Nr. 163. Amis- und Anzeigeblalt für den Oberamtsbezirk Calw. 91. Jahrgang.
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Samstag, den 15. Juli 1916.
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Das deutsche Handels-U-Boot.
Die Anstrengungen der Alliierten.
Nach einer wahrscheinlich sehr eingehenden Besichtigung seitens einer amerikanischen Marinekommission hat sich die Washingtoner Regierung der „Times" zufolge entschlossen, das deutsche Handels-U-Voot „Deutschland" als Handelsschiff anzuerkennen. Der Einwand der Ententegesandten, daß das U-Boot auf hoher See in ein Fahrzeug mit kriegerischen Qualitäten umgewandelt werden könne, wurde von der Kommission als nicht zutreffend zurückgewiesen, da seine Konstruktion eine Umwandlung in ein Kriegs-U-Boot nicht zulasse. Da aber die Amerikanische Regierung die naive Anschauung der Alliierten bestätigen musste, daß es unmöglich -sei, ein U-Boot auf hoher See anzuhalten und zu durchsuchen, ^besonders wenn man es nicht sieht), so gestand die amerikanische Regierung den Alliierten das Recht zu, außerhalb der amerikanischen Hoheitszone auf das U-Boot zu warten, weil nämlich den Alliierten ein solches Recht nicht bestritten werden kann. Die Flotte der Alliierten wird also das Vergnügen haben, zuzusehen, oder vielmehr nicht zusehen zu dürfen, wie das deutsche Handels-U-Boot unter ihr wegfährt. Mit dieser Entscheidung, wenn sie tatsächlich gefallen ist, wären unserm Unterseehandelsverkehr also die Wege geebnet, Das zweite U-Boot „Bremen" soll nach neuesten Nachrichten schon glücklich in Amerika angekommen sein, während andere Meldungen besagen, daß es auf dem Wege nach .Brasilien sei. Wenn die Regierung in Washington aber den .friedlichen Charakter der Handels-U-Boote anerkennt, so werden es die südamerikanischen Staaten zweimal tun, umsomehr als wir vor dem Krieg bekanntlich sehr starken Handel mit Südamerika getrieben haben, und die südamerikant- schcn Staaten bisher Mangel an vielen Artikeln gelitten haben, die nur von Deutschland zu erhalten waren. Mit Bestimmtheit möchten wir aber doch nicht behaupten, ob die Entscheidung der amerikanischen Regierung in der HandelsU-Bootfrage als endgültig betrachtet werden darf, denn die Alliierten werden sich sicherlich nicht ohne Weiteres damit zufrieden geben. Wie Reuter meldet, soll auch bei Amerika neben den diplomatischen Vorstellungen das bewährte Mittel des wirtschaftlichen Drucks ausgeübt werden, indem man mit dem Verbot der Einfuhr von Nickel und Gummi nach den Vereinigten Staaten droht, falls diese nicht ihrerseits ein Ausfuhrverbot für diese Artikel an die Mittelmächte erlaffen. Dieses Pressungsmittel haben die Alliierten bekanntlich mit Erfolg schon bei den meisten europäischen Kleinstaaten angewandt, sie werden wohl auch, namentlich im Vertrauen auf die bisher bewährte „Neutralität" Washingtons hier ihre Versuche anstellen. Ja, Reuter versteigt sich sogar zu der fürchterlichen Drohung, es könnten Schwierigkeiten in der Munitionsbestellung seitens der Alliierten entstehen, wenn Amerika die Ausfuhr dieser Artikel nicht verbiete. Der amerikanische Geschästsvcrband für Ententekriegslieferungen soll also hier auf die Beine gebracht werden, um die Anschauung der Regierung korrigieren zu helfen. An den Anstrengungen der Alliierten aber, den deutschen Handels-U-Bootverkehr zu unterbinden, sieht man immer besser, daß sie nicht nur den moralischen, sondern in weit höherem Grade auch den materiellen Erfolg dieser neuesten Ruhmestat deutschen Geistes fürchten.
