Nr. 240. Amis- und Anzeigeblatt für den Oberamtsbezirk Calw. 91. Jahrgang.

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Freitag, den 13 . Oktober 1918 .

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Der neueste Gewaltakt '

in Griechenland.

Die schamlose» Forderungen der Enterte.

(WTB.) Athen. 12. Olt. (Reuter.) Der französische Flottenchef richtete ein Ultimatum an die griechische Regie- ^ rung, worin er mit Rücksicht auf die Sicherheit der Alliierten § die Auslieferung der gesamten griechischen Flotte bis auf den PanzerkreuzerEcorgios Averoff" und die Linienschiffe Lemnos" undKilkisch" bis 1 Uhr nachmittags fordert. Ebenso wird die llebergabe der Pirauo-Larissa-Eisenbahn verlangt.

(WTB.) Athen, 12. Okt. Reuter meldet: In sei­nem Ultimatum setzte der französische Admiral ausein­ander, daß die Entsendung von Artillerie und Munition nach dem Innern, die Bewegung der griechischen Schiffe und die fortwährenden Umtriebe der Reservistenbündo befürchten ließen, daß die Ordnung au Punkten gestört werden würde, wo die Flotte der Alliierten vor Anker liege. Außerdem werde dadurch die Sicherheit der alliierten Truppen am Balkan gefährdet. Das Ulti­matum fordert auch die Entwaffnung der Kriegsschiffe Kilkis", Avervff" und ..Le^iws", die Abrüstung der Küstenforts und die Uebergabe von zwei Forts, dis die Ankerplätze der Flotte beherrschen, ferner Kontrolle über gewisse Häfen.

(WTB.) Bern, 13. Okt. Mailänder Blätter mel­den aus Athen, die Note der Entente habe verlangt, daß die griechischen KriegsschiffeKilkis",Lemnos" undAveroff" sich bis spätestens nachmittags 1 Uhr an ihren Ankerplätzen befinden müßten, daß ferner die Verschlußstücke der Geschütze, die Torpedos und die Mu­nition ausgeschifft und die Schiffsbrsatzungen und Schiffsstäüe auf den dritten Teil verringert würden. Außerdem sollten die kleineren Schiffe in voller Aus­rüstung nach Beratsini übergeführt werden. Den Be­satzungen solle es frei stehen, ob sie die Schiffe verlassen wollten. «Schließlich verlangte die Note der Entente die Besetzungen der Batterien und' Unterstände, die die Bai und die Aquädukte beherrschen, sowie die Be­setzung der beiden wichtigsten Häfen und die Entwaff­nung der übrigen Hafenplätze. Offiziere der Alliierten werden zur Ausübung der Polizeigewalt und zur Ueberwachung des Schiffsverkehrs im Piräus bestimmt werden, um die Flotte der Alliierten und die Orient­armee zu sichern. Anderen Offizieren der Alliierten wird die Ausübung der Polizei und des Eisenbahn- dienstes übertragen werden. Die griechische Regie­rung antwortete, daß sie gegen den kurz bestimmten Ter­min, sowie gegen die gestellten Forderungen zu prote­stieren sich verpflichtet fühle, sich aber trotzdem zwingen­der Umstände halber unterwerfe.

Entwaffnung und Uebergabe der griechischen Flotte.

(WTB.) Bern, 12. Okt. Uebereinstimmende Meldungen derTribuna" und desSecolo" wollen wißen, daß die griechische Regierung in die Auslieserung der griechischen Flotte an die Alliierten gewilligt habe. LautEiornale d'Jtalia" sollen auch die griechischen Eisenbahnen übergeben worden sein.

(WTB.) London 12. Okt.Daily Chronicle" mel­det aus Athen, daß mit der Entwaffnung der griechi­schen Flotte begonnen worden ist. Es verlautet, daß die kleineren Schiffe an die provisorische Regierung in Sa­loniki geschickt werden sollen. Die größeren Einheiten werden abgerüstet und im Golf von Keratsini gelassen werden. Die französische Marine hat gestern nachmit­tag ohne «törung alle Kriegsschiffe übernommen. Von emlgen sind die Besatzungen bereits -nlfernt worden.

kleinen Kriegsschiffe kam französische Besatzung" tzn Athen uird im Piräus herrscht Ruhe.

Die Alliierten und die revolutionäre Regierung in Eriechenand.

