Nr. 163. Amts- und Anzeigeblatt für den Oberamtsbezirk Calw. 91. Jahrgang.

Dienstag, den 18. Juli 1816.

Fernverkehr

Bestellgeld

Verschärfung der deutsch-italienischen Beziehungen.

Deutschland und Italien.

Gegenüber Aeußerungen derAgenzia Stefani" und des ftalienischen RegierungsorgansEiornale d'Jtalia", daß unter Einwilligung oder auf Veranlassung der deutschen Re­gierung deutsche Banken italienische Guthaben bis auf wei­teres nicht mehr auszahlen, und daß die deutschen Berufs­genossenschaften auch die Rentenzahlungen an italienische Ar­beiter eingestellt haben, ferner daß die militärpflichtigen Ita­liener jetzt in Deutschland zurückgehalten werden, ohne daß Italien der deutschen Regierung zu allen diesen Maßnahmen Anlaß gegeben habe, wurde von amtlicher deutscher Seite darauf hingewiesen, daß die deutschen Banken nur die Hal­tung sämtlicher italienischen Banken erwidern, die seit einem Jahr keinem deutschen Kunden mehr sein Guthaben ausge­zahlt haben, und ebenso haben die deutschen Berufsgenossen­schaften nur nach dem Beispiel der italienischen amtlichen Stellen gehandelt. Die Behauptung des italienischen Regie­rungsorgans, daß sich Italien bisher an die mit Deutschland getroffene Vereinbarung über die gegenseitige Sicherstellung der Privatrechte gehalten habe, wird als offensichtliche Lüge gckermzeichiiet, denn Italien habe durch sein Zahlungsoerbot vom 30. April 1916 und durch andere Maßnahmen die Ver­einbarung offen gebrochen, und auf eine Beschwerde der deut­schen Regierung erwidert, daß sich die italienische Regierung an die Verständigung nicht weiter gebunden halte. Diese offen gegen Deutschland gerichteten Maßnahmen rechtfertigen also vollständig die deutschen Gegenmaßnahmen.

Es war eigentlich zu erwarten, daß die Verhältnisse zwi­schen Deutschland und Italien eineKlärung" erfahren mutz­ten. nach der oder jener Richtung. Das Ministerium Sa- landra hatte bei der Kriegserkläung an Oesterreich-Ungarn Grund gehabt, nicht ganz mit Deutschland zu brechen, erstens wohl, weil man dachte, Deutschland sei der einzige Staat, der die italienischen Mittelmeerinteressen in der Zukunft ver­stehe, u. dann befürchtete man wohl, ein gemeinsames deutsch- Lsterreich-ungarisches Heer könnte die noch nicht vollkommen gerüstete italienische Armee über den Haufen rennen. Unter diesem Eindruck scheint die zwei Tags vor der italienischen Kriegserklärung an Oesterreich-Ungarn getroffeneVerstän­digung" zwischen dem italienischen Botschafter in Berlin, Bollati, und dem Staatssekretär des Auswärtigen, v. Jagow, von italienischer Seite eingegangen worden zu sein. Die Ver­ständigung sollte Rechte und Eigentum der Italiener in Deutschland und der Deutschen in Italien in weitest gehen­dem Maße schützen; selbst für den Fall eines deutsch-italieni­schen Kriegs sollte dadurch die gegenseitige .Beschlagnahme des Eigentums unmöglich gemacht werden. Es wäre also .Pflicht der italienischen Regierung gewesen, bei der Entente­wirtschaftskonferenz sich in keiner Weise den dahin gehenden Forderungen der andern Staaten zu beugen. Die italienischen Vertreter haben aber diesen Forderungen zugestimmt, zweifel­los mit dem Einverständnis ihrer Regierung.

Wenn die neue italienische Regierung, die anscheinend ganz nationalistische Formen angenommen hat, auf diese Weise einer Verschärfung der Beziehungen zu Deutschland vorgearbeitet hat, so mag einmal die andauernde Agitation der Nationalisten dazu beigetragen haben, zum andern aber selbstverständlich der stetige Druck seitens der Alliierten, und namentlich Englands und Frankreichs. Es ist bekannt, daß diese beiden Staaten Italien in wirtschaftlicher Hinsicht Schwierigkeiten über Schwierigkeiten bereitet haben, um es gefügiger zu machen. Alle Angriffe seitens der italienischen Presse, alle Vorstellungen der betroffenen Industrie- und Handelsverbände waren vergeblich. Die Engländer beschränk­ten die Getreide- und Kohlenzufuhr, die Franzosen erließen sogar Ausfuhrverbote für gewisse Artikel. Da die nationa­listische Presse natürlich die Gründe für dieses Verhalten kannte, so war es ihr ein Leichtes, ihre gegen Deutschland gerichteten Hetzartikel mit dem Hinweis auf die wirtschaft­lichen Nöte Italiens wegen seines Verhaltens gegenüber

