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Die Pr,hibtti»nöbewe,u«, hat in den Vereinigten Staa­ten einen weithin sichtbare« Erfolg errungen, wenn auch ihr »oklständiger Steg damit noch nicht entschieden ist. Seit Jah­ren ist das Ziel der Alkoholgegner, daß ein absolutes Verbot der Herstellung, der Einfuhr «nd deS Verlauf» alkoholhaltiger Getränke in die Bundesverfassung ausgenommen werde. Jetzt haben beide Häuser des Kongresse» einen solchen Versassungs- zusatz angenommen. Der Senat im August dieses Jahres mit 6', gegen 20 Stimmen, und nun dieser Tage mit 282 gegen 128 Stimmen dar Repräsentantenhaus. Der künftige Verfassungsartikel soll lauten: Nach einem Jahre, gerechnet von, Inkrafttreten dieses Artikels, wird hiermit die Herstel­lung, der Verkauf und Transport berauschender Flüssigkeiten zu Trinkzwecken innerhalb der Vereinigten Staaten verboten; ebenso die Sinfnhr nach und di- Ausfuhr auS den Vereinig­ten Staaten nach allen ihrer Rechtsprechung unterworfenen Gebieten. Eine Zustimmung des Präsidenten zu diesem Be­schlüsse ist nicht erforderlich. Dagegen muß er den einzelstaat­lichen Parlamenten unterbreitet und von zwei Dritteln ver Bundesstaaten ratifizert werden. Dies ist immerhin ein recht weiter Abstand der die Probibitionisten von ihrem Endziele noch trennt, und die Gegner der Zwangsabstinenz werden reichlich Gelegenheit haben, jener Bestimmung, bevor sie in die Verfassung wirklich ausgenommen ist, schwere und viel­leicht nicht rechtzeitig überwindbare Hindernisse in den Weg zu bauen Es bleibt nun fraglich, ob 32 Staaten für das ab­solute Alko^olverbot zu baben sein werden. Für ihr eigenes Gebiet batten bis Kriegsausbruch 23 Einzelstaaten Herstel­lung. Einfuhr und Verkauf alkoholhaltiger Getränke unter­sagt, in drei weiteren batten sich Exekutive und Volksvertre­tung auf diesen Grundsatz festgelegt. Dass jetzt im Repräsen tantenbause zu Washington der Antrag der Prohibitionisten die Zweidrittelmehrheit fand, mag damit Zusammenhängen, daß der Einfluß des deutsch-amerikanischen und des irischen Elementes auf die Oesfentlichkeit durch den Kriegszustand ausgeschaltet ist.

Alls Ctiidt isph

Calw» den 5. Januar 1918.

Das Eiserne Kreuz.

Pionier Johannes Roller von Altburg, in einem Pionier-Batl., hat das Eiserne Kreuz erhalten.

Pionier Jakob Zeiler aus Stammheim, Cohn des Jakob Zeiler (z. Zt. auch im Feld), hat das Eiserne Kreuz erhalten.

Beförderung.

PH. Seeger, Cohn des Martin Seeger von Holz­bronn, bei einem Fußartillerie-Negiment, wurde zum Gefreiten befördert.

Dienstnachricht.

* Der Forstamtmann Muschgay in Liebenzell wurde seinem Ansuchen entsprechend auf die Forstamtmann­stelle Ravensburg versetzt.

Znm Erscheinungsfest.

Mit dem 6. Januar gehen die sog. zwölf Nächte, in denen der Volksglaube besonders mächtig ist, zu Ende. Noch einmal machen sich unheimlich böse Geister, bevor ihr Wirken beendet ist, geltend, und abergläubische Ge­müter lassen es sich nicht nehmen, nach der Väter Sitt und Art sich dadurch vor ihrem schädlichen Einfluß zu

WStzeu, krdr« sie «r die Türe» des Hans«- «ad der Statte oic Buchstaben L. M. B.. je mit einem Kreuz versehen, anschreiben. Es find das die Anfangbuchstaben jener Weisen aus dem Morgenlande, aus denen die kirchliche Ueberlieferung die drei Könige Kaspar, Mel­chior und Balthasar gemacht hat. Von anderen Bolks- bräuchen, mit denen der Tag umkleidet war, findet man nur noch die vereinzelt bestehende Sitte der drei Königs- Umzüge mit dem Sternfingen, die an das sog.An- klöpferle" undPfeffern" erinnert und in ganz gewöhn­liche Bettelei ausgeartet ist. Nach der langen Winter­nacht macht sich znm erstenmal eine kleine Zunahme der Tagsshelle bemerkbar, wie es denn auch in einem alten Volksreim heißt: Am großen Neujahr lvächst der Tag, solang der Haushahn schreien mag. Als eigentlicher Festtag gilt der 6. Januar nur in Württemberg wo er zn den allgemeinen bürgerlichen Feiertagen zählt, im Königreich Sachsen und in einigen Gegenden des Her­zogtums Braunschweig: er ist als der G-d-nktag der Weilen aus dem Morgenlande, die als Erstlinge der Heidenwelt von dem Lichte in Betstlebem angewoen wurden, das Hauntmilliongsest in der Protestantischen Kirche.

