ln seiner Antrittsrede Erklärungen abzugeben, die ungefähr dem Sinn der Friedensresolution entsprechen sollen, aber er habe sich zu der Annahme der Mehrheitsresolution bisher nicht bereit erklärt. Sollte er die Erklärung zurückweisen, so würde er gleich in der ersten Reichstagssitzung eine starke Mehrheit gegen sich haben. Wie dieGermania" vermu­tet, dürste es sich bei den Besprechungen des Reichskanzlers mit den Fraktionsvertretern der Rechten darum gehandelt haben, ob nicht doch wenigstens ein Teil der Rechten unter den veränderten Verhältnissen sich zu einem größeren Ent­gegenkommen in der Frage der gemeinsamen Friedenskund­gebung des Reichstags bereit finden lassen würde.

Zur Anschauung des Zentrums über die Kriegsziel­kundgebung.

Köln, 16. Juli. LautKöln. Ztg." erklärte auf dem Rheinischen Handwerkertag, der gestern in Bonn stattfand, Reichstagsabg. Faßbender : Die Nachrichten, die über die Person Erzbergers, sowie auch bezüglich der von ihm einge­leiteten Aktion in Umlauf gesetzt wurden, sind falsch. Erz­berger hatte nicht ohne Fühlungnahme seiner Fraktion ge­handelt. Auf die Rede Erzbergers konnte sowohl Helfferich als auch Capelle am nächsten Tage noch kein Wort erwidern. Die sensationslüsterne Presse hat sie in frivoler, leichtsinniger Weise verdreht und falsche Kombinationen, sowie blödsinnige Erörterungen daran geknüpft. Die ganzen Erörterungen über die Kriegsziele find nur dazu geneigt, den Krieg zu ver­längern, gleichgültig, ob sie für den sog. Hindenburg- oder Scheidemannfrieden eintreten. Was nötig ist, ist die Forde­rung, überhaupt in Friedensunterhandlungen einzutreten. Derjenige ist der beste Freund des deutschen Vaterlands, der eine Art weiß, wie es möglich gemacht wird, die Völker an einem Tisch zu Friedensunterhandlungen zusammenzubringen. Die Rede Erzbergers und die Resolutton des Reichstags be­zweckten nichts anderes, als dieses Ziel zu erreichen. Es soll kein Friedensangebot sein, kein Zeichen der Schwäch«, son­dern der Reichstag soll nur seiner Bereitwilligkeit Ausdruck gebe», daß man bereit ist, in Verständigungsunterhandlungen «inzutreten.

Die Laufbahn des neuen Reichskanzlers.

Georg Michaelis wurde im Jahre 1857 geboren, steht also heute im 6V. Lebensjahre. 1879 trat er in den Staatsdienst ein, 1884 war er Gerichtsassistent, von 1885 bis 1889 Dozent in Tokio an der Schule deutscher Rechts- und Staatswissenschaft. 1889 trat er wieder in den preußischen Justizdienst ein, 1891 wurde er Staats­anwalt in Schneidemühl, 1892 Regierungsrat in Trier, 1895 in Arnsberg, 1897 wurde er Oberregierungsrat und Dirigent der Abteilung für Kirchen- und Schul­wesen, am 1. November 1900 Stellvertreter des Re­gierungspräsidenten in Liegnitz, 1902 OLerpräsidialrat in Breslau, 1905 Oberregierungsrat mit dem Rang eines Rats 2. Klasse. Seit 1909 war er Unterstaats­sekretär im preußischen Finanzministerium mit dem Rang eines Wirklichen Geheimen Oberfinanzrats. Mit der Stellung als Unterstaatssekretär vereinigte er seit einem halben Jahre die Stellung des preußischen Er­nährungskommissars.

