Nr. 264.
Amis- und Anzeigeblatt für den Oberamisbezirk Calw.
91. Jahrgang.
Erscheinungsweise: Smal wdchenilich. Unzeigenpreis: Im OberamtS, dezwk Ta Iw Mr di« einspaltige Zeile 10 pfg., außerhalb desselben 12 Psg., Reklamen 25 Psg. Schluß sür Anzeigenannahme s Uhr vormittags. Fernspr. s.
Freitag, den 1V. November 1816.
oezuzSnreiS In der Stadt E rriig-rüchn Mk 1.« atertetsdyrtcch.
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Fernverkehr Ml. 1.50, «efteügeld in Württemberc St Psg.
Eine hochbedeutsame Reichskanzlerrede.
fanden und das deutsche Volk führt diesen Verteidigung?-
Die Kanzlerrede
im Reichstagshauptausschuß.
Die Schuld der Sulenle, insbesondere EnglandS am Kriege — Internationale FriedenSstcherheilen sür die Znlnnst.
Gewiffermaßen in Anerkennung der Wünsche ' »d Beschlüsse des Reichstags bezüglich der Weitertagung seines Hauptausschusses zu Zwecken der Unterrichtung über die Fragen der Kriegführung und der auswärtigen Politik halte der Reichskanzler den Vorsitzenden' des Hauptausschusses gebeten, eine Sitzung anzuberaumen, in welcher er vertrauliche Ausführungen zur Kriegslage machte, in erster Linie aber war vor aller Öffentlichkeit den neulichen lügnerischen und heuchlerischen Erklärungen des englischen Ministers des Auswärtigen, Grey, entgegentreten wollte, die dieser über die Vorgeschichte des Krieges und den Vorschlag Wilsons zu einem internationalen Friedensbund abgegeben hatte. Bekanntlich hatte Erey behauptet, nicht Deutschland sei der Krieg aufgezwungen worden, — sonst wäre es nur logisch, wenn Deutschland Sicherheiten gegen einen künftigen Angriff verlange — sondern Deutschland habe Europa den Krieg aufgenötigt. Nachdem man sich in England bisher damit herausgeredet hatte, daß der Krieg vermieden worden wäre, wenn Deutschland den englischen Vorschlag einer Konferenz angenommen hätte, hat Lord Grey Lei seiner neuesten Begründung der Schuld Deutschlands am. Krieg behauptet, Rußland habe erst die Mobilmachung besohlen, nachdem in Deutschland ein Bericht erschienen war, daß Deutschland die Mobilmachung angeordnet habe, und nachdem dieser Bericht nach Petersburg telegraphiert worden war. Die Tatsache, daß Rußland zuerst mobilisiert hat, be vor Deutschland und Oesterreich-Ungarn mobilisierten, konnte Erey nicht mehr leugnen, er versteifte sich deshalb — jetzt nach 2^ Jahren kam er erst auf diese Auslegung — aus die bekannte Falschmeldung des „Berliner Lokalanzeiger" am 30. Juli mittags, der Kaiser habe die Mobilmachung ongeordnet. Auf der Stelle wurde aber der Verkauf des betreffenden Extrablattes eingestellt, der russische und alle übrigen Botschafter wurden telephonisch davon, unterrichtet, daß die Nachricht falsch war und der russische Botschafter hat auch sofort nach Petersburg telegraphiert, daß keine kurz vorher gegebene Eeheimmeldung, der Mobilmachungsbejehl für das deutsche Heer und die Flotte seien soeben ausgegeben worden, als nichtig zu betrachten sei. Nach den Erhebungen der deutschen Postoerwaltung sind beide Telegramme nahezu gleichzeitig in Petersburg angckomme», so daß die russische Regierung nur einen Augenblick in dem Glauben gewesen sein kann, Deutschland habe die Mobilmachung ausgesprochen. Jedenfalls war die Richtigstellung aber schon erfolgt, eh« die russische Negierung ihrerseits die Mobilmachung anordnete. Wir haben deshalb den von Lord Erey angeregten internationalen Gerichtshof über die Schuld am Ausbruch des Krieges nicht zu scheuen, Uebri- gens ist die russische Regierung selbst nie auf die von Erey erfundene Ausrede gekommen. Der Zar hat noch om St. Juli nachmittags 2 Uhr. als der Mobilmachungsbefehl an sämtliche russischen Etreitkräste bereits ergangen war, an den deutschen Kaiser auf dessen letzten Friedensappell geantwortet, es sei „technisch unmöglich, die militärischen Vorbereitungen Rußlands einzustcllen, die durch die Mobilisierung Oesterreichs notwendig geworden" seien. Also kein Wort von einer falschen Depesche. Uebrigens hatte Oesterreich, wie erinnerlich, nur teilweise gegen Serbien mobilisiert, wozu es auf das Attentat und seine Beweggründe hin vollauf berechtigt war. Wenn also Rußland glaubte, die Herausforderung Serbiens unterstützen zu müssen, indem es sich schützend vor die serbischen Unterminierungsmachenjchaften stellte, so muß es auch die unmittelbare Schuld an dem europäische» Krieg auf sich nehmen, denn wenn ein Staat
