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Nr. 169.

Amts- und Anzeigeblatt für den Oberamtsbezirk Calw.

91. Jahrgang.

Erscheinungsweise: 6mal wöchentlich. Anzeigenpreis; Im Oberamts« bezirk Calw für die einspaltige Zeile 10 Pfg., außerhalb desselben 12 Pfg., Reklamen 25 Pfg. Schluß sür Anzeigenannahme 9 Uhr vormittags. Fernspr. 9.

Samstag, den 22. Zuli 1916.

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Dostbezugspreis für den Orts- und Nachbarortsverkehr Mk. 1.46, Fernverkehr Mk. 1^0. Bestellgeld in WürttembergPsg.

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Zur militärischen Lage.

Italien.

Rumänien?

Am Donnerstag haben unsere herrlichen Truppen an der Somme, und zwar vom Norden des Flusses von Pozitzres an (etwa 7 Kilometer nordöstlich von Albert) bis Ver- mandovillers, (6 Kilom. südwestlich von Estrees), südlich des Flusses einen Hauptschlag der Engländer und Franzosen abgcwiesen, der mit zu den bedeutendsten militärischen Er­eignisse der letzten Wochen gehört. Seit dem 1. Juli, wo der erste große gemeinschaftliche Vorstoß der Alliierten auf diesem Kampfgelände eingesetzt hatte, waren die Opera­tionen von Feindes Seite nicht so einheitlich geführt wor­den, aber der letzte Stoß ging wieder nach einem einheit­lichen Plan. Nicht weniger als 17 Divisionen waren dafür zusammengezogen worden, und daß man glaubte, dieses Mal den Durchstoß wirklich vollführen zu können, das ist aus der Mitwirkung englischer Reiterei ersichtlich, die wohl zur Ver­folgung des Gegners bereitgestellt war. Der deutsche Tages­bericht stellt mit feiner Ironie fest, daß der Einsatz dieser Waffe natürlich an der beinahe restlosen Abwehr der wüten­den feindlichen Angriffe auch nichts ändern konnte. Die feindliche Kavallerie ist also ebenso zusammengeschossen wor­den, wie die in tiefen Gliedern angreifenden feindlichen Fuß­truppen. Man dachte wohl, die ersten deutschen Linien nach der ungeheuren Artillerievorbereitung überrennen zu kön­nen, aber unsere heldenmütigen Feldgrauen haben allem Eisenhagel, namentlich auch infolge des wundervollen Aus­haus der Verteidigungsstellungen getrotzt, und haben die Feinde dann furchtbar empfangen. Der Eesamtangrisf wurde zum Scheitern gebracht; nur bei Hardecourt und nordwest- Vermandovillers vermochte der Feind unsere Trup­pen etwas zurückzudrücken. Das ist angesichts eines solchen Kraftaufwands ein ganz minimaler Gewinn. Wahrschein­lich, um die deutsche Verteidigung zu täuschen, hatten die Engländer Tags zuvor im Raume von Lille einen Angriff von zwei Divisionen angesetzt, der wohl die Deutschen ver­muten lassen sollte, daß hier größere Augriffsbewegungen geplant seien. Dort stehende bayerische Truppen haben dem Gegner aber einen solchen Empfang bereitet, daß ihm die Lust zu weiterenDiversionen" vergehen dürfte. Die feind­lichen Meldungen über die letzten großen Angriffe sind denn auch sehr gedämpft, ganz im Gegensatz zu der sonstigen Hebung. Selbstverständlich werden die Angriffsversuche noch weiter gehen, denn namentlich die englischen Reserven sind noch lange nicht erschöpft, aber die Feinde haben eine prak­tische Anschauung von deutscher Kraft erhalten, der ihre ge­rade in letzter Zeit wieder zu Tage getretene angebliche Siegeszuversicht wohl erheblich zurückschrauben dürfte. An der Ostfront ist nach den heftigen Angriffen der Russen bei Riga und Baranowitschi wieder ein gewisser Stillstand ein- gctreten, womit sich die schon damals ausgesprochene Ver­mutung bestätigen dürste, daß die Russen im großen Gan­zen hier nur Demonstrationen zwecks Festhaltung der geg­nerischen Kräfte im Auge hatten. Am Styr und in der Bukowina (in den Südkarpathe-n) sind die russischen Vor­stöße ebenfalls aufgehalten worden. Die neue Entwicklung der Dinge ist hier also abzuwarten. Neuerdings wird nun wieder von einer bevorstehenden Valkanoffensive der Alliier­ten gesprochen. Doch scheinen uns diese chronisch auftretcnden Gerüchte jedesmal mit Vorstellungen der Ententemächte Lei Rumänien zusammenzuhängen. Der diplomatische Druck der Entente auf diesen Staat nimmt von Tag zu Tag zu. Wenn man natürlich Rumänien zu einem Eingreifen bewegen könnte, so würde selbstverständlich das Ententebalkanheer zum Angriff übergehen müssen, um die Vulgaren zu verhin­dern, ihre ganze Macht gegen Rumänien zu werfen. Wenn die Nachricht des russenfreundlichen rumänischen Blattes ^Adeverul" richtig wäre, daß Rußland Munition nach Ru­mänien geliefert habe, so wäre das allerdings ein bedenk­liches Zeichen. Es wird jetzt auch gemeldet, daß Rumänien

