«knem gewissen Abschluß gekommen fein könnke, und will dann der staunenden Welt verkünden, daß die Offensive eigentlich vollständig gescheitert sei. So haben die Alliierten es ja immer angefangen, um ihre militärischen Niederlagen in Siege zu verwandeln. Diesen Argumentationen gegen­über weisen wir auf das Urteil eines Westschweizer Blattes hin, das die strategischen Möglichkeiten in Italien dahin kennzeichnet, daß die Mittelmächte den Fehler zu vermeiden wissen, die Ergebnisse ihres Sieges durch überstürzte Ver­folgung zu gefährden. Außerdem sei das eroberte Gebiet für die Defensive sehr günstig, da jede aus dem Westen, also von der Etsch her, kommende Gegenoffensive notwendigerweise zum Scheitern verurteilt sei, solange das Trentino (vom Gardasee bis zur Piave) in den Händen der Mittelmächte sei. Es wäre nichts Erstaunliches, wenn die Verbündeten demnächst ihren Triumphmarsch in Italien anhielten, um anderswo einen großen Schlag zu führen. Man braucht diese Ausführungen durchaus nicht als geheimnisvolle Prophezei­ungen anzuschen, sondern nur die Tatsachen festhalten: die Mittelmächte haben sich gegen Italien eine vorzügliche Stel­lung geschaffen. Sie haben die vorher etwa 300 Kilometer lange Front um mehr als zwei Drittel verkürzt, und stehen nun ini rechten Winkel zur italienischen Front, sodaß ein ita­lienischer Gegenangriff etwa mit Hilfe der Alliierten jeder­zeit flankiert werden könnte, wodurch schon von vornherein die Eniwicklungsmöglichkeiten des Angriffs gehemmt sind. Ein Halt an der Piavelinie wäre also durchaus begreiflich und würde die Bedeutung des Siegs der Verbündeten ge­genüber Italien nicht um das geringste einschränken, unsere Stell'-na an dieser Front aber dauerhaft gestalten.

Da die Entente zur Zeit kein anderes Mittel besitzt, ihre Völker über die Tatsachen der italienischen Katastrophe hin- wcgzutrösien, da Japan wiederholt wegenSchiffsraum­mangels" abgewinkt hat, und Rußland selbst mit sich zu tun hat. so wird die amerikanische Hilfe als rettender Hoffnungs- auker ausgeworfen. Ueber die etwa zu gewärtigende militä­rische Unterstützung seitens Amerikas haben wir uns am Samstag ausgesprochen, und dabei auf Gmnd nüchterner Berechnungen von sachverständiger Seite festgestellt, daß die tatkräftige Hilfe eines amerikanischen Expeditionsheeres in Höhe von 1 14 Millionen vor Mai nicht zu erwarten sei. Die neuen Machthaber in Frankreich scheinen sich an diese Hilfe klammern zu wollen, oder wenigstens gchen sie sich den An­schein es zu tun. Clemenceau nämlich giebt die Parole her­aus: Aushalten bis zum Eintreffen der amerikanischen Tr' vpen. Und einstweilen Zusammenfassung aller Entente- krötte an dem Platze, wo man ihrer bedarf. Also jetzt wohl in Italien. Wir können abwarten, inwieweit dieses Pro­gramm Wirklichkeit wird. Nach den Angriffen, die gegen Llotzd George auf seine diesbezügliche Rede wie Hagel­körner prasselten, wird die Entente es uns nicht verübeln, venn wir vorerst die Sache noch auf die leichte Achsel neh­men. Und wieweit der Diktator Clemenceau mit der Vec- w'rklichung dieser im Ententekriegsrat beschlossenen Grund­sätze kommen wird, ist heute auch noch nicht abzusehen. Zwar w'll er jede Opposition gegen seine Absichten, namentlich wenn es sich um friedensfreundliche Propaganda handelt, unterdrücken, aber die Schläge In Italien haben das Ver- tra»en des französischen Volkes in den versprochenen Sieg do st aanz gewaltig herabgemindert, sodaß es nicht außerhalb des Bereichs der Möglichkeit liegt, daß eines schönen Tages die Glanznummer des Dresseurs Poincarö mit seinemTi­ger" nicht mehr zieht, und beide ohne Sang und Klang ab- z-eb?n müssen, wie ihr Gesinnungsgenosse Delcassö. der sich bei Ausbruch des Krieges sicher auch als kommender Trium­phator gefühlt hatte, und von dem heute keine Zeile mehr ge­schrieben wird.