Friedensgerüchte. s

Basel. 17. Juli. Nach Zürcher Vlätkernteldun'gen treten an den Börsen von Amsterdam und Rotterdam immer bestimmter Friedensgerüchte auf, welche auf die Stimmung der maßgebenden Finanzkreise in den En­tenteländern zurückgeführt werden. Die holländischen Friedensvereine veranstalteten für den 1. August eine große nationale Kundgebung zur Herbeiführung des Weltfriedens.

Bern, 17. Juli. Bundesrat Hoffmann hatte am Samstag Besprechungen mit ,den diplomatischen Ver­tretern neutraler Staaten. Die Besprechungen sollen in dieser Woche fortgesetzt werden. Man glaubt, nach der Vossischen Zeitung", daß die Beratungen die Friedens- oermittlung der Neutralen zum Gegenstand haben.

Die Parteiführer des Reichstags beim Reichskanzler.

(WTB.) Berlin, 18. Juli. Die Besprechung der Partei­führer des Reichstages mit dem Reichskanzler dauerte, wie derBerliner Lokalanzeiger" berichtet, etwa 3 Stunden, lieber ihren Inhalt wurde Geheimhaltung bestimmt. Einem längeren Vortrag des Reichskanzlers über die allgemeine Lage und über Sonderfragen folgten eingehende Erörte­rungen, in denen die Parteiführer mit vollem Freimut ihren Anschauungen Ausdruck gaben. Der linke Flügel der Sozial­demokraten war nicht vertreten.

Deutschland zu begründen, und dadurch für das Volk mund­gerecht zu machen. Daß Italien den Ententeforderungen nach­gekommen ist, geht schon aus der neuesten Meldung hervor, wonach die Denkschrift der italienischen Regierung an Eng­land bezüglich der dringenden Notwendigkeit der Kohlenver­sorgung Italiens eine gute Aufnahme gesunden hat. Das englische Auswärtige Amt hat mitgeteilt, daß die englische Regierung für eine befriedigende Lösung der Frage sorgen werde. Man sieht also, England wird zugänglicher; um wel­chen Preis, das ist unschwer zu erraten. Da die nach dieser Richtung instruierte italienische Presse die unwahren Behaup­tungen der italienischen Regierung, als ob Deutschland jetzt mit der Schädigung italienischer Interessen beginne, selbst­verständlich in geeignetem Sinne bespricht, so wird es nicht ausbleiben, daß die Deutschcnhetze in Italien weiter um sich greift. Die italienische Regierung hat schonGegenmaß­nahmen" angekündigt, und die öffentliche Meinung schlägt die Konfiszierung sämtlichen deutschen Eigentums vor. Es ist also leicht möglich, daß noch größere Komplikationen in dem Verhältns zwischen Deutschland und Italien eintreten, die jedoch die Kriegslage nicht beeinflussen könnten, was aber nach mancher Richtung Deutschland freie Hand geben würde, ein Faktor, der jedenfalls nicht zu Gunsten der Italiener jetzt und in Zukunft wirken dürfte. ' O. 8.

Die italienische Presse über das neue italienisch-veutsche Verhältnis.

(WTB.) Bern. 17. Juli. Der italienischen Presse zufolge erörterte der gestrige Ministerrat die Beziehun­gen Deuschlands zu Italien.Corriere delle Sera" schreibt, Sonnino habe seinen Kollegen eine klare und erschöpfende Darstellung über die jüngsten feindseligen Handlungen der Berliner Negierung gegeben und dabei deutlich gezeigt, daß der Anstoß dazu ausschließlich von Deutschland (!) ausgehe. Boselli habe die Ausführun­gen Sonninos bestätigt und dem Ministerrat den Vor­schlag unterbreitet, die von Deutschland eingestellten fäl­ligen Zahlungen durch eine Maßnahme der italienischen Regierung zu regeln. Orlando und Scialoja sollen die juristische Seite der Frage beleuchtet haben. Ferner soll der Ministerrat die gegenüber Deutschland anzu- rvendendcg Vergeltungsmaßnahmen beraten habM.