Dieser deutsche Geist der Arbeit, Energie und Ausdauer aber ist es, der von der Entente bekämpft wird, und nun man eingesehen hat, dass trotz aller militärischen Anstrengungen die Niederringung Deutschlands wohl kaum glücken wird, sind die Engländer auf die Idee verfallen, (die sie aus durchsichtigen Gründen nicht als ihre Erfindung betrachtet wnjen wollen), mit den Alliierten schon jetzt im Krieg ein enges Wirtschaftsbündnis abzuschließen, das den Grundgedanken hat, die Mittelmächte, vor allem aber Deutschland soviel möglich von dem Handelsverkehr mit den heute alliierten Staaten abzuschlicßen. Den größten Vorteil aus diesem
Abkommen hat natürlich der Industriestaat England, der sich dadurch die Konkurrenz Deutschlands vom Leibe halten will. Mit gewissen neutralen Staaten will man dazu Meistbegün- stigungsverträge abschließen, sodaß diese Neutralen auch gewissermaßen in den Ententewirtschaftskreis gezogen werden zu Unguusten Deutschlands. Leber die erhoffte Wirkung dieses Wirtschaftskriegs schreibt der italienische „Secolo", der die angebliche Interessengemeinschaft Italiens mit der Entente in diesem Punkte ganz besonders betont: Nach einem siegreichen Kriege stehe der Vierverband mit Japan, Belgien und Serbien als geschloffener wirtschaftlicher Mock da, der zwar nicht ewig dauern könne, aber voraussichtlich einige Jahre hinhalte. Dieser Block werde eine Kontrolle über die europäische Wirtschaft ausüben und dadurch den Verbündeten Vorteile sichern." Auf diese Weise soll also die deutsche Volkswirtschaft lahmgelegt werden; weil man heute nicht mehr daran glaubt, sie durch militärischen Machtspruch unterzukriegen.
Aber die Ententemachthaber wissen gut, daß die nicht besiegten Zentralmächte sich einen solchen gegen sie gerichteten Wirtschaftsblock niemals werden gefallen lassen, abgesehen davon, daß manche der Alliiertenstaaten schon heute keinen eigenen Vorteil in dem Abkommen erblicken, und so gehen die Anstrengungen der Entente eben immer weiter, damit sie doch noch in die Lage kommen könnten, Deutschland ihren Willen aufzwingen zu können. Militärisch dürfen sie nach dem Kraftaufwand der letzten Wochen nun bald auf dem Höhe angelangt fein; aber gerade, weil sie diesem Zeitpunkt näher kommen sehen, werden noch einmal alle Mittel angewendet. Die Lage wird von den amtlichen Stellen in den rosigsten Farben gemalt; der Enderfolg sei nicht mehr fern, die militärische Initiative fei jetzt den Zentralmächten entrissen. Lüge und Verleumdung, die beiden größten Faktoren der Ententekriegführung sind wieder mit voller Kraft auf dem Plan, und auf die Neutralen wird jetzt der stärkste politische und wirtschaftliche Druck ausgeübt, dem diese sich nur bei größtem Widerstandsvermögen entziehen können. Die Kriegslage hat also heute einen Grad von Spannung erreicht wie nie bisher. Jeder Tag kann ein großes Ereignis bringen. Aber wir haben Vertrauen in unsere Füh- sere Führer und unsere unvergleichlichen Heere, daß sie auch dieser Situation gegenüber Herr werden. Die Entwicklung der militärischen Lage in den letzten Tagen giebt uns Berechtigung zu diesem Vertrauen. 0.8.
Die Lage auf den Kriegsschauplätzen.
Die deutsche amtliche Meldung.
Heftige Angriffe der Engländer an der Somme. — Ber- geblicher Ansturm der Franzosen. — Russische Angriffe am Stochod und an der Strypa abgewiesen.
(WTB.) Großes Hauptquartier, 14. Juli. (Amtlich.) WestlicherKriegsschauplatz. Beiderseits der Somme ist von neuem heftiger Kampf entbrannt. Die Engländer griffen heute früh im Abschnitt Wäldchen vom Mametz—Lon- gueval an und wiederholten ihre Anstrengungen im Wäldchen von Tranes, wo sie gestern abend bereits durch einen Vorstoß unserer Reserven empfindlich getroffen waren. Nachdem die gestrigen Versuche blutig abgeschlagen waren, find neue Kämpfe im Gange. Die Franzosen fügten sich mit ihrem gestrigen vergeblichen Angriff in Gegend von Varleux und westlich von Estrees zu den zahlreichen Mißerfolgen der letzten Tage eine neue Enttäuschung Hinz«. Weder sie selbst noch ihre schwarzen Freunde haben auch nur einen Schritt Gelände gewinnen können. Oestlich der Maas sind französische Wiedereroberungsversuche gescheitert. Sie wurden in der Gegend der Feste Souville durch unser Feuer unterbunden und bei der Feste Lausce glatt abgewiesen. Zahlreiche feindliche Patrouillen oder stärkere Erkundungsabteilungen wurden auf der übrigen Front zurückgeschlagen. Deutsche Pa
trouillen brachten bei Oulches, Ncaulne und westlich von Markirch Gefangene ein.