Zur Butterversorgung.

* Wir hatten in unserm letzien Rathausbericht die Klagen verschiedener GemeinderatSmitglieder wiedergegeben, gaß d>e Vntterbel-cseri'ng der Stadt im letzten Monat so V,leckst gewesen sei. Wie wir nun von zuständiger Seite er- sossten, hänok die Butterversorgung des Bezirks mit der Mstch- und Butterabliefernng an die von der Landesversor- gnnasstelle bestimmten Stellen ab. Nach den vom Re'ch fest­gesetzten Sätzen der den VersoraungSberechtigten zustehenden Mengen Milch ('/,« Liter täglich) und Butter (6214 Gramm wächentllch) beziehen sowohl Calw als auch Liebenzell und Unterr-stchenbach derzeit noch einen erbeblichen Prozentsatz messt Milch als diesen Orten im P-rbnltnis zu der Zahl der Versorgunasberechttgten zustebt. Dazu kommt, dab eine Anzahl von Orten an der Peripberie des Bezirks ihrer Milch- lieferung? licht nicht nachkommt, weshalb nicht das Quantum an Milch ausgeführt werden kann, das nach der Zahl der Milchkühe zur Ausfuhr kommen sollte. Reklamationen seitens des Kommunalverbandes wegen zu geringer Butterzuweisung werden deshalb aus den vorgenannten Gründen von der Landesversorgungsslelle unbeachtet gelassen. Das Oberamt hat ia nun, weil ibm selbstverständlich immer daran liegt, den Bezirk im Rohmen der berechtigten Ansprüche zu ver­sorgen, einen Erlaß bezüglich der Milchlieserungspflicht der Bezirksgemeinden herauSgegcben, der Aussicht auf Erfolg verspricht. Wenn aber eine regelmäßige Butterbelieferuna bei der Landesversorgung durchgesetzt werden soll, so muß vorder die Regelung der Milchversorgung vorgenommen weiden.

Schulferien wegen Drennstosfmangel.

Amtlich wird mitgeteilt: Aus Grund einer Verein­barung der Obersäxulbestörden sind wegen der Schwie­rigkeiten der Vrennstoffversorgung für die sämtlichen öffentlichen Schulen von Stuttgart, Volksschulen, Mit­telschulen und höhere Schulen, im Anschluß an die Weih- nachtsfericn außerordentliche Ferien bis 21. Januar einschließlich angeordnet und gleichzeitig die zuständigen örtlichen Schulbehörden außerhalb Stuttgarts ermächtigt worden, in ähnlicher Weise zu verfahren. Im Falle der Verlängerung der Ferien werden die auswärtigen

SkMer reWMi« veMHNPNS «eWev. Nsr E V einträchtigung der Lehrzrele zu verhüten, sind die Schü­ler da, wo die Ferien verlängert werden, angemessen zu beschäftigen. Die einheimischen Schüler haben sich des­halb am 8. Januar, dem ursprünglichen Tag des Wie­derbeginns des Unterrichts, zur gewohnten Zeit im Schulhaus einzufinden, um sich die Hausaufgaben, die sie anzufertigen haben, bezeichnen zu lassen und sonstige Anweisungen und Mitteilungen entgegen-unehmen.

Kaffee-Ersatz aus Angerse«.

Die Angersen werden in dünne Scheiben geschnitten, im Ofen gedörrt bis sie dunkelbraun sind, dann verge­ben und in der Kaffeemühle gemahlen. Der Geschmack ist vorzüglich.

(SCB.) Pforzheim, 4. Jan. In einem hiesigen Hotel fielen einem Diebe u. a. in die Hände: 369 -K in bar, eine mattgoldene Damenuhr, eine silberne Börse mit Kette, zwei goldene Kolliers, eines mit echter Perle und eines mit drei Amethysten und echter Perle, ein sil­bernes Kollier, ein Paar Eimili--Ohrringe, eine ovale goldene Brosche und ein Parr Herrenschnürschuhe. Von dem Dieb hat man noch keine Spur.