Engtands Soraen Im Innern werden auch immer drük- kender. Schon seit Wochen wissen die englischen und neu­tralen Blätter von neuen Kundgebungen der Iren zu be­richten, die ihre Organisationen fester als je zusammenge­schlossen haben, und mehr als je danach streben, vollständig unabhängig von England zu werden. Die Organisationen der sog.Sinn Feiners" sind auch militärisch ausgcbildet, und man ist sich in London darüber nicht im Unklaren, daß ein erneuter Aufltand jeden Tag ausbrechen kann. Wenn ein Jrensührer die Anschauung kundgiebt, daß um die irische Freiheit heute auch an der italienischen Front gekämpft werde, dann kann man sich ungefähr denken, wie weit die In­nere Loslösung Irlands von England fortgeschritten ist. England aber kämpft bekanntlich für die Freiheit der Völker. Nur muß man nicht die Naivität besitzen, anzunehmen, daß der Enaländer solchen Völkern die Freiheit schenkt, die er unterjocht hat und noch unterjochen will. O. 8.

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Pichon.

(WTB.) Bern, 13. Nov. Der neue Minister des Aeu- ßern Pichon schreibt in seinem BlattPetit Journal", die Rede Lloyd Georges sei die stärkste und vollständigste Ver­urteilung der Kriegführung der Entente, die bisher ausge­sprochen worden sei. Nach Forderung der energischsten Kriegsfnhrnng erklärte Pichon, man müsse gegen die De­faitisten (Mießmacher), deren Unverschämtheit immer mehr zunehme, gegen die Bestochenen und gegen die Spione, die rwch nicht alle gefaßt seien, mit äußerstem Nachdruck Vor­gehen. Man müsse zu diesem Zweck von der Nordsee bis zur Adria gegen den Feind Stellung nehmen, der über ungeheure

HWquesten verfüg« und unermüdlich VarkM ürbeike, der En­tente eine neue Schlappe beizubriugcn. Also in erster Linie will Pichon gegen den inneren Feind, die Friedens­freunde losgehen i

Clemenceau hofft auf die Amerikaner.

(WTB.) Berlin 18. Nov. Der neue französische Mi­nisterpräsident Clemenceau hat am 13. Nov. imHomme En- chainä" sehr abfällig gegen die Maximalisten geschrieben, die die Maske endlich abgeworfen und gezeigt hätten, daß sie einen deutschen Frieden befürworteten, der Elsaß-Lothringen unter deutschem Joch lassen und der Entente ihren Mittel­meerbesitz und Nordafrika rauben würde. Wohl niemand werde diese niedrigen Phantastereien ernsthaft erörtern, man müsse sich aber darüber freuen, daß der hinterhältige Pazifis­mus endlich voll und ganz entlarvt sei. DasWalffsche Te­legraphenbureau" habe nicht ohne Grund eine Anspielung auf die Möglichkeit einer neuen Stockholmer. Konferenz ge­macht. Die Alliierten sollten verleitet werden, auf einer inter­nationalen Konferenz durch Vertreter ohne jede Autorität Kriegs- und Friedensfragen erörtern zu lassen. Damit wolle man die Regierungen durch Verräter und Spione Deutsch­lands ersetzen lassen. Deutschland habe es eilig, einen deut-

Frieden zu schließen, bevor das amerikanische Heer ein­greife. Daher müßte die Kriegsaufgabe für die Entente jetzt lauten, zunächst eine bestimmte Front festzuhalten, überall gute Wache zu halten und sich alle Vorteile für eine Offen­sive zu sichern, bis die am^iikanische Krastansircngnng in Wirksamkeit treten könne. Ob Clemenceau bis dahin noch am Ruder ist?

Die erste sichtbare Tat Clemenceaus.

(WTB.) Bern, 18. Nov.Jounal de Gön^ve" berich­tet aus Paris, daß Clemenceau nach Abgabe der Regierungs­erklärungen, die mehrere Sitzungen in Anstunck' nehmen sol­len, seinenHomme Enchainö" wieder alsHomme Libre" erscheinen lassen wird.

Japan schickt keine Truppen nach Europa.