(WTB.) Bern. 12. Okt. Der Mitarbeiter des Corriere della Sera" drahtet aus Saloniki: Der fran­zösische Konsul begab sich zu der provisorischen Re­gierung, wo er längere Zeit verweilte. Nacheinander folgten die Konsuln Englands, Rußlands, Rumäniens, Serbiens, Belgiens. Nachmittags besuchte auch der italienische Konsul BLnizelos, der die Hoffnung aus­sprach, daß die Alliierten Negierungen die provisorische Regierung offiziell anerkennen werden. Zimbrakakis wurde zum Kriegsminister der provisorischen Negierung ernannt. Finanzminister soll Repulis, der ehemalige Gouverneur von Mazedonien, werden. Der bisherige Präsekt von Saloniki, sowie verschiedene Präfekturbe­amte, die der Athener Negierung treu geblieben sind, werden in diesen Tagen Saloniki verlassen. Wie Veni- zelos erklärte, werde die provisorische Negierung nur vorübergehend ihren Sitz in Saloniki haben, dann aber für immer nach Mytilene übersiedeln.

Das sog. griechische Ministerium

(WTB.) Bern, 13. Okt. Der MailänderCorriere della Sera" meldet, daß der griechische Ministerpräsi­dent Lambros dem Korrespondenten des Blattes er­klärt habe, er habe ein durchaus unpolitisches Mini­sterium zur Erledigung der laufxndsn Geschäfte ge­bildet und habe dazu hohe Beamte und Professoren berufen, die das Land liebten, aber den politischen Kämpfen immer fern geblieben seien. In dem 'neuen Ministerium gebe es weder jetzige noch ehemalige Ab­geordnete. Er habe sogar auf die Mitarbeit von Freun­den und Verwandten mit politischer Haltung und Auto­rität verzichtet. Noch ausstehende Fragen sollten sofort geprüft und erledigt werden. Das Ministerium werde versuchen, das Vertrauen und die Billigung der En­tente zu gewinnen.

Die griechischenFreiwilligen" in Saloniki.

(WTB.) Sckloniki, 13. Okt. (Agcnce Havas.), Ein Bataillon griechischer Freiwilliger kam zum erstenmal mit dem Feind in Berührung und führte in schönem Schneid Erkundungs- und Patrouillenunternehmungen aus. Mehrere hundert griechische Marinesoldaten, die von Athen hier ankamen, wurden mit Bgeisterung em­pfangen.

Die militärische Lage. - Griechenland.

An der Somme gehen die englisch-französischen Angriffe unter ungeheurem Artillerieeinsatz und Opferung Abertau­sender feindlicher Truppen weiter. Die Hauptstöße richten sich immer noch gegen Nordosten, also auf Bapaume, von der neuen Linie Le Sars-Cueudecourt aus, gegen das Zentrum der Nationalstraße BapaumePäronne, die jetzige Linie 1e TransbySaillySt. Pierre Vaast WaldBouchavesnes, und südlich der Somme gegen die Linie Ehaulnes-Varleux, die in ostnördlicher Richtung auf Pöronne zulauft. Die ganze Kampfstellung an der Somme ist als tra^pezariiges Gebilde anzusehen, dessen obere (kleinere) Grundlinie die Linie Le Transloy (5 Kilometer südlich von Bapaume) NancourtViaches (dicht südwestlich von Pöronne) bildet, und dessen Schenkel die Orte TransloyLe Sars und Br­achesBarleuxEhaulnes bilden. Aus dieser Darstellung ist also ersichtlich, daß die Gegner die anfänglichen spitzen Keile gegen Bapaume und Pöronne zu einem einzigen stum­pfen Keil erweitert haben, die Möglichkeit starker Flankie­rung auf beiden Flügeln der großen Angriffsfront ist un­fern Truppen aber immer noch gegeben. Durch dieses artil­leristische Flankenfeuer werden die Operationen unserer Geg­ner aufs stärkste behindert, und cs wird jetzt in der feind­lichen Presse auch festgesiettt^ daß zudem die. deutsche Urtil-