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Auf Donnerstag ist die nächste Vollsitzung des Reichstags jetzt endgültig anberaumt worden. Man hat sich also anscheinend soweit verständigt, am Don­nerstag und Freitag die neue Kreditvorlage, die der Regierung das Recht zur Aufnahme einer Anleihe von 15 Milliarden giebt, zu erledigen und zugleich auch die ReÄereivorlage. die zur Aufrechterhaltung un­serer Handelsschiffahrt nach dem Krieg eingebrächt wurde. Aus Anlaß der Einbringung der neuen Kredit- oorlage soll dann der neue Reichskanzler zur Lage sprechen. Zuerst gab man der Anschauung Ausdruck, er werde sofort mit einer programmatischen Rede vor den Reichstag treten, aus der man seine Haltung bezüg­lich der inneren und äußeren Politik kennnen lernen würde, jetzt heißt es aber, er werde nur eine Ileber- stcht über die innere und äußere Lage geben. Unklar liegen die Verhältnisse noch bezüglich des anscheinend geplanten weiteren Personalwechsels sowohl in den Reichsämtern wie im preußischen Ministerium, und dann auch bezüglich der von der Mehrheit des Reichs­tags geplanten Kriegszielkundgebung. Mit Herrn v. Vethmann Hollweg soll wie bekannt auch der Staats­sekretär des Auswärtigen, Dr. Zimmermann, gehen, und um die Besetzung des heute sehr wichtigen Postens des Auswärtigen Amtes ist man sich wohl noch nicht recht einig. Das Wolffbureau verbreitet eine Mel­dung aus Dänemark, wonach dort das Gerücht umgehe, daß der dortige Gesandte, Graf Brockdorff-Rantzau, zum Staatssekretär des Auswärtigen ernannt sei, was in der dänischen Presse allgemein bedauert werde, weil man zu dem deutschen Gesandten und dessen Fähigkei­ten das größte Zutrauen gehabt habe. Andere Kreise nennen als Anwärter für den Posten den Admiral v. Hintze, der schon eine erfolgreiche diplomatische Lauf­bahn hinter sich hat, aber es wird darauf hingewiesen, daß er für die Stellung deswegen ungeeignet sei, weil er 1905, als er Gesandter in Petersburg war, die zaristische Regierung anläßlich der Revolution gegen

Amtliche Bekanntmachungen.

Regelung des Verkehrs mit Heidelbeeren.

Die Landesversorgungsstelle hat dem Kommunal­verband Calw die Genehmigung zum Großhandel mit Heidelbeeren erteilt. Mit dem Aufkauf und der Or­ganisation ist der Aufkaufskommissär Karl Hubel von Gechingen betraut. Auf Grund der Ziffer 2 Absatz 2 der Vorschriften der Landesversorgungsstelle zur Ueber- wachung des Obstverkehrs vom 18. März 1917, Staats­anzeiger Nr. 72, ist von der Landesversorgungsstelle dem Oberamt Calw die Ausstellung der zu den Sen­dungen aus dem Bezirk Calw erforderlichen Beför­derungsscheine für die anfallende Ernte in Heidel­beeren übertragen worden. Aufkaufskommissär Hubel ist vom Oberamt zur Ausstellung derselben ermächtigt. Es wird demnach keine Heidelbeersendung ohne einen vom Oberamt gestempelten Beförderungsschein in den Eisenbahn- und Postdienststellen des Bezirks angenom­men werden.-

Der Privatverkehr ist aufs äußerste Maß einzu­schränken und wird eine Genehmigung des Oberamts nur erteilt werden bei einwandfrei nachgewiesenen engsten persönlichen Beziehungen, als welche aber nicht stur solche verwandtschaftlicher, sondern auch in Aus­nahmefällen geschäftlicher Art gelten. Die Erlaubnis wird nur für Mengen bis zu 20 Kilogramm erteilt.

Calw, den 16. Juli 1917.

K. Oberamt: Binder.

die Revolutionäre unterstützt habe, was in Rußland allgemein bekannt sei, und ihm auch von den der­zeitigen Machthabern nicht vergessen werde. Eine Ent­scheidung ist noch nicht erfolgt, man darf aber wohk annehmen, daß sie noch vor Donnerstag erfolgt. Was die Stellung Helfferichs anbelangt, so weiß man auch darüber noch nichts Genaues. Der größere Teil der Presse nimmt an, daß man den Staatssekretär des In­nern nicht gehen lassen wolle wegen seiner umfassenden Kenntnisse und hervorragenden Fähigkeiten auf dem Gebiet der Finanzverwaltung. Als sein etwaiger Nachfolger wird ja schon lange von der Presse der Rechten Graf Rödern, der derzeitige Staatssekretär der Finanzen, genannt.