(WTB.) Osaka, 17. Nov. Der japanische Finanzmini­ster sagte in einer Rede, es sei durchaus unmöglich, japani­sche Truppen nach Europa zu senden. Die Alliierten würdig­ten diese Schwierigkeiten und hätten niemals darauf ge­drängt. Die Japaner hätten ihre Bereitwilligkeit, der Sache der Verbündeten zu dienen, bewiesen durch Bereitstellung der Marine und durch Unterstützung im Schiffbau, Industrie und mit Geldmitteln. Die den Alliierten mittelbar oder unmittel­bar gewährte finanzielle Hilfe belaufe sich gegenwärtig auf eine Milliarde Pfund Sterling.

Die japanisch-amerikanischen wirtschaftlichen Verhandlungen abgebrochen.

(WTB.) Tokio, 19. Nov. (Reuter.) Amtlich wird ge­meldet, Japan sehe sich genötigt, die Verhandlungen über ein Abkommen mit den Vereinigten Staaten, wonach Japan eine Viertel Million Tonnen Schiffsraum gegen Lieferung von 175 000 Tonnen Stahl stellen sollte, abzubrechen. Japan sei nicht im Stande, die amerikanischen Forderungen bezüglich der Altersgrenze der Schiffe und des Preises anzunehmen.

D e ^orniime in Rußland.

Die Lage in Petersburg.

(WTB.) Petersburg, 18. Nov. Am Freitag haben die Maximalisten Gatschina beseht. Der Stab Kcrenskis wurde verhaftet. Kerenski ist geflüchtet. Seine Gefangennahme wurde angeordnet. Am Samstag wurden die Feindseleg-, leiten eingestellt. In Moskau wurden die Bedingungen un­terzeichnet, unter denen die sogenannte weiße Garde Kerens­kis die Waffen abliefern soll. Der öffentliche Wohlfahrtsaus­schuß wurde aufgelöst. Die Maximalisten verlangen als Be­dingung ihren Eintritt in ein sozialistisches Koalitionskabi nett und die Kontrolle über die Truppen in Petersburg und Moskau und über die Arbeiter von ganz Rußland. Neratow, früherer Minister für auswärtige Angeelgenheiten, der die Verträge mit den Alliierten in Sicherheit gebracht hat. hält sich verborgen. Die Maximalisten haben seine Verhaftung und Aufspürung der Dokumente angeordnet.

Anarchie in Moskau.

(WTB.) Rotterdam, 17. Nov. Nach demNieuwe Rotterdamschen Courant" meldenDaily News" aus Peters­burg, daß in Moskau vollständige Anarchie herrscht.

<WTB.) Amsterdam, 17. Nov. Reuter meldet aus Pe­tersburg vom 13. Nov., daß beim Aufstand in Moskau viel Blut geflossen ist. Die Zahl der Toten wird auf 2000 ge­schäht. DerTimes" zufolge hat der öffentliche Wohlfahrts­ausschuß vorläufig seine Versuche aufgegeben, alle gemäßig­ten Elemente um sich zu versammeln. Der Eisenbahnerver- band hat für Samstag um Mitternacht den allgemeinen Aus­stand angekündigt, wenn bis dahin die beiden Parteien sich nicht geeinigt haben sollten. Für die Dauer der Unterhand­lungen weigerten sich die Eisenbahner, Truppen und Muni­tion für beide Teile zu befördern. Die Extremisten unter­stützten diese Auffassung der Eisenbahner.

Schwere Opfer des Bürgerkrieges in Rußland.

(WTB.) Stockholm. 18. Nov. LautDagens Ny- h'ter" erzählen aus Rußland eintrcsfcnde Schwedi­sch in Petersburg in den letzten Tagen viel Blut gc.

flösset? sel. Besonders ds« Kadetten seien z« TaüsendeN ermordet worden. Nach der ZeitungNowoja Shien* hat die Vereinigung der Eisenbahner versucht, zwischen den kämpfenden Parteien zu vermitteln. Das Blatt be­stätigt die frühere Nachricht, daß General Kaledin den Kohlendistrikt von Donez besetzt hat und dadurch einen Druck auf den gesamten Eisenbahnern -'' hr ausübt.

Nikolajewitsch wieder auf dem Plan.

(WTB.) Berlin, 19. Nov. LautBerliner Lokalanz." meldet dieWiener Allgemeine Zeitung" aus Kopenhagen: Großfürst Nikolai Nikolajewitsch ist im Hauptquartier des Generals Kaledin in Charkow eingetroffen und hat ihm seine Dienste angeboten. Kaledin hat dem Großfürsten den Befehl über die Kosakcntruppen übertragen und ihm erklärt, daß er, falls es ihm gelinge, die Bolschewik! zu schlagen, ihn als Regenten einsctzen und die Monarchie wieder bcrstc^en werde. Wie demBerliner Tageblatt" aus Basel be­richtet wird, soll, demMatin" zufolge, Kerenski aus Ver- weiflung über die wachsende Anarchie einen Selbstinordver- si'ch begangen haben. Der arme Kerenski hat es nicht leicht, bis er endlich eines natürlichen Todes stirbt. Einm-ck ist er siech, dann wird er ermordet, und nun hat er gar einen Selbstmordversuch gemacht.