Corriere della Sera" erwartet bei diesem Anlaß die ersten amtlichen Mitteilungen über die Absicht der itali­enischen Regierung.

(WTB.) Bern, 17. Juli. Zur Einstellung der Ren­tenauszahlung durch Deutschland schreibtAvanti"^ Wir verhehlen uns nicht die Schwere dieser Nachricht, die das Vorspiel zu einem neueren und größeren Kriege sein kann. Wir machen heute schon die Parteileitung hieraus aufmerksam, nicht, weil wir glauben, den verhängnisvollen Lauf der Dinge ändern zu können, sondern um auf das drohende Unglück aufmerksam zu machen und jede Verantwortlichkeit abzulehnn. Wir wissen nicht, ob unsere Regierung Eegenmaßregeln er­greifen wird und welche Folgen diese gegenseitige Her­ausforderungen haben werden. Jedenfalls halten wir es für nötig, nochmals klipp und klar zu erklären, daß die italienische sozialdemokratische Partei weder dem klei­nen, noch jemals dem großen Kriege beigestimmt hat oder beistimmen wird. In einer Korrespondenz aus Rom wird behauptet, daß die deutschen Maßnahmen einet Verletzung des Abkommens vom 21. Mai 1915 gleich­kommen. Diese deutschen Maßnahmen seien eine Gegen­maßregel gegenüber der Zustimmung Italiens zu deck Vlockademaßnahmen gegen Deutschland. - Eine wei­ters Korrespondenz aus Rom deutet an, daß Neuerun­gen in der auswärtigen Politik Italiens bevorständeck. Dies sei die Antwort auf die Glückwunschtelegramme! des Kaisers und der deutschen Regierung gelegentlich der österreichischen Offensive.-Popolo d'Jtalia" bringt eine lange Betrachtung über die Einstellung det Rentenauszahlungen und verlangt als Gegenmaßregel die Einziehung aller deutschen Güter in Italien. Da jedoch die Deutschen sich durch juristische Kniffe ihrer Güter entledigt haben, müsse der ganze deutsche Besitz, wie er bei Anfang des Krieges bestand, beschlagnahmt werden. Auch müsse der Krieg an Deutschland erklärt werden.

(WTB.) Bern. 17. Julk. Zu deck italienisch deutschen Beziehungen schreibt derMessaggero", die italienische Regierung wünsche, daß die Nation auch für den Fall einer Kriegserklärung Deutschlands an Italien ihren Gleichmut und ihr Vertrauen bewahre. In der Kriegs­lage würde damit für Italien keine Aenderung ein­treten, da nunmehr die energischste nationale Vertei­digung, sowie der wirksamste Schutz der politischen und der Handelsinteressen Italiens dank seiner eigenen Kriegs- und Wirtschaftskraft sicher seien. Außerdem dürfe man die eingegangenen Abmachungen nicht ver­gessen, die die engste Solidarität zwischen Italien und seinen Verbündeten gewährleisteten. Zu der Frage, ob eine eigentliche Kriegserklärung erfolgen werde, sagt derMessagero", viele hielten sie für überflüssig. Durch eine Kriegserklärung könne der tatsächlich bestehende Zustand von Feindseligkeiten zwischen Berlin und Rom nicht verschärft werden.

Die Lage auf den Kriegsschauplätzen.

Die deutsche amtliche Meldung.

(WTB.) Großes Hauptquartier, 17. JE. (Amtlich.) Westlicher Kriegsschauplatz. Zwischen dem Meere und der Ancre steigerten die Engländer an mehreren Stellen ihr Feuer zu größter Heftigkeit. Im Sommegebiet blieb die Artillerietätigkeit beiderseits sehr bedeutend. Es ist zu feind­lichen Tcilangrisfcn gekommen, in denen die Engländer in Ovillers weiter eindrangen und die südlich von Biachcs zu lebhaften Kämpfen geführt haben, im übrigen aber schon im Sperrfeuer scheiterten oder in demselben nicht zur vollen Ent­wicklung kamen. Die Zahl der im Kampf um Biaches ge­machten Gefangenen erhöhte sich aus 4 Offiziere, 3K6 Mann, Diq am IS, Aul; eingeleftefen größeren französischen An-