Ganz besonders sind die Gemüter über die Frage der Kriegszielkundgebung erregt. Die Konservativen und Nationalliberalen sehen in der von der Reichs­tagsmehrheit (Zentrum, Volkspartei und Sozialdemo­kratie) angenommenen Kundgebung, die neben der Wahrung der Rechte und Entwicklungsfreiheit Deutsch­lands und seiner Bundesgenossen doch die Bereitwil­ligkeit zu einem Verständigungsfrieden ausspricht, kei­nen Vorteil für Deutschland, da sie einmal der Ansicht sind, daß wir Gebietserweiterungen zur Sicherung un­serer wirtschaftlichen und politischen Zukunft brauchen, und daß die neuerliche Friedenskundgebung nur die Auffassung unserer Feinde von einer deutschen Schwäche und Kriegsmüdigkeit stärken würde. Daß angesichts der Erklärungen unserer Feinde, aus denen der andauernde Vernichlungswillen nach wie vor spricht, gerade eine Friedenskundgebnug notwendig ist, das mag man da­hingestellt sein lassen, daß sie uns aber so sehr schaden kann, im Hinblick auf den Zusammenbruch der russi­schen Offensive und das glänzende Ergebnis unseres U-Bootkrieges, ist ebenfalls nicht anzunehmen. Hinden­burg und Ludendorff haben in dieser Richtung den Vertretern des Reichstags die besten Zusicherungen ge­ben können, und wenn in den letzten Tagen durch un­verantwortliche Umtriebe, die zum Zweck des Sturzes des Reichskanzlers und der Zersplitterung des Zen­trums, Gerüchte in Umgang gesetzt worden waren, wo­nach v. Vethmann Hollweg und Erzberger die militäri­sche Lage weniger rosig angesehen hätten, so ist das nach den Feststellungen der zuständigen Stellen nichts als eine bewußte Verdrehung der Tatsachen. Das Ver­trauen in unsere militärische Lage ist nach wie vor un­erschütterlich, und was den U-Bootkrieg anbelangt, so besteht in Fachkreisen die feste Ueberzeugung, daß durch seine Wirkung England unbedingt mit der Zeit ge­zwungen wird, sich in Verhandlungen mit Deutschland einzulassen. Nur über den Zeitpunkt, der bekanntlich von allzugroßen Optimisten auf die allernächste Zeit festgesetzt worden war. war man damals im Haupt- ausschuß verschiedener Meinung, und daraus wurde dann der Fall Erzberger konstruiert. O. 8.

Von unfern Feinden.

«ine föderalistische russische Republik.

(WTB.) London, 16. Juli. (Reuter.) Kerenski stellte in einer Ansprache an ukrainische Bauern, die er in Kiew hielt, die Errichtung einer föderalistischen russischen Republik in Aussicht.

Rückgang der englischen Kohlenförderung.

Amsterdam, 16. Juli. Die Kohlenförderung in

England weist im zweiten Vierteljahr gegenüber dem ersten einen Rückgang von 17 Prozent auf. Die Aus­fuhr hat in noch höherem Maße abgenommen, weshalb die Ausgabe amtlicher Zahlen unterbleibt.

Die englischen Munitionsarbeiter und die Wehrpflicht

Berlin, 17. Juli. Verheiratete englische Munitions­arbeiter weigern sich, untersucht zu werden.Birmingham Daily Post" vom 5. Juli meldet: Eine reisende Acrztekom- mission, die Kriegsbedarfswerke im Industriegebiet besuchte, berichtet, daß mehrere Hundert von den verheirateten Arbei­tern sich weigerten, sich zur Untersuchung zu stellen mit der Begründung, daß unverheiratete wehrpflichtige Männer in den Fabriken zurückgehalten werden. Die Kommission mußte daher unverrichteter Sache wieder zurllckfahren,

Wilsons Interesse an Palästina.

Berlin, 17. Juli. Wie demBerliner Tageblatt" aus Haag berichtet wird, meldet dasJüdische Korrespondenz­bureau" aus Newyork, daß Wilson eine besondere Kommis­sion über die Palästina betreffenden Fragen beim Friedens­kongreß berufen habe. Der Vorsitzende der Kommission. Morgenthau, der früher Botschafter in Konstantinopel war, habe erklärt, er werde für die Durchführung des Zionismus in weitestgehendem Maße eintreten. Das ist natürlich ab­gekartetes Spiel mit England. Auf diese Weise glaubt man unter dem Deckmantel der Nationalitätenfrage Palästina den Türken entreißen zu können. Die Schriftl.