das gesamte Donauufer als Kriegszone erklärt habe. Gleich­zeitig wird bekannt, daß die italienische Regierung in letzter Zeit auffällig viel mit dem rumänischen Gesandten in Rom, dem Fürsten Ehilka, Unterredungen pflege. Wie erinnerlich, war dieser Meinungsaustausch zwischen Italien und Ru­mänien auch vor der Kriegserklärung Italiens an Oester­reich-Ungarn sehr rege. Heute ist ja bekannt, daß die Ita­liener damals auch mit einem gleichzeitigen Vertragsbruch Rumäniens gegenüber den Mittelmächten rechneten, es ist also naheliegend, daß dieser Gedanke auch heute in italieni­schen Kreisen erwogen wird. Wenn Rumänien heute sich auf die Seite der Entente stellen würde, dann würde Ita­lien wohl leichteren Herzens die beabsichtigte Kriegserklä­rung an Deutschland riskieren. Nicht ausgeschlossen ist es natürlich auch, daß die absichtliche Hervorhebung der Ententeverhandlungen mit Rumänien reine Stimmungs­mache ist. Die nächste Zukunft wird uns wohl auch darüber Aufklärung bringen. Uebrigens werden die deutschen Er­klärungen über die absichtliche Irreführung der öffentlichen Meinung durch Italien, das Deutschland als den provozie­renden Teil bei der Verschärfung der deutsch-italienischen Beziehungen hiustellen will, durch die Schweizer Presse be­stätigt, wonach den schweizerischen Banken u. Handelsunter­nehmungen schon lange bekannt war, daß die Aufrcchterhal- tung des geschäftlichen Verkehrs zwischen Deutschland und Italien seit geraumer Zeit durch die bekannten Verfüg­ungen der italienischen Regierung unmöglich gemacht wor­den war. Auf eine Schuftigkeit mehr oder weniger kommt es aber den Italienern nicht mehr an.

O. 3«

Die Lage auf den Kriegsschauplätzen.

Die deutsche amtliche Meldung.

Ein feindlicher Hauptschlag an der Somme gescheitert. Die Verluste des Reseroe-Jnfanterie-Regts. Nr. 119.

(WTB.) Großes Hauptquartier. 21. Juli. (Amt­lich.) We st licherKriegsschau platz. Der gestern gemeldete englische Angriff in der Gegend von Fromel- les am 19. Zuli war, wie sich herausgestellt hat, von 2 starken Divisionen geführt worden. Die tapfere bayerische Division, auf deren einen Frontabschnitt er stieß, zählte mehr als 2990 Leichen des Feindes im Vor­gelände und hat bisher 481 Gefangene, darunter 19 Offiziere sowie 1K Maschinengewehre abgeliefert. Auf beiden Ufern der Somme holten die Feinde gestern, wie erwartet wurde, zu einem Hauptschlag aus. Er ist gescheitert. Die Angriffe wurden nach kräftigster Vor­bereitung auf einer Front von nahezu 40 Kilometer von südlich Poziöres bis westlich Ver- mandovillcrs in zahlreichen Wellen eingesetzt. Mehr als17Divisionenmitiiber2üüü99Mann nahmen daran teil. Das kärgliche Ergebnis für den Gegner ist, daß die erste Linie einer deutschen Division in etwa 3 Kilometer Breite südlich von Har- dccourt aus dem vordersten in einen 899 Meter da­hinter liegenden nächsten Graben gedrückt wurde, und daß feindliche Abteilungen in das vorspringende Wäld­chen nordwestlich von Bermandovillcrs eindrangen. Auf der gesamten übrigen Front zerschellten die wütenden Anläufe an der todesmutigen Pflichttreue unserer Truppen unter außerordentlichen Verlusten für die Feinde. Auch der im Grabenkrieg überraschende Einsatz englischer Reiterei zu Pferde konnte daran na­türlich nichts ändern. Es find bisher 17 Offiziere und rund 1299 Mann gefangen genommen.