(SCB.) Stuttgart, 4. Jan. Im vergangenen Jahr betrug der Gcsomteingang an Kartoffeln bei der städti­schen Kartoffelstclle rund 782 000 Zentner, an Kohl­raben rund 20 000 Zentner, Gemüst vsw. wurden etwa 6000 Zentner Trockengemüse, Kartoffelmehl usw. herge­stellt. Der Geldumsatz beläuft sich auf rund 16 Millionen Mark. Die Zahl der Angestellten für Verwaltung und Bctriebsstcllen beträgt etwa 90, die der Arbeiter stieg mehrfach auf 230 Mann.

(SED.) Von der bayerischen Grenze, 4. Jan. Der Landwirt Josef Franz von Bärndorf wurde von der Schlachthofdirektion anaszeigt und öffentlich gebrand- markt, weil er eine Kalbin derart überfüttert ange­liefert hat, daß das Tier wegen Erstickungsanfälleu not­geschlachtet werden mußte. Im Magen allein befanden sich 60 Pfund Brotgetreide.

sSCB.) Ebersbach OA. Saulgau, 4. Jan. Die Täter­schaft an der Ermordung der ledigen 23 Jahre alten Anna Tötsch ist jetzt fcstgestellt. Ter Bruder Wilhelm Bötsch, zurzeit Unteroffizier bei der Garnisoukomv^gnie Ersatzbataillon Nr. 120 in Ulm, hat dem Amtsrichter gestern in später Abendstunde bei seiner wiederholten, zum Schluß auf dem Rathaus in Altshausen erfolgten Vernehmung eingestanden, seine Schwester, die sich in anderen Umständen befand, in der Nacht vom 29. aus 30. Dezember mit einem Jnfanterieaewehr, das er sich unerlaubterweise verschafft hatte, erschossen zu haben. Es wurde Haftbefehl wegen Mords und anderer Ver­gehen'gegen ihn erlassen.

Friedrichshafen. 4. Jan. Wie kürzlich berichtet wurde, ist der badische DampferKaiser Wilhelm" be­kanntlich bei einer Probefahrt von schweizer Seite scharf beschossen worden. Wie nun verlautet, ist dieser'Vorgang auf das dienstliche Versehen eines schweizerischen Kor­porals zurückzuführen, welcher der Meinung war, das deutsche Schiff habe die schweizerische Grenzzone über­fahren. und den Befehl znm Schießen gab. Die Schwerz wird Deutschland ihre Entschuldigung-aussprechrn und den entstandenen Schaden vergüten.

Für^die Lckniltl. verantwort!. Otto Seit mann, Calw. Druck u Verlao der A Oelickiläger'kcken Buckidruckerei. Calw

Die Geschichte

de» Diethelm von Buchenberg

60. von Berthold Auerbach.

Am Morgen, als die Gerichtsverhandlungen be­gannen, wurde Diethelm von seinen Schwurgenossen herzlich bewillkommt: nur der Steinbauer blickte vor sich nieder, und Diethelm heftete seinen Blick so lang auf ihn. bis er aufschaute und dann wie getroffen das Haupt wieder senkte. Das war ein Triumph, der schon viele Beschwerden aufwog. Auch der Rechtsanwalt Rothmann Lewillkommte Diethelm herzlich und lobte ihn wegen seines Wiederkommens. Bei jedem Namen, der aus der Urne gezogen wurde, war Diethelm voll Spannung, und er hatte wirklich die Freude, daß schon die Zahl elf voll und er noch nicht unter den Gezoge­nen ipar; aber nun machte Rothmann von seinem Äb- lehnungsrecht Gebrauch und verwarf sechs der Ausge­losten. bis Diethelm endlich als letzter doch noch unter die Zahl der Geschworenen kam. Er nickte ruhig und setzte sich auf seinen Platz.

Im Eerichtssaal war der Zuhörerraum, der nur durch ein Gitter abgeschieden war. gedrängt voll, und in der Loge der Schwurbank gegenüber saß ein Mäd­chen in Trauerkleidern: es war Fränz, die mit doppelt bangen Gefühlen Vater und Bräutigam in öffentlicher Wirksamkeit sah.

