwischen Schuldigen und Unschuldigen machenden Eifer wurden die Gefängnisse mit politischen Gefangenen überfüllt. Die kleinste Kundgebung geistigen Lebens zog verhängnißvolle Folgen nach sich. Verwandtschaft mir politisch Verdächtigen galt ! für ein Staatsverbrechen. Das Benehmen , Strelntkoffs gegen die Gefangenen überschritt
> die äußersten Grenzen der Frechheit und der ' Unmenschlichkeit. Indem er hauptsächlich junge
Menschen in die Kerker warf, versuchte Strel-
> nikoff an ihnen die Tragweite seiner Vollmach- ! ten: „Ihr kommt nicht aus dem Kerker heraus,
> ! so lange ihr nicht alles gesagt habt, was ihr l I sähet und hörtet," pflegte er zu sagen. Für
> die für ihre Kinder bittenden Eltern hatte er s ! »ur die eine Antwort: „Gebt euch keine Mühe
- — man wird sie hängen." Weder die Bitten
- der Väter, noch die Thränen der Mütter be-
. wegten Strelnikoff, sogar Zusammenkünfte
S wurden nur ausnahmsweise erlaubt. In den
- bon den Eltern vergossenen Thränen konnte
- man mehr als einen Strelnikoff ertränken."
l- Schaudervoll! Höchst schaudervoll! . . . l- Wenn man ohne politische Hintergedanken und » dom rein menschlichen Standpunkt aus Wtr- kung und Gegenwirkung der entsetzlichen nihi- l, > Wischen Umtriebe betrachtet, so wird man von einem Gefühl befallen, das dem des Mitleids sehr nahe verwandt ist, wenn sich in dasselbe such eine starke Dosis Abscheu mischt. Hat
die Proklamation mit ihren Anführungen recht oder übertreibt sie? Nehmen wir zunächst an, sie sage die volle Wahrheit. Recht und Gerechtigkeit seien in Rußland von den Mächtigen unter die Füße genommen; Gesetze seien in den Händen der Gewaltigen nur Fangeisen für diejenigen, welche auf (nach unseren Begriffen) gesetzlichem Wege eine Besserung der Lage des Volkes anstreben; jede Klage über die unerträglichen Zustände, über Beamtenbestechlichkeit und Korruption würde als todeswürdiges Verbrechen betrachtet; die Bedrückten haben gegen ihre Unterdrücker keinen Rechtsweg, Niemand hilft ihnen — — sie greifen zur schrecklichsten Selbsthilfe! Man transportirt die Schuldigen in die sibirischen Bergwerke oder man hängt sie. Aber der faulende Zustand des Staatskörpers besteht fort und erzeugt stets neues giftiges Gewürm.
Nehmen wir nun an, die Proklamation übertreibe: Was könnte dann die Attentäter veranlassen, ihr Gewissen mit einem Mord zu belasten und einem sicheren Tode entgegenzugehen? Und andererseits: That den Strelnikoff nicht seine Pflicht, als er mit aller Strenge und unter Ausnutzung der ganzen Vollmacht gegen die Verschwörer vorging? Er hat doch die faulen Zustände nicht verschuldet; er that als Soldat und Beamter seine Pflicht, als deren Opfer er fallen mußte.
Wann wird diesem unglückseligen Lande ein Retter erstehen, der es aus den ungeheuerlichsten Wirrnissen seiner verfehlten Politik führt und den vergifteten Volksgeist heilt?
Laudesnachrichteu.
Die Meldung aus Zwerenberg in Nr. 52 d. Bl., worin gesagt ist, daß ein älterer Mann, Namens Blaich, das Genick gebrochen habe, ist dahin zu berichtigen,chaß die Todesursache des Betreffenden ein Schlaganfall war.