Von der Lbigen Front sind Ereignisse von beson­derer Bedeutung nicht zu berichten. Die Artillerie- und Minenwerfertätigkeit war südlich des Kanals von La

Bassöe und nordwestlich von Lens sowie in den Ars gönnen und beiderseits der Maas zeitweise gesteigert. Nördlich von Vendresse (Aisncgebiet) ginge« kleine französische Abteilungen nach ergebnisloser Sprengung vor und wurden abgewiesen. Der Trichter wurde von uns besetzt. Ein im Luftkampf abgeschossenes feindliches Flugzeug liegt zertrümmert nördlich von Poziöres, ein anderes ist nordöstlich von Bapaume in unsere Hand, gefallen.

Oestlicher Kriegsschauplatz. Heeresgrup­pe des Eeneralfeldmarschalls von Hindenburg: Südöstlich von Riga raffte sich der Feind nur zu einigen schwächlichen Angriffsversuchen auf, der im Keime er­stickt wurde. Russische Versuche beiderseits von Fried­richstadt über die Düna zu setzen, wurden verhindert. Nordöstlich von Dweten hat eine kleine Abteilung das Westufer erreicht. Nordöstlich von Smorgon sind vorge­schobene Feldwachen üebrlegenem feindlichem Angriff ausgewichen.

Heeresgruppe des Generalfeldmarschalls Prinz Leopold von Bayern: Die Lage ist unverändert.

Heeresgruppe des Generals von Liksingen: Nachdem zwischen Werben und Korsow russische Angriffe, zum Stehen gebracht waren, wurde der nach Werben vor­springende Vogen vor erwarteten umfassenden Angrif­fen zurückgenommen.

Heeresgruppe des Generals Grafen von Both« mer: Abgesehen von kleinen Vorfeldkämpfen keine Ereignisse.

Balkankriegsschauplatz: Nichts Neues.

Von englisch-französischer Seite werden in leicht zu durchschauender Absicht die merkwürdigsten Fabeln über deutsche Verluste im Sommegebiet zu verbreiten gesucht. So wird von Poldhu in alle Welt gefunkt, aus einem gefundenen Schriftstück gehe hervor, daß ein Bataillon des 119. Reserveregiments von seinem Bestand von 1100 Mann 960 Mann verloren habe, während zwei andere Bataillone desselben Regiments mehr als dis Hälfte ihres effektiven Bestandes einbüßten. Zi r Kennzeichnung solcher Ausstreuungen und zur Be­ruhigung der schwäbischen Heimat des Regiments wird bemerkt, daß seine Gesamtverluste in den letzten Wocken bis gestern wenig über 599 Mann, also etwa X der englischen Angaben betragen, so beklagenswert auch k ies, an sich schon ist.

Oberste Heeresleitung.

Der französische Bericht.

(WTB.) Paris, 21. Juli. Beiderseits der Somme griff die französische Infanterie am Morgen die deutschen Stel­lungen an und machte dabei merkliche Fortschritte. Nördlich! der Somme nahmen die Franzosen die deutschen Gräben vom Hügel von Hardccourt ein und rückten auf der Linie östlich von Hardecourt längs der Eisenbahn von Eomblcs nach Cleru merklich vor. An dieser Stelle des Schlachtfeldes machten die Franzosen bis jetzt 400 Gefangene. Südlich der Somme ist die ganze erste deutsche Erabenlinie zwischen Bar- leux und Soyccourt in der Gewalt der Franzosen. In der Champagne drangen die Franzosen in einen deutschen Gra­ben nordöstlich von Auberive ein und brachten Gefangene zurück. In den Argonnen versuchten die Deutschen gestern abend gegen 7 Uhr einen Handstreich auf einen kleinen Po­sten im vorspringenden Winkel von Volants. Sie wurden aber nach lebhaften Handgranatenkämpfen zurückgcworfen. Auf dem linken Maasufer dauerte die Beschießung in der Gegend von Avocourt und Chattancourt und der Hand­granatenkampf auf dem Nordosthang der Höhe 304 an. Auf dem rechten Maasufer machten die Franzosen in» Laufe der Nacht westlich des Werkes von Thiaumont uns südlich von Flcury Fortschritte. Ein befestigtes und hartnäckig ver-