Oestlicher Kriegsschauplatz. Heeresgruppe des Generals von Linsingen: An der Stochodlinie warf unser Gegenstoß bei Zarecze (nördlich der Bahn Kowcl— Sarny) über den Abschnitt oorgehende Russen zurück; 1SÜ Mann wurden gefangen genommen, 2 Maschinengewehre erbeutet. Unsere Flugzeuggeschwader wiederholten mit Erfolg ihre Angriffe östlich von Stochod. Bei der Armee des Generals Grafen von Bothmer drang der Feind gestern abermals in die vorderste Verteidigungslinie ein und wurde wiederum durch Gegenangriff mit erheblichen Verlusten geworfen.
Valkankriegsschauplatz: Keine besonderen Ereignisse. "
- Oberste Heeresleitung.
Unsere U-Boote in der Nordsee.
- (WTB.) Berlin, 14. Juli. (Amtlich.) Am 11. Juli hat eines unserer U-Boote in der Nordsee einen englischen Hilfskreuzer von etwa 7000 Tonnen vernichtet. An demselben Tage wurden an der englischen Ostküste durch U-Vootsangrifse drei bewaffnete englische Bewachungsfahrzeuge versenkt. Die Besatzungen derselben wurden gefangen genommen und ein Geschütz erbeutet.
Genf, 14. Juli. Nach schweizerischen Blättermeldungen haben die deutschen Tauchboote bisher bereits 5 Frachtschiffe aus der Fahrt nach England aufgebracht und mitsamt der ganzen wertvollen Ladung nach Zeebrügge gebracht.
Vor Berdun.
Berlin, 15. Juli. Einer Genfer Depesche des „Berliner Lokalanzeigers" zufolge berichtet der „Petit Pa- risicu" aus Verdun, daß die deutschen Vorposten nur noch knapp 1 Kilometer von der Linie Souville—Ta- vannes entfernt sind. — Die Feste Tavanne ist die letzte überragende Hügelbefestigung direkt westlich von der Stadt Verdun, die von der Feste vollständig beherrscht wird.
Der österreichisch-ungarische Tagesbericht
(WTV.) Wien, 14. Juli. Amtlich wird verlautbart vom 14. Juli: Russischer Kriegsschauplatz: In der Bukowina stehen unsre Truppen nach Erfüllung der ihnen erteilten Aufgabe wieder in den alten Stellungen auf den Höhen westlich der oberen Moldawa. Westlich und nordwestlich von Buczarz haben die Russen gestern ihre Angriffe fortgesetzt. Nachmittags wurden zwei breitangelegte Angriffe zuriickgeschlagen. Gegen Abend gelang es einem dritten Ansturm des Feindes nordwestlich von Vuczacz einzubrechen. In erbitterten Nachtkämpfen wurde der Gegner durch deutsche und österreichischungarische Truppen wieder vollends hinausgeworfcn. Nördlich der von Sarny nach Kowel führenden Bahn nisteten sich russische Abteilungen auf dem linken Stochodufer ein. Sie wurden spät abends von unseren Truppen überfallen und vertrieben, wobei 16V Gefangene und 2 Maschinengewehre in unsrer Hand blieben. Sonst bei völlig unveränderter Lage nichts Neues.
Italienischer Kriegsschauplatz: Die lebhafte Gefechts tätigkeit an der Front zwischen Brenta und Etsch hält an. Nach Artilleriefeuer setzten gegen mehrere Stellen unseres Verteidigungsabschnittes zwischen der Cima Dieci und dem Monte Rasta wiederholte Angriffe sehr bedeutender italienischer Kräfte ein. Besonders hartnäckig war der Kampf nordöstlich des Monte Rasta, wo der Feind 10 Stürme versuchte. Unsere Truppen schlugen wieder sämtliche Angriffe unter den schwersten Verlusten des Gegners ab und behaupteten alle ihre Stellungen. Unsere Linien nördlich des Postnatales standen unter heftigem Eeschützfeuer. Am Pasubio wurde ein feindlicher Nachtangriff abgewiesen.