Von den Neutralen.

Die Sprengstoffangelegenheit mit Norwegen

(MTV.) Berlin, 16. Juli. DieNorddeutsche Attgem. Zeitung" veröffentlicht den Notenwechsel zwischen der norwe­gischen Gesandtschaft in Berlin und dem Auswärtigen Amt über die Beförderung von Sprengstoffen durch einen deut­schen Kurier. Danach hat die norwegische Gesandtschaft unter dem 28. Juni in einer Verbalnote im Namen der norwegi­schen Regierung gegen die Beförderung von Bomben und anderen Sprengmaterialien durch den deutschen Kurier von Rautenfels und deren Aufbewahrung in Privathäusern, zu denen von Rautenfels und andere Mitschuldige Zutritt hat­ten, Einspruch erhoben als gegen einen ernsten Mißbrauch der Kurierprioilegien und eine Verletzung des norwegischen Territoriums. In einer Verbalnote vom 9. Juli klärt das Auswärtige Amt den Sachverhalt auf und teilt mit, daß der Kurier seiner Stellung als Kurier enthoben worden ist. Ueber die Frage, ob eine strafbare Handlung vorliegt, wird die zuständige Strafjustizbehörde noch zu entscheiden haben. Die deutsche Regierung wiederholt jedoch die Versicherung, daß der Kurier ebensowenig wie eine andere Person von einer deutschen amtlichen Stelle Auftrag hatte zu einer Ver­wendung der Sprengstoffe auf norwegischem Gebiete oder gegen norwegische Interessen. Auch kann die deutsche Regie­rung nicht umhin, die der norwegischen Regierung bereits durch den deutschen Gesandten in Christiania übermittelte Verwahrung gegen die mit dem Völkerrecht nicht zu verein­barende Verhaftung des die Vorrechte der Exterritorialität genießenden Kuriers durch die norwegischen Behörden, sowie gegen seine Unterstellung unter die norwegische Gerichtsbar­keit ausdrücklich zu widerholen. Auf den Vorwurf der Ver­letzung des norwegischen Territoriums wird in der Note er­klärt, daß eine solche in der bloßen Durchfuhr der Spreng­stoffe, sowie in deren zeitweiliger Lagerung zum Zwecke der Durchfuhr schwerlich erblickt werden könne, da dies nicht ver­boten worden ist. Auch seien im Laufe des Krieges zugunsten der mit Deutschland im Kriege befindlichen Mächte Kriegs­materialien aller Art in größtem Umfang durch Norwegen durchgefiihrt und zeitweilig dort aufgestapelt worden. Die Note gibt schließlich der Hoffnung Ausdruck, daß der von der deutschen Regierung sehr bedauerte Vorfall die freundschaft­lichen Beziehungen zwischen den beiden Ländern nicht weitet beeinträchtigen wird.

Die Engländer am Skagerrak?

Neuerdings herrscht in Norwegen steigende Unruhe über angebliche Verhandlungen, in die die norwegische Regierung über die Verpachtung gewisser Grundstücke, in dem an der Siidküste Norwegens gelegenen Kristianfand eingetreten sejn soll. Wie die Engländer von Gibraltar die Meerenge be­herrschen, so würden sie von einem befestigten Kristianfand das Skagerrak absperren kiüWM.

Eine ausgedehnte Spionage der Entente in Schweden.

Stockholm, 15. Juli. LautAstonbladet" undAlle- handa" ist die schwedische Polizei einer ausgedehnten Spio­nage der Entente auf die Spur gekommen. Es handelt sich um ein weit verzweigtes Netz von Handelsspionen, die vom Marineattach^ einer Stockholmer Ententegesandtschast enga­giert waren. Sie hielten sich in schwedischen Häfen aus und meldeten Abfahrt- und Ankunftszeiten deutscher Schiffe. Die Untersuchung wird weitergeführt. In der nächsten Woche soll ein ausführlicher Polizeibericht veröffentlicht werden.

Holland besteht auf seiner Neutralität»

Amsterdam, 15. Juli. Nach einem hiesigen Blatt wird derTimes" aus Neuyork gemeldet, der niederländische Ge­sandte in Washington habe in einem Pressegespräch erklärt, die Niederlande würden neutral bleiben, auch wenn sie an-