Nagold, 6. Mai. Ein hoher musikalischer Genuß wurde uns gestern zu Theil. Aus Anlaß des Semesterschluffes wurde im Festsaale des Seminars und dem neugegründeten Oratorienverein ein Konzert gegeben, das sich einer zahlreichen Zuhörerschaft von hiesigen und auswärtigen Musikfreunden erfreuen durfte. Das Programm bot in reicher Abwechslung die besten Kompositionen aus Werken unserer gediegensten Meister. 3 größere Chöre aus „Paulus" und „Herakles" mit Orchester- und Orgelbegleitung, letztere vom Seminarlehrer Berroth musterhaft ausgeführt, 3 Männerchöre, sowie 2 Lieder für gemischten Chor zeigten durch Feinheit der Dynamik, tadellose Aussprache und tonische Reinheit, welch' eine tüchtige Kraft das Seminar in der Person des Oberlehrers Hegele besitzt. Ein Adagio für Violine und Orgel von Merkel wurde von Seminarlehrer Vötsch (Violine) u. Hegele (Orgel) trotz großer technischer Schwierigkeiten der Violtnpariie prächtig vorgetragen. Ein Haydn'sches Trio für Klavier (Hegele), Violine (Vötsch) und Cello (Sem.Lehrer Finckh) wurde von den 3 Herren mit feinem Verständniß ausgeführt; auch gab der tadellose Vortrag eines Schubert'schen Marsches auf dem Klavier von 2 Seminaristen, sowie die hübsche Ausführung einer Ouvertüre (Kalif) für Orchester (ebenfalls durch Sem.-Zöglinge) einen Beweis von der Leistungsfähigkeit derselben. Das im Ganzen vorzüglich durchgeführte Konzert erregte bet dem überaus zahlreichen Auditorium große Sympathie und verpflichtete solches zu warmem Dank gegen die Direktion. — Am Abend selbigen Tages vereinigte sich eine große Anzahl hiesiger Einwohner im Hirschsaal, um sich von dem in nächster Zeit von hier nach Reutlingen über
fiedelnden Helfer Ströle zu verabschieden. Fabrikant Sannwald eröffnete die Reihe der Toaste, die großen Verdienste desselben nicht blos um Kirche und Schule, sondern auch um Gemeinde und Familie und nicht am geringsten um die Armen und Kranken, denen er jederzeit ein ächter Helfer und Tröster gewesen, hervorhebend.
Calw, 8. Mai. Am Freitag Nacht erhielt das K. Amtsgericht hier die Anzeige, daß die led. 24 Jahre alte Dorothea Riexing er von Agenbach, verdächtig sei, heimlich geboren, das Kind getödtet und im Walde versteckt zu haben, sowie daß dieselbe seit diesen Abend flüchtig sei. Die sofort eingeleitete Untersuchung in der Wohnung der Verdächtigen führte auch sogleich auf Spuren und in einem verschlossenen Kasten auf der Bühne in einer Schachtel fand man den Leichnam eines vollständig ausgebildeten Kindes weibl, Geschlechts. Die eingeleitete Verfolgung der Kindsmörderin hatte noch an demselben Abend deren Festnahme in Stuttgart zur Folge und gestern Abend wurde dieselbe hier eingeliefert. Die gerichtliche Leichenöffnung ergab, daß das Kind gelebt und durch Erwürgen rc. seinen Tod gefunden hat, auch räumte heute die Angeklagte ein, ihr Kind kurz nach der Geburt vorsätzlich durch Erwürgen getödtet zu haben.
Stuttgart, 8. Mai. (Corr.) In den nächsten Tagen werden sich einige Prozesse von Interesse vor den hiesigen Gerichten abspielen. — Der Diebstahlsprozeß vom Bahnhof in Plochingen, der so kolossale Dimensionen angenommen hat, daß ganze Ladungen von Gestohlenem sich vor Gericht aufgestapelt haben, wird vor der Strafkammer des Landgerichts sich entrollen. Sodann ist der Civilproceß der Gemeinde Altenstaig Dorf gegen die Staatsfinanzverwaltung wegen Kirchen- und Schulbaulast vor der Civilkammer des Landgerichts zur Entscheidung reif und wird demnächst (26. Mai) die Verkündigung des Urtheils, das aber mit den Entscheidungsgründen sehr umfangreich ist, erfolgen.
Stuttgart, 8. Mai. (Corr.) Se. K. H. der Prinz Wilhelm von Württemberg erläßt eine tiefempfundene Danksagung im „Staatsanzeiger" für die innige und herzliche Teilnahme, welche ihm von allen Klassen der Bevölkerung aus Anlaß des Hinscheidens seiner heißgeliebten Gemahlin dargebracht worden ist.
Stuttgart. Se. Exc. der kommandierende General v. Schachtmeyer ist seit einigen Tagen an der Gesichtsrose erkrankt, Se. Exc. befindet sich jedoch wieder auf dem Wege der Besserung. Se. Exc. der Herr Generallieutenant und Divisionskommandeur v. Knörzer ist seit einigen Tagen ebenfalls krank gesetzt, die Schußwunde, die er vor 12 Jahren bei Cham- pigny in den Arm erhielt, ist nach dieser langen Zeit wieder aufgebrochen und sind noch einzelne Sandkörner in derselben gefunden worden, was darauf schließen läßt, daß die Verwundung s. Z. durch einen Rikochetteschuß erfolgte. Das Befinden des Herrn Generals ist ein befriedigendes.
In Cannstatt wollte sich am Donnerstag Abend 11 Uhr Maler N. aus Pforzheim im Neckar ersäufen, erreichte aber seinen Zweck nicht, sofern er von den Fluthen auf das Wehr geworfen und dann in einem Fischerboot gerettet wurde.
An der Straße von Wiblingen bei Ulm nach Gögglingen wurden gleich außerhalb des Orts von bübischer Hand 16 junge Obstbäume abgeknickt und den stärkeren, wo die ruchlose Hand nicht knicken konnte, sind die Neste auseinander geschlitzt worden, was gerade bei der