Sie batte sich kindisch gefreut, als dieser am Mor­gen bei ihr eingetreten war in der schönen Uniform, sie hatte den blauen Militärfrack mit amarantrotem Kragen, das Bandelier mit dem goldgefäßigen Degen und den Tressenhut mit wahrem Jubel bewundert, j

Die Anklageschrift wurde verlesen, und der Staats­anwalt schilderte mit hinreißender Beredsamkeit die Verruchtheit eines Verbrechen», das imurer mehr über-'

Hand zu nehmen drohe. Eigentum, öffentliches Der-^ trauen und öffentliche Moral zerstöre: und beschwor, die zwölf Männer aus dem Volke, durch ihr Schuldig dieser alles verheerenden Ruchlosigkeit einen Damm zu setzen. Fränz beugte sich weit heraus, die glänzende Rede ihres Bräutigams sowie seine Erscheinung muß­ten ihr sehr gefallen. Reppenbergcr benahm sich klug und gewandt mitten in dem Krcuzverstör und wußte alles auf die unschuldigste Weise zu erklären, ja, er verstand es sogar, mehrere Zeugen durch Fragen, die er an sie stellte, zu verblüffen. Den Betrug schob er auf seinen Geschäftsgenossen, der. vor kurzem entflohen, ihn betrogen habe, und nun hätten schlechte Menschen ihm Feuer angelegt. Gegen Diethelm und die Ge­schworenen überhauvt schaute der Reppenberger kaum auf. er hielt den Blick fast ausschließlich aus die Richter gewendet, und nur manchmal beugte er sich hinter die Brüstung nieder und nabm eine Prise aus seiner be­kannten birkenrindenen Dose. Eine große Zahl von Velostungs- und Entlastunaszeugen wurde verstört, und Diethelm stellte an diese selbst einige sachgemäße und entscheidende Fragen. j

Mittag war längst vorüber, als das sogenannte Plaidoyer begann. Rothmann schilderte in ergreifen­der Rede das Los des Angeklagten, der sich redlich wie­der emporgearbeitet babs und nun, weil er einmal in Elend versunken gewesen war, dem lauernden Verdacht und der boshaften Schadenfreude nicht entgehe. So eifrig auch Rothmann seinen Ccknitzling verteidigte, er ließ sich doch nie zu jener heillosen, alle Sittlichkeit verkehrenden Weise verleiten, wo es immer heißt:Es ist meine heiligste innigste Ueberzeugung," während, dies keineswegs immer der Fall ist. Er verhielt sich ! ganz gegenständlich und suchte nur die Möglichkeit eines andern als verbrecherischen Vorgangs ins Licht zu setzen. Es war nicht minder klug als cstrenstaft. daß er dis überhand nehmende allgemeine Entsittlichung

durch die mutwilligen Brandlegungen schilderte: wie der erste Gedanke beim Vernehmen der Sturmglocke nicht mehr Mitleid, sondern im besten Falle Zorn sei, in der Regel aber ein teuflisches Frohlocken, daß es gelinge, den Staat zu Gunsten eines Schurken zu be­trügen. wie das alles müßig umherstehe und oft die Zimmerleute noch die Hoffnung auf Verdienst durch den Neubau und den Dank des Abgebrannten dem Feuer Luft machen.

Dom aufrichtigen Beklagen dieser Entsittlichung ging er auf die Unschuld senes Schützlings über, und jetzt wendete er sich an die Schwurbank und rief den Ehrenmann dort, der selbst einmal unter so nichtiger Anklage gestanden, auf, bei seinen Mitgeschworenen auf eine leidenschaftslose Prüfung der vorliegenden Umstände binzuwirken.

Der Staatsanwahlt unterbrach den Verteidiger und verlangte von dem Gerichtshof, solche unangemes- * ne Anruüina als unerlaubt zurückzuweisen und dem Verteidiger eine Rüge zu erteilen. Rothmann wider­sprach. und der Gerichtshof zog sich zurück: es entstand eine Pause, in der Diethelm starr d^'inschaute, keine Miene zuckte. Der Gerichtshof trat bald wieder ein und erklärte, daß dem Verteidiger für das Gesagte keine Rüge zukäme, daß er aber solche persönliche An­rufung fortan unterlassen müsse. Rothmann fuhr nun fort, mit großem Geschick die Schuld von dem Angeklag­ten zurückzuweisen. Der Staatsanwalt sagte: der An­geklagte hat gleichsam als Sühne für sein Verbrechen an einer Menschenwohnung sich aus den Kerkerwänden den Tod geben wollen.

Der Vorsitzende faßte endlich alles klar und über- -""aw.mcn. worauf er die Fragen stell e. mann griff die Fassung derselben an, und es begann bereits zu dämmern, als die zwölf Männer sich in istr BeraLungszimnier jurückzogen.

Fortsetzung folgt.