nicht mehr berechtigt sein soll, sich gegen offensichtliche Angriffe auf seine Sicherheit zu verteidigen, ohne andere Staaten darum zu fragen, so wäre das eine sonderbare Entwicklung völkerrechtlicher Anschauungen. Auch nach der Erklärung der russischen Mobilmachung hat die deutsche Regierung ihre Bemühungen zur Erhaltung des Friedens noch nicht ausgegeben. Sie erklärte erst den Zustand der drohenden Kriegsgefahr, und ließ Rußland wissen, daß, wenn es nicht binnen 12 Stunden jede Kriegsmaßnahme gegen Deutschland und Oesterreich-Ungarn aufgebe, Deutschland mobilisieren müsse. Rußland gab kleine Antwort, und England, das von uns um Vermittlung bei der russischen Ne gicrung angegangen worden war, schwieg, der französische Ministerpräsident aber leugnete aus begreiflichen Gründen noch am II. Juli abends die Tatsache der russischen Mo bilmachung. Es war also klar, daß der Vierverband den Krieg wollte. Der angeblich defensive Charakter der russischen Mobilmachung geht übrigens aus der Tatsache mit wünschenswerter Deutlichkeit hervor, daß bei Ausbruch des Krieges 1814 ncch eine im Jahre 1812 erlassene allgemeine Anweisung der russischen Negierung für den Mobilma.hungs- fall in Kraft war, die wörtlich folgende Stelle enthält: „Allerhöchst ist befohlen, daß die Verkündigung der Mobilisation zugleich die Verkündigung des Krieges gegen Deutschland ist." Das dürste genügen. Im Zusammenhang aher mit diesem geradezu überwältigenden Beweis des kriegerischen Charakters der Politik Rußlands wies der Reichskanzler mit Recht, darauf hin, daß Rußland den Entschluß zu seinem verhängnisvollen Schritt niemals getan hatte, wen» es nicht von der Themse her ermutigt worden wäre. Deutschland hatte in Wien durch ernste Vorstellungen Mäßigung gegen Serbien angeratcn, auch schon in Rücksicht aus die Gegnerschaft von drei Großmächten, und der voraussichtlichen Neutralitätserklärung Italiens und Rumäniens (über deren Verhalten man sich also damals schon klar war). Dagegen hatte Erey gegenüber dem russischen wie dem fron zösischen Botschafter keinen Zweifel gelassen, daß England sie in einem Kriege unbedingt unterstützen werde. Schon am 29. Juli war dem englischen Botschafter zugesichert worden, daß Deutschland im Falle der Neutralität Englands die territoriale Integrität Frankreichs und seiner Kolonien, sowie Belgiens gewährleisten würde. Erey aber hat aus alles dies immer nur geantwortet, er müsse eine Neutralitätserklärung ablchnen. Aus allen diesen Tatsachen geht also die Schuld Englands an diesem Kriege deutlich hervor.
Was nun die Ausführungen Grey's über die Gründung eines internationalen Bundes zur Wahrung des Friedens anbelangt, so betonte der Reichskanzler, daß Deutschland jeden Versuch, eine praktische Lösung nach die ser Richtung zu finden, ehrlich mitprüfen und an seiner Verwirklichung Mitarbeiten wolle. Al»er das Prinzip des Rechts und der freien Entwicklung müsse nicht nur ans dem Festland sondern auch auf dem Meere znr Geltung kommen. Gegen über der angeblichen Bereitschaft Englands, einem solchen Friedensbund beizutreten, konnte der Reichskanzler daraus Hinweisen, wie die Entente sich nach der Niederwerfung Deutschlands diese neue Weltordnung vorstelle. Aus zuvor lässiger Quelle wissen wir, daß England und Frankreich bereits im Jahre ISIS Rußland die Territorialh-rrjchast über Konstantinapel und den Bosporus und das Westufer der Dardanellen mit Hinterland zusicherlen, und Kleinasien unter die Wcstmächte verteilt haben. Zu diesen An- nexionsabsichtcn kommt noch die Forderung von Elsaß Lothringen. Der Reichskanzler wiederholte gegenüber solcher Gewaltpolitik, daß die deutsche Regierung im Gegensatz zu iescn Plänen der Entente niemals die Absicht ausgesprochen habe, Belgien zu annektieren. Deutschland sei bereit, jederzeit an die Spitze eines Völkerbundes zu treten, der derartige aggressive Koalitionen verhindere und Friedensstörer im Zaume hält. Gegenüber dem aggressiven Charakter er Entente hat sich der Dreibund stets in Defcnsivstcllu ig be
krieg auch nur zur Sicherung seines nationalen Daseins, und deshalb wird sein Wille, durchzukämpfen, es unbezwingbar machen, bis unfern Feinden die Erkenntnis von der Unbesiegbarkeit Deutschlands gekommen ist.