Finnland in den Händen der Sozialisten.

(WTB.) Stockholm, 17. Nov. (Svenska Telegr.'m- Byran.) Finnland steht uu n.ebr ganz und gar unter der Kontrolle der Sozialisten, deren Bevollmächtigte alle öffentlichen Einrichtungen im ganzen Lande in der Hand haben. In Tornea z. B. trafen vorgestern Der» - treter des sozialistischen Rates ein und beschlagnahmten das Getreide bei den Bauern. Es werden jedoch keine Unruhen gemeldet. Die Sozialisten rrüsen jeden Paß 'n Tornea. Obne ibre Genebn-fa»n>' si^d die nicht gültig. Man spricht schon von einem Kompromiß zwi­schen Bürgerlichen und Revolutionär-m. durch ein Ende des allgemeinen Aufstandes erzielt worden sei.

Alls Md * d.

Calw» den 19. November 1917.

Auszeichnung.

Amtsgerichtssekretär Pfizenmaier, Führer der hie» sigen Sanitätskolonnej wurde mit der Preußischen Rote, Kreuz-Medcnlle 3. Klasse ausgezeichnet.

Feldpostpaketsperre.

In der Zeit vom 1. bis zum 25. Dezember dieses., Jahres findet keine Annahme von Privatpaleten an Heeresangehörige nach dem Felde statt. Rechtzeitige Auflieferung der WeibnacTRakete ist u"" dingt erfor­derlich. Pakete für Truppenteile in Siebenbürgen, Italien und auf dem Balkan müssen am 1. Dezember bei dem zuständigen Sammelpaketamt sein. Frach-is sick- giiter bis zu 50 Kilogramm an Heercsangehürige im Felde unterliegen der Annahmespcrre nicht.

Die Gemeinden und die Lebensmittelpreisc.

Wir lesen imNeuen Tagblatt": Mit der von der Negierung angeordneten Kric-^ssür'»?,' ' <r4me, wo­nach die Gemeinden sich an den Kosten der gesteigerten Lebenshaltung für die minderbemittelte Bevölkerung beteiligen sollen, haben sich die Stadtvorstände der großen und mittleren Städte dieser Tage in einer ge­meinsamen Besprechung besaßt; man war zwar der Meinung, daß die Städte einzugreisen haben, hielt es aber durchweg für fast unmöglich, die Hilfe aus die min, dcrbemitteltcn Kreise zu beschränken. Die Städte hal.o kein Personal, um die Beteiligten festzustcllen was bei dem Wechsel in den Verhältnissen ständig geschehen müßte und noch weniger, um die bei der Ausscheid düng der sog. bemittelten Kreise nötige Verrechnung mit den Geschäften zu besorgen. Man war deshalb dc> Meinung, daß es richtiger sei, die Ermäßigung allgc mein eintreten zu lassen, was bei allen Waren, die durch die Hand der Gemeinde gehen, gar keine Mühe macht. Wenn es nicht anders ginge, so müßten eben die Reichs- und Staatsbeiträge nicht nach dem ganzen Aufwand berechnet werden, sondern nach einem Anteil, der der Zahl der minderbemittelten Bevölkerung ent­spricht. Oberbürgermeister Dr. Göbel-Heilbronn wird namens der Städte im Ministeriums darüber berichten.

Streckung des Rauchtabaks.

Das österreichische k. u. k. Finanzministerium plant eine Streckung des Rauchtabaks. Vorläufig ist die Her­anziehung von Ersatzstoffen in der Weise beabsichtigt, daß durch Beimengung eines größeren Prozentsatzes von frischgesallenem Buchenlaub zum sogenannten Land­tabak eine Tabakmischung erzeugt wird, die alsStreck­tabak" vor allem für Pfeifenrauchcr ausreichende Be­lieferung ermöglicht. Die Organisation der Sammel­tätigkeit hat längst begonnen. Aus den reiclzen Be­ständen des Wiener Waldes hofft man etwa 1000 Waggon abiühren zu können.