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lerie bedeutend verstärkt worden sei, so daß ein gewisser Ausgleich in der gegenseitigen artilleristischen Stärke zu be­obachten sei. Wenn auch nicht bestritten werden soll, daß bei dcnfeindlichen Angriffen mit 6- bis lOfachcr Ueberma^t der Gegner immer etwas Gelände gewonnen hat, so darf auf der andern Seite aber doch auch behauptet werden, und die neutralen Militärkritiker geben uns darin Recht, daß ein solch verhältnismäßig geringer Geländegewinn innerhalb 3^ Monaten keineswegs den Siegesjubel rechtfcrt'ge, der im feindlichen Lager in den letzten Wochen genährt wurde. Denn man muß auch die Hunderttausend« von Mannschafrs- und Matcrialverlusten rechnen, die sogleich selbst von den Alliierten nicht wieder aufzubringen sind Wir beobachten denn auch seit einiger Zeit eine immer zuversichtlicher wer­dende Sprache unserer Heeresleitung bezüglich der Lage an der Somme, die uns das Vertrauen giebt, daß kotz aller llebermacht die Feinde im Westen nicht dnrchdrücken wer­den, und wenn wir auch noch ein paar Fuß breit Boden vcr lieren. Es scheint auch schon bei unfern Feinden als Folge der natürlichen Erschöpfung eine Ernüchterung Platz ge­griffen zu haben, es tauchen Bedenken auf, ob mit der bis­herigen Methode überhaupt jemals der Sieg errungen wer­den kann, und das ist schon Beweis genug für die zur Er kenntnis gelangte Schwäche.

Auch die russische Offensivkraft scheint erlahmt zu sein. Nachdem die Russen wiederholt am Stochod und an der Zlota Lipa mit schweren Verlusten zurückgeschlagen worden sind, ist dort Ruhe eingetreten: ob das aber nur vorüber­gehend ist, und nur als Kampfpause angesehen werden darf, oder als tatsächliche Erschöpfung erklärt werden kann, ist heute noch nicht zu beurteilen. Die Lage im S'.dosten mit Einschluß der rumänischen Kampffront ist immer noch ver­schleiert, und wir werden da wohl erst in den nächsten Wo­chen Klarheit über die Entwicklung der dortigen Kämpfe erhalten. Es ist immerhin anzunehmcn, daß die Russen aus Gründen des militärischen und politischen Ansehens die im südlichen und östlichen Siebenbürgen stark bedrängten Ru­mänen unterstützen werden, sei es nun durch Ergreifen der Offensive im Bereich von Kowel und Lemberg oder in der Bukowina, sei es durch direkte Unterstützung der Rumänen. Nach den neuesten Meldungen werden die rumänischen Truppen ebenso im Osten und Nordosten von Kronstadt ver­folgt wie auch südöstlich der stebenbürgischen Hauptstadt. Im Süden von Kronstadt sollen die verbündeten Truppen schon den Predealpnß überschritten und die rumänische Stadt Si­nai« genommen haben. Auch im Raum von Hermannstadt und Orsova müssen die Rumänen weichen. Es ist klar, daß wenn die Verbündeten über die transsylvanischen Alpen ge­langen sollten, für die Rumänen, falls sie nicht sehr starke russische Unterstützungen erhalten, die Lage sehr heikel würde, da sie sich auf keine Befestigungen stützen könnten, und unfern krieggewohnten Truppen und genialen Führern nicht gewachsen sind. Deshalb ist man im Ententelager auch schon in höchster Besorgnis über das Schicksal Rumäniens, und überall lenkt die öffentliche Meinung die Blicke der Staatsmänner auf die drohende Gefahr. Namentlich in Ita­lien ist man sehr aufgeregt, weil durch eine rumänische Niederlage die Aussichten auf dem Balkan sich noch mehr verschlechtern wurden. Die italienischen Militärkritiker wei­sen deshalb auch darauf hin, daß der neueste italienische An­griff an der küstenländischen Front (mit dem Hautpziel Triest) Oesterreich-Ungarn zur Herbeiziehung von Kräften aus Siebenbürgen zwingen solle. Auch die Offensive der Alliierten an der Salonikifront dürfte mit dieser Besorgnis Zusammenhängen. Große Erfolge hat der Angriff noch nicht gezeitigt. Man spricht aber davon, daß die Salonikitruppen durch einen Flankenvorstoß der Italiener von Santi Qua­ranta (Epirus) her, wo sie bekanntlich Tru-- gelandet

haben, unterstützt werden sollen.

Mit diesen Fragen im engsten Zusammenhang steht na­türlich auch der neueste und bemerkenswerteste Gewaltakt