Die Rede des Reichskanzlers dürfte ihre Wirkung ebenso auf unsere Feinde wie auf die Neutralen nicht verfehlen. Sie kennzeichnet einmal klar den Schuldigen an diesem fürchterlichen Krieg, sie entkräftigt die feindlichen Ausstreuungen über die angeblichen Eroberungsgelüste Deutschlands, sie sagt unfern Feinden aber auch, daß wir aushrlten werden, bis wir unsere nationale Sicherheit gewährleistet finden. O. 8.
Die Lage auf den Kriegsschauplätzen.
Die deutsche amtliche Meldung.
Erfolge an der fiebenbürgischen Ft-nt.
(WTB.) Trotzes Hauptquartier, 9. Novbr.' (Amtlich.) Westlicher Kriegsschauplatz. Front des Eeueralfeldmarfchakls Kronprinz Rnpprecht von Bayern: Angriffsabsichten der Engländer und Franzosen zwischen Le Sars und Bouchnvesncs sowie südlich der Somme bei Pressoir/ erstickten dlltchweg schon im Sperrfeuer.
Oestlicher Kriegsschauplatz. Front des Teneralfeldmarfchalls Prinz Leopold von Bayern: An der Front beiderseits der Bahn Zloczow— Tarnopo! lebte der Fcuerkampf wesentlich auf.
Front des Eenerals der Kavallerie Erzherzog Karl: Zm nördlichen Tyergyogebirtzs wurden russische Angriffe abgeschlagen. Bei Belbor und im Tölgy- csabschnitte warfen frische deutsche Angriffs die vorge- gangeneu Russen zurück. Südöstlich des Roten Turmpaffes wurde in Fortsetzung unserer Angriffe der Baie- stiabschnitt überschritten und Sardoiu mit den beiderseits auschlietzends» Höhrnstellungen genommen. Wir haben etwa ISO Eefaugene gemacht und 2 Geschütze erbeutet. Rumänische Angriffe hatten hier ebensowenig Erfolg wie im PredealaSschnitt und im Vulkangcbirge.
Balkankricgsschauplatz. Front des Ee- ncralfelvmarfchalls von Ma cke n s e » : I« der nördliche» Dobrudscha wichen vorgeschobene Aufklärungsabteilungen befehlsmähig dem Kampfe mit feindlicher Infanterie aus.
Mazedonische Front: Kein« Ereignisse von besonderer Bedeutung.
Der erste Generalquartiermeister: Ludendorff.
Ein besonders wertvoller U-Boot-Erfokg im nördlichen Eismeer.
Die Ladung des im nördlichen Eismeer von einem unserer U-Boote versenkten rumänischen Dampfers „Bistritza" von 3688 Bruttoregistertonnen war für das rumänische Heer bestimmt. Unter ihr befanden sich, wie aus der jetzt eingetrosfenen Ladeliste hervorgeht, u. a. 125 809 Stück 7F Zentimeter-Granaten mit Zündern. 42 009 Stück 7,5 Zentimeter-Kartuschen, 14 001 MO Kartuschen jür Mitrailleusen. 200000 Stück 3,7-Zentimeter-Eranatcn, 300 Stahlbomben mit Zündern und Ladung, 300« Stück 12-Zcntimeter-Grana- tcn und ebensoviele Kartuschen, 1578 000 Patronen für Maschinengewehre, 5090 Zündschnuren. 69 00« Stahlhelme,
19 900 Gewehre, 100 Maschinengewehre (System Hotchkiß),
20 Stück 5,8-Zentimeter-Mörser, 360 Packsattel für Maschinengewehre und Munition, 28 Autos. 38 Tourenautos. 22 Lastautos, 5 Krankenautos, 7 Sanitätswagen mit vollständiger ärztlicher Ausrüstung, 2 Flugzeugschuppen, 5 Luftballons mit Zubehör, 883 Tonnen Stahl in Barren, 29 Tonnen Nickel, 23 Tonnen Schwefel, 8,5 Tonnen Blei, 62 Tonnen Maschinen und Dynamos. Der Wert der Ladung wird auf